Protokoll der Sitzung vom 13.06.2012

Für die Berufsfachschule für Sozialwesen gibt es das nicht. Außerdem – das wurde mehrfach erwähnt – besteht auch künftig ein großer – ja, ein sehr großer – Bedarf. Die Berufsfachschule für Sozialwesen bleibt bestehen. Das möchte ich an dieser Stelle deutlich ausführen.

Gleiches gilt für die Berufsfachschule für Pflegehilfe sowie für die Berufsfachschule für medizinische Dokumentation: Dort wird es keine Abstriche geben. Die Bewerberzahlen steigen. Wir sichern die Ausbildung an diesen Berufsfachschulen, weil die Absolventen dieser Berufsfachschulen in Sachsen gebraucht werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Auch das Bildungsangebot an Fachschulen haben wir im Hinblick auf den Bedarf und die Abgrenzung zu Bildungsangeboten im Bereich der beruflichen Fort- und Weiterbildung geprüft. Unter Würdigung der bei uns im Freistaat vorhandenen Möglichkeiten zur Förderung der beruflichen Fort- und Weiterbildung haben sich mein Haus und das SMWA verständigt, die Bildungsangebote in diesem Bereich zu analysieren. Sie konnten der Presse entnehmen, dass hier bereits ein intensiver Meinungsbildungsprozess mit allen Beteiligten begonnen hat.

Meine Damen und Herren, im Wissen um die Bedeutung der Schulart Fachschule für die Sicherung des mittleren Führungskräftemanagements unserer sächsischen Unternehmen sind wir sehr bedacht vorgegangen. Ich versichere Ihnen, dass wir auch weiterhin sehr bedacht vorgehen und die Ausbildung des mittleren Managements für unsere Wirtschaft sichern werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Grundlage für die Analyse der Bildungsangebote in der beruflichen Fort- und Weiterbildung unterliegt einem klaren Kriterienkatalog. Ich möchte Ihnen ganz kurz die Kriterien benennen: Zum einen werden wir genau auf die Nachfrage und den Bedarf in den Regionen schauen. Auch regionale Besonderheiten und die Verankerung in der Region werden eine große Rolle spielen. Ausbildungen an Fachschulen haben traditionelle und historische

Bedeutung. Die werden wir bei unserer Prüfung keineswegs beiseitelassen. Nischenqualifikationen und Einzigartigkeiten gibt es im Freistaat in Fachschulausbildungsgängen. Auch die werden in die Analyse einfließen, ebenso ihre überregionale Bedeutung.

Sie haben den nächsten Punkt bereits mehrfach angesprochen: Dort, wo ein Entsprechungsgrad zu Industrie- und Handwerkskammerqualifikationen vorliegt, werden wir das genau prüfen und sind auch bereits mit den Kammern in sehr guten, intensiven Gesprächen.

Länderübergreifende Anerkennung der Abschlüsse ist ein weiteres Kriterium unserer gemeinsamen Prüfung. Wir haben uns darauf verständigt, dass wir die jeweiligen Bildungsgänge bis Ende 2012 ergebnisoffen prüfen werden.

Zum Berufsgrundbildungsjahr und Berufsvorbereitungsjahr: Die Teilnehmerzahlen am Berufsgrundbildungsjahr sind aus verschiedenen Gründen seit Jahren stark rückläufig. Deshalb erfolgen künftig die Klassenbildungen im Berufsgrundbildungsjahr nur noch im erforderlichen Umfang. Sie werden also schrittweise reduziert werden, weil der Bedarf nicht mehr vorhanden ist. Wir brauchen unsere jungen Menschen im Freistaat Sachsen in der dualen Ausbildung. Das fordert auch die Wirtschaft von uns. Sie ist bereit, diesen Weg mit uns zu gehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Zum Berufsvorbereitungsjahr – Frau Dr. Stange, Sie sind darauf eingegangen, einige andere Redner auch –: Das Berufsvorbereitungsjahr hingegen ist ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Bildungslandschaft. Es ist eine unverzichtbare Vorbereitung für berufsschulpflichtige Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss. Auch das gestreckte BVJ, das im Modellversuch erprobt wurde, werden wir in erforderlichem Umfang fortsetzen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Staatsregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Quote der Schüler ohne Abschluss bis zum Jahre 2020 von 9 auf 5 % zu senken. Vor allem für die Abgänger allgemeinbildender Förderschulen stellt gerade dieses BVJ und gestreckte BVJ eine effektive Möglichkeit zur Vorbereitung auf eine Berufsausbildung dar. Deshalb stehen wir voll und ganz hinter dieser Ausbildung und werden diese Jugendlichen begleiten, damit sie in das Arbeitsleben eintauchen können.

Meine Damen und Herren, all diese Veränderungen werden frühestens zum Schuljahr 2013/2014 vollzogen. Alle betroffenen Schüler können ihre berufliche Aus- und Weiterbildung solide beenden. Wir produzieren kein Chaos und haben kein Chaos produziert.

(Zuruf von den LINKEN)

Jede Veränderung ist wohlüberlegt. Berufliche Aus- und Weiterbildungsangebote werden nur dann gestrichen, wenn es dafür keinen Bedarf mehr gibt oder eine Entsprechung in der dualen Ausbildung vorgefunden wird. Mit

diesen Maßnahmen stützen und stärken wir insgesamt die duale Ausbildung, aber erhalten genau die landesrechtlich geregelten Berufe, die wir zur Deckung unseres Fachkräftebedarfs brauchen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Für die Staatsregierung sprach Frau Staatsministerin Kurth. – Frau Falken, Sie haben noch Redebedarf? – Sie haben sogar noch Redezeit. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Staatsministerin, die Worte, die Sie hier gesprochen haben, verschlagen mir schon ein bisschen die Sprache.

(Zuruf von der CDU: Das wäre aber gut!)

Es gibt keinen Kahlschlag und es gibt kein Chaos, haben Sie gerade gesagt. Mit diesem Kabinettsbeschluss hätten Sie einen Kahlschlag hervorgerufen, und zwar massiv. Das Chaos ist eindeutig da, weil die Betroffenen – die Lehrer, die Eltern, die Schüler – bis heute nicht genau wissen, was es nun gibt und was es nicht gibt. Sie müssen nicht davon ausgehen, dass mit einer Presseerklärung alles getan ist und alle Betroffenen wissen, was jetzt gemacht oder was nicht gemacht wird. Das Chaos ist nach wie vor da.

Ich hätte schon erwartet, Frau Staatsministerin, dass Sie hier an das Pult gehen und einmal erläutern – und wenn es nur ganz kurz gewesen wäre, so wie es Herr Colditz getan hat –, dass die Entscheidung vom April falsch war und dass die Korrektur nur stattgefunden hat, weil es genügend Proteste gab, sowohl innerhalb des Parlaments

(Staatsministerin Christine Clauß: Das stimmt nicht!)

als auch außerhalb des Parlaments.

(Beifall bei den LINKEN)

Wenn das nicht stimmt, Frau Ministerin, dann frage ich Sie noch einmal – wir haben das alle hier gemacht –:

Wieso können Sie einen solchen Beschluss im April mittragen? – Das geht überhaupt nicht!

Ich möchte auch noch einmal darauf eingehen – Sie haben es benannt und auch Herr Bläsner hat es sehr stark benannt: Es ist überhaupt nicht so, dass die Opposition sagt – zumindest DIE LINKE nicht, aber ich denke, auch meine Kollegen von der SPD und von den GRÜNEN nicht –, alle Ausbildungszweige müssen 100 000 Jahre erhalten bleiben. Das ist überhaupt nicht wahr. Das ist nicht so. Selbstverständlich sind wir auch der Auffassung, dass erstens das duale System stehen und zweitens nach Bedarf ausgebildet werden muss. Natürlich wollen wir nicht junge Leute ausbilden, die dann keinerlei Möglichkeiten haben, einen Job zu bekommen. Aber das müssen Sie in Ruhe prüfen.

Herr Bläsner, bei aller Freundschaft: Wenn Sie zur Arbeitsagentur gehen und fragen, was gerade frei ist, das ist wohl kein Maßstab dafür, wie wir im Freistaat Sachsen Berufsausbildung durchführen. Dazu gehört wohl ganz eindeutig ein kleines bisschen mehr. So funktioniert das nicht.

(Beifall bei den LINKEN)

Ich will den Gedanken von Herrn Colditz aufgreifen. Lassen Sie uns zukünftig im Bildungsbereich genauer schauen, welche Veränderungen notwendig sind. Beziehen Sie die Betroffenen und das Parlament bei Entscheidungen mit ein! Dann können wir sehr viele Probleme lösen. Die Betroffenen lassen sich nicht mehr mit Beschlüssen der Staatsregierung einfach so abspeisen. Sie protestieren und versuchen Veränderungen. Das hat hier funktioniert.

(Beifall bei den LINKEN)

Vielen Dank, Frau Falken. Gibt es weiteren Redebedarf in der Debatte? – Meine Damen und Herren, das kann ich nicht erkennen. Die 2. Aktuelle Debatte ist abgeschlossen und dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 2

2. Lesung des Entwurfs

Gesetz zur Regelung der Betreuungs- und Wohnqualität im Alter, bei

Behinderung und Pflegebedürftigkeit im Freistaat Sachsen (Sächsisches

Betreuungs- und Wohnqualitätsgesetz – SächsBeWoG)

Drucksache 5/6427, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 5/9187, Beschlussempfehlung des

Ausschusses für Soziales und Verbraucherschutz

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache in der bekannten Reihenfolge erteilt: CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht. Meine Damen und Herren! Wir beginnen mit der Aussprache. Für die CDU-Fraktion spricht Herr Abg. Krauß. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn die Opposition, die SPD und DIE LINKE, heute Morgen den Versuch unternommen hat, das Gesetzgebungsverfahren zu stoppen, ist klar: Sachsen bekommt heute ein neues Heimgesetz, neue heimrechtliche Regelungen, und das ist aus meiner Sicht gut so. Ich will aber auch sagen: Ich bin dankbar, dass DIE LINKE und die SPD ihren Gesetzentwurf heute von der Tagesordnung genommen haben, denn dieser Gesetzentwurf ist in der Tat nicht kompatibel mit dem Pflegeneuordnungsgesetz, das auf Bundesebene diskutiert wird. Aber er ist erst recht nicht mit der Wirklichkeit in diesem Land kompatibel. Aus diesem Grund habe ich sehr begrüßt, dass Sie diesen Gesetzentwurf heruntergenommen haben. Es war reiner Murks, was Sie da vorgelegt haben.

Was wollen wir mit dem neuen Gesetz? – Wir wollen kein vollkommen neues Heimrecht in Sachsen etablieren, sondern wir wollen eine behutsame Fortentwicklung des bestehenden Heimrechts, das wir bereits haben. Ich glaube, die Staatsregierung hat dazu einen sehr gelungenen Entwurf vorgelegt.

Wir können auf das Bundesheimgesetz von 1974 zurückgreifen. Die Betroffenen, diejenigen, die in der Pflege tätig sind, kennen die Regelungen dort. Wir haben eine gesicherte Rechtsprechung. Insofern ist es gut gewesen zu sagen: Wir entwickeln dieses bestehende Heimgesetz fort, nehmen es als Grundlage und fangen nicht mit etwas vollkommen Neuem an.