Protokoll der Sitzung vom 07.09.2012

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Haushaltsberatungen rufen traditionell eine Vielzahl von Interessenvertretern auf den Plan – oder sogar auf den Landtagsvorplatz. Wir werden Lobbyisten von den Gewerkschaften, von Sozialverbänden, Künstlern und Unternehmerverbänden und all den anderen Branchen erleben. Manche werden auf dem Landtagsvorplatz demonstrieren und behaupten, ihr Anliegen sei das wichtigste überhaupt auf der Welt. Geschickt werden Journalisten instrumentalisiert oder lassen sich gern instrumentalisieren, um die Welt zu verbessern, Forderungen Nachdruck zu verleihen und vermeintliche Notwendigkeiten zu platzieren.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Die Medien sind schuld! Der Meinung bin ich auch!)

Manch einer im Land wird sogar die Bedeutung des Abgeordneten neu für sich entdecken. Allen Gruppen aber werden wir sagen müssen, dass ein Euro halt nur einmal ausgegeben werden kann.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Aber zweimal versteckt werden kann!)

Weil dem so ist, werden es sich die Mitglieder der Koalitionsfraktionen nicht leicht machen, sondern zunächst alle Forderungen und Wünsche auf den Tisch legen, dann nach Prioritäten wichten und werten sowie eigene Prioritäten setzen.

Für das Wohl des Freistaates lohnt es sich, in den nächsten Wochen über die besten Lösungswege zu diskutieren. Sachsen hat dabei eine hervorragende Ausgangsposition; diese wird mit dem vorliegenden Entwurf gestärkt. Wir können mit dem neuen Haushaltsplan dazu beitragen, dass die Zukunft auf der Seite des Freistaates Sachsen liegt.

Ich freue mich auf die anstehende Arbeit und einen soliden, passgenauen Haushalt. Lassen Sie uns an die Arbeit gehen und einen ordentlichen Haushalt aufstellen!

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich frage die SPDFraktion: Gibt es noch Redebedarf? – Das ist nicht der Fall. Gibt es noch Redebedarf bei der FDP-Fraktion? – Herr Prof. Schmalfuß, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Juni 2010, unmittelbar vor den Verhandlungen zum Doppelhaushalt 2011/2012, hatte der Sächsische Rechnungshof eine Beratende Äußerung vorgelegt, in der er eine nachvollziehbare Auffassung vertrat. Das Budgetrecht des Sächsischen Landtages sei, bedingt durch die zunehmende haushaltsmäßige Intransparenz, zunehmend gefährdet.

Daraufhin wurde hier im Sächsischen Landtag mit großer Mehrheit am 29. September 2010 dem Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zugestimmt, in dem wir die Staatsregierung aufgefordert haben, die vom Sächsischen Rechnungshof vorgeschlagenen Änderungen mit der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2013/2014 umzusetzen. Die vorgenannte Beschlussfassung ist mit der Vorlage des Entwurfs zum Doppelhaushalt 2013/2014 umgesetzt worden.

An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich Ihnen, Herr Staatsminister Prof. Unland – stellvertretend für das gesamte Finanzministerium –, danken, dass Sie dieser Aufforderung des Hohen Hauses nachgekommen sind.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Haushaltstransparenz und Haushaltsklarheit haben sich mit dem vorliegenden Regierungsentwurf unverkennbar

verbessert. Dass wir uns an diesen Grundsätzen orientieren, bringen nicht nur die entsprechenden Einzelpläne, sondern auch das Haushaltsgesetz deutlich zum Ausdruck.

Meine Damen und Herren! Nach den Spitzengesprächen zwischen dem Finanzminister und den kommunalen Spitzenverbänden waren bereits erste positive Eckpunkte bekannt geworden. Mit dem nun vorliegenden Sächsischen Finanzausgleichsgesetz ist das gute Ergebnis dieser Verhandlungen noch deutlicher geworden. Das deutschlandweit vorbildhafte sächsische System des kommunalen Finanzausgleichs wurde an die aktuellen Entwicklungen angepasst. Mit einer Finanzausgleichsmasse im Jahr 2013 in Höhe von 2,85 Milliarden Euro werden den Kommunen etwa 500 Millionen Euro mehr zur Verfügung stehen als noch im Jahr 2012. Im Jahr 2014 werden es weitere 250 Millionen Euro mehr sein. Das Sächsische Finanzausgleichsgesetz spiegelt damit einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen des Freistaates Sachsen und der Kommunen auf der einen Seite und den Interessen von kreisfreien Städten und ländlichen Regionen auf der anderen Seite wider.

Meine Damen und Herren! Darüber hinaus berücksichtigt das FAG die aus dem Rückgang der Bevölkerung resultierenden besonderen Strukturprobleme des ländlichen Raumes. Deshalb wurde das Finanzkraftverhältnis zwischen kreisfreiem und kreisangehörigem Raum von 152,6 % auf 149,6 % angepasst.

Das FAG findet aber ebenso Antworten auf die unbestreitbar großen Herausforderungen, vor denen die Großstädte mit ihren gestiegenen Geburten- und Schülerzahlen stehen. Mit einem besonderen Schulhausbauprogramm in Höhe von 40 Millionen Euro unterstützt der Freistaat Sachsen die kreisfreien Städte dabei, den Investitionsstau in diesem Bereich weiter abzubauen. Meine Damen und Herren! Der ländliche Raum wird dabei nicht vernachlässigt.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Mit jeweils 5 Milliarden Euro in den Jahren 2013 und 2014 werden den sächsischen Kommunen damit so hohe allgemeine Deckungsmittel zur Verfügung gestellt wie noch niemals zuvor in der Geschichte des Sächsischen Landtages. Auch die investiven Schlüssel- und Zweckzuweisungen werden sich im Vergleich zum derzeitigen Sächsischen Finanzausgleichsgesetz etwa verdoppeln.

Bei aller heute zur Sprache gebrachten Kritik am vorliegenden Regierungsentwurf zum Doppelhaushalt

2013/2014, die man teilen kann, aber nicht teilen muss: Meine Damen und Herren, wir können stolz auf diesen Regierungsentwurf sein. Der Freistaat Sachsen hat mit 2 839 Euro die niedrigste Pro-Kopf-Verschuldung aller deutschen Bundesländer. Damit wird in diesem vorliegenden Doppelhaushalt festgehalten: Der Freistaat Sachsen betreibt auch mit dem kommenden Doppelhaushalt wie kein anderes Bundesland Vorsorge für zukünftige Versorgungslasten.

Zum Ende des Jahres 2014 werden wir etwa 4,5 Milliarden Euro in den Generationenfonds eingezahlt haben. Gleichzeitig investieren wir mit einer Investitionsquote von 17,6 und 17 % so viel wie kein anderes deutsches Bundesland. Das ist und das bleibt solide Haushalts- und Finanzpolitik. Das sichert Generationsgerechtigkeit und verbessert zusätzlich die Wettbewerbsfähigkeit des Freistaates Sachsen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Für die Fraktion der GRÜNEN Frau Hermenau, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Ein paar Worte noch zum Kommunalen Finanzausgleichsgesetz sind durchaus

angemessen. Das ging vorhin aufgrund der gemeinsamen Einbringung ein bisschen unter.

Herr Michel, wenn Sie der Meinung sind – ich zitiere Sie –, „lassen Sie uns einen ordentlichen Haushalt aufstellen“, dann gehe ich davon aus, dass auch Sie vielleicht hier und da ein paar Kritikpunkte haben, vielleicht auch beim KFAG. Das wäre nicht schlecht. Aber ich sage Ihnen etwas zu der Hausfrau. Ich bemühe dieses Bild auch ab und zu. Egal, ob die schwäbische oder die sächsische, ob die berufstätige oder die ehemannkomforterhöhende Hausfrau – sie kann es immer besser als diese Koalition.

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Das ist so.

Jetzt kommen wir zu den Punkten, um die es beim kommunalen Finanzausgleich geht. Das Erste ist ein Punkt, den wir auch bereits als Problem benannt haben: die fehlende Transparenz beim FAG-Beirat. Es ist ja schön, dass die sich alle lieb haben und behaupten, es klappe super. Das kann keiner kontrollieren, weil keiner reingucken kann. Das halten wir für ein Problem. Wir würden hier gern mehr Nachvollziehbarkeit einführen. Also Transparenz steht im Raum.

Beim Thema Schulhausbau lachen die Hühner. Seit 2008 weist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier im Landtag darauf hin, dass es beim Schulhausbau einen Investitionsstau sowohl im Neubau als auch in der Renovierung von grob geschätzt 1 Milliarde Euro gibt. Dann zog sich die Debatte zwei, drei Jahre hin. Irgendwann gab Herr Wöller, als er noch Kultusminister war, zu, dass es ungefähr 1 Milliarde Euro sein könnte. Inzwischen hatten wir schon wieder etwas mehr Investitionsstau.

Da kommen Sie mit 40 Millionen Euro angekleckert und haben vorher noch die Förderrichtlinie angepasst, damit der Eigenfinanzierungsanteil anders aussieht. Dabei wissen Sie ganz genau, dass selbst diese 40 Millionen Euro vielleicht nicht einmal voll abgerufen werden können. So kann man doch nicht herangehen.

Dass die Kommunen, im Besonderen die Großstädte, und auch der Freistaat dieses Thema verpennt haben, steht außer Frage. Ich bin der Meinung, dass beide Seiten Schuld auf sich geladen haben. Aber das wirft noch mehr die Frage auf, was Sie im FAG-Beirat eigentlich alles beschwätzen, wenn Sie es nicht auf die Reihe kriegen, sich gegenseitig einmal in die Augen zu blicken und zu sagen: Das können wir aber nicht jahrelang schleifen lassen, da müssen wir einmal zu Potte kommen. – Und wenn Sie einen Investitionsstau von ungefähr 1 Milliarde Euro haben, können Sie nicht mit 40 Millionen Euro reingehen und dann so tun, als ob die Kommunen das gerade so mit Ach und Krach verfrühstücken könnten. Ich halte das für eine ganz merkwürdige Angelegenheit. Das fällt für mich wieder unter die Kategorie Wahlkampfhaushalt. Das muss ich deutlich sagen.

Die Fraktion hat noch ein drittes Problem mit diesem Kommunalfinanzausgleichsgesetz. Wir haben uns hier im Landtag immer stark dafür gemacht, den ländlichen Raum zu stärken. Das ist auch unsere Position. An sich ist das als Ziel richtig, aber wie Sie es umsetzen, ist doch sehr diskutabel. Sie setzen es um, indem Sie es den Großstädten wegnehmen. Vielleicht liegt es daran, dass Sie glauben, dass Sie dort keine Wählerstimmen mehr bekommen. Das weiß ich nicht. Aber im Kern läuft es darauf hinaus, dass Sie es den Großstädten, wo sich aufgrund der demografischen Binnenwanderung in Sachsen bestimmte Problemlagen natürlich verdichten, wegnehmen. Das hat inzwischen auch der CDU-Finanzbürgermeister Dresdens, Herr Vorjohann, einmal ordentlich ausgesprochen.

Wie läuft es denn nun mit diesem KFAG weiter? Es wird langsam spannend. Ich habe das Gefühl, Sie essen alle Ihre Brötchen und denken, das Leben ist gut. Die Erhöhung des Straßenlastenausgleichs um rund 10 Millionen Euro pro Jahr schlagen Sie uns vor. Das stärkt in der Tat die Landkreise. Sie haben auch das dezentrale Vorsorgevermögen aufgebaut. Das ist in der Sache richtig, weil es antizyklisch ist. Gerade die Kommunen sind immer sehr schnell in dem Verdacht, großzügig zu investieren. Das finde ich in der Sache richtig. Es entspricht eigentlich der Philosophie unserer Konjunkturkomponente, wenn wir von Schuldenbremse sprechen. Das ist dieselbe grundlegende Denkrichtung und Denkschule.

Sie haben ein Rekordniveau bei den allgemeinen Deckungsmitteln, worauf besonders die FDP stolz war. Also, es ist ziemlich müßig, die Entwicklung der allgemeinen Deckungsmittel zu bejubeln, wenn keine Transparenz über die Entwicklung der kommunalen Ausgaben besteht. Die Einnahmen dienen dazu, die Ausgaben zu decken. Wenn man beurteilen will, ob sich die Finanzausstattung der Kommunen verbessert hat, muss man beide Seiten betrachten und darf nicht nur das sehen, was Sie herüberreichen. Da fehlt es eben an öffentlicher Transparenz. Das ist und bleibt der Dreh- und Angelpunkt. Man wird immer die Vermutung im Raum stehen haben, das Land gäbe zu wenig, und man wird immer die Vermutung im Raum stehen haben, die Kommunen gäben zu viel aus. So wird

es immer sein, weil keine Transparenz da ist. Das geht so nicht.

Was ich sehr wohl mitbekommen habe, ist natürlich die Steigerung um 30 Millionen Euro, weniger als 1 % der gesamten Ausgleichsmasse, für die Kommunen auf Dauer. Aber was man dabei mit berücksichtigen muss, sind zwei Fehler. Das eine geht an die Genossen von der SPD: Ich bedaure es, dass SPD-Oberbürgermeister Jung diese Vereinbarung unterschrieben hat, denn damit sind Sie jetzt in der Mithaftung.

Das Zweite, was ich dazu sagen muss, ist Folgendes: Für das bisschen bekommen jetzt die Kommunen, die Großstädte, die nicht im kreisangehörigen Raum sind, etwas Geld für Schulhausbau, das sehr schnell verfallen kann, schnell vergeben ist, investive Mittel, und dafür bleibt aber die Erhöhung, die durch die Ausgabenstruktur im kommunalen Finanzausgleich vor allem dem ländlichen Raum zugutekommt, auf Dauer erhalten. Da haben die Kommunen, die kreisfrei sind, vor allen Dingen Dresden und Leipzig, ein doppelt schlechtes Geschäft gemacht, und Herr Jung hat unterschrieben. Das müssen Sie einmal intern klären. Das kann ich jetzt nicht nachvollziehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das sind die Punkte, die uns im Wesentlichen aufgefallen sind. Ich halte es auch für sinnvoll, dass wir das in aller Ruhe diskutieren. Aber eines ist auch klar: Im Moment können Sie mit Ihrer Töpfchenwirtschaft – da ein bisschen und dort ein bisschen – noch vieles regeln. Gerade EU-Mittel retten sozusagen jetzt noch die Lage bis ungefähr zum Jahr 2020/2021, je nachdem, wie viel Sie in Anspruch nehmen. Aber dieser deutlich unterproportionale Pegel der Finanzkraft der sächsischen Kommunen wird nicht im Kern angegangen, sondern nur kaschiert. Die Kommunen haben kaum Möglichkeiten, mehr eigene Einnahmen zu erreichen, und sie sind schon am Anschlag, weil sie sehr hohe Hebesätze auf die Steuern haben, bei denen sie das dürfen. Das heißt, die Kommunen haben gar keine Möglichkeit mehr, noch irgendwo zu kompensieren, wenn diese Mittel wegfallen.

Sie treffen keine Vorsorge dafür, wie man es schafft, dass die sächsischen Kommunen auf eigenen Füßen stehen können, und das missfällt mir außerordentlich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, gibt es weiteren Redebedarf? – Wir gehen in die dritte Runde.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich fühle mich doch herausgefordert, wenigstens ein paar Worte zu sagen.

Zumindest Herr Schmalfuß hat, glaube ich, was die Umsetzung der Beratenden Äußerungen des Rechnungshofes angeht, den Bogen überspannt. Meines Erachtens kann nicht davon die Rede sein, dass mit diesem Haushaltsplanentwurf die Fragen der Haushaltstransparenz

zureichend geklärt sind. Sie vergessen vollkommen, dass gerade die Fragen der Verlagerung, des Outsourcings nicht mehr im Haushaltsplan verankert sind und dass der Landtag darauf keinen Einfluss mehr hat. Wir wissen nicht einmal mehr, worum es eigentlich dort geht und wo immer noch Deckungskreise vorhanden sind. Diese Fragen sind völlig unzureichend, ja eigentlich überhaupt nicht geklärt, gerade wenn es um Ausgliederungen aus dem Haushalt geht.