Protokoll der Sitzung vom 27.09.2012

(Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE)

Herr Scheel, ich kann nachher auf Ihre Vorwürfe antworten. Wenn Griechenland jetzt noch eine nationale Währung hätte, würde Griechenland als nationaler Staat mit allen seinen Gläubigern einen Schuldenschnitt aushandeln und es würden endlich die Banken und große

Spekulanten bluten. Sie spielen das Spiel der großen Banken und Finanzmärkte mit.

(Jürgen Gansel, NPD: Scheinsozialisten!)

Bei einem echten Staatsbankrott würde doch endlich die Bankenwelt bluten. Das wollen wir von der NPD doch.

(Beifall bei der NPD – Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE – Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Herr Scheel, ich werde gleich noch einmal auf Ihre Bemerkung antworten.

(Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE)

Nein, das ist nicht unverschämt. Lassen Sie Ihren Finger unten.

(Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE)

Herr Scheel, Sie haben sonst wesentlich mehr Niveau.

Meine Damen und Herren! Ich würde Sie um Folgendes bitten: Wortwechsel sind gemäß unserer Geschäftsordnung möglich. Wenn es zu einem Zwiegespräch wird, sollten Sie vielleicht das Plenum verlassen und draußen weiter diskutieren oder gegebenenfalls eine Zwischenfrage stellen.

Es gibt eine Zwischenfrage. Ich gehe zumindest davon aus, Herr Biesok. Herr Schimmer, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Ja, gern.

Herr Biesok, Sie haben das Wort.

Herr Schimmer, Sie haben gerade ausgeführt, dass Griechenland einen Schuldenschnitt machen sollte, der insbesondere die Banken und andere institutionelle Anleger treffen sollte. Ist Ihnen bekannt, dass Griechenland bereits in diesem Jahr einen Schuldenschnitt vorgenommen hat? Per Gesetz wurden allen Inhabern die Anleihen um, ich glaube, 40 % oder 60 % des Nominalwertes reduziert. Es wurden neue Anleihen ausgegeben, die einen deutlich längeren Zeitraum haben. Ein ganz geringerer Anteil wurde über Anleihen des ESF abgesichert. Ist Ihnen das bekannt?

Das ist mir bekannt. Das große Problem war – das wissen Sie, Herr Biesok, ganz genau –, dass die großen Banken von diesem Schuldenschnitt weitgehend ausgenommen wurden. Damit wurde einmal wieder nicht das Problem an der Wurzel gepackt.

Wenn Herr Scheel auch gerade wieder sehr böse auf mich ist, bin ich mit ihm durchaus der Meinung, dass man endlich die Haftung bei den großen Banken belassen und diejenigen bluten lassen sollte, die in den letzten Jahren sehr gut an den südeuropäischen Staatsanleihen – zum

Beispiel an griechischen Staatsanleihen – verdient haben. Das sind die Banken.

(Beifall bei der NPD)

Wir dürfen keine Entwicklungen zulassen, bei denen die Verantwortung nur beim Steuerzahler liegt und die Folgendes besagt: Wenn es irgendwelche Risiken gibt, schieben wir diese in die Notenbanken und zum Steuerzahler. Das setzt gerade die Marktwirtschaft außer Kraft. Darüber können doch gerade Sie nicht hinwegsehen. Das werden wir auch weiterhin kritisieren.

Herr Schimmer, es gibt von Herrn Biesok noch eine Nachfrage. Lassen Sie diese zu?

Herr Biesok, bitte.

Herr Schimmer, ist Ihnen bekannt, dass von diesem Schuldenschnitt lediglich die Europäische Zentralbank und die Nationalbanken ausgenommen waren? Alle anderen Geschäftsbanken haben daran teilgenommen. Genauso wie andere private Gläubiger, die Anleihen von Griechenland haben, wurden diese Forderungen entsprechend reduziert. Das hat einige Banken vor erhebliche Probleme gestellt. Somit wurden die Aktionäre als Inhaber der Banken mittelbar beteiligt.

Mir ist nur bekannt, dass bei dem entsprechenden Gipfel in Brüssel im Jahr 2011 die Bankenlobby einen enormen Einfluss ausgeübt hat, weswegen dieser Schuldenschnitt begrenzt wurde. Das hat man durch diese Lobby, die die Finanzmärkte darstellen, erreicht.

Uns als NPD wäre es lieber gewesen, man hätte damals zu einer klaren Lösung gefunden und die Griechenlandanleihen zu einem Marktpreis bewertet. Sie waren damals vielleicht schon auf 30 % des Marktpreises abgesunken. Damals waren die Griechenlandanleihen vor allem noch im Depot der Banken und nicht im Depot von irgendwelchen Notenbanken. Damals hätte man noch diejenigen, die sehr lange und sehr gut an den Griechenlandanleihen verdient haben, für das Risiko, das sie übernommen haben, bluten lassen können. Das wäre nur gerecht gewesen. Insofern ist es ein wenig heuchlerisch, was Sie machen. Natürlich gab es einen kleinen Schuldenschnitt. Der eigentlich fällige Schuldenschnitt nach Marktpreisen wurde damals nicht vorgenommen. Das wissen Sie, Herr Biesok, als Wirtschaftsanwalt doch sehr genau. Nun reden Sie es wieder schön. In der Rolle können Sie sich doch nicht wohlfühlen.

(Jürgen Gansel, NPD: Manchmal stellt sich die FDP noch dümmer, als sie so schon ist!)

Deswegen hat die NPD schon immer Folgendes gesagt: Am Ende wird der Löwenanteil der Verluste wieder einmal am deutschen Steuerzahler hängenbleiben. Weil

der Appetit der Eurokraten auf das Geld der Bürger schier unersättlich ist, soll nun den deutschen Sparern auch noch der letzte Notgroschen abgezogen werden. Als letzter Schritt im großen EU-Verarmungsprogramm soll nun das Bankeneinlagensicherungssystem europäisiert werden. Das heißt übersetzt Folgendes: Es soll auf Kosten der deutschen Einzahler und Kontoinhaber geplündert werden.

Dagegen haben nun selbst die Sparkassen und die deutschen Raiffeisen- und Genossenschaftsbanken in ganzseitigen Anzeigen in allen großen Tageszeitungen Anzeigen geschaltet. In denen heißt es unter anderem – ich zitiere –: „Die Übernahme von Zahlungspflichten für ausländische Banken würden das Vertrauen unserer Kunden in die Sicherheit ihrer Spareinlagen gefährden. Damit würden die Schäden aus besonders risikoreichen Geschäften europäischer Groß- und Investmentbanken deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken auferlegt.“

Noch klarer wurde der Berliner Finanzwissenschaftler Markus C. Kerber in einem Interview mit der „Wirtschaftswoche“ vom 9. September 2012 – ich zitiere –: „Die Vergemeinschaftung der Einlagensicherung ist daher eine indirekte Form, die Sparer in Deutschland zu enteignen. Wer eine Bankenunion im Sinne der EU-Kommission fordert, startet zum Raubzug bei den deutschen Sparern im Namen Europas. Hier bahnt sich ein unerklärter Krieg gegenüber Deutschland und seinen Sparern an, der in seinen finanziellen Dimensionen fast an das heranreicht, was in dem Versailler Vertrag von 1919 als Reparationsleistungen von Deutschland gefordert worden war. Ich wundere mich, dass die politischen Eliten in Deutschland diese historischen Parallelen nicht sehen und die Augen davor verschließen, welche Empörung in der Bevölkerung entsteht, wenn sie diese Politik weiterführen.“

(Jürgen Gansel, NPD: Antieliten!)

So weit habe ich Herrn Markus Kerber zitiert, der eben kein NPD-Politiker ist.

In der Tat scheint die heutige politische Klasse nichts Besseres zu tun zu haben, als ihr eigenes Volk in Zustände zu führen, die wir in den dunkelsten Jahren der Zwischenkriegszeit mit der Hyperinflation der Jahre

1922/1923 und der maßlosen Ausplünderung Deutschlands durch das Versailler Diktat hatten.

Die politische Klasse verkennt auch, dass die Quelle des wirtschaftlichen Wohlstandes – das sei hier auch noch einmal gesagt – eben nun mal nicht die Druckerpresse, sondern Arbeit, Innovationsfähigkeit und die Entwicklung neuer Technologien sind. Den wirtschaftlichen Wohlstand und den sozialen Frieden in Deutschland und Europa werden wir nur dann sichern können, wenn der Räuberbande in der EZB und der Europäischen Kommission endlich Einhalt geboten wird.

Stimmen Sie deshalb mit uns für eine Klage gegen die Europäische Zentralbank und für eine Abwehr der EUBankenunion.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen in der zweiten Runde vor. Ich frage die Staatsregierung: Möchte die Staatsregierung das Wort ergreifen? – Das kann ich nicht erkennen. Damit kommen wir zum Schlusswort. Ist ein Schlusswort gewünscht durch die NPD-Fraktion? – Herr Schimmer.

Ich würde auch gern die verbleibende Zeit nutzen, um eben noch einmal auf die Einwände der Kollegen Löffler und Scheel einzugehen. Ich glaube, es gäbe keinen Berufeneren, um vor diesem Anleihekaufprogramm zu warnen, als den Bundesbankpräsidenten Jens Weidmann. Der hatte einen Auftritt im vergangenen Monat bei den Goethefestwochen 2012, die sich um das Thema „Goethe und das Geld“ drehten. Dort sagte Bundesbankpräsident Weidmann: „Wenn Notenbanken potenziell unbegrenzt Geld quasi aus dem Nichts schaffen können, wie kann dann sichergestellt werden, dass das Geld nachhaltig werthaltig bleibt?“ Genau das ist doch die zentrale Frage, die sich allen stellen sollte, denen an der sozialen Sicherheit und am weiteren Wohlstand in unserem Land gelegen ist. Deswegen verstehe ich diese ganzen polemischen Reaktionen überhaupt nicht.

Ich finde es gut, wenn Gregor Gysi in Karlsruhe gegen den ESM-Rettungsschirm klagt. Ich finde es gut, wenn einzelne Abweichler in der FDP, wie Frank Schäffler, letzten Endes die Wahrheit aussprechen, dass ein unbegrenztes Staatsanleihe-Aufkaufprogramm die Inflation antreiben wird und damit vor allen Dingen die Ärmsten in unserem Lande, die Einkommensschwächsten in unserem Lande, die Rentner, die Bezieher von Transferleistungen enteignet werden.

Deswegen finde ich es auch nicht anmaßend oder formal nicht gerechtfertigt, Herr Löffler, wenn wir hier jetzt beantragen, dass Sachsen im Bundesrat eine Initiative startet, um die Europäische Zentralbank vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen. Ich bin mir eigentlich fast sicher, dass sowohl Georg Milbradt als auch Kurt Biedenkopf genau eine solche Initiative unterstützt hätten. Wir dürfen nicht vergessen, dass derzeit nach Medienberichten, auch in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, beispielweise die Deutsche Bundesbank die Erhebung einer solchen Klage durchaus prüft. Wir als Sachsen sollten uns da an die Spitze stellen.

Produktivität, Wohlstand, volkswirtschaftliche Leistungen entstehen eben nicht dadurch, dass irgendjemand die Druckerpresse anwirft und die Forderungen der großen Banken bedient, sondern sie entstehen aus ehrlichem Geld für ehrliche Arbeit. Dazu muss aber das Geld irgendwo begrenzt werden. Ich glaube, wir sind hier an einem Weg, bei dem wir uns alle fragen sollten, wohin die Reise geht. Wir sollten alle daran interessiert sein, dass die Reise nicht in Richtung einer ganz großen Inflation geht.

Besten Dank.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 5/10161 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung – –

(Sebastian Scheel, DIE LINKE, geht zum Saalmikrofon.)

Wir sind in der Abstimmung; das tut mir leid, Herr Scheel.

Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Vielen Dank. – Bei einigen Dafür-Stimmen ist mehrheitlich der Antrag nicht beschlossen.