Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist bei der Umsetzung genauso nebulös. Ich gebe ein weiteres Zitat: „Antworten für bedeutsame Zukunftsprobleme gefunden werden“ und – noch besser – „besondere Aufmerksamkeit ist dem anspruchsvollen prozessualen Charakter aller inhaltlichen und organisatorischen Elementen der Projektentwicklung und -umsetzung zu widmen“.

Das klingt ziemlich kompliziert. Das klingt nach aufgeblähter Struktur. Das klingt nach viel Bürokratie, und ich glaube, das wollen wir in diesem Zusammenhang alle nicht. Technologieförderung muss technologieoffen

bleiben, aber nicht ziellos. Man könnte sich ja einmal fragen, warum mit diesem Programm nicht Fragen formuliert werden im Zusammenhang mit der Energiewende, warum nicht im Zusammenhang mit Energie- und Materialeffizienz.

Die Zeit ist abgelaufen, Herr Kollege.

In diesem Sinne bedeutsame Zukunftsprobleme zu lösen ist ein gutes Ziel, und ich wünsche, dass wir das gemeinsam hinbekommen.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN und der SPD)

Das war Herr Kollege Weichert für die Fraktion GRÜNE. Für die NPD-Fraktion spricht jetzt der Abg. Storr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was wir hier wieder einmal erleben, ist eine der üblichen Schaufensterdebatten, die die Regierungsfraktionen dazu nutzen, sich als erfolgreich darzustellen, und den Eindruck zu erwecken versuchen, dass Sachsen eine zukunftsträchtige Innovationsperspektive habe, wobei rege Betriebsamkeit wieder vorgegaukelt werden soll.

Was ich natürlich in der Debatte vermisse und was im Grunde genommen redlich gewesen wäre, ist, hier einmal zu erörtern, inwiefern tatsächlich dieses Programm das leisten kann, was es verspricht. Was auch zu dieser Debatte eigentlich dazugehört hätte, ist, dass natürlich der Aufbau Ost bei allen Erfolgen bisher durchaus auch einige herbe Rückschläge erlitten hat.

Ich will hier als Beispiel nur das Stichwort Solartechnik bzw. Chipindustrie nennen, wo Fördermillionen in Massen geflossen sind und wo wir jetzt erlebt haben, dass im Zuge der Globalisierung genau das, was hier in Sachsen ganz maßgeblich an Innovationen entwickelt und auch wirtschaftlich umgesetzt worden ist, dann wieder durch die Globalisierung zunichte gemacht worden ist.

Das zeigt natürlich, dass ganz so eindeutig und vollmundig der Erfolg durch dieses Programm noch gar nicht vorhersehbar ist. Sicherlich, der Grundgedanke dieses Programms ist erst einmal richtig, nämlich zu sagen, strategische Allianzen sollen die Ausgangslage der sächsischen Wirtschaft verbessern. Wir brauchen mehr Innovationen in sächsischen Unternehmen, damit diese Innovati

onen dann auch in wirtschaftliche Prozesse hier in Sachsen umgesetzt werden und zu wirtschaftlichen Erfolgen führen.

Das alles ist richtig. Aber die Frage ist natürlich, ob dieses Programm dieses Ziel überhaupt erreichen kann. Es ist von einigen Vorrednern schon ganz richtig festgestellt worden – und dieser Feststellung schließe ich mich an –, dass dieses Programm das, was es verspricht, gar nicht leisten kann, weil sich die Frage stellt, inwiefern die Bestimmungen dieser Richtlinie tatsächlich die Zieladressaten, die kleinen und mittleren Unternehmen, erreichen und ihnen bei der Entwicklung der Forschung in den Unternehmen helfen können.

Frau Schavan, die Bundesbildungsministerin, hat davon gesprochen, dass dieses Programm einen Schub für alle kleinen und mittelständischen Unternehmen geben soll. Die erste Frage, die sich mir allerdings stellt, ist, ob tatsächlich kleine und mittlere Unternehmen in der Lage sind, ein Initialkonzept und einen Maßnahmenplan bis zum 3. April 2013 zu erstellen, und ob dann die Kapitalbeteiligung von 50 % überhaupt von solchen Unternehmen gestemmt werden kann. Da würde ich schon ein sehr großes Fragezeichen setzen und würde behaupten, dass das einer der ersten Konstruktionsfehler dieses Programms ist.

In den Bestimmungen ist vorgesehen, dass es einen westdeutschen Partner geben soll, der mit seinem Knowhow den Konsortialführer eines ostdeutschen Unternehmens unterstützt. Die Frage ist natürlich, ob diese formale Bestimmung überhaupt Garant dafür ist, dass dann die Erfolge einer solchen Kooperation den sächsischen Unternehmen vor Ort tatsächlich helfen, oder ob es nicht vielleicht doch so ist, dass de facto dann ein Wissenstransfer in Richtung dieses westdeutschen Partners stattfindet und wir die erwünschten wirtschaftlichen Effekte in Sachsen gar nicht haben.

Ein anderer Konstruktionsfehler ist die Größenordnung der finanziellen Unterstützung. 500 Millionen Euro, das klingt erst einmal sehr viel. Aber wenn man das einmal herunterbricht auf die fünf bzw. sechs Bundesländer, für die dieses Programm vorgesehen ist, und auch den Zeitraum von sieben Jahren berücksichtigt, dann muss man natürlich ernüchtert feststellen, dass jährlich gerade einmal 62,5 Millionen Euro zur Verfügung stehen – und das bei sechs Bundesländern. Das macht vielleicht für Sachsen gerade einmal 10 Millionen Euro im Jahr aus. Wer glaubt, dass man mit diesen 10 Millionen Euro die erwünschten wirtschaftlichen Effekte erzielen kann, ist – mit Verlaub gesagt – eigentlich nur noch Traumtänzerei.

Das alles zeigt mir, dass das, was hier zu suggerieren versucht wird, dass man nämlich hier wieder ein richtiges Förderinstrument für Sachsen geschaffen habe, gar nicht eingehalten werden kann.

Die Redezeit läuft ab.

Hier soll nur der Schein erweckt werden, dass man ja etwas für die Wirtschaft tut. Die Realität sieht anders aus.

Ich glaube nicht, dass dieses Programm einen substanziellen Beitrag leisten wird, um die Innovationskraft der sächsischen Unternehmen wirklich nachhaltig zu stärken.

Danke schön.

(Beifall bei der NPD)

Für die NPD-Fraktion war das der Abg. Storr. Damit haben wir die erste Rednerrunde beendet und können in eine zweite eintreten. Als Antragsteller haben natürlich wieder die einbringenden Fraktionen CDU und FDP das Wort. Das Wort ergreift Frau Kollegin Fiedler.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schauen wir doch einmal auf die Schlagzeilen der letzten Monate. 2011: Der Deutsche Zukunftspreis des Bundespräsidenten geht nach Sachsen. Mai 2012: Der neue Fraunhofer-Präsident wird gewählt; Kollege Günther Schneider wies darauf hin, er kommt aus Sachsen. Juni 2012: Dresden wird zur Exzellenzuniversität gewählt. Zwei Exzellenzcluster kommen hinzu, ein Exzellenzcluster in Chemnitz. Das zeigt, dass es ein funktionierendes Wissenschafts- und Forschungsnetzwerk in Sachsen gibt. Es besteht aus den Universitäten in Chemnitz, Leipzig und Dresden, den Fachhochschulen, den Berufsakademien, fünf Kunsthochschulen und der höchsten Anzahl an außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Das zeigt aber auch, dass eine solide Finanzpolitik und ein Verzicht auf Neuverschuldung nicht etwa langweilig sind oder dem Selbstzweck dienen, sondern genau diese Investitionen in Forschung und Wissenschaft und in die Zukunft unseres Landes möglich machen. Das ist etwas, was sich andere Bundesländer nicht mehr leisten können.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Wir wollen daran weiterarbeiten. Wir ruhen uns nicht auf den Erfolgen aus, weil wir weiterhin wollen, dass die Attraktivität Sachsens für die besten Professoren, Wissenschaftler und Studenten groß ist. Wir wollen den Aufholprozess zu den besten Universitäten fortsetzen. Wir wollen, dass mehr wettbewerbsfähige Produkte durch unsere Innovationen entstehen.

(Beifall des Abg. Peter Wilhelm Patt, CDU)

Wir brauchen Forschung und Wissenschaft, um die Herausforderungen des demografischen Wandels zu bewältigen. Ich nenne hier die Stichworte Mobilität, Kommunikation und medizinischer Fortschritt. Hier sind wir mit unseren Universitätskliniken gut aufgestellt. Vor wenigen Wochen ist die Universitätsklinik Dresden im „Focus“-Ranking als das drittbeste Krankenhaus Deutschlands gewählt worden.

Wir brauchen Forschung und Wissenschaft, um unsere ehrgeizigen Klimaschutzziele umzusetzen, aber auch für eine umweltfreundliche Energieversorgung und die innere Sicherheit.

Dafür braucht es Rahmenbedingungen. Über eine werden wir heute noch sprechen; das ist das Hochschulfreiheitsgesetz. Es braucht auch die Voraussetzungen dafür, in Forschung und Wissenschaft zu investieren.

Nachholbedarf haben wir bei den Schnittstellen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Daran wollen wir gemeinsam arbeiten. Da haben wir kein Erkenntnisproblem. Das war ein Grund dafür, zusammen mit der SPD-Fraktion die Enquete-Kommission hier im Landtag zu initiieren.

Es gibt einen Lösungsansatz des Bundes, das Programm „Zanzig20“. Es passt auf Sachsen. Wir haben eine exzellent aufgebaute Forschungslandschaft, die sehr vielfältig staatlich finanziert wird. Aber die forschungsintensiven Unternehmen fehlen. Hier soll jetzt der Durchbruch geschafft werden, indem Mikroelektronik, Optik oder Biologie gestärkt und diese innovativen Branchen ausgebaut werden. Unternehmen, die heute noch sehr kleinteilig sind und dadurch nicht die Kraft haben, am Weltmarkt mitzuhalten, sollen dazu die Möglichkeit erhalten, indem sie über Bundesländergrenzen hinweg zusammenarbeiten und so der Konkurrenz aus dem In- und Ausland die Stirn bieten. Das ist ein Ansatz.

Das Einzige, was ich bislang gehört habe, war Kritik, dass es so nicht funktioniert, nicht funktionieren soll; aber wie es funktionieren kann, wird nicht gesagt. Auch Ihre Vorschläge, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, vermissen wir. Wir würden uns sehr wünschen, dass sie in dieser Runde einmal aufgezeigt werden.

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Nachrechnen, Frau Fiedler, nachrechnen!)

Denn so werden wir unsere Unternehmen sicherlich nicht stärken – im Gegenteil. Wir brauchen die Wertschöpfung in Sachsen, denn wir wollen nicht nur gut sein im Erfinden – dort sind wir gut –, sondern wir müssen es auch schaffen, dass unsere Ideen in Produkte „Made in Saxony“ umgewandelt werden. Dazu haben wir im Bund einen entsprechenden Vorschlag eingereicht, und dafür werden wir die Rahmenbedingungen im Land weiterhin stärken. So wird es uns gelingen, dass noch mehr pfiffige Ideen aus Sachsen in die Welt reisen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Für die CDU-Fraktion war das Frau Kollegin Fiedler. Will die FDP-Fraktion das Wort ergreifen? – Das kann ich jetzt nicht erkennen. Als Nächster hat Herr Prof. Besier für die Fraktion DIE LINKE das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie einige meiner

Vorredner habe auch ich mich gefragt, warum Sie dieses Programm des BMBF „Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation“ als Thema für eine Aktuelle Debatte gewählt haben. Es handelt sich um ein Hilfsprogramm, es ist doch keine Prämie für Sieger. Sie sagen: Wir sind gut, wir wollen immer besser werden. Diese Rhetorik ist hilfreich – das bestreite ich nicht –, aber wir müssen aufpassen, dass wir sie nicht überdehnen.

(Andreas Storr, NPD: Genau, der Glaube versetzt Berge!)

Das scheint mir problematisch zu sein. Der bisherige regionale Ansatz zur Förderung von Forschung und Innovation in den neuen Bundesländern wird jetzt um einen überregionalen Ansatz ergänzt.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Kretschmer – Herr Kollege Weichert hatte ihn schon erwähnt – sagte im August dieses Jahres – ich zitiere: „Die ostdeutschen Abgeordneten im Bundestag hätten in den vergangenen Jahren durchaus fraktionsübergreifend für das neue Programm gekämpft.“

Selbstverständlich können wir alle dieses Programm begrüßen, das ist gar keine Frage. Besteht also der Sinn des Debattenthemas darin, wie meine Kollegin Jana Pinka schon vermutet hat, dass wir nun geschlossen die neue Initiative bejubeln? Das kann doch nicht der Sinn einer solchen Debatte sein.

Man kann über die neuerliche Unterstützung froh sein, aber es handelt sich dennoch um eine Unterstützung, auch wenn noch nicht klar ist, wie viel dabei für Sachsen abfällt.

Die Dinge lassen sich freilich auch ganz anders betrachten. Damit müssen Sie doch rechnen. Nach 22 Jahren Deutsche Einheit scheint es immer noch bitter nötig zu sein, den Defiziten bei der Forschung und Entwicklung im östlichen Deutschland mit Stützprogrammen zu begegnen. Offenbar haben alle früheren Initiativen nicht in dem erwarteten Maß gegriffen. Auch nach 22 Jahren ist aufgrund der immer noch kleinteiligen Wirtschaft nur wenig Geld in den Unternehmen für innovative Projekte vorhanden. Michael Kretschmer meint, dass im Osten staatliche Ausgaben für Forschung und Entwicklung fließen. Das ist sehr vorsichtig und klug formuliert: sie fließen. Aber im Bundesdurchschnitt liegen wir doch weit unter dem Durchschnitt.

Offenbar reichen diese Mittel bei Weitem nicht, um den Anschluss an die alten Bundesländer zu schaffen. Warum ist die Ansiedlung potenter Großbetriebe mit eigenen Forschungskapazitäten nicht gelungen? Das ist doch eine Frage, die wir uns logischerweise stellen müssen. Was ist im östlichen Deutschland falsch gelaufen? Das sind Fragen, die sich angesichts dieser Lage förmlich aufdrängen.

Die Spatzen pfeifen es bereits von den Dächern, dass es sich um das letzte große Programm zur Förderung der neuen Bundesländer handelt. Die Verlässlichkeit des Bundes, von der Frau Schavan so gern spricht, ist jetzt

zeitlich deutlich begrenzt. Was spricht dafür, dass uns zwischen den Jahren 2013 und 2019 das gelingen soll, was wir zwischen den Jahren 1990 und 2012 nicht geschafft haben?

(Zuruf von den LINKEN: Nichts!)