Wenn ich schon beim Spiegel bin, dann kann ich gleich den Ministerpräsidenten mit seinem heutigen Interview gern noch einmal erwähnen. Wozu haben Sie eigentlich, Herr Ministerpräsident – auch wenn er nicht da ist –, diese „Spiegel“-Referate? Wozu haben Sie sie, wenn Sie Mitarbeiter in Ihrem Haus haben, die Ahnung darüber haben sollen, was in den anderen Häusern stattfindet, Sie
aber überhaupt kein Interesse daran haben, mit diesen Informationen irgendetwas anzufangen? Dann können wir auch diese „Spiegel“-Referate streichen; dann reicht es, wenn Sie einen Pressesprecher, einen Fahrer und ein paar Sicherheitsleute haben, und dann haben wir alles getan, was für diesen Ministerpräsidenten nötig ist.
Insofern fürchte ich, meine Damen und Herren von der Koalition: Sie werden, auch wenn Sie diesen Antrag ablehnen, das Problem nicht lösen. Das Problem bleibt, und wir werden dranbleiben.
(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Johannes Lichdi, GRÜNE: Ich muss sagen, das war eine Glanzleistung!)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schwierig, nach den vorherigen Redebeiträgen noch einige Bonbons herauszugreifen, um noch einmal die Aufmerksamkeit zu bekommen.
Was mir als Erstes aufgefallen ist, als ich den Antrag gesehen habe, ist, dass die GRÜNEN – und das ist als positiv anzumerken – ihrem Namen alle Ehre machen. Sie recyceln auch ihre eigenen Anträge, das ist ganz okay,
denn wenn man sich den Antrag Drucksache 5/7257 anschaut, ist dies fast der gleiche Antrag, wie er uns jetzt mit der neuen Drucksachennummer vorliegt. Er ist, zugegeben, ein wenig aufgehübscht, geht aber in die gleiche Richtung. Er ist deshalb nicht falsch, das will ich ausdrücklich sagen, weil das Problem als solches durchaus besteht.
Besonders deshalb war es ganz sinnvoll, dass es den alten Antrag gibt, denn auf diesen musste die Staatsregierung reagieren. Ich habe mir genau angeschaut, was die Staatsregierung im November 2011 gesagt hat: „Die Staatsregierung arbeitet an dem selbst gesteckten Ziel eines intelligenten Personalentwicklungskonzeptes nach den oben genannten Kriterien.“
Lieber Kollege Mackenroth, hier scheint es einen Dissens zu geben. Sie sagen, es gibt ganz viele Personalentwicklungskonzepte, die nicht umgesetzt werden – und die Staatsregierung sagt genau das Gegenteil: Sie arbeitet gerade an einem Personalentwicklungskonzept – und zwar an einem intelligenten, das ist ja noch einmal etwas Besonderes; also arbeitet sie scheinbar manchmal an nicht intelligenten Vorlagen, aber hier arbeitet sie an intelligenten Vorlagen –; das ist schon einmal ein Schritt in die richtige Richtung.
Deshalb macht es Sinn, sich das Problem näher anzuschauen. Ich denke, das Problem ist, dass viel geredet wird, aber eigentlich nicht verstanden wird, was sich dahinter verbirgt. Viele sprechen von Personalentwicklung, dass man Personal mitnehmen muss auf den Weg, dass man eine Personalpolitik machen muss, die an die Rahmenbedingungen angepasst ist. In Wirklichkeit, stellen wir fest, geht es nur darum, Stellen abzubauen. Das ist das einzige Ziel.
Deshalb will ich einige Stichpunkte des Kollegen Mackenroth aufgreifen, die mir gut gefallen haben. Wenn Sie sagen, dass die Staatsregierung gut beraten ist, dann kann ich mir vorstellen: Wenn das der Finanzminister macht, liegt die Fachlichkeit darin, dass er den Geldhahn zudreht oder aufdreht, und die Fachlichkeit liegt nicht darin, langfristig an eine Personalentwicklung zu denken, die die Wettbewerbsfähigkeit des Freistaates durch gut ausgebildetes Personal in der öffentlichen Verwaltung auf einem vernünftigen Stand hält. Das passiert nämlich dann nicht.
Wenn man sich einige Beispiele der Personalentwicklung heraussucht, wie sie die CDU und die FDP für die Staatsregierung annimmt, als Personalentwicklung bezeichnen zu dürfen, dann habe ich einmal einen Leckerbissen mitgebracht. Und zwar gibt es eine Stellenausschreibung des Staatsministeriums des Innern, in der ein Bote oder eine Botin gesucht wird. In dieser Stellenausschreibung steht, dass befristet bis zu einem genau benannten Zeitpunkt eine Botin gesucht wird, und voraussichtlich ist eine befristete Weiterbeschäftigung möglich. Jetzt kommt es: „Diese Stellenausschreibung richtet sich aber ausschließlich an Beschäftigte, welche sich in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befinden.“
Großes Kino! Nun könnte man sagen, das ist deshalb der Fall, weil man eine bestimmte Aufstiegsmöglichkeit einräumen will, also eine Personalentwicklung bei einer Botin oder einem Boten betreiben will. Wir sprechen hier über die E 3. Für die, die es nicht wissen: Das sind in der Stufe 1 rund 1 800 Euro brutto. Sie müssen mir einmal erklären, wie das große Ziel der Personalentwicklung in den Konzepten mit der Realität zusammenzubringen ist, wenn ein Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes eine solche Ausschreibung sieht.
Auch hier geht es darum, dass sehr viel Porzellan zerschlagen worden ist und auch mit dem Handeln der Verwaltung das Personal zusehends den Eindruck hat, dass es nur noch ein Kostenfaktor ist und es nicht darum geht, Beschäftigten – einfach weil sie eine gute Leistung bringen – eine Perspektive zu eröffnen. Das ist ein Punkt, der absolut vernachlässigt wird.
Ich weiß, dass es auch bei uns im Landtag einige gibt, die glauben, man müsse den öffentlichen Dienst auf den viel zitierten Nachtwächterstaat reduzieren. Ich habe an dieser
Stelle schon oft gesagt: Was wir brauchen, ist eine Debatte um die Zukunft der öffentlichen Verwaltung und um die Daseinsvorsorge. Wir müssen mit den Menschen darüber reden, welche Leistungen sie vom Staat erbracht haben wollen, zu welcher Qualität sie sie erbracht haben wollen und ob sie bereit sind, dafür entweder mehr an Gebühren, eine andere Form von Steuergerechtigkeit einzuführen, und wir müssen mit ihnen darüber reden, was sie nicht wollen.
Ich plädiere dafür, dass man wesentlich offensiver mit der Frage umgeht, was der Staat leistet, was ein Gesundheitswesen in staatlicher Hand leistet, was Erzieherinnen und Lehrer leisten, was aber auch Mitarbeiter im Bereich der Ver- und Entsorgung leisten, was Feuerwehrleute, Polizisten etc. leisten. Das ist eine Qualitätsdebatte, nämlich die Qualität des öffentlichen Dienstes, in welcher Form wir ihn vorhalten wollen. Diese fehlt, wenn man Personal ausschließlich als Kostenfaktor begreift.
Deshalb meine ich, dass der Antrag in die richtige Richtung geht. Ich glaube auch, sehr geschätzter Kollege Mackenroth, dass es Sinn hat, sich im Detail anzuschauen, wo wir Durchschnitte mit anderen Bundesländern bilden. Wenn Sie sich die Situation dort zum Beispiel im Bereich der Polizei ansehen, werden auch Sie feststellen, dass es Länder gibt, die zwar einen hohen Anteil an Personal abgebaut haben, aber jetzt feststellen, dass sie die Aufgaben nicht mehr erfüllen können, und neue Polizeibeamte einstellen.
Was will ich damit sagen? Es geht immer um die Frage: Was kann ich wie erbringen? Mit welcher Leistung will ich was erreichen? Dazu muss ich zunächst einmal darlegen: Was ist meine Vision? Was ist mein Ziel? Auch muss ich mir Gedanken darüber machen, wie mein Selbstverständnis vom Staatsaufbau ist und was ich erreichen will.
Genau das fehlt in der Debatte und im Selbstverständnis der Staatsregierung. Deshalb müssen wir alles daransetzen – auch mit einem solchen Antrag –, diese Debatte zu befördern.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert in ihrem Antrag die Staatsregierung auf, anstatt eines – angeblichen – Einstellungsstopps ein jährlich fortzuschreibendes Personalkonzept zu erarbeiten.
Werte Kollegen der Fraktion der GRÜNEN, leider muss ich Sie gleich zu Beginn meiner Rede enttäuschen: Es
(Cornelia Falken, DIE LINKE: Dann sollten Sie den entsprechenden Institutionen Bescheid sagen! Die wissen das noch nicht!)
Frau Falken, Sie können gern hier vorn das Wort ergreifen. Noch einmal: Es gibt keinen Einstellungsstopp! Ich fordere die nachfolgenden Redner der Opposition auf, uns, der Koalition aus CDU und FDP, das Gegenteil zu beweisen.
Wir haben hier im Sächsischen Landtag im Dezember 2010 einen geltenden Haushalt beschlossen. Dieser enthält, wie Sie alle wissen, auch einen Stellenplan. An diesen hat sich die Staatsregierung zu halten. Das wird sie tun. Wir als Koalitionsfraktionen werden das auch kontrollieren.
Wenn im Rahmen des Stellenplans Einstellungen notwendig sind, werden diese natürlich vorgenommen; dafür gibt es ein bestimmtes Prozedere. Bis Juni 2012 müssen lediglich etwaige Neueinstellungen vom Ministerpräsidenten oder seinem Stellvertreter genehmigt werden. Hintergrund dieses Vorgehens ist die Einrichtung eines Personalcontrollings, das die Verfügbarkeit von freiem Personal in der Landesverwaltung zur Besetzung von freien Stellen abgleicht und so zu einer effizienteren Stellenbesetzung beitragen soll.
Auch in diesem Zusammenhang muss Ihrer Forderung nach einem Personalkonzept widersprochen werden. Der effiziente Personaleinsatz ist nach meiner Wahrnehmung bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt wichtiges Anliegen der Staatsregierung.
Sehr geehrte Damen und Herren! Die Staatsregierung hat es sich zum Ziel gesetzt, dass der Freistaat Sachsen im Jahr 2020 auf eigenen Beinen stehen kann. Dieses Ziel finden wir als FDP-Fraktion richtig; es findet unsere volle Unterstützung.
Um dieses Ziel zu erreichen, hat sich die Koalition darauf verständigt, im Rahmen der sogenannten Staatsmodernisierung den Freistaat Sachsen einer umfassenden Aufgaben-, Ausgaben- und Strukturkritik zu unterziehen. Dieser Prozess erfolgt fortlaufend.
Um die sächsische Verwaltung nachhaltig, zukunftsfest, leistungsstark und demografiefest zu machen, ist der geplante Personalabbau notwendig und auch fortzusetzen. Aus diesem Grund wird der über 80 Seiten starke Stellenabbaubericht der Sächsischen Staatsregierung zum Haushaltsplan periodisch fortgeschrieben. Mit diesem Bericht wird ständig im Bereich eines jeden Ressorts überprüft, wie viel Personal perspektivisch im Jahr 2020 anhand der Aufgaben und der Effektivität der Organisationsstruktur benötigt wird.
Meine Damen und Herren! Wir dürfen aber auch nicht die Augen davor verschließen, dass bereits heute etwa 24 % des Gesamthaushalts Personalausgaben sind – Tendenz: deutlich steigend!
(Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Die FDP hat gut dazu beigetragen mit ihren Staatssekretären! Die FDP hat sich insoweit sehr bemüht!)
Und: In Sachsen sind mehr Menschen in der Verwaltung tätig als in anderen vergleichbaren westdeutschen Flächenländern. Es ist nicht vermittelbar, wenn wir uns mithilfe solidarisch überlassener Mittel dauerhaft deutlich mehr Personal leisten als diejenigen Länder, die diese Mittel bereitstellen.
Erlauben Sie mir, die Überflüssigkeit Ihres Antrags noch einmal an einem konkreten Beispiel zu skizzieren: Das Konzept „Polizei.Sachsen.2020“ stellt genau das dar, was Sie in Ihrem Personalkonzept fordern. Am Anfang stand eine umfassende Aufgabenanalyse. Im zweiten Teil wurde die künftige Organisationsstruktur der sächsischen Polizei festgeschrieben. Der dritte Teil, das sogenannte Feinkonzept, beinhaltet – stellengenau! – die Aufbaustruktur der zukünftigen fünf Polizeidirektionen sowie des Landeskriminalamtes, der Bereitschaftspolizei, des neuen Polizeiverwaltungsamtes und der Hochschule der Sächsischen Polizei. Das Feinkonzept legt darüber hinaus die künftige Personalstärke für alle Polizeistandorte im Freistaat Sachsen fest.
Kurzum: Die von Ihnen geforderte Personalplanung betreibt die Staatsregierung bereits. Ihres Antrags bedarf es nicht. Deswegen werden wir, die FDP- und die CDUFraktion, den vorliegenden Antrag ablehnen.