Protokoll der Sitzung vom 12.07.2012

Grundsätzlich können für Nachfolgelösungen alle bestehenden Fördermaßnahmen des Freistaats – sofern die darin definierten Voraussetzungen und Bedingungen erfüllt sind – in Anspruch genommen werden. Infrage kommen insbesondere das Programm „Gründungs- und Wachstumsfinanzierung und Liquiditätshilfemaßnahmen – GuW –, Bürgschaften, Beteiligungen sowie die Beratungsförderung“ im Rahmen der Mittelstandsrichtlinie. Im Programm „Gründungsberatung" der Mittelstandsrichtlinie können Existenzgründer, die ein bestehendes Unternehmen übernehmen wollen, Zuschüsse zu Beratungsleistungen erhalten. Dass zum Beispiel der Fördersatz im Programm „Intensivberatung/Coaching, Außenwirt

schaftsberatung" bei der Unternehmensübernahme niedriger ist, hat beihilferechtliche Gründe. Wir gleichen dies aus, indem mehr Beratungstage und ein höheres Beratungshonorar förderfähig sind.

Sowohl die Bürgschaftsbank Sachsen, BBS, als auch die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft, MBG, befassen sich bereits intensiv mit der Finanzierung von Unternehmensnachfolgelösungen bei kleinen und mittleren Unternehmen in Sachsen und haben entsprechende Produkte entwickelt. Die Bürgschaftsprogramme BBS Standard, BBS BoB – Bürgschaft ohne Bank –, BBS GuW und BBS Plus sind geeignet, Kredite im Rahmen von Unternehmensnachfolgen zu sichern und so Finanzierungslücken zu schließen.

Die MBG bietet mit dem Produkt „MBG Generation“ stille Beteiligungen in Höhe von 50 000 bis 2,5 Millionen Euro speziell zur Finanzierung der Übernahmekosten für kleine und mittlere Unternehmen mit einem tragfähigen Unternehmenskonzept und nachhaltigen Marktchancen an. Zielgruppe sind Unternehmer und Unternehmen, die ihre Nachfolge regeln, Betriebsteile ausgliedern oder ein Unternehmen übernehmen wollen.

Neben der MBG verfügt auch die Sächsische Beteiligungsgesellschaft, SBG, sowie der „Wachstumsfonds Mittelstand Sachsen Plus", WMS Plus, über ein geeignetes Programm, um die Eigenkapitalausstattung bei Unternehmensnachfolgen zu verbessern.

Dabei geht es jedoch meistens um höhere Finanzierungsvolumina als bei der MBG. Eine statistische Erhebung der Inanspruchnahme von Förderprogrammen in Bezug auf die Merkmale „Unternehmensnachfolge" erfolgt in den meisten Programmen allerdings nicht, sodass keine Auskunft zur Nutzung der einzelnen Programme unter diesem Gesichtspunkt gegeben werden kann. Auch wird die Quote von Unternehmensnachfolgen, welche sich am Markt durchsetzten konnten, nicht erfasst. Neben der finanziellen Unterstützung bei der Unternehmensnachfolge sind Information, Aufklärung und Vernetzung wichtige Aspekte, derer sich eine Vielzahl von Akteuren angenommen hat.

Lassen Sie mich hierfür als Beispiel das Unternehmensnachfolgeportal www.unternehmensnachfolge.sachsen.de nennen. Dieses Portal stellt sächsischen Unternehmern und Nachfolgern umfassende Informationen zur Verfügung. Zusätzlich kann sich jeder Interessent auf der Webseite der bundesweiten Nachfolgebörse „nexxtchange“ – www.nexxt-change.org – informieren. Darüber hinaus bieten unterschiedliche Institutionen in ganz Sachsen Informations-, Beratungs- und Matching

Veranstaltungen an.

Ein besonderer Schwerpunkt liegt bei den Aktionstagen Unternehmensnachfolge. Auch die Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH, WFS, ist regelmäßig im Rahmen ihrer Arbeit mit der Frage der Unternehmensnachfolge konfrontiert. In Abstimmung mit den Partnern der WFS, insbesondere mit den sächsischen Handwerks- sowie Industrie- und Handelskammern, der Sächsischen Aufbaubank, den Enterprise-Netzwerken und weiteren bringt sich die WFS im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung in den Prozess der Unternehmensnachfolge ein.

Die Bürgschaftsbank Sachsen engagiert sich über ihr Kerngeschäft hinaus. Um die Herausforderung einer gelungenen Unternehmensnachfolge für kleine und mittlere Unternehmen stärker in den Blickpunkt zu rücken, schreibt die BBS seit dem Jahr 2011 jährlich unter der Schirmherrschaft des SMWA den „Sächsischen Meilenstein-Preis für erfolgreiche Unternehmensnachfolge" aus. In diesem Wettbewerb werden kleine und mittlere Unternehmen in Sachsen ausgezeichnet, die in den Vorjahren eine Nachfolgeregelung erfolgreich und für alle Beteiligten zufriedenstellend umgesetzt haben.

Wie bereits erwähnt, geht es nicht nur um die finanzielle Unterstützung, geeignete Nachfolger zu finden. Wichtig ist es auch, das Wissen um die Chancen, Möglichkeiten und Rahmenbedingungen für eine Unternehmensnachfolge weiterzugeben. So greifen die sächsischen Hochschulen Themen wie Gründungsgeschehen und Fragen einer selbstständigen Tätigkeit in ihren Lehrveranstaltungen auf und stellen entsprechende Unterstützungsangebote im Rahmen von Careers Centern/Services zur Verfügung.

Die TU Dresden bietet zum Beispiel durch „dresden I exists“ regelmäßig Intensivseminare für Nachfolger oder die TU Chemnitz im Rahmen des Projekts „Unternehmenszukunft Sachsen" eine einsemestrige Zusatzqualifikation für Masterstudenten und Doktoranden der TU Chemnitz an. Der Freistaat fördert auch Weiterbildungsmöglichkeiten, die es Unternehmen ermöglichen, mit Blick auf die Nachfolgeregelung gezielte Personalentwicklung zu betreiben bzw. die es dem Einzelnen möglich machen, sich für die Übernahme von Führungsaufgaben weiterzubilden.

Anwerbekampagnen zur Sicherung der Unternehmensnachfolge in Sachsen, so wie es der Antrag der SPDFraktion vorsieht, sind im Rahmen der Fachkräfteinitiative der Staatsregierung nicht vorgesehen. Die Fachkräf

testrategie Sachsen 2020 weist Möglichkeiten staatlichen Handelns zur Sicherung der Fachkräftebasis auf und konzentriert sich dabei auf die Felder staatlicher Daseinsfürsorge bzw. auf die Schaffung ordnungspolitischer Rahmenbedingungen. Die Rekrutierung von Geschäftsführern und Unternehmensnachfolgern ist originäre Aufgabe der Unternehmen selbst.

Abschließend möchte ich noch kurz etwas zu Ihrer Frage hinsichtlich steuerlicher Aspekte bemerken. Steuerliche Aspekte spielen im Unternehmensnachfolgeprozess

natürlich eine wichtige Rolle. Gewinne aus einer entgeltlichen Betriebsveräußerung sind aber grundsätzlich steuerpflichtige Einkünfte. Ausnahmen können nach Vollendung des 55. Lebensjahrs oder bei dauerhafter Berufsunfähigkeit geltend gemacht werden. Zweck ist die Erhaltung von Unternehmen und die Sicherung der Altersvorsorge. Um Betriebsübergänge noch weiter zu erleichtern und die Erbschaft- und Schenkungsteuer als Hindernis zu eliminieren, traten mit dem Erbschaftsteuerreformgesetz im Jahr 2009 sowie dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz im Jahr 2010 noch weitergehende steuerliche Erleichterungen in Kraft. Danach wird unter bestimmten Voraussetzungen der Übergang von unternehmerischem Vermögen zu 85 % – Regelverschonung – bzw. auf Antrag zu 100 % – Optionsverschonung – von der Erbschafts- und Schenkungsteuer befreit.

Meinen Ausführungen konnten Sie entnehmen, dass eine gelungene Unternehmensnachfolge ein wichtiges Anliegen der Staatsregierung ist und dass neben ihr viele Akteure in Sachsen intensiv mit dieser Thematik befasst sind und Initiativen ergreifen. Ich möchte allen, die am Gelingen teilhaben, meinen Dank aussprechen und potenziellen Übergebern und Übernehmern für die Zukunft viel Erfolg wünschen.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 10

Verbundinitiativen als Instrument aktiver Wirtschaftspolitik nutzen

Drucksache 5/9580, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Es beginnt Herr Abg. Weichert von der Fraktion der GRÜNEN. Danach folgen CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, NPD und die Staatsregierung.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich beginne mit einem Zitat:

(Beifall des Abg. Stefan Brangs, SPD)

„Der Aufbau von Clustern ist ein wichtiges Instrument der Regionalpolitik, denn Cluster erzeugen eine Dynamik, die die Wirkung der eingesetzten Mittel vervielfacht. Clusterbildung in Mikroelektronik und Automobilbereich ist ein gutes Beispiel, das noch stärker zum Maßstab für die künftige Wirtschaftsförderung in Ostdeutschland werden muss.“

Herr Flath lacht, denn das Zitat stammt vom ehemaligen Ministerpräsidenten Georg Milbradt. Es ist eine gute Einleitung zum Thema Verbundinitiativen und zeigt, welche Schwerpunkte die sächsische Wirtschaftspolitik in den letzten 13 Jahren gesetzt hat.

Mit der Verbundinitiative Automobilzulieferer Sachsen AMZ wurde 1999 die erste sächsische Verbundinitiative ins Leben gerufen, an der heute 120 Unternehmen beteiligt sind. Ungefähr 400 Firmen sind in der von der AMZ aufgebauten Datenbank CarNet gelistet. Als eine der größten Verbundinitiativen im Freistaat Sachsen ist AMZ strategischer Partner mittelständischer Zulieferbetriebe sowie Projektinitiator und -begleiter zur Entwicklung der mittelständischen Wirtschaft.

Wie auch die anderen Verbundinitiativen im Freistaat, ist AMZ gegründet worden, um die Größennachteile der sächsischen Unternehmen zu überwinden bzw. zu mildern, die Entwicklung kompletter Wertschöpfungsketten zu unterstützen und Impulse durch eine länderübergreifende Vernetzung der Unternehmen zu geben.

Vor dem Hintergrund der sächsischen Wirtschaftsstruktur macht das Sinn. Bitte bedenken Sie: 93,5 % der sächsischen Unternehmen sind Kleinstbetriebe mit weniger als zehn Beschäftigten. Ich wiederhole: 93,5 %. Sogar 99 % der sächsischen Wirtschaft gehören zu den sogenannten Klein- und mittelständischen Unternehmen. Die im Vergleich zum Bundesdurchschnitt deutlich kleinteiligere Unternehmensstruktur in Sachsen hat weitreichende Folgen für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Es besteht ein klarer Zusammenhang zwischen dieser Kleinteiligkeit und dem Produktivitätsrückstand sächsischer Unternehmen gegenüber den alten Bundesländern.

Wer, wie unsere liberalen Kollegen, meint, die Unterstützung unserer Wirtschaft bei der Clusterbildung und Kooperation nicht fortführen zu müssen, und diese Dinge den Unternehmen komplett selbst überlassen will, der hat nichts verstanden und ignoriert die sächsische Realität.

(Staatsminister Sven Morlok: Das ist gar nicht wahr!)

Doch, die Verträge laufen 2013 aus.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Überlässt man die Verbundinitiativen sich selbst, werden deren Managements nicht mehr neutral zugunsten aller Unternehmen tätig werden können. Sie sind dann gezwungen, denen zu folgen, die aufgrund ihrer Größe und Finanzkraft am meisten Einfluss nehmen können.

Meine Damen und Herren! Schauen Sie sich doch die große Mehrheit der Unternehmen, die in die Verbundinitiativen integriert sind, einmal genauer an. Viele davon, die als Auftragshersteller ohne eigenes Markenimage produzieren oder die als verlängerte Werkbänke nur bestimmte vor- oder nachgelagerte Arbeiten erledigen, sind den Spielregeln marktmächtiger Endkunden, sogenannter OEMs, unterworfen. Es beginnt bereits bei der Kalkulation des Angebotspreises, die offengelegt werden muss. Infolgedessen werden die billigsten Kostenkomponenten der einzelnen Anbieter zu einem neuen Zielpreis addiert. Hierbei ist in der Regel bereits keine Vollkostendeckung mehr möglich. Neuaufträge brauchen meist Neuinvestitionen in erheblichem Umfang. Die prognostizierten Stückzahlen müssen vom Lieferanten finanziert werden, ohne dass es eine vertragliche Sicherheit für die Abnahme einer Mindestmenge gibt.

Ganz im Gegenteil, das KMU liefert zunächst ohne Bezahlung und mit vollem Verlustrisiko in ein sogenanntes Konsignationslager. Erst bei Entnahme der Ware durch den Endkunden erfolgt der Verkauf. Dabei darf der Lieferant aber keine Rechnung schreiben, sondern nur liefern. Der OEM entscheidet im Gutschriftverfahren, wie

viel er bezahlt und welche Kosten er für Reklamation, Druckfehler auf Lieferpapieren oder diverse Einmalkosten vorher abzieht. Gegenläufige Preisgleitklauseln bei Tariferhöhungen, steigenden Energiekosten oder Materialverteuerungen werden hingegen oft verweigert oder viel zu spät eingeräumt.

Meine Damen und Herren! Lieferanten sind austauschbar und stehen unter permanentem Preisdruck und in Konkurrenz zu Niedriglohnstandorten. Die dabei noch zu erzielenden Umsatzrenditen liegen zum Teil bei mageren 2 bis 3 %. Unter diesen Umständen ist es kaum möglich, Eigenkapital zu erhöhen oder Verbindlichkeiten zu bedienen oder im Fall eigener Innovationen diese langfristig zu sichern.

Dem Vorstand des ostdeutschen Bankenverbandes sind diese Probleme im Gegensatz zu Ihnen, werte Kollegen von der FDP, sehr bewusst. Auf meine Frage, welche geeigneten Maßnahmen sie zur Wirtschaftsförderung vorschlagen, wurde zu allererst die Förderung von Netzwerkinitiativen genannt.

Meine Damen und Herren! Die traditionellen Handlungsfelder der Wirtschaftsförderung, nämlich Ansiedlungswerbung und Flächenbereitstellung, sind heute für Wachstum weniger bedeutsam. Es geht nicht mehr vordergründig darum, mobile Unternehmen zu akquirieren, sondern für ansässige Unternehmen Immobilitätsgründe zu schaffen. Der Standort Sachsen muss seine Wettbewerbsfähigkeit durch Eigenschaften gewinnen, die nicht verallgemeinert werden können. Dieses Profil gewinnt er durch die Verbesserung seiner Standortfaktoren sowie die Initiierung und Entwicklung von Netzwerken bzw. Clustern, denn bestehende Beziehungen werden von den Beteiligten nur sehr schwer und sehr ungern aufgegeben.

Die Förderung einzelbetrieblicher Innovationen allein unterstützt eine an den Marktbedürfnissen orientierte innovative Vielfalt nicht. Diese kann jedoch durch eine Intensivierung der Kommunikationsdichte und Dynamik zwischen den Unternehmen erreicht werden. Darum fordern wir die Staatsregierung auf, den Fortbestand der sächsischen Verbundinitiativen sicherzustellen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, es besteht hieran kein Zweifel, dass wir auch weiterhin aktive Wirtschaftspolitik im Freistaat Sachsen brauchen. Dazu benötigen wir taugliche Instrumente, auf deren Bestand sächsische Unternehmen bauen können. Verbundinitiativen sind ein Baustein in diesem Instrumentenkasten, der nicht einem temporären politischen Zeitgeist geopfert werden sollte. Deshalb bitte ich um fachliche und sachliche Diskussion und natürlich danach um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Abg. Heidan für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Weichert, es ist schon bezeichnend und erfreut mich sehr, dass Sie hier

einen CDU-Politiker zitieren. Das zeigt mir, dass wir mit unserer Wirtschaftspolitik als CDU-Landtagsfraktion gut unterwegs sind und dass wir dieses Land mit dieser Politik der Wirtschaftsfreundlichkeit, die wir die letzten Jahre geschrieben haben, nach vorn gebracht haben. Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie dies in Ihrer Rede noch einmal betont haben.

Sie hatten es mit Ihrem Antrag sehr eilig. Ich lese gerade, er wurde am 2. Juli eingebracht, heute schreiben wir den 12. Juli. Das ist ein sehr zügiges Arbeiten, das mich freut. Das zeichnet auch einen Wirtschaftspolitiker aus. Wir sind immer für Zügigkeit und für schnelle Umsetzung. Aber ich hätte mir schon gewünscht, dass wir das einmal in den zuständigen Fachausschuss geben. Ich möchte auch begründen, warum. Ich denke, dass da sehr viel mit Haushalt zu tun ist.

(Stefan Brangs, SPD: Das wird im Ausschuss abgelehnt. Es wäre etwas Neues, wenn es nicht abgelehnt würde!)

Seien Sie doch einmal friedlich. Da stellen Sie sich ein Armutszeugnis aus, Herr Brangs, wenn Sie meinen, dass alles abgelehnt wird. Es wird nur das abgelehnt, was großer Unsinn ist.

(Heiterkeit bei der SPD)

Ich brauche nicht zu betonen, Herr Brangs, dass der große Unsinn meist von Ihnen kommt. Das sind wir ja auch gewohnt. Als Sie Regierungsverantwortung hatten, war das etwas besser, das muss ich Ihnen einmal sagen. Aber jetzt sind Sie mit Dingen unterwegs, die man manchmal nicht nachvollziehen kann.