Protokoll der Sitzung vom 14.12.2012

Wenn ich die Diskussionen bei der Sozialdemokratischen Partei höre, da wird immer gesagt: Die Lohnnebenkosten spielen eigentlich gar nicht so eine große Rolle. Das ist übrigens auch das, was man bei vielen Unternehmen hört. Diese sagen jetzt: Die Energiekosten sind das, was uns am stärksten belastet.

Sie haben selbst gesagt: Die Arbeitnehmer diskutieren überhaupt nicht über diese Frage. Ich frage mich jetzt, wenn es kein Problem gibt, wieso man dann darüber diskutieren soll. Das ist für mich ein wenig schizophren.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich einiges zum Buß- und Bettag sagen. Wir sind stolz darauf, dass es den Buß- und Bettag in Sachsen als gesetzlichen Feiertag gibt, und das soll auch so bleiben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es ist eine Errungenschaft – besonders der CDU-Fraktion –, dass wir gesagt haben, dass wir diesen Feiertag in Sachsen nicht abschaffen.

(Volker Bandmann, CDU: Richtig!)

Ich glaube auch, dass die Sonn- und Feiertage ein hohes Kulturgut sind. Man kann das über die Jahre hinweg sehen.

Ich will jetzt die geschichtliche Darlegung einmal weglassen, sondern – und nur – auf den Buß- und Bettag eingehen und erläutern, welche Rolle er für die friedliche Revolution gehabt hat. Auch das ist manchmal noch unbekannt. Er war bis 1966 in der DDR ein gesetzlicher Feiertag, danach ist er als gesetzlicher Feiertag weggefallen. Trotzdem haben die Christen ihn weiterhin begangen.

Ohne den Buß- und Bettag wäre die Friedlichkeit der friedlichen Revolution nicht gesichert geblieben. In der evangelischen Kirche war über viele Jahre hinweg die Friedensdekade zeitlich immer in der Nähe des Buß- und Bettages angesiedelt. In diesem Rahmen wurde mit Aktionen wie „Schwerter zu Pflugscharen“ in den Menschen ein festes Fundament dafür gelegt, dass Konflikte ausnahmslos gewaltfrei gelöst werden müssen. Das Motto „Keine Gewalt!“ stammt aus diesen Friedensdekaden. Dass revolutionäre Ereignisse nicht immer friedlich sind,

können Sie zum Beispiel an Rumänien deutlich sehen, wo die Revolution anders abgelaufen ist.

Was ist nun der ursprüngliche Sinn? Ich finde dieses Wortspiel nicht ganz gerecht, wenn Sie sagen: Buße für sächsische Arbeitnehmer. Erst einmal muss man sich die Frage stellen, ob die Lohnnebenkosten und die Zahlung in die Pflegversicherung ein Bußgeld bzw. eine Strafzahlung sind. Ich finde das Bild vollkommen daneben, das muss ich ganz deutlich sagen.

(Thomas Jurk, SPD, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte schön.

Bitte, Herr Jurk.

Herr Kollege Krauß, haben Sie den Antrag insoweit gelesen, dass Sie feststellen konnten, dass wir den Buß- und Bettag als Feiertag behalten wollen?

Das habe ich verstanden. Deswegen bin ich auch auf Ihr Hauptargument mit der paritätischen Finanzierung eingegangen. Der Redner Ihrer Fraktion hat selbst gesagt, dass es kein Problem gibt und es von niemandem als Problem wahrgenommen wird. Deswegen will ich auf den Grundsatz noch einmal eingehen, den wir bei dieser Diskussion haben.

Ich glaube, noch einmal darauf hinweisen zu müssen: Wenn wir über Beitragszahlungen in die Pflegeversicherung reden, dann ist das kein Bußgeld. Eine solche Formulierung, wie Sie sie in Ihrem Antrag gebraucht haben, ist vollkommen daneben. Allein das ist schon ein Grund, den Antrag abzulehnen.

(Beifall des Abg. Volker Bandmann, CDU)

Es geht an diesem Tag nicht darum, dass man etwas büßt, sondern es geht um Buße im Sinne von Reue wegen begangener Sünden, um das Erkennen eigener Fehler nicht nur individuell, sondern auch gemeinsamer Verfehlungen eines Volkes – und dann noch die Umkehr, die Hinwendung zu Gott. Das ist der ursprüngliche Sinn des Buß- und Bettages.

Wir haben in der CDU einen Evangelischen Arbeitskreis, der am Buß- und Bettag den einen oder anderen Gottesdienst durchführt. Hierzu gibt es ein sehr interessantes Modell: Es kommen Landespolitiker, Bürgermeister und Stadträte in den Gottesdienst, der nicht medial übertragen wird, und dort sagen diese Politiker einmal, was sie so bewegt und wozu wir auch sagen: Da haben wir als Gesellschaft und vielleicht auch persönlich etwas falsch gemacht. Es ist übrigens sehr schwierig, solche Veranstaltungen mit zu bestreiten, weil gerade wir Politiker nicht gern bereit sind, Fehler einzugestehen. Aber einmal darüber zu sprechen, was nicht so richtig läuft in der Gesellschaft – und das vor einer größeren Anzahl von Menschen –, finde ich sehr spannend.

Allein das ist ein Grund, warum der Buß- und Bettag als gesellschaftlicher Tag auch eine Berechtigung hat, gerade auch in einer so schnelllebigen Zeit, in der das Innehalten und Besinnen im Regelfall zu kurz kommt.

Wir freuen uns also, dass es diesen Buß- und Bettag gibt. Er wird – wenn ich das richtig vernehme – von den Parteien nicht kritisiert, auch von der SPD nicht kritisiert. Das ist gut so. Das ist auch eine Gemeinsamkeit, wenn wir sagen: Es ist schön, dass es diesen Buß- und Bettag gibt. Wir wollen ihn auch gern beibehalten. Wenn es kein Problem gibt – das haben Sie selbst gesagt –, dann muss man auch nichts ändern. Diesbezüglich sind wir relativ konservativ. Wir machen nur etwas, wenn es ein Problem gibt oder wenn man etwas besser machen kann.

(Zurufe von den LINKEN)

Aber das habe ich jetzt von Ihnen nicht so richtig wahrgenommen. Das Argument der paritätischen Finanzierung haben Sie selbst ad absurdum geführt, denn die SPD hat die Beibehaltung der paritätischen Finanzierung, zum Beispiel der Krankenversicherung, nicht unterstützt. Wir werden Ihren Antrag ablehnen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Für die Fraktion DIE LINKE Herr Stange, bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die SPD-Fraktion begehrt mit dem Antrag, dass die Sächsische Staatsregierung aus CDU- und FDP-Ministerinnen und -Ministern initiativ werden solle,

(Volker Bandmann, CDU: Das ist bekannt!)

um den Buß- und Bettag in Sachsen zu sichern und die einseitige Kompensationsbelastung zuungunsten der

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu streichen.

In Sachsen hat die damals alleinregierende CDU durch Entscheidung ihrer absoluten Mehrheit im Landtag beschlossen, den Feiertag beizubehalten.

(Volker Bandmann, CDU: Auch das ist gut so!)

Damit griff die nicht paritätische Kompensationsregelung aus § 58 Abs. 3 bis 5 SGB IX.

Die Gewerkschaften hatten damals unter dem Motto „Halbe-Halbe – und sonst nichts“ gegen die Regelung, die dann im Gesetz stand, mobil gemacht.

Die Fraktion der PDS hat am 26.10.1995 einen Antrag unter Drucksache 2/2006 eingebracht, mit dem die damalige Staatsregierung ersucht werden sollte, auf Bundesebene eine Ersetzung der Kompensationsregelung – wie eben zitiert – durch eine steuerfinanzierte Kompensationslösung für die Beibehaltung des Feiertages oder aber hilfsweise eine paritätische Finanzierung zu betreiben.

In der Stellungnahme der Staatsregierung zu diesem Antrag vom 7. November 1995 schreibt der damalige Staatsminister Dr. Geisler – ich zitiere –: „Grundsätzlich hält die Staatsregierung die Finanzierung von Teilbereichen der sozialen Sicherung über Steuern für sinnvoll, da eine Beitragsfinanzierung, ganz gleich, ob über Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerbeiträge, einseitig den Faktor Arbeit belastet und beschäftigungshemmend wirken kann. Schon im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens hat es sich aber erwiesen, dass die soziale Absicherung im Pflegefall nur als Sozialversicherung politisch realisierbar war. Der Freistaat Sachsen hat diese Lösung daher mitgetragen und sieht angesichts unveränderter Mehrheitsverhältnisse keine Chance für eine Gesetzesinitiative für eine steuerfinanzierte Absicherung des Pflegerisikos.“

Auch heute halten wir als Linke an unserer Grundüberzeugung fest. Wir wollen den Feiertag behalten. Die Kompensation wollten wir am liebsten steuerfinanziert, hilfsweise über die paritätische Finanzierung als SVBeiträge.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD! Was hat sich denn seit den Jahren 1994/95 geändert?

(Mario Pecher, SPD: Die Erde hat sich weitergedreht!)

Das macht sie täglich. – Die SPD hat in den Jahren von 1998 bis 2005 in Koalition mit den GRÜNEN im Bund regiert.

(Zuruf von den LINKEN: Das stimmt!)

An eine solche Initiative der Bundesregierung von damals kann ich mich allerdings nicht erinnern.

(Martin Dulig, SPD: Weil kein Bedarf da war!)

Von 2005 bis 2009 haben Sie im Bund in Großer Koalition und in Sachsen in kleiner Koalition in ein und derselben Farbenkonstellation aus Schwarz-Rot regiert. In dieser Zeit aber gab es keine Initiative aus Sachsen zu diesem Thema und auch nicht im Bund.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Das ist ja unerhört!)

Im Hohelied des Salomo – ich darf an Ihre Ausflüge zur Bibel anschließen – heißt es: „Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde.“

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Hohoho!)

Für nicht Bibelfeste: Auch die Puhdys haben einen gleichnamigen Song verfasst.