Auf der anderen Seite wurde allerdings fleißig, ausdauernd und für viel Geld in den technischen Hochwasserschutz investiert. Bei einigen der Maßnahmen fragt man sich allerdings, ob damit dem Hochwasserschutz oder der Baulobby gedient werden soll.
Technische Schutzmaßnahmen – wie Deiche, Betonmauern und -wände, Hochwasserrückhaltebecken, Wehre, Durchlassbauwerke – haben eine begrenzte Lebensdauer. Fachleute gehen davon aus, dass die durchschnittliche Nutzungsdauer solcher Bauwerke zwischen 30 und 100 Jahren liegt. Das bedeutet, dass ein Großteil der Milliardeninvestitionen in absehbarer Zeit wieder investiert werden muss und der technische Hochwasserschutz damit eine unendliche Aufgabe wird. Daher ist es wohl ehrlicher, von einer Mehrgenerationsaufgabe zu sprechen, weil wir den nächsten Generationen die Unterhaltslast aufbürden.
Unsicher ist auch, wie deutlich sich die klimatischen Bedingungen in Sachsen in den nächsten Jahren verändern und damit Art, Auftreten, Häufigkeit und Schwere der Hochwasser beeinflussen und damit eine Anpassung der Anlagen notwendig machen. Auch Ihnen muss doch klar sein: Beton ist nicht flexibel und passt sich nicht an. Wesentlich nachhaltiger und kostengünstiger sind die Kopplung mit einem Programm für Auenrenaturierung bzw. für die Verbesserung der auenökologischen Verhältnisse entlang der Flüsse sowie die unbedingte Einbindung in die gebotenen Maßnahmen entsprechend FFH- und Vogelschutzrichtlinie.
In der Hochwasserschutzstrategie des Landes wird in einem Priorisierungsverfahren die Reihenfolge der Maßnahmen bewertet. Der ökologische Aspekt geht dabei
leider nur mit 5 % in die Gesamtwertung ein, und die gewässerökologischen Verhältnisse werden nur sehr grob bewertet. Das ist der deutliche Hinweis auf die technokratische Sicht bei der Umsetzung von Schutzmaßnahmen.
Die Auen als großflächiger, ökologisch wertvoller und stark bedrohter Lebensraum scheinen kaum eine Rolle zu spielen, obgleich diese trotz des meist nötigen Flächenankaufs langfristig kostengünstiger wären und gleichzeitig die Biodiversitätsstrategie unterstützen
Technischer Hochwasserschutz ist extrem teuer. Jeder Deichkilometer und jedes Bauwerk kosten nicht nur beim Bau, sondern auch noch jahrelang in der Unterhaltung; darauf habe ich schon hingewiesen.
Ein weiterer ungern angesprochener Nachteil ist die zunehmende Flächenversiegelung. Der mangelnde Rückhalt des Wassers bleibt ein Hauptproblem bei Starkregenereignissen. Hier anzusetzen lohnte sich und stünde unserer weltweit besten Sächsischen Staatsregierung gut zu Gesicht.
Laut Landesumweltbericht 2010 betrug die statistische Flächenneuinanspruchnahme zwischen 2006 und 2009 8,2 Hektar pro Tag. Das sind täglich acht Fußballfelder! Trotz demografischer Entwicklung mit sinkenden Bevölkerungszahlen ist also der Flächenverbrauch ungebremst hoch. Wir haben bei gleichzeitig gefördertem Abriss von 80 000 Wohnungen eine Neubauquote – oft auf der grünen Wiese – von 45 000, und das zulasten unseres Bodens.
Zudem setzen Sie auch weiterhin ungebremst auf Straßenneubau. Die Unterhaltungskosten und die ökologischen Folgen scheinen Sie dabei nicht zu interessieren.
Wenn man Ihre Presseerklärung zum nächsten Doppelhaushalt liest, dann kann man nur feststellen: Beratungsresistenz herrscht vor.
Dabei ist es so einfach: Versiegelter Boden kann schlicht und ergreifend seine Funktion für die Wasseraufnahme nicht mehr erfüllen.
Die Hochwasservorsorge – auch an Gewässern II. Ordnung – ist bisher regional sehr unterschiedlich umgesetzt worden. Daher wiederhole ich unsere Forderung, in den Quellgebieten anzusetzen, weil die Schäden dann in den unteren Tallagen auftreten. Wir sind auch dafür, dass sich die Kommunen, deren Schutzmaßnahmen nicht auf ihrer Flur stattfinden, solidarisch, gemeinschaftlich und finanziell beteiligen. Daher begrüßen wir ausdrücklich, dass nunmehr nach dem Vorbild von anderen Bundesländern
Wir haben gerade im rechtselbischen Bereich Flüsse und Bäche, die ihre Quellen in Tschechien haben, Nebenflüsse der Neiße auch in Polen. Großflächiger Rückhalteraum ist eben nur in diesen Ländern zu finden. Daher plädieren wir für transnationale, eng abgestimmte Zusammenarbeit. Sie ist alternativlos bis zu einer Finanzierung nötiger Retentionsflächen durch den Freistaat, zum Beispiel in Tschechien.
Auch wir treten für Eigenvorsorge ein. Das ist ein ganz wichtiges Element. Wir sind dennoch überzeugt davon, dass in bestimmten Fällen auch der Freistaat in der Pflicht ist, finanzielle Unterstützung zu gewähren, weil wir wissen: Gerade in Gebieten mit häufigen Hochwasserereignissen und geringen Überflutungsflächen ist die Bauvorsorge, am besten allerdings die Bauverhinderung am effektivsten. Wir kennen aber auch die Einflüsse von Klimawandel, Grundwasseranstieg, Versiegelung usw. Dieses komplexe Thema braucht die Unterstützung des Freistaates.
Ja. – Höhere Deiche und schnellerer Abfluss des Wassers verschärfen die Probleme flussabwärts. Wir brauchen also eine nachhaltige, naturnahe Hochwasserpolitik.
Wir brauchen Wasserrückhalt und Wasserspeicherung, und das immer flussgebietsbezogen. Wir brauchen die nötigen Flächen, die Mittel und ein ressortübergreifendes, abgestimmtes Konzept.
So bin ich. – Für die Fraktion GRÜNE sprach die Abg. Kallenbach. Jetzt spricht für die NPD-Fraktion der Abg. Storr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist in den vergangenen zehn Jahren, seit der Jahrhundertflut, nicht nur viel Wasser die Elbe hinabgeflossen; es wurde auch einiges getan, um derartigen Ereignissen künftig besser begegnen zu können. Das will ich hier gar nicht in Abrede stellen. Doch kommt es zu
Wettererscheinungen, die von dem Schema des Jahres 2002 abweichen, ist immer wieder ein Mangel an professionellem Handeln zu erkennen.
Ich möchte zunächst an die Ereignisse vom August 2010 erinnern. Sie betrafen ausgerechnet die Gebiete Sachsens, die acht Jahre zuvor von der Flut verschont worden sind. Hierbei kam es unter anderem zum Bruch der Staumauer der Witka-Talsperre. Ihre baulichen Mängel waren vor Ort seit Jahren bekannt. Getan wurde nichts, und so musste es irgendwann zur Katastrophe kommen.
Als ob das noch nicht schlimm genug wäre, funktionierte dann die Nachrichtenübermittlung zwischen polnischen und deutschen Behörden nicht. Während man, rechtzeitig alarmiert, im östlichen Teil von Görlitz bereits Sandsäcke stapelte, feierte man am Westufer noch ahnungslos weiter.
Nun werden Sie sagen, beim nächsten Mal wird alles anders; doch ich bin mir sicher, ein nächstes Mal wird dann an anderer Stelle stattfinden.
Das befürchte ich auch für folgenden Fall, ebenfalls aus dem Jahr 2010: die Überschwemmung des Kirnitzschtales in der Sächsischen Schweiz. Im Zuge der Renaturalisierung wurde vermieden, im Bach liegende Stämme und Äste zu entfernen. Das führte dazu, dass die Wassermassen das Totholz mit sich rissen und sich unter anderem in einem Flussrechen anstauten. Es kam zum Bruch, und die Wassermassen ergossen sich samt angestautem Treibholz auf einen Schlag ins Tal und richteten schwere Schäden bei den Flussanliegern an.
Als notwendige Schlussfolgerung aus dem Geschehen wurden Bachläufe gereinigt, was in diesem speziellen Fall auch den Rechen entbehrlich machte. Doch wer überprüft auf längere Sicht die Läufe der Gewässer?
Erinnern wir uns: Entgegen den vollmundigem Bekenntnissen, wie sie in Sonntagsreden und auch in Fachregierungserklärungen gern abgegeben werden, sind 2010 die Hilfsmaßnahmen der Staatsregierung nur tröpfchenweise angelaufen. Das hat nicht nur bei den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch bei den Kommunalpolitikern für erheblichen Unmut gesorgt. Begleitet wurde dieses Zögern von zynischen Verlautbarungen wie der des Ministerpräsidenten, der gegenüber dem „Hamburger Abendblatt“ äußerte, er wolle kein Füllhorn für die Opfer der Katastrophe ausschütten. Staatsminister Kupfer äußerte laut MDR, dass das Begehren der Bürgermeister der betroffenen Orte unverschämt sei.
So hat man nach den ersten Aufregungen, wie erwähnt, eine Reihe notwendiger Maßnahmen ergriffen, aber leider nicht überall und nicht in ausreichendem Maße, wie das vergangene Wochenende wieder einmal aufgezeigt hat.
So sind sich zum Beispiel seit Jahren alle Beteiligten einig, dass im Raum Sebnitz am Wölmsbach ein Rückhaltebecken gebaut werden muss. Doch die Staatsregierung verschob diese Maßnahme von Jahr zu Jahr. Das führte 2010 dazu, dass es zu einer kompletten Flutung der Innenstadt und des gesamten Sebnitztals kam. Seither hat sich nichts getan. Da der Wölmsbach ein Grenzgewässer
ist, würde ein großer Teil der Fläche des Rückhaltebeckens auf böhmischer Seite liegen. Die Aufgabe, mit den Behörden der tschechischen Seite zu verhandeln, wurde der Grenzgewässerkommission übertragen. Diese Kommission ist mit einem Projekt, das einen finanziellen Umfang von 10 Millionen Euro umfasst, jedoch völlig überfordert. Hier wäre ein Handeln des Freistaates Sachsen als Träger der Unterhaltungslast von Gewässern I. Ordnung und von Grenzgewässern gleich zweifach auf ministerialer Ebene erforderlich. Leider ist davon bislang nichts zu sehen.
Erst wenige Wochen ist es her, dass hier im Plenum ein Antrag zum Thema Grundwasseranstieg besprochen wurde. Es war längst an der Zeit, den Blick auf eine Situation zu lenken, die verstärkt in den letzten zwei Jahren vielen Bürgern Sorge bis hin zur Existenzangst bereitet. Nicht nur ihr Hab und Gut, sondern auch die Gesundheit können in Gefahr geraten. Aber der Antrag kam nicht von den Koalitionsparteien, und so hatte er natürlich keinerlei Chance, eine ernsthafte Diskussion auszulösen. Stattdessen war von Meckerern die Rede, und Frau Windisch stellte sogar die Behauptung in den Raum, man habe verlangt, die Staatsregierung solle das Wetter und die Niederschlagsmengen beeinflussen. Etwas weniger Polemik wäre hier angebracht gewesen.
Natürlich durfte der Hinweis nicht fehlen, dass es im Bereich Grundwasser keine staatliche Verantwortung für Hochwasservorhersagen und -schutz gibt. Es mag sein, dass nach dem geltenden Wasserrecht für den Bürger kein Rechtsanspruch auf Schutz vor Überschwemmungen durch Grundwasser besteht. Das entbindet staatliche Stellen jedoch nicht von der Verantwortung, alles Notwendige und Mögliche zu tun, um derartige Gefahren auszuschließen oder zumindest zu verringern.
Frau Windisch führte aus – Zitat –: „Die Sicherung gegen ein von Grundwasser ausgehendes Baugrund-, Investitions- oder Bewirtschaftungsrisiko liegt in der Eigenverantwortung des Bauherrn bzw. des Investors.“ Richtig! Wer neu baut, soll sich vorher informieren. Aber das schließt nicht aus, denen zu helfen, die schon vor längerer Zeit gebaut haben und jetzt mit Wasserschäden kämpfen.
Umweltminister Kupfer hat am 3. Juli 2012 im Kabinett die große Novelle des Sächsischen Wassergesetzes vorgestellt. Ich greife nur einmal § 32 heraus, der unter anderem die Unterhaltung der Gewässer II. Ordnung neu regelt. Verantwortlich sind künftig die Gemeinden, die sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu Zweckverbänden zusammenschließen müssen. Ich kann nur hoffen, dass die Kommunen mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausgestattet werden, damit sie dieser Aufgabe künftig gerecht werden können.
Für die NPD-Fraktion sprach der Abg. Storr. – Sie können jetzt in eine zweite Rednerrunde eintreten. Ich sehe Redebedarf bei der CDU