Ich vermute ganz einfach, dass Sie unheimliche Angst haben, dass nun für jedermann offensichtlich wird,
wie schädlich die von CDU über 20 Jahre hinweg verfolgte Strategie des Leugnens, des Ignorierens und des Verharmlosens des Rechtsextremismus war sowie das Diffamieren all derjenigen, die sich gegen Neonazis engagiert haben.
Sie stehen vor dem Scherbenhaufen Ihrer verfehlten Politik. Aber anstatt gründlich aufzuräumen, halten Sie weiter die Illusion aufrecht, hier sei alles richtig gemacht worden. Und weil Sie vor einem solchen Scherbenhaufen stehen und die Signale von CDU und FDP in den letzten Wochen alles andere als positiv waren, hoffe ich, dass Sie sich möglicherweise in letzter Minute doch noch einen Ruck geben und der Einsetzung des Untersuchungsausschusses zustimmen.
Es folgen die weiteren Fraktionen: CDU, FDP und NPD. Für die CDUFraktion Herr Prof. Schneider, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrte Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Nun soll, wie wir gerade gehört haben, auch im Freistaat Sachsen ein Untersuchungsausschuss eingesetzt werden, der sich mit der Aufarbeitung des unsäglichen Tuns der Terrorgruppe NSU befasst.
In meinen Augen – ich sage dies sehr bewusst und in größter Ruhe – ist dies kein Untersuchungsausschuss, sondern es wird ein NPD-Informationsausschuss werden.
(Lachen bei den LINKEN und der SPD – Beifall bei der CDU, der FDP und der NPD – Zurufe der Abg. Karl Nolle und Stefan Brangs, SPD – Zurufe von den GRÜNEN – Zuruf von der NPD: Was haben Sie denn zu verbergen?)
Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist gutes Recht im parlamentarischen Raum. Er gibt einer qualifizierten Minderheit – nach unseren Regelungen sind das ein Fünftel des Landtages – das verfassungsmäßige Recht, Vorgänge zu untersuchen, die aufgrund ihrer politischen Tragweite im Interesse der Bürger und des Landes aufklärungsbedürftig erscheinen.
All das kennen wir in Sachsen – Sie wissen dies – zur Genüge. Ich erinnere an die beiden Untersuchungsausschüsse, die wir in der vergangenen Legislaturperiode hatten. Einer, Herr Bartl, ist unter dem unsäglichen Namen „Sachsensumpf“ bekannt geworden.
Aktuell bestehen bereits in der jetzigen Legislaturperiode zwei Untersuchungsausschüsse, von denen einer wiederum unter demselben Namen „Sachsensumpf“ firmiert. Ich betone es noch einmal: Es ist das gute Recht der Opposition, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Wir werden deshalb bei diesem Antrag nicht dagegen stimmen, sondern wir werden uns der Stimme enthalten. Aber damit ist auch klar, Herr Jennerjahn: Das ist Ihr Untersuchungsausschuss und nicht der unsere.
(Stefan Brangs, SPD: Sie können gern beitreten! Wir können das gern noch ändern! – Zurufe des Abg. Karl Nolle, SPD)
Ich kann und will den einsetzenden Fraktionen, DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, aber meine Bedenken, die gegen die Einsetzung dieses von Ihnen eingesetzten Untersuchungsausschusses sprechen, nicht ersparen.
Typischerweise wird ein Untersuchungsausschuss als Kampfinstrument der Opposition bezeichnet. Die bisher von Ihnen geleistete Pressearbeit und auch die heutigen Redebeiträge reihen sich nahtlos in diese Kategorie ein. Frau Friedel meint, es sei höchste Zeit, dass auch Sachsen endlich seinen Teil zur Aufklärung beitrage.
Man mag dies noch als Presserhetorik ansehen. Ich werde darauf zurückkommen. Ich werde noch genauer darauf eingehen, Frau Friedel.
Die Behauptung von Herrn Jennerjahn, der in der Presse öffentlich behauptet hat – ich zitiere -: „Sachsen ist für Rechtsextremisten anscheinend das, was Argentinien für die Nazis war.“
Ich zitiere weiter: „Es war gerade dieses Klima des Leugnens und Ignorierens, das … den Freistaat zu einem dankbaren Ruhe- und Rückzugsraum für die Mörder des NSU gemacht hat.“
(Kerstin Köditz, DIE LINKE: Das ist doch die Wahrheit! – Zurufe von der NPD – Miro Jennerjahn, GRÜNE, steht am Mikrofon.)
Nein. – Herr Jennerjahn, diese Behauptung bezeichne ich in der Tat als unerträglich. Ich lasse sie so nicht stehen.
Sie mag uns diskreditieren, wie man von Ihnen gerade sieht. Es mag auch sein, dass Sie immer noch davon ausgehen, dass sich die Koalition hinter der NPD, wie Sie, Herr Jennerjahn, das formuliert haben, verstecke. Das Entscheidende ist aber: Mit dieser Aussage unterstellen Sie eine Vorverurteilung und allen Mitarbeitern der zuständigen Ermittlungsbehörden in Sachsen flächendeckende Inkompetenz. Das ist Ihr Ansatz, mit dem Sie diesen Untersuchungsausschuss offenbar begleiten wollen.
Nein. – Darüber hinaus sind diese Äußerungen nicht im Geringsten – das sollten Sie sich wirklich einmal hinter die Ohren schreiben – geeignet, zum Beispiel die Bürgerinnen und Bürgern in Zwickau, die Tür an Tür mit den Tätern gewohnt haben, von dem Vorwurf zu befreien, sie seien Weggucker oder noch Schlimmeres.
Meine Damen und Herren! Ist dies das rhetorische Niveau, mit dem Sie diesen Untersuchungsausschuss begleiten wollen?
(Sabine Friedel, SPD: Die Rhetorik betreiben Sie gerade! Das ist eine Frechheit gegenüber allen Zwickauern! – Weitere Zurufe von der SPD)
Meine Damen und Herren! Die zwingend erforderliche und unverzichtbare Aufarbeitung des rechten Terrornetzwerkes NSU – das Umfeld dieser Gruppe, ihre Unterstützer, Helfer und Mitwisser, ihre Vernetzung in die NPD
und damit auch die Forderung nach einem NPD-Verbot – ist die entscheidende Frage dafür, ob dieser 3. Untersuchungsausschuss eingesetzt werden soll oder nicht, meine Damen und Herren. Diese Kriterien stellen für mich den Ausgangspunkt der Abwägungen dar, ob ein
3. Untersuchungsausschuss mit diesem thematischen Kontext tatsächlich notwendig ist. Gemessen an diesem Ausgangspunkt halte ich von der Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses gar nichts.
Meine Damen und Herren! Die bisherigen Ermittlungshandlungen werden durch verschiedene Gremien unter Federführung unter anderem der Generalbundesanwaltschaft,
(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, DIE LINKE – Dr. André Hahn, DIE LINKE: … Straftaten! – Sabine Friedel, SPD: Machen Sie sich doch mal …– Zuruf des Abg. Karl Nolle, SPD)
Wenn Sie bereit wären, mir zuzuhören und mir diese Höflichkeit entgegenbringen würden, dann würde ich Ihnen weiter sagen,