Protokoll der Sitzung vom 30.01.2013

Natürlich, Herr Piwarz, das haben alle gehört. Sie haben die Zeit. – Herr Pohle, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Vielen Dank für die Möglichkeit, hier noch einmal sprechen zu dürfen. Ich muss hier einiges glattziehen, meine Damen und Herren. Ich habe nicht den Eindruck gehabt – obwohl ich einige Kolleginnen und Kollegen, die mit uns vertrauensvoll zusammengearbeitet haben, bewusst gelobt habe –, dass der vorgelegte Gesetzentwurf wirklich verstanden wurde. Vielleicht hat man auch ein Stück weit gesagt: Verwirrt mich nicht mit Tatsachen, meine Meinung steht fest. Ich will das ein wenig glattziehen, lieber Karl Zais: Es ist einfach der Eindruck erweckt worden, dass in Sachsen alles schlecht sei.

Noch einmal: Das Vergabegesetz 2002 – deswegen habe ich so bewusst Wert darauf gelegt, das so an den Mann zu bringen – war maßgeblich und richtungsweisend für Deutschland – für ganz Deutschland –, sodass andere Bundesländer nachgezogen haben. Das Zitat war: 13 Bundesländer haben nachgezogen. – Ich habe zum Beispiel schon im Ausschuss mehrfach gesagt – das habe ich damals schon notiert –: Wir haben es versäumt, ein modernes Vergabegesetz zu machen. Wer entscheidet denn das? Wer hat denn die Deutungshoheit in diesem Land? Wir haben einen Wählerauftrag. Es ist gut so, Herr Brangs, dass Sie zum Beispiel sagen – auch vorhin, bei den Gewerkschaften, wir waren ja vier Redner, alle vier Redner waren vorhin bei den Gewerkschaften draußen –,

(Stefan Brangs, SPD: Sie auch!)

Das habe ich ja gesagt. Alle vier Redner waren draußen –: Wir ziehen den Schwanz nicht ein, denn wir haben Verantwortung für dieses Land. Das haben uns die Wähler aufgetragen.

(Beifall bei der CDU)

Es ist gut, Herr Brangs, dass Sie den Hinweis gegeben haben, dass dies ein Thema zur Landtagswahl werden wird, denn die Menschen sollen wissen, wes Geistes Kind Sie durch die Ecke tragen und was wir mit dem Vergabegesetz machen wollen. Und genau in dieser Zeit wird dieses neue Vergabegesetz gewirkt haben.

Dann möchte ich Sie in der Öffentlichkeit sehen, wie Sie das durch die Landtagswahl tragen. Es wird mir eine große Freude und Genugtuung sein, wenn die SPD die Wirkungsweise des neuen Gesetzes bemerken wird.

Noch einmal zur Deutungshoheit der GRÜNEN, Michael Weichert: Wer entscheidet denn, was modern ist? – Modern ist zum Beispiel Haute Couture. Ist das tragbar? Will das irgendjemand haben?

(Heiterkeit)

Es ist schön anzuschauen, aber es ist einfach nicht nutzbar.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Jetzt bin ich einmal ganz ehrlich: Mein Beitrag vorhin war nur sachlich. Das Gesetz, das wir gemacht haben, ist sachbezogen und anwenderfreundlich. Aber ich bin wegen der Polemik noch einmal ans Rednerpult gegangen. Das ist mir wichtig. Ich bedanke mich ausdrücklich bei dem Kollegen Hauschild. Wir beide verdienen nämlich unseren Lebensunterhalt immer noch mit unserer Hände Arbeit. Ich finde es nicht gut, dass sich immer wieder Leute hier in dem Haus trauen, über Dinge zu reden, von denen sie keine Ahnung haben.

Noch einmal recht schönen Dank, Mike Hauschild, es war eine tolle Arbeit mit dir.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Herr Staatsminister Morlok, bitte.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es wurde bereits angesprochen: Die Koalition hat sich vorgenommen, im Rahmen des Koalitionsvertrages das Vergabegesetz in dieser Legislaturperiode zu reformieren. Wir haben als Staatsregierung das klare Signal von beiden Koalitionsfraktionen erhalten, dass sie in dieser Frage selbst gesetzgeberisch tätig werden wollen. Deshalb haben wir auf die Vorlage eines eigenen Gesetzentwurfes durch die Staatsregierung verzichtet.

Ich bin sehr froh, dass wir heute ein sehr schlankes Gesetz vorliegen haben, das CDU und FDP gemeinsam erarbeitet haben. Wir müssen uns, wenn wir über das Vergabegesetz im Freistaat Sachsen reden, auch Gedanken über die Zielgruppe machen, für welche Zielgruppe das Gesetz gemacht ist.

Es ist ein Unterschied, ob man ein Vergabegesetz macht für die Aufträge, für das Auftragsvolumen unterhalb der Schwellenwerte, für die wir im Freistaat Sachsen eine Zuständigkeit haben, oder ob man eine Vergabe für alle Größenordnungen im Bereich Bau und im Bereich Leistung regelt, weil die Komplexität bei größeren Ausschreibungen wesentlich größer ist und weil auch die Möglichkeit der Teilnehmer an diesen größeren Ausschreibungen, die größere Unternehmen sind, mit den Regelungen umzugehen und sie zu beherrschen, eine andere ist als bei denjenigen, die sich bei den Schwellenwerten, über die wir hier im Freistaat Sachsen reden, unter der Geltung des Sächsischen Vergabegesetzes bewerben.

Das heißt, die Regularien müssen für die Beteiligten passend sein. Das haben CDU und FDP aus meiner Sicht in hervorragender Weise geschafft, dass sie eben ein schlankes Vergabegesetz vorgelegt haben, das aus wenigen Paragrafen besteht und das es ermöglicht, auf die Durchführungsverordnung zu verzichten. Damit wird eine erhöhte Transparenz erzeugt. Es ist einfacher anwendbar, insbesondere für die kleinen und mittelständischen Unternehmen, gerade für die Unternehmen, die aus dem

Handwerk in Sachsen kommen und sich mit diesen Regularien auseinandersetzen müssen.

Es ist auch aus meiner Sicht zu einer moderaten Anhebung der Schwellenwerte gekommen. Wenn man überlegt, aus welchem Jahr die Schwellenwerte stammen, und die Inflation, die wir in den Jahren hatten, berücksichtigt, dann ist die Anhebung der Schwellenwerte, wie sie hier vorgeschlagen wird, wahrlich nicht groß und aus meiner Sicht auch vollkommen gerechtfertigt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Frage, ob eine Vergabe an den wirtschaftlichsten oder an den billigsten Bieter erfolgt ist, lässt sich am besten feststellen, nachdem die Vergabe erfolgt und – am besten noch – nachdem die Gewährleistungsfrist lange abgelaufen ist. Dann wissen wir im Nachhinein relativ sicher, ob die Vergabe an den wirtschaftlichsten oder billigsten Bieter erfolgt ist.

Das Problem, vor einer Vergabeentscheidung zu erkennen, ob es der wirtschaftlichste oder der billigste Bieter ist, wird immer bestehen bleiben. Dieses Problem können Sie auch nicht dadurch lösen, dass Sie eine Vielzahl von Kriterien formulieren, die Sie dann in einer Gerichtsentscheidung einem Gericht zur Klärung überantworten nach dem Motto: Jetzt kläre doch einmal du, liebes Gericht – alles Juristen, keine Betriebswirte –, ob denn die Leute in der Vergabekammer, die eigentlich sachkompetent sein sollten, den Wirtschaftlichsten oder Billigsten ausgewählt haben.

Ich glaube, diese Überlegung, durch noch so viele Regelungen, Gesetzlichkeiten, Teilbestimmungen hier eine Wirtschaftlichkeit im Rahmen der Vergabe ex ante sicherstellen zu wollen, wird in die Irre führen.

Da ist es schon eher wahrscheinlich, dass es aufgrund der Änderungen, die hier im Bereich der Gewährleistungsbürgschaften vorgeschlagen werden, zu der entsprechenden Änderung kommt. Denn wenn ich eine Gewährleistungsbürgschaft von meinem Auftragnehmer in den Händen habe, ist es relativ einfach, das Thema Gewährleistung und Nachbesserung bei der Vergabeentscheidung auszublenden, weil ich genau weiß, ich habe die Bürgschaft, und wenn es schief geht, kann ich die Bürgschaft ziehen. In dem Maße, in dem diese Bürgschaft nicht mehr vorhanden ist, muss man sich im Rahmen der Vergabe schon einmal Gedanken machen, ob tatsächlich das Angebot, wie es vorgelegt wird, Gewähr dafür bietet, dass die Leistung die Gewährleistungsfrist und möglichst darüber hinaus übersteht.

Insofern ist hier ein qualitativer Aspekt in die Vergaberegelung eingeführt worden. Außerdem erleichtert die Regelung – es wurde bereits angeführt – den Umgang gerade für die kleinen Handwerksbetriebe.

Ich bin auch froh darüber, dass wir die sogenannten vergabefremden Leistungen nicht im Vergabegesetz als zwingende Voraussetzung für den Zuschlag oder die Vergabe stehen haben, sondern sollten sie im Einzelfall aufgrund einer bestimmten Problematik einer Vergabe, eines Auftrages sachgerecht sein, ist die vergebende Stelle

jederzeit in der Lage, entsprechende Kriterien auch in der Ausschreibung zu formulieren.

Was mich wundert, ist die Tatsache, dass wir drei Gesetzentwürfe in der parlamentarischen Beratung haben. Zwei davon sind aus dem Frühjahr des letzten Jahres. Alle Gesetzentwürfe waren Gegenstand der Anhörung. Wir haben hier im Hohen Hause nur einen Gesetzentwurf zur Beratung vorgelegt bekommen. Es wäre wünschenswert gewesen, alle Gesetzentwürfe hier beraten zu können, um das Thema ein für alle Mal durchzudiskutieren und auch zu entscheiden. Ich wundere mich, warum die anderen Antragsteller ihre Gesetzentwürfe nicht vorgelegt haben.

Lag es vielleicht daran, dass sich aufgrund der Anhörung so viel Überarbeitungsbedarf ergeben hat, dass man es bis zur jetzigen Plenarsitzung nicht mehr geschafft hat? – Das könnte ein Grund gewesen sein.

Ich freue mich ebenfalls auf die Ankündigung von Herrn Brangs, diese Fragen zukünftig auch im Rahmen eines Wahlkampfes zu diskutieren und zu debattieren, weil es wichtig ist, dass unterschiedliche politische Vorstellungen den Wählerinnen und Wählern auch in dem Maße deutlich werden, dass sie Unterschiede von politischen Parteien erkennen. Dann können sie auch bewusst ihre Wahlentscheidung treffen. Ich bin mir sicher, dass sich die Parteien von CDU und FDP keine Sorgen machen müssen, dass die Wählerinnen und Wähler aufgrund des Vorschlages zu einem Vergabegesetz nicht CDU oder FDP wählen würden. Da bin ich mir ganz sicher.

(Stefan Brangs, SPD: Bei der FDP wäre ich mir nicht sicher!)

Herr Kollege Brangs, Sie haben in dem Zusammenhang formuliert, dass Sie irgendwann die Vergabe mit einem vermutlich aus Ihrer Sicht zukunftsweisenden Vergabegesetz regeln werden.

(Stefan Brangs, SPD: Richtig!)

Sehr geehrte Herr Kollege Brangs, wenn Sie der Auffassung sind, dass die Vergabe im Freistaat Sachsen dringend zukunftsweisend zu regeln wäre, –

(Stefan Brangs, SPD: Bin ich!)

warum haben Sie in den fünf Jahren Ihrer Regierungsverantwortung der SPD keinerlei Versuch unternommen, genau dasselbe zu tun? – Die Fraktionen von CDU und FDP haben einen Gesetzentwurf vorgelegt. Ich habe weder erkennen können, dass unter Beteiligung der SPD in der vergangenen Legislaturperiode ein entsprechender Entwurf vorgelegt wurde, noch habe ich erkennen können, dass der zuständige Fachminister, Thomas Jurk, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt hat. Also: Wenn Sie etwas hätten regeln wollen, hätten Sie es längst tun können. Sie haben es nicht hinbekommen! Das war doch das Ergebnis Ihrer Politik, Kollege Brangs! Auch das muss man hier einmal feststellen!

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Hinbekommen haben es im Gegensatz dazu CDU und FDP. Ich bin dankbar dafür, dass heute der aktuelle Gesetzentwurf vorliegt, und empfehle Ihnen namens der Staatsregierung die Zustimmung.

(Beifall bei der CDU und der FDP 2. Vizepräsident Horst Wehner: Herr Jurk, bitte. Thomas Jurk, SPD: Ich würde gern auf den Minister reagieren. Darf ich? 2. Vizepräsident Horst Wehner: Bitte. Thomas Jurk, SPD: Danke schön. – Ich möchte Folgen- des sagen: Die Debatte hat deutlich gemacht, worin die politischen Unterschiede zwischen SPD und CDU beste- hen. Deshalb erklärt es sich sehr einfach, dass es kein Vergabegesetz in der alten schwarz-roten Koalition geben konnte. (Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren! Die Aussprache ist beendet. Wir kommen zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge im Freistaat Sachsen interjection: (Sächsisches Vergabegesetz) mit der Drucksache 5/10276 und den Austauschblättern. Es handelt sich um einen Gesetzentwurf der CDU- und FDP-Fraktion. Meine Damen und Herren! Abgestimmt wird auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr mit der Drucksache 5/10595. Herr Weichert, ich frage Sie als Berichterstatter, ob Sie noch einmal das Wort wünschen. – Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren! Es liegt ein Änderungsantrag mit der Drucksache 5/11171 vor. Es ist ein Änderungsantrag der CDU- und der FDP-Fraktion. Ich frage die Damen und Herren der Fraktionen, ob der Antrag noch einmal eingebracht werden soll. Oder hat sich dies mit dem Redebeitrag von Herrn Pohle schon erledigt, Herr Heidan?

(Frank Heidan, CDU: Es hat sich erledigt!)

Vielen Dank. Ich habe aufmerksam zugehört.

Dann bitte ich um die Stimmenabgabe. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, dies anzuzeigen. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Danke sehr. Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und zahlreichen Stimmen dagegen ist der Änderungsantrag dennoch mehrheitlich beschlossen.

Meine Damen und Herren! Zur Gesetzesvorlage schlage ich eine paragrafenweise Abstimmung vor. Wünscht jemand etwas anderes? – Das kann ich nicht feststellen. Somit lasse ich über die Überschrift abstimmen. Wer möchte zustimmen? – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Danke sehr. Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmen dagegen und keinen Stimmenthaltungen ist der Überschrift dennoch mehrheitlich zugestimmt worden.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den § 1 „Sachlicher Anwendungsbereich“. Wer möchte zustimmen? – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Danke sehr. Gibt es Stimmenthaltungen? – Hierbei stelle ich ebenso fest, dass es keine Stimmenthaltungen gibt. Es gibt jedoch Stimmen dagegen. Dennoch ist der Paragraf mehrheitlich angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den § 2 „Persönlicher Anwendungsbereich“. Wer möchte zustimmen? – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Danke sehr. Gibt es Stimmenthaltungen? – Hier gibt es Stimmen dagegen, aber keine Stimmenthaltungen. Dennoch gibt es eine mehrheitliche Zustimmung.

Ich lasse nun über den § 3 „Nachweis der Eignung“ abstimmen. Wer möchte zustimmen? – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Danke sehr. Gibt es Stimmenthaltungen? – Es gibt keine Stimmenthaltungen, aber Stimmen dagegen. Jedoch ist der Antrag mit Mehrheit angenommen worden.