Protokoll der Sitzung vom 07.09.2012

Deshalb würde ich zumindest an dieser Stelle mitnichten davon sprechen, dass wir es hier mit einem transparenten und für den Sächsischen Landtag nachvollziehbaren Haushalt zu tun haben.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Dazu müssten große Teile in den Haushalt zurückgeholt werden. Da sehe ich noch keine Bewegung innerhalb der Staatsregierung.

Einen zweiten Punkt möchte ich noch ansprechen: die Einnahmensituation. Ich sehe schon, dass es ein paar Irritationen gibt. Der Kollege Dulig hat das angesprochen. Es ist sofort bei vielen aufgekommen. Ich empfehle eine Seite. Sie erleichtert vielleicht einigen Mitgliedern des Hohen Hauses, den Blick von außen auf die Welt in Sachsen wahrzunehmen. Ich meine die Seite stabilitätsrat.de.

In „stabilitätsrat.de“ sind die haushaltswirtschaftlichen Kennzahlen aller Bundesländer nebeneinandergestellt. Das betrifft auch die Kreditfinanzierungsquote. Sie werden kein einziges Bundesland in ganz Deutschland finden, bei dem eine so große Tilgungszahl steht: 4,3 % im Minimum, 8,7 % im Maximum an Tilgungen prozentual vom Haushaltsvolumen.

Selbst die Geberländer Bayern und Baden-Württemberg bringen es vielleicht auf 0,2 %, wenn es einmal hochkommt. Bayern schafft es gerade einmal, seine Pro-KopfVerschuldung konstant zu halten. Das liegt an einer Kuriosität, wenn man so will: dass Rücklagenbildung im Bund berechnet wird wie Tilgung. Oder man könnte es auch anders sagen: dass Rücklagenbildung bewertet wird wie Investitionen. Das ist einmal verhandelt worden, als es um die Frage Sonderbedarfsbundesergänzungszuweisungen ging. Damals wurde auch darüber verhandelt, was man da alles mit hineinrechnen kann. Da ist das dann so bewertet worden. Das heißt aber, dass nicht nur die Frage Garantiefonds mit hineinfällt, sondern natürlich auch die Frage Generationenfonds. Dass also alles, was wir an Rücklagen bilden, was in anderen Bundesländern aus laufenden Haushalten erwirtschaftet werden muss, eben in Baden-Württemberg, in Bayern, in Geberländern, bei uns in Gelder außerhalb des Haushaltes hineingesteckt wird, was aber – und das sage ich ganz deutlich – uns Sachsen, den Osten, in enorme Erklärungsschwierigkeiten bringt. Wir sind Nehmerland. Wir wollen doch von denen etwas.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Natürlich, gern.

Bitte sehr.

Vielen Dank, Herr Kollege Scheel. Sie bestätigen also jetzt die Aussage von Herrn Kollegen Michel, dass das eine bundesweite Vereinbarung ist. Das mag ja so sein. Aber dann schließt sich doch die entscheidende Frage an: Wenn jetzt also alle Rücklagen nach dieser Berechnung aus der Investitionsquote oder erst einmal in diese Formel eingerechnet werden, dann müssten Sie diese ja auch aus der realen Investitionsquote, die hier in Sachsen ankommt, weil das Geld ja nicht ausgegeben wird, eigentlich herausrechnen. Wie groß wäre denn dann die Investitionsquote? Wäre es dann noch bei 17 oder wären dann die realen Investitionen nicht wesentlich geringer?

Wenn der Freistaat alle diese Rücklagenbildungen hineinrechnet, müsste das um 4,2 % geringer sein.

Also ungefähr 12, 13 %?

Wenn wir 17 % annehmen, dann würde das bedeuten, dann müssten wir bei 13 oder 12,8 % sein, wenn alles eingerechnet wird. Aber das vermag ich jetzt noch nicht zu sagen. Das ist korrekt, wenn die Hypothese stimmt, dass alle Rücklagenbildungen, die wir dort stellen und die der Bund einrechnet, als Investitionen angerechnet werden.

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Würden Sie mir dann nicht zustimmen, dass es angesichts dieser Zahl von circa 13 % unredlich ist, in der Öffentlichkeit immer von 17 % auszugehen und sich dafür zu loben, da real diese Zahl beim sächsischen Bürger gar nicht ankommt?

(Mario Pecher, SPD: Auf eine Lüge mehr kommt es nicht an!)

Von Lügen würde ich da nicht reden wollen. Es ist einfach die Frage, wie man im bundesweiten Vergleich miteinander umgeht und wie das wirksam berechnet wird. Wir werden uns in den Haushaltsberatungen genau anschauen, wie viel von dem Geld dort wirklich eingerechnet wird.

Ich finde es eher faszinierend, dass man sich hinstellt und sagt, man hätte dieses Mal 5 Milliarden Euro für Bildung ausgegeben. Man hätte das höchste jemals geplante Haushaltsvolumen. Das empfinde ich als dreist, weil das definitiv nicht stimmt. Deshalb werden wir in den Haushaltsberatungen jede dieser Fragen in aller Ruhe beraten und auseinandernehmen. Dann werden wir sehen, was uns die Staatsregierung dort vorenthält, was sie vielleicht wieder anders darstellt.

Natürlich ist es jedem unbenommen – auch der Staatsregierung, der CDU- und der FDP-Fraktion –, ihrer eigenen

Propaganda zu glauben und sich die Zahlen herauszunehmen, die sie gern haben möchten. Das würden wir wahrscheinlich auch nicht anders machen.

(Zuruf von der FDP: Genau!)

Unser aufklärerischer Ansatz ist, das offenzulegen. Das werden wir im Zuge der Haushaltsberatungen auch tun.

Lassen Sie mich jetzt noch einen letzten Punkt ansprechen. Das ist das Sächsische Finanzausgleichsgesetz.

Ich muss da meiner verehrten Kollegin Hermenau zumindest ein klein wenig widersprechen, und zwar in Bezug auf ihre Bemerkung, dass es keine Transparenz gebe, was den FAG-Beirat betrifft. Wir bekommen mit jedem Finanzausgleichsgesetz einen Bericht vom FAG-Beirat. In diesem Bericht des FAG-Beirates werden jedes Mal zwei Punkte betrachtet: Wie haben sich die Ausgaben im Freistaat entwickelt? Wie haben sich die Indikatoren, also Schülerzahlen gegen Studentenzahlen, die Anzahl der Inhaftierten usw., entwickelt? Man kann festhalten, dass sich in den letzten 15 Jahren – so lange existiert dieser Verteilerschlüssel – die Lasten zuungunsten der Kommunen verschoben haben. Deshalb ist es nur recht und billig, dass auch dort eine Anpassung stattfindet. Es ist aber nicht fair, dass sich die Kommunen mit 30 Millionen Euro abspeisen lassen. Allein ausgabenseitig – wenn ich einfach einmal die Prozentzahlen zusammenrechne, die der FAG-Beirat dort vorlegt – müsste ich auf eine Differenz von 1 % kommen. Das würden 150 Millionen Euro sein, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Koalition.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

150 Millionen Euro heißt: Sie betrügen die Kommunen jedes Jahr wieder aufs Neue um 120 Millionen Euro.

Wenn jetzt hier von Herrn Schmalfuß die allgemeinen Deckungsmittel herangezogen werden, dann wissen Sie genau, dass es dort um eigene Steuereinnahmen geht. Die aktuelle finanzielle Stärke der Kommunen liegt daran, dass sie in hohem Maße eigene Steuereinnahmen haben, und nicht daran, dass ihnen der Freistaat so viel mehr geben würde. Wenn ich daran denke, dass die Kommunen vor wenigen Jahren noch 5,8 Milliarden Euro vom Freistaat in ihre eigenen Haushalte bekommen haben und es im Moment nur noch 5,2 Milliarden Euro sind, die sie bekommen sollen, dann sind das 600 Millionen Euro weniger. Wenn ich dann weiß, wie sich der Solidarpakt zurückentwickelt, sehe ich deutlich, dass der Rückgang der Solidarpaktmittel vor allen Dingen auf dem Rücken der Kommunen ausgetragen wird. Das ist für mich kein faires Verhalten, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Aber wir werden in den Haushaltsberatungen sehr viel Zeit und Raum haben, um diese und andere Probleme miteinander zu erörtern. Ich denke, es gibt genug Stoff.

Einen Punkt muss ich zum Schluss noch ansprechen. – Keine Angst, Herr Michel, Sie verschone ich heute.

(Heiterkeit bei den LINKEN)

Ich kann verstehen, dass es für die Kollegen der Koalition am ersten Tag der Haushaltseinbringung, an dem man natürlich eine gute Figur machen will, nicht schön ist, wenn draußen 15 000 Lehrer stehen.

(Zuruf von der CDU: Wie viel waren es denn nun?)

Emotional ist das nicht gut. Aber ich darf Sie, sowohl Herrn Unland als auch Herrn Flath, doch auffordern, gegenüber den Bediensteten im öffentlichen Dienst nicht diese Art des Umgangstons zu pflegen.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Wie Sie hier heute versucht haben, Lehrer gegen zukünftige Lehrer, Lehrer gegen Schüler auszuspielen und ihnen sogar den Unterrichtsausfall anzukreiden, ist nicht gedeihlich, wenn es um eine gute Zusammenarbeit und ein gutes Verhältnis zwischen dem Staat und seinen Bediensteten geht. Deshalb darf ich Sie dringend auffordern, dort ein wenig mehr Größe an den Tag zu legen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Herr Staatsminister Unland hat noch einmal um das Wort gebeten. Herr Minister, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte kurz etwas deutlicher machen. Eben wurde die Frage aufgeworfen, ob die Einzahlung in den Fonds für die Sachsen LB in die Investitionsausgaben aufgenommen wurde oder nicht. Ich möchte das sehr deutlich beantworten: Gewährleistungszahlungen fallen per Definition bundesweit in die Investitionsausgaben hinein. Das heißt, die 100 Millionen Euro, die wir dort in den nächsten beiden Jahren jeweils einbringen, fallen in die Kategorie Investitionen.

Ich habe mir die Zahlen gerade noch einmal herausgegriffen. Wir investieren in den Jahren 2013 und 2014 jeweils knapp 2,9 Milliarden Euro. Davon sind jeweils 100 Millionen Euro für den Garantiefonds vorgesehen und zählen dabei zu den Investitionen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Vielleicht noch eine zweite Bemerkung, weil auch eine nächste Frage kommen könnte, ob die Zahlungen in den Pensionsfonds auch dazu zählen. Nein, dabei handelt es sich um Versorgungsleistungen, die per Definition nicht unter die Investitionsausgaben fallen.

(Beifall bei der CDU – Sebastian Scheel, DIE LINKE: Aber Tilgungen schon!)

Ich schaue in die Runde. Gibt es weiteren Gesprächsbedarf? – Sie haben 1 Minute und 40 Sekunden, also müssen Sie schneller reden.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich wollte nicht, dass die Opposition das letzte Wort hat.

(Lachen bei den LINKEN und der SPD – Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Deshalb werde ich noch ein paar Sekunden aufheben. Aber ich wollte noch eine Nebelkerze ausräumen.

(Zurufe und Lachen bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Das läuft alles von meiner Zeit.

Ich wollte Folgendes sagen: Die kreisfreien Städte haben durch die Verschiebung in den ländlichen Raum nicht eine Million Euro weniger als in den Vorjahren. Das sage ich, damit das hier gar nicht als Gerücht aufkommt.