Protokoll der Sitzung vom 13.06.2012

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung – Zuruf des Abg. Andreas Storr, NPD)

Die Sachsen sind von der Attraktivität ihres Landes überzeugt. Das zeigen auch die Umfragen. Aber wenn man selbst von seinem Land überzeugt ist, heißt das noch nicht, dass man von woanders auch so gesehen wird. Wir haben gesehen, dass es in Deutschland und im europäischen Ausland noch Potenziale gibt. Es hat sich noch nicht überall herumgesprochen, dass Sachsen als Tourismusland super attraktiv ist, dass es sich hier gut wohnen und arbeiten lässt.

Dann kann man kleingeistig provinziell, wie es die SPD macht, sagen: Wir tun nichts. Oder wir machen vielleicht eine Imagekampagne, indem wir eine Anzeige im „Wochenkurier“ schalten. Das kostet uns 1 000 Euro. Wir sparen über 34 Millionen Euro. Die stecken wir dann woanders hinein. Das kann man als Sozialdemokrat machen, klar.

Aber, meine Damen und Herren, wir sind der Auffassung, wir wollen offensiver für Sachsen trommeln, weil wir

etwas zu verkaufen haben. Das ist genau die Saat, die wir aussäen, damit wir in Zukunft wirtschaftlich erfolgreich sind, damit wir Geld einnehmen und damit wir eben auch Bildung und Sozialleistungen finanzieren können und nicht das Geld einmal verfrühstücken, und dann kommt die Sintflut. Das ist sozialdemokratische Politik.

Wir investieren in Wachstum und Wohlstand, und wir sehen es langfristig – im Gegensatz zu Ihnen.

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege?

Aber gern doch.

Bitte, Frau Kollegin Stange.

Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Herbst, ist Ihnen bekannt, dass die Imagekampagne „Studieren in Sachsen“ aus einem SPD-regierten Ministerium heraus in Aktion gesetzt wurde und dass sie sehr erfolgreich – auch heute noch sehr erfolgreich – in Sachsen läuft?

(Zuruf des Staatsministers Frank Kupfer)

Merken Sie, dass Sie sich gerade selbst widersprechen, weil Sie vorhin sagten, das Geld für die Imagekampagne sollte man lieber für die Verbesserung des Kita-Schlüssels ausgeben? – Das hätten Sie zu Regierungszeiten machen können. Ihre Glaubwürdigkeit ist relativ gering.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Dass Studenten hier nach Sachsen kommen, hat vielleicht auch etwas damit zu tun, dass wir doppelte Abiturjahrgänge im Westen haben, dass die Wehrpflicht weggefallen ist, dass wir durchaus interessante Studienangebote in Sachsen haben und dass die Lebenshaltungskosten hier günstig sind.

Wenn man nachhaltig Standortwerbung macht, ist das keine Frage von ein oder zwei Jahren. Schauen Sie sich doch einmal an, welche Regionen das erfolgreich machen. Ich nenne als Beispiel Südtirol. Das macht man nicht über Nacht. Deswegen ist auch Ihr Vorwurf, das sei PR für die Regierung, völlig schwachsinnig. Jede Regierung sollte Standortwerbung machen, und das Land sollte zuerst stehen und nicht die billige Parteipolemik wie bei der SPD, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Bitte, eine weitere Zwischenfrage von Frau Kollegin Stange.

Herr Herbst, ist Ihnen bekannt, dass das Geld für diese Imagekampagne aus den Bundesmitteln für den Hochschulpakt gekommen ist und nicht aus dem Land Sachsen?

(Oh-Rufe von der CDU und der FDP)

Da möchte ich zurückfragen: Ist Ihnen bekannt, dass alle öffentlichen Mittel, die wir hier ausgeben, Steuergelder sind und es daher keinen Unterschied macht?

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Diese Argumentation ist wirklich super bestechend. Für die Sozialdemokraten fällt ja Geld vom Himmel.

(Heiterkeit bei der FDP und der CDU)

Da bleibt einem der Mund offen stehen. Da kann man über die Eurobonds wirtschaftspolitisch fast noch hinwegsehen. Die Aussagen der SPD sind wirklich peinlich.

(Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, wir kennen Sachsens Vorzüge, und wir wollen sie bekannter machen. Dafür muss man etwas tun. Sie nicht, aber wir wollen etwas tun.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Ich will am Ende noch einmal Dante zitieren: „Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt, der andere packt sie an und handelt.“ Wir handeln, Sie kritisieren. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Für die FDP-Fraktion sprach Herr Kollege Herbst. – Jetzt spricht für die Fraktion GRÜNE Frau Kollegin Hermenau.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Als diese Kampagne im Haushalt 2011/2012 beschlossen wurde, war die entsprechende Vorlage noch nicht einmal etatreif. Wir haben erst ein Jahr später im Oktober eine Vorlage bekommen, in der erklärt wurde, was diese Kampagne eigentlich bringen soll. Inzwischen ist das, was dort beschrieben wurde, hinsichtlich der Ausgangslage ja schon falsch eingeschätzt. Es wird also nur die Imagekampagne für die Staatsregierung in schwierigen Wahljahren übrig bleiben.

Das kommt raus: Ingenieurselbstbespiegelung und Autosuggestion von einem bestimmten Segment der Bevölkerung in der Meinung, das wäre Sachsen; von außen in der Fremdwahrnehmung Kultur und Natur als die wichtigsten und substanziellsten Fragestellungen, die man von außen von Sachsen wahrnimmt. Da muss der Ingenieur ins Grübeln kommen, finde ich. Die Regierung und die Koalition sind schwach auf der Brust, wenn es um Kultur und Natur in diesem Land geht. Das ist exakt immer der Konflikt hier im Haus.

Das wollen Sie jetzt heilen. Das passt zu Ihrer Halbzeitbilanz: schlechte Politik auffällig verpackt und vergessen

gemacht. Sie sind Verpackungskünstler: Es ist nichts drin in der Box, aber glänzend verpackt, sieht super aus. Das wird auf Dauer im Osten nicht funktionieren. Der Ossi ist inzwischen produktkritisch geworden. Wir haben genug Westerfahrungen gesammelt.

Passem et circenis, vor allem circensis, wie ich das hier sehe: Wissen Sie, was eine Imagekampagne wäre? Tu etwas gegen Nazis, denn Sachsen ist ein tolerantes Land! Tu etwas für Zuwanderung und Integration, denn Sachsen ist ein weltoffenes Land!

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD – Zurufe von der CDU)

Investiere überdurchschnittlich in Bildung und Forschung, denn Sachsen ist ein modernes Land! Schütze Natur und Kultur, denn Sachsen ist ein traditionsbewusstes Land! Kümmere dich um deine Hilfsbedürftigen, denn Sachsen ist ein soziales Land! Das wäre eine Imagekampagne, die in der Tat Aufmerksamkeit erregen würde.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Sie haben in Ihrem Konzept gesagt, dass Sie eine zielgruppenspezifische Ansprache machen wollen, dass Sie Touristen ansprechen wollen. Also, wenn die Fremdwahrnehmung ist, Sachsen sei ein Tourismusland, ist das Ziel bereits erreicht. Dieses Geld können Sie schon herausnehmen.

Sie wollen Investoren ansprechen. Investoren checken doch keine Glanzfotos in der Zeitung, sondern sie checken ökonomische Eckdaten. Da sind Sie in den letzten Jahren tatsächlich ins Hintertreffen geraten im Vergleich zu anderen ostdeutschen Ländern. Das ist auch wahr. Fachkräfte und Studierende sollen angelockt werden. Diese Kampagne gibt es schon. Frau Kollegin Stange hat das gerade ausgeführt. Zur Eierschecke schweige ich aus Höflichkeit.

Sie wollen intern Identität stiften, als zweites Ziel nach der externen Ansprache. Intern Identität stiften! Sie sind durch dieses Land geholzt wie der Elefant durch den Porzellanladen und haben mit Ihrer schlechten Politik die Bevölkerung gespalten, und dann wollen Sie jetzt Identität stiften. Das kommt mir lustig vor. Das ist alte Feldherrenlogik mit dem typisierten Sachsen, um die Truppen wieder mühsam hinter sich zu bringen. Mit Vielfalt haben Sie es ja eh nicht so, und Arroganz, Herr Herbst, ist kein Selbstbewusstsein. Eher das Gegenteil.

Die Sachsen sollen also in den beiden Wahlkampfjahren eine eingeschworene Truppe werden. Wenn Sie wirklich eine Imagekampagne machen wollen, sollten Sie sich einmal erinnern, wie das in den Neunzigerjahren war. Personen machen Image.

Sie sagen auch, Sie wollen, dass die Sachsen als Multiplikatoren nach außen tragen, wie toll Sachsen ist. Da sollten Sie an der Spitze anfangen. Sie sind am meisten im überregionalen Fernsehen. Wenn das so ist, frage ich mich natürlich: Welches Image verbreitet diese Staatsregierung

im überregionalen Fernsehen? Ein muffiges Sachsen, ein ängstliches Sachsen, ein Sachsen, das sich vor Ausländern fürchtet, ein Sachsen, das nicht in die Bildung investieren will.

(Zuruf des Abg. Torsten Herbst, FDP)

Das sind doch die öffentlichen Wahrnehmungen: der ewige sächsische Sonderweg, der ins Abseits führt. Sachsen ist keine Insel, aber Sie glauben, es sei eine.

(Zuruf des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Und da Sie sich gerade so echauffieren, Herr Zastrow: Nach Kurt dem Kurzen kommt jetzt Holger der Lange. Meine Erfahrung sagt mir, dass manchmal doch ein Stückchen Kopf – oder ein Stückchen Herz – zur Größe fehlt. Die beste Standortkampagne, die ich mir für Sachsen vorstellen kann, wäre ein Regierungswechsel. Und einen Slogan habe ich auch schon: In Sachsen tut sich endlich was!