Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

Sie wollen ein Hochschulkontrollgesetz, das sozial kalt ist und Demokratieabbau betreibt. Das lehnen wir entschie

den ab. Dass es anders geht, werden wir später mit unseren – teilweise gemeinsamen – Änderungsanträgen der Opposition belegen und bauen hier im Plenum auf mehr Vernunft, als die Koalitionsabgeordneten im Wissenschaftsausschuss gezeigt haben.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und des Abg. Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Für die FDP spricht Herr Prof. Schmalfuß; bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben im Freistaat Sachsen eine hervorragende und exzellente Hochschullandschaft. Die Technische Universität Dresden darf sich „Exzellenzuniversität“ nennen, und auch der Erfolg der Technischen Universität Chemnitz bei der Exzellenzinitiative zeigt, über welche Leuchttürme wir in Sachsen im universitären Bereich verfügen. Darauf können wir stolz sein.

(Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE: Das habe ich gestern von der FDP gelesen!)

Allerdings befinden sich auch die sächsischen Hochschulen in einem immer stärker zunehmenden und härter geführten nationalen und internationalen Wettbewerb um die klügsten Köpfe und die besten Forschungsergebnisse. Um sie für diesen Wettbewerb fit zu machen, haben sich die Koalitionsfraktionen von CDU und FDP darangemacht, die gesetzlichen Rahmenbedingungen anzupassen. Heute kann ich sagen: Was lange währt, wird endlich gut. In diesem Sinne darf der Sächsische Landtag heute das neue Hochschulfreiheitsgesetz beschließen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf bekommen die sächsischen Hochschulen mehr Freiheit und Verantwortung. Das Hochschulfreiheitsgesetz führt Globalbudgets ein und schafft damit mehr Finanzautonomie. Damit können die Hochschulen noch eigenverantwortlicher über die Verwendung ihrer finanziellen Mittel verfügen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, gleichzeitig geben wir den Hochschulen auch mehr Personalautonomie. Sie haben künftig die Möglichkeit, nicht mehr an den Stellenplan für nicht verbeamtetes Personal gebunden zu sein. Auch bei der Besoldung von Professoren schaffen wir mehr Freiräume und eine flexible und leistungsgerechte Bezahlung.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ein weiterer wichtiger Baustein unseres Hochschulfreiheitsgesetzes ist der Abbau unnötiger Bürokratie. So dürfen zum Beispiel Studien- und Prüfungsordnungen zukünftig in einer Ordnung erlassen werden. Die Beteiligungen und Ausgründungen von Unternehmen werden für die Hochschulen deutlich vereinfacht. Außerdem wird die Anrechnung von Studien- und Prüfungsleistungen aus dem Ausland für die sächsischen Studenten deutlich

erleichtert und damit verbessert. Der Kampf vieler Studenten um entsprechende Anerkennung von Prüfungsleistungen aus dem Ausland wird so hoffentlich in Zukunft entfallen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Aber auch Absolventen von Fachhochschulen verschaffen wir eine deutliche Erleichterung und verbessern die Möglichkeit einer Promotion. Sie werden künftig bei der Zulassung zur Promotion mit Universitätsabsolventen gleichgestellt. Zur Freiheit gehört auch immer Verantwortung, deshalb gehört es für uns als Koalitionsfraktionen von CDU und FDP dazu, dass den sächsischen Hochschulen auf dem gegenseitigen Verhandlungsweg neue Zielvereinbarungen und Vorgaben zu machen sind, was der Freistaat Sachsen zukünftig von ihnen erwartet.

Meine Damen und Herren, es handelt sich beim Hochschulfreiheitsgesetz um einen Meilenstein bei der Weiterentwicklung unserer sächsischen Hochschullandschaft; denn endlich erhalten die Hochschulen die nötige Freiheit und den breiten Gestaltungsspielraum, den wir für eine exzellente, praxistaugliche und zielgerichtete Ausbildung und Forschung im Freistaat Sachsen brauchen. Darum bitte ich um Ihre Zustimmung. Stimmen Sie mit mir für mehr Eigenverantwortung und mehr Freiheit an den sächsischen Hochschulen!

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Für die Fraktion der GRÜNEN Herr Dr. Gerstenberg; bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Schmalfuß, Sie haben mir die passende Vorlage für meinen Beitrag geliefert. Wir wissen ja, dass es nicht leicht ist, ein neues Hochschulgesetz auf den Weg zu bringen. Immerhin gilt es, die verschiedensten Interessen der Hochschulen, deren Mitgliedergruppen, die Hochschulumgebungen und nicht zuletzt auch die berechtigten Ziele des Staates unter einen Hut zu bringen. Im Grunde geht es doch immer um die Frage der möglichst weitgehenden Freiheitsbestrebungen aufseiten der Hochschulen und der durch den Freistaat artikulierten gesellschaftlichen Anforderungen an die Hochschulen, was gut ausgebildete Absolventen und hochwertige Forschungsleistungen betrifft.

Diesen Grundkonflikt möglichst ausgleichend aufzulösen, das ist die Aufgabe des Gesetzgebers. Es wäre also Ihre Aufgabe gewesen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Regierungskoalition. Wenn ich mir nun die scharfe Kritik, ja den Protest vonseiten der Hochschulen, der Studierenden, der Doktoranden und der Studentenwerke anschaue, so kann ich nur zu dem Schluss kommen: Dieses Ziel haben Sie um Längen verfehlt.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und des Abg. Prof. Dr. Dr. Gerhard Besier, DIE LINKE)

Ein großes Freiheitsgesetz sollte es also werden, wie Sie gerade sagten. Ganz nach nordrhein-westfälischem Vorbild wurde die Freiheit sogar in den Titel des Gesetzes aufgenommen. Damit haben Sie viele Erwartungen bei den Hochschulen geweckt, aber wie das nun einmal so ist im Leben: Nur weil auf der Verpackung „Freiheit“ draufsteht, muss noch lange nicht Freiheit drin sein.

Ich will überhaupt nicht in Abrede stellen, dass es einige sehr wichtige Neuerungen gibt. Der erleichterte Hochschulzugang und die Beweislastumkehr bei der Anerkennung von außerhalb der Hochschule erbrachten Studienleistungen zählen ebenso dazu wie der erweiterte Masterzugang für Absolventen der Berufsakademie, die Verbesserungen im kooperativen Promotionsverfahren und die Möglichkeit für die Hochschulen, die Bewirtschaftung der Liegenschaften zu übernehmen. Vieles davon haben wir GRÜNEN bereits seit Jahren in unseren Gesetzentwürfen und Anträgen vorgeschlagen, um dem demografischen Wandel ein wirksames Instrument in Form von gut ausgebildeten jungen Menschen entgegenzusetzen.

Deshalb ist das vorliegende Gesetz aber nun keinesfalls die große Entfesselung, die der Titel suggeriert. Im Gegenteil: Sie legen die Hochschulen an entscheidenden Punkten stärker an die Leine als bisher. Nehmen wir zum Beispiel die bereits erwähnten Zielvereinbarungen. Natürlich ist es richtig und notwendig, dass sich Staat und Hochschulen auf gemeinsame Vorgaben zu Profilbildung und Qualitätssicherung, zu Immatrikulations- und Absolventenzahlen usw. einigen. Aber wenn Sie gleichzeitig bestimmen, dass das Ministerium bei Nichteinigung auch die Ziele einseitig festlegen kann, dann sind das doch keine Vereinbarungen mehr, dann sind das keine Verhandlungen zwischen gleichberechtigten Partnern auf Augenhöhe, sondern dann ist es lediglich eine Farce. Dann haben die Hochschulen genau genommen nur die Freiheit, zu den Vorgaben des Ministeriums Ja und Amen zu sagen.

(Lachen der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Werte Kolleginnen und Kollegen von der Koalition! Sie selbst haben sich hingegen die Freiheit genommen, dringend notwendige Regelungen nicht in das Gesetz aufzunehmen. Dazu gehört beispielsweise die Frage der Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Wissenschaft. Im Frühjahr musste der Wissenschaftsrat konstatieren, dass trotz der jahrelangen Bemühungen Frauen bei den besetzten Professuren nach wie vor stark unterrepräsentiert sind, und empfahl deshalb in Weiterentwicklung seiner Position eine 40-%-Quote für wissenschaftliche Gremien. Keine Spur davon in diesem Gesetzentwurf!

Auch über die Probleme der Promovierenden gehen Sie einfach hinweg. Ihre mitgliedschaftliche Stellung muss geklärt werden. Die Promovierendenvertretungen, die sich an den sächsischen Hochschulen bilden, brauchen endlich eine Rechtsgrundlage. Sowohl Gleichstellung als auch Promovierendenrechte finden sich in den heutigen

Änderungsanträgen der SPD-Fraktion, deren Unterstützung ich jetzt bereits ankündige.

Ganz besonders „bedanken“ für Ihre Freiheitsvorstellungen werden sich jedoch die Studierenden; und sie tun es ja bereits, wie auch ein Blick auf die andere Elbseite zeigt. Wie sehr muss Ihnen diese größte Mitgliedergruppe der Hochschulen ein Dorn im Auge sein, wenn Sie aus einem sogenannten Freiheitsgesetz gleich ein Studentengeißelungsgesetz machen.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Freiheit nach den Vorstellungen von CDU und FDP bedeutet für die Studierenden ganz konkret: Langzeitstudiengebühren, kein Freiversuch mehr und Schwächung ihrer Interessenvertretungen.

Zu den Langzeitstudiengebühren. Studierende, die länger für ihr Studium brauchen – etwa, weil sie arbeiten müssen, weil sie gesundheitliche Probleme haben, ein Kind betreuen oder schlicht und ergreifend nicht in die überfüllten Seminare hineinkommen –, werden dafür nach Ihrer Ansicht mit der „Freiheit“ belohnt, ab dem fünften Semester über der Regelstudienzeit 500 Euro zahlen zu dürfen, und das pro Semester.

(Jürgen Gansel, NPD: Richtig!)

Da stellt sich doch die Frage nach dem Grund für eine solche Regelung. Im Ausschuss konnten Sie dafür einzig und allein die Entlastung der Steuerzahler anführen. Aber welche Kosten verursachen denn diese Studierenden? Semesterbeitrag und Semesterticket zahlen sie selbst. Die ermäßigte Krankenversicherung gilt nur bis 30. Das BAföG wird nur für die Dauer der Regelstudienzeit bezahlt, und die Lehrveranstaltungen finden doch statt, ob sie teilnehmen oder nicht. Dabei drängt sich mir schon der Gedanke auf, dass hier keine Sachpolitik gemacht wird, sondern einzig und allein der Einstieg in allgemeine Studiengebühren vorbereitet werden soll.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Ganz und gar perfide ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass Sie gleichzeitig den Freiversuch abschaffen – ausgerechnet das Instrument, das zügiges Studieren mit einem zusätzlichen Prüfungsversuch belohnt und so einen Anreiz schafft, eine Prüfung eher abzulegen. Ist das Ihr Konzept der Freiheit: ein Anreizsystem zugunsten einer Strafdrohung abzuschaffen?

Der Tiefpunkt schließlich ist Ihr Versuch, die verfasste Studierendenschaft durch ein Austrittsrecht auszuhöhlen und die Studentenräte zu schwächen. Ausgerechnet die Institution, die als Ergebnis der friedlichen Revolution an den Hochschulen zur Wahrnehmung der demokratischen Mitwirkung etabliert wurde,

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

soll nun von der Freiheit „beglückt“ werden, nicht zu wissen, wie viele Mitglieder sie im jeweils nächsten Semester haben wird. Die zu erledigenden Aufgaben stehen allerdings nach wie vor im Gesetz. Für mich stellt sich die Frage: Für wen machen Sie das eigentlich? Für eine CDU-nahe Studentenorganisation, die sich bei der Anhörung zum Gesetz für eine Abschaffung ausgesprochen hat? Es kann Ihnen doch nicht entgangen sein, dass sich inzwischen außer vielen Studierenden und ihren Vertretungen auch die Landesrektorenkonferenz, die Rektorate mehrerer Universitäten, die Studentenwerke und schließlich auch die sächsischen Studentenpfarrer gegen diese Änderungen ausgesprochen haben. Das ist keine Freiheitspolitik, die Sie hier betreiben, das ist ausschließlich reine Parteiklientelpolitik!

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD – Johannes Lichdi, GRÜNE: Genau!)

Bei all dieser Freiheit nach schwarz-gelben Vorstellungen fallen die wirklichen Verbesserungen für die Hochschulen nicht mehr wirklich ins Gewicht. Nein, werte Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, der Ausgleich zwischen den Interessen der Hochschulen und denen des Staates ist Ihnen gründlich misslungen. Freiheit findet sich in diesem Gesetz wirklich nur im Titel, und, Herr Kollege Mackenroth, Sie haben nichts ausbalanciert, wie Sie vorhin sagten. Der Balanceakt ist gescheitert. Sie sind abgestürzt.

Eine gute Nachricht möchte ich Ihnen allerdings abschließend noch mit auf den Weg geben: Sie haben heute und hier noch die freie Wahl, ob Sie sich richtig oder für diesen Gesetzentwurf entscheiden. Denken Sie bitte an den Satz des französischen Schriftstellers und Aufklärers Nicolas Chamfort: „Die Fähigkeit, das Wort 'nein' auszusprechen, ist der erste Schritt zur Freiheit.“

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Herr Abg. Gansel spricht für die NPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der von der Staatsregierung überschwänglich als „Hochschulfreiheitsgesetz“ bezeichnete Gesetzentwurf trägt seine Bezeichnung zumindest in einem wichtigen Punkt zu Recht: Er befreit die Studierenden von der missbrauchsanfälligen Mitgliedschaft in einem öffentlich-rechtlichen Zwangsverband.

Die Studierenden können zukünftig nach dem ersten Semester frei entscheiden, ob sie der verfassten Studentenschaft angehören wollen oder eben nicht. Die NPD begrüßt diese Austrittsmöglichkeit aus der verfassten Studentenschaft ausdrücklich, weil die Studenten dann frei entscheiden können, ob sie Beiträge für ihre tatsächlichen oder vermeintlichen Studentenvertreter zahlen wollen oder nicht. Man könnte in diesem Punkt auch fast von einem Hochschulbefreiungsgesetz sprechen. Fast

40 Jahre benötigten die schnarchnasigen Hochschulpolitiker von FDP und CDU in den Altbundesländern und 20 Jahre hier in Sachsen, um zu erkennen, dass die verfasste Studentenschaft im Wesentlichen ein linksdominierter Gesinnungs- und Selbstversorgungsverein ist.

Neben einigen objektiv richtigen und wichtigen Beratungsangeboten findet dort unter dem Deckmantel der „Förderung der politischen Bildung“ eine systematische Zweckentfremdung der studentischen Semesterbeiträge für linke Liebhaberprojekte statt. Von der Beteiligung an Anti-Atom-Demonstrationen bis zum kriminellen Blockadetraining gegen genehmigte Demonstrationen an der TU Dresden wird alles quersubventioniert, was das linke Herz höher schlagen lässt. Außerdem genehmigen sich die Studentenräte – etwa in Leipzig – großzügige Aufwandsentschädigungen und stellen ihnen nahestehendes Gesinnungspersonal ein.

Aus meiner eigenen Studentenzeit an der Justus-LiebigUniversität in Gießen weiß ich nur zu gut, dass die dortigen Studentenvertreter mit den Zwangsbeiträgen der Studenten kostenaufwendige Ausländer-, Schwulen- und Antifa-Referate unterhielten, mit deren Geldern sich verdiente linke Langzeitstudenten gut über Wasser halten konnten. So musste ich während meiner Studentenzeit in Gießen auch oft genug linke Uni-Postillen lesen, die auch mit meinen Semesterbeiträgen finanziert wurden und in denen regelmäßig gegen meine Burschenschaft gehetzt wurde – die Burschenschaft, der mein Fraktionskollege Schimmer und ich noch heute angehören –, und ich kann deswegen sagen, dass auch aus Sicht der Deutschen Burschenschaft und anderer korporationsstudentischer Verbände der Vorstoß der Staatsregierung zu unterstützen ist.