Gerhard Schröder – in die lohn- und rentenpolitische Sackgasse geführt haben, über die wir eben so wortreich gesprochen haben. Arbeits- und Sozialminister
Norbert Blüm hatte sich damals, Anfang der Achtzigerjahre, groß mit Plakatieraktionen ablichten lassen: "Die Rente ist sicher." Heute wissen wir, dass gar nichts sicher ist. Die Heuchler von den Sozialdemokraten haben mit der Agenda-2010-Politik
und der Liberalisierung des Arbeitsmarktes den Weg geebnet, an dessen Zwischenstation wir heute stehen – mit den bekannten Ergebnissen: dass im Jahr 2030 in Sachsen mehr als jeder zweite heutige Arbeitnehmer in Altersarmut leben wird. Wir haben hier also zwei Fehlentwicklungen von zwei Bundesregierungen zu rekapitulieren: einmal Fehlentwicklungen im Bereich der Wirtschafts- und Sozialpolitik durch Einführung von Niedriglöhnen und die Ausweitung von Leiharbeit, und der andere politische Kardinalfehler ist die unterentwickelte Familienpolitik, die erst den Geburtenmangel mitverursacht hat, weil keine wirklich familienfreundliche und geburtenfördernde Politik betrieben wird. Deswegen haben wir in diesem Land so wenige Beitragszahler, um das umlagefinanzierte Rentensystem zu sichern.
Wir haben zu wenige Beitragszahler, weil – erstens – zu wenige Menschen geboren werden, und weil es – zweitens – zu wenige Menschen in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung gibt. Insofern ist es einigermaßen belustigend mit anzusehen, aber auf der anderen Seite auch traurig zu registrieren, wie sich hier die politisch Verantwortlichen unterschiedlichster politischer Lager Scheindebatten liefern und sich gegenseitig die Köpfe einschlagen, –
– obwohl sie letztendlich alle für die renten- und lohnpolitische Misere in diesem Land verantwortlich sind.
Frau Schütz, möchten Sie reagieren? – Das kann ich nicht erkennen. Wir fahren also in der Rednerreihe fort. Als Nächstes spricht für die Fraktion GRÜNE – niemand? Kein Bedarf mehr? – Hat die NPD erneut Redebedarf? – Nein. Wir könnten in eine dritte Rednerrunde eintreten. Möchte die einbringende Fraktion nochmals sprechen? – Das kann ich nicht erkennen. Sonst noch jemand? – Oh ja, die CDU-Fraktion möchte noch einmal das Wort ergreifen; Herr Kollege Seidel.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin nun kein Experte auf dem Sozialgebiet, aber wenn man sich in unserer sächsischen Praxis hier und da umhört, dann tut es einem schon weh, wenn man das Prinzip
Lassen Sie mich zwei Beispiele dazu bringen, die ich in meinem politischen Leben erlebt habe. In der Stadt Leipzig gibt es die Leipziger Verkehrsbetriebe. Dort verdient ein Busfahrer circa 17 Euro pro Stunde. Das ist ein guter Stundenlohn. Diese Leipziger Verkehrsbetriebe haben einen Betrieb ausgegliedert, den Leoliner. Dort verdient ein Busfahrer 7,50 Euro pro Stunde.
Und das ist unter der Verantwortung des Oberbürgermeisters der Stadt Leipzig, Herrn Burkhard Jung, passiert: SPD.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Stefan Brangs, SPD: Jetzt haben wir’s aber! – Weitere Zurufe von der SPD)
Ein zweites Beispiel: Während meines letzten Wahlkampfes bin ich in Betrieben gewesen, auch in Kitas meines Wahlkreises, und während der Beschäftigung mit dem BRKG-Gesetz habe ich auch mit sehr vielen Rettungsdienstlern gesprochen. Einige arbeiten beim ArbeiterSamariter-Bund. Die Vorsitzende des Arbeiter-SamariterBundes in Sachsen heißt Margit Weihnert. Sie war eine Kollegin von uns und gehört der SPD an.
(Widerspruch bei der SPD und bei den LINKEN – Stefan Brangs, SPD: So viel zum Thema Sozialpolitik! – Zuruf von den LINKEN: Sie haben in der Tat keine Ahnung!)
Die Arbeiterwohlfahrt hat in Radefeld einen Kindergarten. Ich habe dort mit der Kindergartenleiterin gesprochen, die mich fragte: Herr Seidel, können Sie sich nicht dafür einsetzen, dass wir bei der AWO genau die gleichen Löhne erhalten wie in den staatlichen Kindergärten und in den Kindergärten anderer Organisationen?
Das, Herr Brangs, sind sozialdemokratische Verantwortungen. Dazu kann ich Ihnen sagen: Diese Zweizüngigkeit, die Sie hier vollziehen, steht mir bis obenhin.
Das war Kollege Seidel, der für die Fraktion der CDU das Wort ergriff. – Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Das ist nicht
Herr Präsident! Sie haben sicherlich Verständnis dafür, dass man, wenn es um meine Heimatstadt geht, bestimmte Dinge nicht ohne Weiteres stehen lassen kann.
Herr Seidel, es ist in der Tat manches zu bedauern, aber ich möchte Sie fragen – Sie müssen darauf nicht antworten, denn jeder kennt die Antwort: Welcher Partei gehört in der Stadt Leipzig seit dem Jahr 1990 – wenn auch mit unterschiedlichen Personen – der Finanzbürgermeister an?
Sie kommen immer daher und sagen, die CDU sei eine starke widerständige Kraft. Für das, was Sie hier erzählen, müssen Sie sich bei Ihrem Bürgermeister für Wirtschaft und Arbeit und bei Ihrem Finanzbürgermeister entschuldigen und ihnen sagen, dass Sie ihnen nichts zutrauen. Ich werde es beiden weitersagen, damit sie auch wissen, was sie von Ihnen zu halten haben.
(Beifall bei den LINKEN – Alexander Krauß, CDU: Aber bitte auch dem Oberbürgermeister! – Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)
Das war eine Kurzintervention von Herrn Pellmann. Ich frage, ob es darauf von Herrn Seidel eine Reaktion gibt. – Die Reaktion kommt prompt. Bitte schön.
unterstehen der LVV. Der Kopf dieses Unternehmens, der Aufsichtsratsvorsitzende dieser Gesellschaft, heißt Burkhard Jung und ist Oberbürgermeister der Stadt Leipzig.
(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Drei Unternehmen gibt es unter der LVV. Das ist doch Quatsch, was Sie erzählen! – Zurufe von der CDU)
Herr Präsident! Diese Kurzintervention bezieht sich noch auf die Ausführungen des Kollegen Seidel. Sie können hier noch so viele Beispiele bringen, wie Sie wollen. Sie haben gerade welche genannt, in denen SPD-Bürgermeister betroffen sind. Wir werden unbestritten viele andere finden, in denen die CDU-Bürgermeister betroffen sind. Von denen haben wir noch ein paar mehr in diesem Land.
Es ist doch nicht so, dass eine Arbeiterwohlfahrt dazu gezwungen ist, solche Arbeitsverhältnisse aufzubauen. Schauen Sie einmal zum Deutschen Roten Kreuz, schauen Sie zur Diakonie oder schauen Sie zur Caritas. Der eigentliche Skandal – – Dort sitzen doch keine schlechten Menschen, die den Arbeitnehmern etwas Schlechtes wollen.