Meine Damen und Herren, wir setzen in der Aussprache fort. Für die FDP-Fraktion spricht Herr Abg. Bläsner. Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Ende sind wir doch wieder auf das Hauptthema Lehrerbedarf zurückgekommen. Ich erlebe in den letzten Monaten zwei unterschiedliche Diskussionen. Ich erlebe eine Diskussion, die von hoher Sachlichkeit, hoher Vernunft, Zuhören und vom Ringen um die besten Argumente – beispielsweise bei Kreiselternräten oder jetzt im Vogtland bei der Demonstration der Schüler in Neumark, wo man sich bezüglich der Probleme vor Ort ausreden ließ, zum Beispiel bezüglich des Biologieausfalls, der ohne Zweifel nicht hinnehmbar ist – geprägt ist. Wir haben Beiträge gehört – zum Beispiel eben von meinem Kollegen Thomas Colditz –, die, glaube ich, das Thema sehr sachlich und sehr zielorientiert angehen.
Jedoch möchte ich darum bitten, dass die zweite Form der Diskussion, die ich hier im Hohen Hause bei diesem Thema leider auch erlebe, nämlich die unsachliche Diskussion – das Vorwürfe-Machen, das Nicht-Eingestehen von eigenen Fehlern –, nicht passiert. Ich möchte es an einem Beispiel festmachen, Herr Dr. Hahn, weil Sie gerade am Mikrofon sind:
Bezüglich des Themas ILEFörderung haben Sie gesagt: Erst unter 5 000 Einwohner – bitte sagen Sie gleich, ob ich Sie richtig verstanden habe –; das gilt auf Ortsteilgröße heruntergebrochen. Heidenau ist der Nachbar von Dresden – bestimmt keine Stadt, bei der man von ländlichem Raum sprechen würde. Das ist die dicht besiedeltste kreisangehörige Stadt im Freistaat Sachsen. Herr Hahn, Sie waren einmal selbst Bürgermeister – Entschuldigung, nicht Bürgermeister, Sie waren Stadtrat. Ich denke, Sie kennen die Stadt sehr gut.
Ich komme aus dem Ortsteil Großsedlitz. Dort steht eine Schule, dort gibt es eine Kita. Der Ortsteil hat 800 Einwohner, ist aber kein selbstständiger Ortschaftsteil. Natürlich kann er Förderung aus ILE bekommen. Ich habe nur eine Bitte, Herr Dr. Hahn: dass wir hier sachlich und auf der Grundlage richtiger Fakten miteinander reden. Dann können wir darüber streiten, ob der ländliche Raum oder die Wachstumsregion mehr bekommen soll. Aber bitte: Bleiben wir bei der Wahrheit und bleiben wir bei den Fakten!
Herr Präsident! Herr Kollege Bläsner, ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass ich bezüglich des ländlichen Raums und bezüglich der ILE-Förderrichtlinie überhaupt nichts gesagt habe – einfach zur Richtigstellung.
Die Frage, die ich Ihnen stellen wollte, bezog sich auf Ihre eben getätigte Aussage, dass Herr Colditz bestimmte Probleme sehr sachlich dargestellt und auch Vorschläge unterbreitet hat. In dem Zusammenhang möchte ich Sie gern fragen, ob Sie dem Projekt zustimmen können, das Herr Colditz mit Blick auf Bayern vorschlagen hat – hier konkrete Vertretungspools zu schaffen –, und ob Ihnen bekannt ist, dass die PDS bereits vor über einem Jahrzehnt solche Vertretungspools an allen damaligen Regionalschulämtern vorschlagen hat, damit der Unterrichtsausfall reduziert werden kann?
Sehr geehrter Herr Dr. Hahn, vor über einem Jahrzehnt, muss ich gestehen, war ich vielleicht noch etwas zu jung, um das zu verfolgen. Aber ich weiß, was Herr Colditz gesagt hat. Ich weiß auch, was wir als FDP bezüglich des Vertretungspools gefordert haben. Man kann darüber streiten, in welcher Form man das macht, in Stellen oder mit den Honorarbudgets. Ich
glaube, das, was wir jetzt mit dem Programm „Unterrichtsgarantie“ machen, geht genau in diese Richtung. Das geht auch genau in die Richtung, die Herr Colditz angesprochen hat. Man braucht flexible Möglichkeiten, um schnell Unterricht absichern zu können. Wir sind völlig einer Meinung, dass man diese Instrumente braucht.
Alle Vorschläge, die dazu dienen, schnell und effizient auf Unterrichtsausfall reagieren zu können, ohne künstlich Ressourcen vorhalten zu müssen – Honorare haben den Vorteil, dass sie abfließen oder nicht abfließen; die Stelle ist da, unabhängig davon, ob man sie sofort benötigt –, und vor langem Unterrichtsausfall absichern, begrüßen wir. Jedoch halte ich das Modell mit den Honoraren, das wir vorgeschlagen haben, für besser. Aber grundsätzlich ist das Thema, schnell auf Unterrichtsausfall zu reagieren, ganz wichtig. Darin sind wir uns hier in diesem Hohen Hause mit den Fachkollegen völlig einig.
Ich hoffe, dass die Diskussion, die im Gange ist, die zusammen mit der Staatsregierung und dem Kultusministerium erfolgt, zusammen mit allen Beteiligten auf einer sachlichen Ebene fortgeführt werden kann. Das ist die Grundlage dafür, im Laufe der nächsten Monate zu guten Ergebnissen zu kommen, um letztendlich das bevorstehende Problem lösen zu können und konstruktiv miteinander zu diskutieren, statt dauernd nur Vorwürfe zu machen; denn das, glaube ich, ist hier völlig fehl am Platz.
Herr Bläsner, Ihren Appell, den hör‘ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube daran, dass aufseiten der Koalition tatsächlich ein ernsthafter Wille zu einem konstruktiven Dialog besteht. Nach wie vor wird uns keine klare Faktenlage zu den Zahlen vorgelegt. Ich erfahre täglich Neues, wie die tatsächliche Stellenlage aussieht. Solange hier von der Landesregierung und der Koalition nicht mit offenen Karten gespielt wird, wie die Situation an den Schulen tatsächlich ist und die Einstellung von Stellen für das kommende Schuljahr und die darauffolgenden Jahre aussieht, glaube ich nicht an einen konstruktiven Dialog, weil all unsere Vorschläge ins Leere laufen. Ich lasse mich auch nicht von einem Programm „Geld statt Stellen“ einlullen. Das ist keine Lö
Herr Colditz, ich nehme Ihr Angebot gern an, wenn die Staatsregierung dazu bereit ist. Es gibt nur einen kleinen Unterschied: Bayern hat seit Jahrzehnten eine Kultur des Dialogs mit den Lehrerverbänden, Elternverbänden und der Opposition – Sie erinnern sich sicher an das Thema Inklusion –, die wir uns hier ebenso wünschen. Vielleicht tritt sie eines Tages ein. Momentan ist der Boden dafür aber nicht geeignet.
Herr Bläsner, möchten Sie erwidern? – Das ist nicht der Fall. Meine Damen und Herren! Ich frage die NPD-Fraktion: Wird das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die zweite Runde beendet. Gibt es den Wunsch nach einer dritten Runde? – Herr Prof. Besier, bitte. Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte unsere Bitte, dem Antrag zuzustimmen, mit ein paar Bemerkungen verbinden, die zusammenfassender Natur sind.
Das beschlossene Bildungspaket wird nicht ausreichen. Das befürchtet Herr Kollege Colditz und wir befürchten das ebenso. Ich halte es für außerordentlich wichtig, dass wir über die Ländergrenzen schauen. Das ist ein sehr guter Vorschlag, weil man dort vielleicht kreative Ideen findet, die uns weiterhelfen.
Wir stehen vor einem Sanierungsstau und werden erleben, dass unsere Kinder in Containern unterrichtet werden. Wir haben einen hohen Unterrichtsausfall. Es gibt die Sorge, dass wir nicht genügend Vertretungen haben. Vertretungspools, wie angeregt, wären hierbei vielleicht eine Hilfe.
Im Hochschulbereich wird der Stellenabbau ausgesetzt werden müssen. Am Ende wird es sonst teurer werden, wenn wir jetzt nicht das zurücknehmen, was wir oder Sie unter anderen Voraussetzungen beschlossen haben.
Die Rektorin der Universität Leipzig hat in der letzten Anhörung etwas sehr Wichtiges gesagt: Bis jetzt haben wir nach dem Rasenmäherprinzip arbeiten können. Alles ist erhalten geblieben. Jetzt ist die Zäsur eingetreten. Nun müssen wir ganze Einrichtungen streichen. An diesem Stadium sind wir angekommen. Hier befinden wir uns im nationalen Wettbewerb nicht mehr dort, wo wir uns alle gern sehen möchten. Ich nenne hierzu nur das Stichwort Pharmazie in Leipzig. Es ist schon angesprochen worden.
Werfen wir einen Blick auf die Lehramtsstudierenden: Es ist bereits gesagt worden, dass das Vertrauen in diesen Ausbildungsgang durch die ständig neuen Examensbedingungen – Lehramtsstudium, Examen, Bachelor und
zurück – zurückgegangen ist. Studierende ziehen es daher vermutlich vor, andere Studiengänge zu wählen.
Das Wort „umzulenken“ habe ich vernommen. Von „artverwandt“ möchte ich nicht reden. Die Vorstellung, man könne Studierende, die ein Interesse an benachbarten Disziplinen haben, dazu bewegen, ein Lehramtsstudium aufzunehmen, erscheint mir schwierig. Die Studienwahl ist frei. Studierende werden sich danach richten, wie attraktiv ein Studium, wie sicher und zuverlässig ein Studiengang ist und wie die Examensbedingungen sind. Hierbei müssen wir in Vorleistung gehen. Wir müssen den Studierenden wieder Vertrauen in diese Studiengänge geben. Dann bin ich zuversichtlich, dass sich auch wieder mehr für das Lehramtsstudium entscheiden werden.
Wir haben Versäumnisse aufgeführt. Mit Blick auf die Lehramtsausbildung in Chemnitz kann ich mir nicht vorstellen – es fehlt ein Zentrum für die Lehrerbildung und eine erziehungswissenschaftliche Fakultät –, dass wir im Jahr 2013/2014 dort tatsächlich so weit sind, das Grundschulstudium aufzunehmen. Das scheint mir sehr optimistisch zu sein – viel zu optimistisch. Wir wissen, dass es gerade in diesem Bereich einen dramatischen Lehrermangel gibt.
Es hat eine ganze Reihe von Fragen gegeben – Fragen, die einer Beantwortung harren. Beispielsweise ging es um die Altersteilzeit und die Ruhephase. Wurde dies in den Berechnungen berücksichtigt? Es besteht die Frage, wie es mit dem Fachunterricht weitergehen wird. Werden tatsächlich genug Fachlehrer – kurz- und mittelfristig – zur Verfügung stehen, um den Fachunterricht abzudecken? Müssen wir stattdessen damit rechnen, dass in der nächsten Zeit noch sehr viel mehr fachfremde Lehrer in den Fächern unterrichten?
Wir haben die Chance, die Weichen anders zu stellen. Das sehe ich ähnlich wie der Kollege Colditz. Es stehen demnächst Haushaltsverhandlungen an und wir können in diesem Zusammenhang Korrekturen vornehmen. Es klingt immer wie eine Phrase und dennoch müssen wir uns daran erinnern: Alles, was wir in den Bildungssektor investieren, investieren wir in die Zukunft dieses Landes.
Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das kann ich nicht erkennen. Ich frage die Staatsregierung, ob das Wort gewünscht wird? – Frau Staatsministerin von Schorlemer, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Vor den Hochschulen unseres Landes stehen neben den Aufgaben in der Forschung und im Ringen um Exzellenz aktuell zwei wichtige Aufgaben in der Lehre: Zum einen gilt es, einen in diesem Ausmaß unerwarteten Andrang von Studienanfängern zu bewältigen und die Qualität der
Lehre zu sichern. Zum anderen ist das besondere Augenmerk auf die Lehramtsausbildung zu richten, um mit gut ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern auch in Zukunft gute Schulen zu sichern.
Zunächst komme ich zur Bewältigung der hohen Zahl der Studienanfänger. Es ist davon auszugehen, dass die Anzahl der Studierenden im Wintersemester 2012/2013 den Höhepunkt erreicht und über mehrere Jahre hinweg im SMWK-Bereich – ohne Hochschulmedizin – mit über 100 000 Studierenden hoch bleiben wird. Dies ergibt sich aus dem seit Kurzem zur Verfügung stehenden statistischen Material, welches zwischen meinem Ressort und dem Staatsministerium der Finanzen aktuell abgestimmt werden konnte.
Der zeitweisen Überlast ist durch ein Maßnahmenpaket zu begegnen. Das vorgesehene Maßnahmenpaket ist mehrjährig angelegt und steht daher unter dem Zustimmungsvorbehalt dieses Hohen Hauses. Die Staatsregierung wird auf der Basis des Hochschulpaktes 2020 und unter Einsatz der entsprechenden Mittel durch zeitlich befristete Beschäftigungsverhältnisse im akademischen Mittelbau – wissenschaftliche Mitarbeiter und Lehrkräfte für besondere Aufgaben – sowie durch vorgezogene Berufungen den Hochschulen Instrumente an die Hand geben, die besondere Lehrlast in den nächsten Jahren abzufedern.