Protokoll der Sitzung vom 27.09.2012

Das, was wir in den letzten Monaten immer wieder von der Staatsregierung gehört haben – dass andere Bundesländer zuständig gewesen seien, dass Sachsen nicht die Ermittlungen geführt habe –, diese Haltung scheint das sächsische Landesamt in der Tat verinnerlicht zu haben: Wir sind nicht zuständig. Wir machen was, wenn man uns fragt. Aus eigenem Antrieb tun wir nichts. Informationen aus Thüringen Ja, aber die erhielten wir mündlich in einem Telefongespräch. Verschriftlichung von Telefongesprächen: unbekannt.

Zweitens. Der Bericht stellt fest, dass das LfV Sachsen die Informationen, die es hatte, kaum ausgewertet hat. Berichte und Erkenntnisse wurden bestenfalls gelesen und abgeheftet. Es gab kein eigenes Lagebild, keine systematische Auswertung, keine Analyse der Netzwerke. Dabei ist doch genau das eine wesentliche Aufgabe. In § 2 des Sächsischen Verfassungsschutzgesetzes heißt es ganz klar: „Aufgabe des Landesamtes für Verfassungsschutz ist die Sammlung und Auswertung von Informationen".

Was nutzt es, zweifelhafte V-Leute hier und da sitzen zu haben, wenn man nicht versucht, eins und eins zusammenzuzählen? Im PKK-Bericht wird völlig zu Recht festgestellt: „Dass eine systematische Auswertung der immerhin vorliegenden Teilerkenntnisse im LfV Sachsen möglicherweise nicht zu einem Fahndungserfolg geführt hätte, ist für die Opfer und ihre Familien nur ein schwacher Trost."

Wir haben in den letzten Wochen im Untersuchungsausschuss mehrere Sachverständigenanhörungen durchgeführt. Deutlich ist immer wieder geworden: Die sächsischen Behörden haben die Gefahr des Rechtsextremismus

lange – viel zu lange – unterschätzt. Dabei hat es an warnenden Stimmen nicht gefehlt.

Seit Anfang der Neunzigerjahre haben viele Initiativen und Engagierte auf das Problem aufmerksam gemacht. Bis heute legt ihnen der Staat eher Steine in den Weg, als dass er sie unterstützt. Die Stichworte hierfür kennen wir alle: Handygate, Extremismusklausel, Haushaltskürzungen für Jugend- und Demokratieprojekte. Wir werden hier noch eine Debatte zu führen haben, welche Zukunft der Verfassungsschutz nach diesem Debakel haben kann.

Aber diese organisatorischen Fragen sind nur die eine Seite der Medaille. Die andere ist – gerade hier in unserer sächsischen Demokratie – noch viel wichtiger: Was wird in unserem Land dafür getan, um die Sachsen wirklich immun zu machen gegen Rechtsextremismus, um diesen rechten Irren den Boden zu entziehen, auf dem sie sich verstecken können, sich wohlfühlen können, von dem aus sie agieren können?

Die derzeitige Staatsregierung tut nichts. Sie tut nichts dafür, dass unsere Gesellschaft toleranter und gerechter wird – das Gegenteil ist der Fall: Solange Menschen behördlicherseits eingeteilt werden in solche mit besseren und in solche mit schlechteren Perspektiven, in solche mit mehr und in solche mit weniger Rechten, solange bleibt dieser Nährboden erhalten.

Wir fordern Sie dazu auf: Erstens: Stehen Sie einer umfassenden Aufklärung des NSU-Problems nicht mehr länger im Wege. Lassen Sie uns gemeinsam die Arbeitsgeschwindigkeit des Untersuchungsausschusses

verdoppeln – auch mit Sondersitzungen, damit wir endlich Ergebnisse erhalten. Das sind wir den Angehörigen der Opfer und allen, die sich gegen Rechts engagieren, schuldig.

Zweitens. Unterstützen Sie endlich all die in unserer Gesellschaft, die sich gegen rechts engagieren, und zwar nicht nur mit Lippenbekenntnissen und Hochglanzkonferenzen, sondern ehrlich dadurch, dass Sie Hürden aus dem Weg räumen, dauerhafte finanzielle Sicherheit geben und diesen Menschen endlich auf Augenhöhe gegenübertreten.

Drittens. Werden Sie sensibler dafür, welchen Einfluss Ihre Politik auf den Nährboden von Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz und Gewalt hat. Je ungerechter eine Gesellschaft ist, desto ungerechter verhalten sich alle Menschen in ihr. Je gleichgültiger die Politik gegenüber Problemen ist, desto gleichgültiger werden auch Behörden und Menschen gegenüber diesen Problemen. Das können kein Nachrichtendienst und kein Verfassungsschutz beheben, das ist Verantwortung einer gerechten Politik.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 13

Beschlussempfehlungen und Berichte der Ausschüsse

Sammeldrucksache –

Drucksache 5/10165

Wird dazu das Wort gewünscht? – Das kann ich nicht feststellen. Ich frage: Wird Einzelabstimmung zu Vorlagen gewünscht? – Auch das kann ich nicht feststellen. Meine Damen und Herren! Gemäß § 102 Abs. 7 der Geschäftsordnung stelle ich hiermit die Zustimmung des Plenums entsprechend dem Abstimmungsverhalten im Ausschuss fest, es sei denn, es wird jetzt ein anderes Abstimmverhalten angekündigt. – Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren, dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren! Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, bitte ich meinen Kollegen Prof. Schmalfuß, die weitere Sitzungsleitung zu übernehmen.

(Präsidentenwechsel)

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 14

Beschlussempfehlungen und Berichte zu Petitionen

Sammeldrucksache –

Drucksache 5/10166

Zunächst frage ich, ob einer der Berichterstatter zur mündlichen Ergänzung der Berichte das Wort wünscht. – Das kann ich nicht erkennen. Meine Damen und Herren! Zu verschiedenen Beschlussempfehlungen haben die Fraktionen DIE LINKE, SPD, GRÜNE, NPD ihre abweichende Meinung bekundet. Die Zusammenstellung dieser Beschlussempfehlung liegt Ihnen zu der genannten Drucksache ebenfalls schriftlich vor. Gemäß § 102 Abs. 7 der Geschäftsordnung stelle ich hiermit zu den Beschlussempfehlungen die Zustimmung des Plenums entsprechend dem Abstimmungsverhalten im Ausschuss fest, es sein denn, es wird ein anderes Stimmverhalten angekündigt. – Das ist nicht der Fall.

Dieser Tagesordnungspunkt ist damit beendet.

Meine Damen und Herren! Bevor wir zum Tagesordnungspunkt 15 kommen, komme ich noch einmal auf die 62. Sitzung des Sächsischen Landtages vom 26. September 2012 zurück. Während der Debatte zum Antrag der Fraktion DIE LINKE „Situation in Seifhennersdorf“ hat

sich der Abg. Johannes Lichdi wie folgt geäußert: „Johannes Lichdi, GRÜNE: Das ist doch unglaublich, miese Hexe!“

Der Abg. Lichdi ist derzeit nicht im Raum, aber vielleicht kann er mich hören. Ich erteile dem Abg. Lichdi wegen Beleidigung der Staatsministerin für Kultus, Frau Staatsministerin Kurth, nachträglich einen Ordnungsruf –

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

und würde Herrn Lichdi eindringlich bitten, zukünftig in dieser Legislaturperiode persönliche Beleidigungen von Mitgliedern der Staatsregierung und des Sächsischen Landtages zu unterlassen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 15

Fragestunde

Drucksache 5/10167

Ihnen liegen die eingereichten Fragen der Mitglieder des Landtages als Drucksache 5/10167 in Neufassung vor. Die Neufassung enthält als weitere Frage die Frage Nummer 11, eine am 24. September 2012, 11:30 Uhr,

eingereichte Frage der Abg. Frau Köditz, die der Präsident gemäß Nr. 7.2 der Richtlinie für die Fragestunde als rechtzeitig eingereichte dringliche Frage zugelassen hat. Diese Fragen wurden auch der Staatsregierung übermit

telt. Gleichzeitig ist Ihnen die Reihenfolge der Behandlung der eingereichten Fragen bekannt gemacht worden.

Herr Lichdi, ich würde Sie bitten, wenn Sie jetzt Gesprächsbedarf haben, den Raum zu verlassen, sonst bin ich gezwungen, Ihnen einen weiteren Ordnungsruf zu erteilen.

(Stefan Brangs, SPD: Jetzt reicht’s aber! – Zurufe von den GRÜNEN)

Herr Brangs, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf. Sie haben eben Kritik am amtierenden Präsidenten geäußert, weil ich Sie aufforderte, die Sitzung durch Störung nicht zu unterbrechen, indem Sie sich mit Herrn Lichdi und anderen Abgeordneten so unterhalten, –

(Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE: Das kommt sonst nie vor! – Jürgen Gansel, NPD: Ich würde auch noch einen Ordnungsruf nehmen!)

dass wir nicht in die Fragestunde eintreten können.

(Johannes Lichdi, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Herr Lichdi, ich sehe jetzt keinen Anlass, Ihnen das Wort zu erteilen. Wir sind in der Fragestunde.

Wir kommen zur ersten Frage; Frage Nr. 6. Herr Heinz von der CDU-Fraktion, bitte.

Ich hatte mitgeteilt, dass ich mit einer schriftlichen Beantwortung einverstanden bin.

Wenn die Staatsregierung damit einverstanden ist, verfahren wir so.