Etwas später, nachdem dieses Zitat in einem Interview gefallen war, gab es einen Aufruf: Wir sind Urheber. Damit wurde – dazu möchte ich jetzt noch einmal ganz kurz zitieren – die Debatte auch ganz gut zusammengefasst. Die Urheber sagen dort: „Die alltägliche Präsenz und der Nutzen des Internets in unserem Leben kann keinen Diebstahl rechtfertigen und ist keine Entschuldigung für Gier oder Geiz.“ Ich denke, das fasst die ganze Debatte auch ganz gut zusammen.
Wir brauchen im Internetzeitalter einen angemesseneren Umgang mit geistigem Eigentum. Gleichzeitig steht das natürlich auch im Verhältnis zu den Grund- und Freiheitsrechten der Bürger in der digitalen Welt. Die Freiheit des Internets muss trotzdem gewahrt bleiben. Das ist ein sehr großes Spannungsfeld mit einer Dreiecksbeziehung zwischen Urhebern, Verwertern und Nutzern. Dafür müssen wir Lösungen finden.
Für diese Lösungen müssen wir uns politisch auseinandersetzen. Wir haben bereits von Frau Fiedler gehört, dass es dazu von der CDU/CSU ein Positionspapier gab. Wenn ich mich recht entsinne, ist es ein Positionspapier von zwei Abgeordneten. Auch wenn es mein hochgeschätzter Kollege Kretschmer von der CDU mit verfasst hat, so muss ich doch sagen, hat mich das sehr gewundert. Denn Oppositionsparteien können Positions- und Thesenpapiere schreiben. Ich finde, Koalitionsparteien, die dafür zuständig sind, sollten nicht Positionen formulieren, sondern sollten handeln. Es gibt genug Punkte, bei denen wir handeln müssen, und ich denke, das ist auch wichtig.
Ich möchte noch kurz ein, zwei Punkte anbringen, bei denen Handeln absolut notwendig ist. Ich meine, dass dazu klares Unterlassen aufseiten der Koalition speziell im Bund vorliegt. Der § 52a Urheberrechtsgesetz läuft zum Beispiel Ende 2012 wieder aus. Er ist dreimal verlängert worden. Darin geht es darum, dass geschützte Werke in Unterricht und Forschung öffentlich verwendet werden dürfen. Des Weiteren geht es darum, dass Zweitverwertungsrechte von wissenschaftlichen Autoren
Ein weiterer Punkt in dem Bereich ist zum Beispiel die Intranet-Nutzung in Schulen und Hochschulen. Dazu gibt es absoluten Regelungsbedarf.
Ein weiterer Punkt, zu dem ich mir eine Regelung wünschen würde, betrifft das Abmahnwesen. Dieses Thema nimmt schon groteske Züge an.
Wir haben in aller Regel überhöhte Strafen für kleinste Regelverstöße. Urheberrechtsverstöße sind natürlich
immer schwierig, aber das kann kein Freibrief für Rechtsanwaltskanzleien sein, hier Abzocke durchzuführen.
Wir sagen ganz klar, dass eine Begrenzung des Streitwertes der richtige Weg ist. In dem Positionspapier von CDU und CSU habe ich dazu gelesen, dass eine Streitwertbegrenzung nicht der richtige Weg wäre. Ich frage mich: Wie soll das dann gehen?
Da mir jetzt die Zeit wegläuft, kann ich zu Leistungsrechten nichts mehr sagen. Wichtig ist mir jedoch noch, deutlich zu machen: Auch die SPD hat Positionen aufgeschrieben. Wir haben im Mai zwölf Thesen zum Urheberrecht aufgestellt, die wir im Dialog mit den Betroffenen formuliert haben. Ich denke, es ist der richtige Weg, dass wir ein Urheberrecht vom Urheber her denken und das auf die digitale Welt anpassen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es von der Koalition ziemlich kühn, ein so komplexes Thema wie das Urheberrecht in Aktuellen-DebattenSchnittchen von 5 Minuten verarbeiten zu wollen. Ich setze jetzt noch eins drauf und gehe noch eine Stufe höher: Es geht um die allgemeine Deklaration der Menschenrechte.
In Artikel 27 Abs. 1 steht: „Jeder hat das Recht, am kulturellen Leben frei teilzunehmen, an Künsten sich zu erfreuen, am wissenschaftlichen Fortschritt und dessen Errungenschaften teilzuhaben.“
In Abs. 2 steht: „Jeder hat das Recht auf Schutz der geistigen und materiellen Interessen, die ihm als Urheber von Werten der Wissenschaft, Literatur oder Kunst erwachsen.“
Das zeigt das Spannungsfeld, in dem wir uns hier bewegen: freier Zugang und wiederum Rechte der Urheber, die Menschenrechte betreffen. Es geht um einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen der Urheber und der Nutzer. Es kann nicht darum gehen, das Urheberrecht
auszuhöhlen oder gar abzuschaffen, wie manchmal etwas übereifrig behauptet wird, sondern es geht darum, das Urheberrecht an das digitale Zeitalter anzupassen. Die Digitalisierung hat dazu geführt, dass Inhalte in kürzester Zeit massenhaft kopiert und verbreitet werden können. Das Internet leistet seinen Beitrag dazu.
Ich glaube, es ist bei den derzeitigen Regeln ein vergeblicher Versuch, jede einzelne Verwendung zu verfolgen und eine angemessene Vergütung zu sichern. Viele Urheberinnen und Urheber können das gar nicht. Es fehlt ihnen das kaufmännische Interesse und die Fähigkeit. Es können auch nicht alle Anwälte beauftragen, das heißt, sie gehen leer aus.
Eine Realität in Deutschland sind jährlich 800 000 Abmahnungen. Dieses Abmahnwesen hat sich zu einem profitablen Geschäftsmodell für hochspezialisierte Anwaltskanzleien entwickelt, aber es ist kein Beitrag zu einer gerechten Vergütung und zu einem fairen Interessenausgleich.
Das ist ein offensichtlicher Irrweg. Ich kann nicht verstehen und nicht akzeptieren, dass der Versuch des Bundesjustizministeriums, dort zumindest Schranken einzuziehen, von der CDU-Fraktion gestoppt wurde.
Früher war das Urheberrecht ein Gebiet für hochspezialisierte Juristen, heute ist es im Alltag angekommen. Millionen von Bürgern, jeder von uns ist tagtäglich damit konfrontiert. Das Herunterladen von Bildern und Musik betrifft Urheberrechtsfragen oder auch das Verlinken von Texten. Und ich behaupte: Viele von uns haben auch schon Urheberrechtsverstöße begangen, und das nicht aus krimineller Energie heraus, sondern aus Unkenntnis.
Deshalb stimme ich mit meinen Vorrednern durchaus überein: Es geht um Informieren und Bilden. Das Urheberrecht und der Umgang mit Lizenzen, die immer wichtiger werden, gehören in den heutigen Schulstoff und das ist nicht zuletzt auch eine Aufgabe der Internetwirtschaft.
Das Urheberrecht zu reformieren heißt vor allem, es verständlicher und praktikabler zu machen. Dazu gehören Punkte, die schon genannt wurden. Die Kultur des Teilens muss im Recht etabliert werden. Es muss ein Recht auf eine Privatkopie auch von digitalen Medien geben. Auch die Wiederveräußerung muss geklärt werden. Es ist doch nicht haltbar, dass ich eine CD oder ein Buch verkaufen kann, aber keine digitalen Güter.
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur Software hat hier eine Bresche geschlagen, die einen Schritt zur Gleichstellung von körperlichen und nicht körperlichen Werken darstellen kann. Natürlich muss es auch möglich sein, Werke im Internet zu bearbeiten, Remakes und Mash-ups zu etablieren. Dort geht es ganz klar um die
„Schöpfungshöhe“, wie es so schön im Urheberrechtsgesetz heißt. Dies sollte klarer formuliert werden.
Das Urheberrecht zu reformieren heißt aber auch, die Urheber zu stärken. Wir müssen sie in ihrer Selbstbestimmungsmöglichkeit stärken. Sie haben meistens eine schwächere Position gegenüber den Verwertern. Es ist richtig, Mindestbeteiligungsansprüche ins Gesetz zu schreiben, ebenso die Bedingungen für die Werknutzung, zum Beispiel Creative-Commons-Lizenzen zu ermöglichen. Es geht sicherlich auch um ein System der kollektiven Rechtewahrnehmung, was verbesserungsfähig ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute schon von der digitalen Revolution gehört. Nach einer Revolution bleibt im Regelfall nicht alles beim Alten, sondern es werden neue Regeln aufgestellt. Die bisherigen Regeln in einer digitalen Welt durchzusetzen ist unmöglich, weil es unverhältnismäßig wäre. Es würde voraussetzen, dass eine umfassende Kontrolle des Online-Verhaltens der Nutzerinnen und Nutzer stattfindet. Das ist nicht nur nicht wünschenswert, sondern offensichtlich auch grundrechtswidrig.
Deshalb sind alle Modelle, die hier mit hineinspielen, Three-Strikes, Providerhaftung, Vorratsspeicherung, ohne Wenn und Aber abzulehnen. Die CDU hat ihre Position auf Bundesebene in 15 Leitlinien festgeschrieben. Das einzige, was hiervon angekommen ist, ist die Ablehnung der Kulturflatrate. Warum bitte? Das ist eine Pauschalvergütung für die nicht kommerzielle Nutzung. Wenn man auf Privatbreitbandanschlüsse eine Abgabe erhebt – das sind ungefähr 28 Millionen Anschlüsse –, ist das ein erheblicher Betrag, der die Einnahmenhöhe der größten Verwertungsgesellschaften erreicht. Es geht hierbei nicht darum, eine Alternative aufzubauen, das heißt Flatrate oder Geschäftsmodelle, die eine Direktbezahlung beinhaltet, sondern es geht darum, solche Modelle miteinander in Übereinstimmung zu bringen.
Ich kann nur sagen, diese Problematik ist nicht neu. Wir alle zahlen auf Drucker, Kopierer usw. die sogenannte Leerträgerabgabe. Das gibt es im analogen Zeitalter. Es geht um Verteilungsgerechtigkeit. Dieses Problem besteht aber schon heute. Das ist im digitalen Zeitalter leichter zu lösen.
Ich wünsche mir auch, dass wir aus den Schützengräben kommen und miteinander sprechen, mit den Künstlern und Verwertern. Vor allem die Künstler haben eine hohe Sensibilität für diese Frage, weil dort auch ihre persönliche – –
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Geistiges Eigentum ist zu schützen. Das ist sicherlich unbestritten. Das Scheitern des ACTAAbkommens im Europaparlament zeigt, dass die Umsetzung des Schutzes von geistigem Eigentum zwar regelungsmäßig nicht leicht ist, auch immer wieder zu umstrittenen Positionen führt, aber es geht letztendlich auch um unsere Rechtsordnung. Jedes Eigentum, auch geistiges Eigentum, muss geschützt werden. Denn die Alternative dazu wäre, wenn Eigentum nicht mehr geschützt wird, dass es im Grunde genommen zu einem modernen Raubrittertum, zu dem Recht des Stärkeren kommt, und das kann eigentlich niemand wollen.
Insofern ist der Regelungsbedarf gegeben. Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass von beiden Seiten, sowohl vonseiten der geistigen Urheber wie aber auch von den Nutzern, immer sehr viel Heuchelei im Spiel ist, die die unterschiedlichen bzw. gegensätzlichen Interessenslagen versuchen zu verschleiern. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Urheber von geistigem Eigentum nicht übervorteilt werden, dass sie nicht einen unangemessen hohen Nutzen aus dem Eigentum, welches sie selbst geistig geschaffen haben, ziehen. Auf der anderen Seite kann es aber auch nicht sein, dass eine kostenlose Selbstbedienungsmentalität akzeptiert wird, die letztendlich dieses Eigentum entwertet.
Ein weiterer Aspekt, der nach dem Scheitern des ACTAAbkommens noch immer im Raum steht, ist die internationale Marken- und Produktpiraterie. Auch das ist ein zentraler Bereich. Insofern müssen wir sehen, dass über das Internet hinaus Regelungen – durchaus auch ein internationales Handelsabkommen – geschaffen werden, die wirklich umfassende Regelungen schaffen und nicht nur im Internet. Gerade bei der internationalen Produkt- und Markenpiraterie geht es um einen Kernbereich unserer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Wir reden immer viel über Innovationen, die geschaffen werden müssen, und neue Produkte, neue Ideen. Aber wenn wir diese Ideen – auch international – nicht ausreichend schützen können, werden diese Innovationen, die teilweise mit vielen Fördermitteln unterstützt werden, verloren gehen. Deshalb besteht hier Handlungsbedarf.
Ich möchte noch einmal, weil das immer so stichwortartig, ich möchte fast sagen phrasenhaft in die Diskussion geworfen wird, zum Begriff „Freiheit des Internets“ etwas sagen. Wer ist schon gegen die Freiheit und für die Unfreiheit? Insofern ist es eine Sprechblase, die gern abge