Protokoll der Sitzung vom 11.06.2012

und selbst die Hoteliers darüber stöhnen, dass sie jetzt zwei Rechnungen ausstellen müssen, nämlich einmal für die Übernachtung und einmal für das Essen –

(Beifall bei der SPD)

einmal von dem großen Bürokratieaufwand, der damit betrieben wird, abgesehen.

Ich weiß, was Sie meinen. Aber das, was Sie dazu in den Antrag geschrieben haben, ist schlichtweg Nonsens und eine verquere Verkettung von Tatsachen, die überhaupt nicht zu dem Thema gehören. Das möchte ich noch einmal ganz deutlich sagen.

In diesem Sinne kann ich mich eigentlich nur Kollegen Scheel anschließen. Wir können uns hier, weil wir glauben zu wissen, was Sie meinen, wirklich nur freundlich der Stimme enthalten.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP-Fraktion spricht als nächster Redner Herr Zastrow. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was haben hohe Steuern mit soliden Haushalten zu tun, meine Damen und Herren? – Diesen Zusammenhang müssen Sie mir noch einmal erklären. Ich verstehe ihn nicht.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Das merken wir!)

Wenn es so wäre, liebe Kollegin Hermenau, müssten wir in Deutschland perfekte, solide Haushalte haben; denn wir haben eine hohe Steuerlast. Die OECD hat gerade erneut festgestellt, dass die Steuer- und Abgabenlast in Deutschland sehr hoch ist und dass wir es uns leisten, leider besonders Geringverdiener und Durchschnittsverdiener – das wissen Sie auch, Herr Scheel – besonders hoch zu belasten. Wenn die Theorie stimmen würde, –

(Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE)

dass hohe Steuern automatisch zu soliden Haushalten führen, müssten wir in Deutschland vorbildlich sein. Wir sind es aber nicht. Diese Theorie stimmt schlichtweg nicht.

(Beifall bei der FDP)

Es ist oftmals doch anders. Ich frage Sie – Frau Hermenau, das können Sie mir in der zweiten Runde gern beantworten –: Wie viel hätten Sie denn gern? Wann haben Sie, wenn Sie für den Staat zuständig sind, denn genug? Wann reicht es Ihnen? Wie viel wollen Sie den Bürgerinnen und Bürgern, den Berufstätigen in unserem Land abknöpfen, damit Sie zufrieden sind, damit Ihr Staat funktioniert?

Sie werden nie zufrieden sein! Es wird niemals einen Finanzminister – mit Ausnahme unseres eigenen – oder einen Stadtkämmerer geben, der einmal zufrieden ist und sagt: Ich komme mit dem hin, was ich habe. Das wird es nicht geben. Die Begehrlichkeiten der öffentlichen Hand sind immer groß, weil es natürlich immer berechtigte Anliegen gibt, weil es auch immer leicht ist, mit fremdem Geld zu entscheiden, mit fremdem Geld zu wirtschaften.

Meine Damen und Herren! Genau deshalb sind wir als FDP skeptisch, besonders viel Geld beim Staat zu lassen, und haben uns für einen anderen Weg entschieden. Damit unterscheiden wir uns von Ihnen. Das halte ich nicht für ein Problem, im Gegenteil.

Es ist schön, dass man ein Alleinstellungsmerkmal hat. Wir haben uns entschieden, lieber etwas mehr Geld bei den Bürgerinnen und Bürgern zu lassen. Anders als Sie haben wir in die Bürgerinnen und Bürgern mehr Vertrauen als in die vielen Bürokraten im Staatsapparat.

(Beifall bei der FDP – Antje Hermenau, GRÜNE: Das merkt man!)

Das passt nicht in Ihr Weltbild. Sie werden es mir sicherlich gleich wieder erklären. Sie wissen es ohnehin immer besser. Sie sind der festen Überzeugung, dass die Menschen ein bisschen blöd sind und nicht wissen, was sie mit ihrem Geld anfangen sollen. Sie wollen die Menschen bekehren, missionieren und leiten. Wir machen das nicht. Das ist der entscheidende Unterschied.

Meine Damen und Herren! Wenn ich sehe, wie die Staatsausgaben in vielen Kommunen und Ländern – auch im Bund und in Europa – aussehen, denke ich, dass das Geld bei denjenigen, die es erwirtschaften, besser aufgehoben wäre.

(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie mich noch auf einen Punkt zu sprechen kommen. Sie gehen die ganze Zeit davon aus, dass die Haushalte schwer unter Druck stehen. Das ist so. Sie gehen ebenso davon aus, dass wir die Einnahmensituation erhöhen müssen. Aber: Wenn es darauf ankommt, gibt es immer Geld, hat der Staat immer noch etwas übrig..

Beispielsweise haben wir gerade in unseren Kommunen mit diesem Effekt zu kämpfen. Es war ohne Weiteres möglich, Geschenke zu verteilen, obwohl der Bund gesagt hat – Herr Schäuble allen voran –, dass man sich um Gottes Willen keine Steuersenkungen leisten kann. Warum ist es dann möglich, auf Bundesebene die Gehälter im öffentlichen Dienst um über 6 % zu erhöhen? Wieso funktioniert das? Dafür haben wir das Geld. Für Steuer

senkungen, die allen Berufstätigen zugutekämen, ist kein Geld vorhanden. Wissen Sie, was das kostet? In Dresden kostet allein die Tarifentscheidung, die in Berlin getroffen wurde, allein im Jahr 2012 6,8 Millionen Euro mehr. Dafür haben wir Geld. Geld, das die Bürger erwirtschaften, ihnen zu lassen, etwas zurückzugeben und sie von dem Aufschwung profitieren zu lassen, wollen Sie ihnen nicht gönnen. Das verstehe ich nicht. Meine Damen und Herren, das kann ich auch nicht akzeptieren.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Sabine Friedel, SPD)

Eine große Steuerreform wird es auf Bundesebene wegen der Finanzkrise und wegen des Drucks, den es in Europa auf die öffentlichen Haushalte gibt, nicht geben. Das Einzige, was momentan zurückgegeben werden soll, ist ein Stück mehr Steuergerechtigkeit.

(Lachen des Abg. Stefan Brangs, SPD – Unruhe bei der SPD)

Dass Sie von der SPD nun lachen, wundert mich doch sehr. Ich möchte nicht, dass das Geld am Ende nicht bei dem Normal- und Kleinverdiener, der aufgrund des Aufschwungs eine kleinere Lohnerhöhung erhält, ankommt, sondern nur bei Wolfgang Schäuble und anderen Finanzministern. Das kann nicht gerecht sein. Warum gönnen Sie ihnen das nicht? Wenigstens in diesem Punkt müssten Sie als SPD und GRÜNE im Bundesrat zustimmen. Das finde ich ungerecht gegenüber Ihrer angeblichen Klientel, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD)

Frau Kollegin Hermenau, Sie haben vorhin einen Vergleich gezogen. Sie haben gesagt, dass man in Sachsen die Grunderwerbsteuer erhöhen müsse. Sie haben einen Antrag dazu gestellt, wenn ich es richtig gesehen habe. Sie wäre zu niedrig. Wir müssten uns mit BadenWürttemberg vergleichen. Ich sehe solche Vergleiche immer kritisch.

Ich habe gestern in der Zeitung gelesen, was es bildungspolitisch bedeutet für ein Land, wenn es plötzlich von Rot-Grün regiert wird. Herr Kretzschmar hat gestern angekündigt, dass er in Baden-Württemberg 11 550 Lehrerstellen bis zum Jahr 2020 streichen wird. Das war deutschlandweit in der Zeitung zu lesen. Das ist rot-grüne Bildungspolitik. In Sachsen machen wir es anders. Wir haben Probleme. Das ist richtig. Wir investieren aber so viel wie noch nie zuvor in die Bildung. Das ist der Unterschied zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Lachen bei der SPD)

Sie haben sich vorhin verraten. Sie haben Baden-Württemberg als Vergleichsmaßstab herangezogen. Lassen Sie mich noch eines sagen und ein Versprechen abgeben. Ich komme zur Grunderwerbsteuer. Man kann hier wie Sie lässig behaupten, Grunderwerbsteuer beträfe nur Leute, denen es besonders gut gehe. Pustekuchen. Wissen Sie,

was die Grunderwerbsteuer ist? Die zahlt jeder. Die zahlt jede kleine Familie, die ein kleines Häuschen kaufen möchte. Die zahlt die Familie an das Amt, ohne dass es dafür auch nur eine einzige Gegenleistung gibt, meine Damen und Herren! Der Staat hält einfach die Hand auf.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe und Unruhe bei der SPD)

Letztens war im Rahmen meiner Bürgersprechstunde eine junge Familie bei mir. Sie hat sich in Pirna ein kleines Haus gekauft, welches gar nicht teuer war. 5 000 Euro Grunderwerbsteuer mussten sie zahlen für keine Leistung des Staates. Wenn der Antrag der GRÜNEN durchgeht, wären es 7 000 Euro. Meine Damen und Herren! Das hat nichts mit einer vernünftigen Familienpolitik zu tun.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich darf Ihnen Folgendes versichern: Diese Koalition wird die Grunderwerbsteuer in Sachsen ganz gewiss nicht erhöhen. Meine Damen und Herren, das machen wir nicht.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Antje Hermenau, GRÜNE: Das glaube ich Ihnen sogar!)

Frau Hermenau, Sie haben von Estland erzählt. Das ist ein sehr interessantes Beispiel. Ich habe von Lettland gesprochen. Ich habe erzählt, wie es das Land in den Griff bekommen und seinen Haushalt wieder in Ordnung gebracht hat. Sie haben in Steuerfragen vieles anders gemacht. Sie haben Mehreinnahmen erzielt, weil sie Steuern gesenkt haben. Sie haben eine Flattax eingeführt. Das ist natürlich für Sie etwas ganz Modernes – Teufelszeug. Die Letten sind einen anderen Weg gegangen. Es gibt einfach keinen Zusammenhang zwischen hohen Steuern und hohen Einnahmen für den Staat. Der Staat muss lernen, sich selbst zu beschränken, das Wesentliche zu machen und zu sparen. So machen wir es schon seit Jahren in Sachsen vorbildlich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von der Opposition)

Frau Hermenau, Sie haben viel vom Neuverschuldungsverbot gesprochen. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Sie das gar nicht wollen. Sie haben vorhin einen ganzen Katalog an Ausnahmetatbeständen festgelegt. Ich überlege mir, worin Sie keine Ausnahme vom Neuverschuldungsverbot sehen. Ihre Zukunftsinvestitionen sind die Ausgaben für Bildung und Forschung – gut. Es sind die Ausgaben für Umwelt und Klimaschutz – hm. Es sind Ausgaben für den sozialen Frieden. Unter diesen Punkt fällt ja fast alles. Wissen Sie, was noch fehlt? Es fehlen noch die Sicherheit, die Infrastruktur und ein wenig Wirtschaftsförderung. Alles andere ist bei Ihnen von Ihrem Neuverschuldungsverbot nicht abgedeckt. Sie wollen einfach frech weiter das Geld ausgeben. An einem Neuverschuldungsverbot sind Sie überhaupt nicht interessiert. Sagen Sie die Wahrheit!

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Die NPD-Fraktion hat auf ihren Redebeitrag verzichtet. Damit ist die erste Runde der allgemeinen Aussprache beendet. Gibt es Bedarf für eine zweite Runde? – Das kann ich nicht erkennen. Ich frage die Staatsregierung, ob sie das Wort ergreifen möchte? – Herr Prof. Unland.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Im Freistaat Sachsen bestimmen die Einnahmen die Ausgaben.

(Zurufe von der Opposition: Nein!)

Es war und ist für die Sächsische Staatsregierung seit jeher ein Anliegen, nicht über die eigenen Verhältnisse zu leben. Solide Finanzen sind eines unserer Markenzeichen.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Wo ist der Widerspruch? – Zurufe aus der Opposition)

Die Aufnahme neuer Schulden führt zu Zukunftslasten. Diese müssen unsere zukünftigen Generationen teuer bezahlen. Genau das wollen wir vermeiden.