Unternehmen und der damit verbundenen Arbeitsplätze. Dies alles können Sie überall nachlesen: in Fachzeitschriften, in den Antworten der Staatsregierung auf Kleine Anfragen, in den Geschäftsberichten der Bürgschaftsbank und der SAB. Sie können sogar mitdiskutieren und, falls vorhanden, sinnvolle Vorschläge einbringen. Bekanntlich befasst sich die Enquete-Kommission "Strategien für eine zukunftsorientierte Technologie- und Innovationspolitik im Freistaat Sachsen“ intensiv mit dieser Problematik, und an deren Ergebnissen beteiligen Sie sich doch auch, oder?
Ich, selbst Unternehmer, sehe dabei aber ein zentrales gesellschaftliches Problem, und dabei sind wir nicht ganz so weit auseinander. Der große Winston Churchill drückte es einmal sehr treffend aus – erschrecken Sie bitte nicht beim Tierschutz –: "Manche Leute halten den Unternehmer für einen räudigen Wolf, den man totschlagen müsse. Andere sehen in ihm eine Kuh, die man ununterbrochen melken könne. Nur wenige erkennen in ihm das Pferd, das den Karren zieht."
Für den damaligen Unternehmer mag dieses Zitat treffend gewesen sein. Heute sollte der Unternehmer zumindest der Kutscher, der Lenker sein. Dieses Zitat beschreibt leider nur zu gut die Situation in unserem Lande, und ich sage es nur ungern: Meist sehe ich Sie ganz vorn dran, wenn es ums Melken geht, wenn verhindert oder erschwert wird. Gerade die von Ihnen beschworenen Mittel-, Klein- und Kleinstunternehmen stöhnen unter der Überregulierung und unter dem Bürokratieaufwuchs, und Sie tun auch in diesem Hause Ihr Bestes, die Situation zu verschlimmern. Ihr Entwurf des Vergabegesetzes hat nicht nur mir, sondern unisono den Vertretern der Kammern, Wirtschaftsverbände und Gemeinden Erstaunen und nach Vollendung der Lektüre Schreckensschauer über den Rücken gejagt.
Statt Wirtschaftswachstum zu erleichtern und einfache, klar verständliche und umsetzbare Richtlinien für die Vergabe öffentlicher Aufträge zu schaffen, mischen Sie Sozial- und Baurecht zu einem Gemisch zur Verzögerung und Verhinderung von wirtschaftlichem Wachstum und letzten Endes gesamtgesellschaftlichem Wohlstand, und das fröhlich vereint unter dem Fähnlein der vereinigten Linken.
Nicht weniger gelungen in Ihrem Kampf für den Klein- und Mittelstand sind Ihre Anläufe hinsichtlich eines Bildungsfreistellungsgesetzes für Sachsen. Genau das brauchen wir: etwas mehr Bildungsurlaub zur freien Verfügung; vielleicht soll es ja auch einmal ein vegetarischer Kochkurs sein – natürlich zulasten des Unternehmers. Ich versichere Ihnen: Jeder verantwortungsvolle Unternehmer sorgt im Rahmen seiner Möglichkeiten allein schon im Interesse seines eigenen Unternehmens
dafür, dass sich seine Mitarbeiter zielgerichtet qualifizieren. Die Betonung liegt freilich auf "zielgerichtet", und das war ja wohl weniger die Intention Ihres unternehmensfreundlichen Handelns.
Das ist das Thema. Wenn Sie kein Unternehmer sind, können Sie nicht mitreden. Entschuldigung! Das passt zum Thema.
Genau das ist es, und im Leben trifft man sich immer zweimal. Lassen Sie sich gelegentlich mal in den Handwerkskammern und den Industrie- und Handelskammern in Sachsen sehen. Dort bekommen Sie Anregungen für konstruktive Hinweise gratis.
Erst in der vergangenen Woche wandte sich der Leipziger Handwerkskammerpräsident Ralf Scheler mit einem
solchen nützlichen Vorschlag an die Öffentlichkeit. Er forderte, die 2006 eingeführte Vorverlegung der Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge in den laufenden Monat zurückzunehmen – und das nicht etwa, um den Zinsertrag einzusparen, sondern einfach deshalb, nicht gezwungen zu sein, pro Monat eine komplette zusätzliche Lohnabrechnung machen zu müssen, die zu nichts anderem dient, als den Sozialversicherungsträgern die – zumeist auch noch schlecht verwalteten – Beiträge einige Tage früher zukommen zu lassen. Wenn Sie nach einem langen Arbeitstag über solchen Arbeiten sitzen, bekommen Sie spätestens dann Zweifel, ob Sie das Ihren Kindern auch zumuten würden, und wenn diese das selbst erleben, hat sich die Unternehmensnachfolge oft von selbst erledigt.
2004 gab die Weltbank eine Studie zur sogenannten Markteintrittsregulierung in Auftrag. Untersucht wurden die Bedingungen zur Unternehmensgründung in
130 Ländern der Welt. Das Ergebnis war für Deutschland ernüchternd. Dauert es in Australien durchschnittlich zwei, in Neuseeland und Kanada drei Tage, um ein Unternehmen zu gründen, so benötigt der potenzielle deutsche Unternehmer dafür stolze 45 Tage; und wissen Sie, was das Erschreckendste daran ist? Allein zwischen 1999 und 2003 ist diese Zeit um zwei Tage gestiegen. Lassen Sie uns kurz innehalten und überlegen, wer damals in Berlin die Verantwortung hatte.
Da tröstet es auch nicht, dass es in Haiti mittlerweile 203 Tage dauert; in Europa lagen wir damit auf Platz 19 hinter der Türkei und Griechenland. Die Kosten sind entsprechend – Verhinderung will auch finanziert sein –: sechsmal höher als in Kanada oder den USA.
Selbst wenn man der Fairness halber nur die entwickelten Staaten zum Vergleich heranzieht, bewegt sich Deutschland, abhängig vom statistischen Verfahren, bezüglich der Unternehmensgründungsfreundlichkeit stets auf den
Besonders gelungen ist Ihnen die Begründung Ihres Antrages. Welche Instrumente schlagen Sie denn vor? Die von der Staatsregierung verwendeten zu evaluieren und nötigenfalls anzupassen und zu verbessern? Da sind wir ganz bei Ihnen. Das tun wir ständig, dazu bedarf es dieses Antrages nicht. Was, bitte, meinen Sie mit "Fachkräfte anwerben"? Lassen Sie uns vernünftige wirtschaftliche Rahmenbedingungen für unsere Unternehmen schaffen und behindern Sie diese nicht durch immer neue Bürokratieoffensiven.
Dann können Fachkräfte vernünftig bezahlt werden und wir regeln Sachsen fast wieder von allein. Wie stellen Sie sich die Fusionierung der Kleinunternehmen vor? Wollen wir wie 1972 anfangen, erst einmal ein wenig zu enteignen, oder wollen wir gleich Kombinate bilden?
Meine Damen, meine Herren, das halte ich für Unsinn pur. Unternehmen wachsen dann, wenn die Wachstumsbedingungen stimmen. Ihr Antrag trägt nicht dazu bei. Er ist deshalb abzulehnen.
Frau Präsidentin! Die Tagesordnung ist ein Stück weit außer Rand und Band geraten. Wir wollen heute noch das Sommerfest feiern. Deshalb gebe ich meine Rede zu Protokoll. Meine Fraktion wird den Antrag der SPD-Fraktion unterstützen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Freistaat Sachsen stehen pro Jahr circa 1 700 bis 2 700 Unternehmensnachfolgen in Familienunternehmen an. Damit Wertschöpfung, Wissen und Arbeitsplätze in Sachsen
Im Freistaat Sachsen wie in Gesamt-Ostdeutschland kommen noch zwei besondere Herausforderungen hinzu: erstens die zukünftige Bevölkerungsentwicklung. Vor allem junge Menschen sind in den vergangenen Jahren abgewandert. Dieser Trend der Abwanderung ist glücklicherweise gestoppt worden. Im Jahr 2011 sind erstmals mehr Menschen in den Freistaat Sachsen gezogen als abgewandert. Dennoch, meine Damen und Herren, gibt es weniger potenzielle Kandidaten für die Übernahme von Familienunternehmen.
Eine zweite Herausforderung besteht darin, dass die in sächsischen Unternehmen erwirtschafteten Gewinne im Durchschnitt geringer sind, als dies beispielsweise in Südwestdeutschland, also in Bayern und in BadenWürttemberg, der Fall ist. Vor diesem Hintergrund sind die sächsischen Unternehmen möglicherweise für mögliche potenzielle Nachfolger weniger attraktiv.
Meine Damen und Herren! Wir sind uns einig, dass es gut für Sachsen ist, wenn sächsische Unternehmen fortgeführt werden. Die Forderungen der SPD-Fraktion sind dazu allerdings nicht geeignet, sie sind teils überflüssig, weil es schon Realität ist, oder sie sind kontraproduktiv.
Frau Köpping, Sie fordern die Gleichbehandlung bei der Förderung von Unternehmensnachfolgen genauso wie bei Neugründungen. Unternehmensnachfolgen und Neugründungen werden bei der Förderung bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt grundsätzlich gleich behandelt. Sie können mir vielleicht nachher Beispiele nennen, bei denen das nicht der Fall ist. Ihre Forderung ist demnach entbehrlich, da sie bereits umgesetzt ist.
Sie fordern, dass der Freistaat Sachsen mehr Informationen bereitstellen solle. Sie können unter www.unternehmensnachfolge.sachsen.de nachschauen und werden sehen, dass es bereits relevante Informationen gibt. Ihre Forderung ist demnach entbehrlich. Wenn Sie Ihren Banknachbarn, Herrn Jurk, fragen, wird er Ihnen sagen, dass es diese Web-Seite auch schon zu seiner Zeit als Wirtschaftsminister gab.
Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion! Sie fordern ferner, dass die Bürgschaftsbank Sachsen und die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Sachsen die fehlenden Eigenkapitalvoraussetzungen bei Unternehmensnachfolgen kompensieren. Das tun sie bereits heute: die Bürgschaftsbank Sachsen mit Bürgschaften und die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft mit stillen und direkten Beteiligungen.
Verschiedene weitere Programme, auch der Sächsischen Aufbaubank, sind dazu geeignet, Kredite im Rahmen von Unternehmensnachfolgen zu sichern. Auch diese Forderung in Ihrem Antrag ist demnach entbehrlich.
Darüber hinaus fordern Sie eine gezielte Anwerbestrategie für Unternehmensnachfolger. Der Freistaat Sachsen ist bereits aktiv bei der Sicherung von Fachkräften, zudem wird die Weiterentwicklung von Personal, auch von potenziellen Unternehmensnachfolgern in sächsischen Unternehmen, gefördert. Ich denke dabei auch an die Weiterbildungschecks der Staatsregierung.
Mit der gezielten staatlichen Anwerbung von Geschäftsführern schießen Sie meines Erachtens über das Ziel hinaus. Wen wollen Sie werben? Geschäftsleute, die nicht einmal in der Lage sind, ein geeignetes Unternehmen aufzumachen? Was kommt als Nächstes? Werben Sie dann auch die dazu notwendigen Aufträge für die findigen Unternehmer ein? Diese Fehlanreize, liebe Frau Köpping, sollten wir uns sparen.
Der Freistaat Sachsen hat bereits gute Rahmenbedingungen für Unternehmensnachfolgen geschaffen. Das müssen auch Sie zur Kenntnis nehmen. Allerdings sollten wir uns nicht darauf ausruhen. Wir müssen laufend überlegen, wie wir die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weiter optimieren können.
Ich möchte noch ein Beispiel nennen: Im I. Quartal 2012 wurde an der Technischen Universität Chemnitz ein neues Projekt gestartet. Das Programm heißt „Unternehmenszukunft Sachsen“ und wird geleitet von Frau Prof. Zanger. Hier werden in Zusammenarbeit mit Praktikern und Unternehmern, die auch Nachfolger suchen, Studierenden bereits frühzeitig Zusatzqualifikationen angeboten, um Unternehmen zu übernehmen. Ich glaube, ein solches Vorgehen ist sehr praxisorientiert und setzt auf das Vernetzen von Unternehmen in der westsächsischen Region mit potenziellen Unternehmensnachfolgern.
Liebe SPD-Fraktion, Ideen wie diese sind meines Erachtens geeigneter als Ihr Antrag. Deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen.