Das Problem ist: Das ist ein offizielles, ESF-gefördertes Programm. Da gehört es sich, dass die Staatsregierung und nicht die CDU die Einladung vornimmt.
(Christian Piwarz, CDU: Sie können genauso informieren! Nur, weil Sie es nicht gemacht haben, können Sie uns das doch nicht vorwerfen!)
Es hat gerade in einem Jahr, in dem wir Wahlkampf haben, ein bestimmtes Geschmäckle, wenn Sie sich das auf die Fahnen schreiben.
(Christian Piwarz, CDU: So ein Blödsinn! Sie hätten genauso gut informieren können! Nur, weil Sie nicht auf die Idee gekommen sind, können Sie uns das doch nicht vorwerfen!)
Nein, das hat nichts damit zu tun. Wir hätten uns abstimmen und gemeinsam dazu einladen können; das wäre auch eine Möglichkeit gewesen. Im Übrigen: Wenn Sie gern reden möchten, können Sie an das Saalmikrofon gehen und von dort Ihren Beitrag leisten.
Ich wünsche mir, dass es gerade in einem Jahr, in dem Wahlkampf stattfindet – in diesem Jahr ist Bundestagswahl, im nächsten Jahr Landtagswahl –, nicht dazu kommt, dass die CDU sich bestimmte Programme, für die wir alle stehen, auf ihre Fahne schreibt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag ist durchaus unterstützenswert. Es bleibt aber ein leichter Beigeschmack, nicht zuletzt weil der Termin der Veröffentlichung der Ergebnisse der Evaluation auf den 30. Juni 2014 festgelegt wurde und somit mitten in den Landtagswahlkampf fällt. Ein kritischer Bericht ist deshalb nicht zu erwarten.
In die Finanzierung der alltagsbegleitenden Projekte für Senioren gab die Antwort der Staatsregierung auf eine Kleine Anfrage vor einem Jahr einen gewissen Einblick. Für 2011 wurde ein Gesamtfördervolumen von
614 622 Euro genannt. Aufgeteilt auf 44 Vorhaben mit bis zu zehn Teilnehmern, ergibt sich ein Betrag von 1 396 Euro pro Jahr und somit von 116,40 Euro pro Monat und Teilnehmer. Das ist nicht gerade viel; denn davon muss auch ein zweitägiges Einführungsseminar bezahlt werden, wo den künftigen Alltagsbegleitern die notwendigen Grundkenntnisse – von Erster Hilfe über Sturzprävention bis hin zur Erschließung sozialer Kommunikationsmöglichkeiten – durch den Projektträger vermittelt werden sollen. Hinzu kommen regelmäßige Gruppengespräche, die den Alltagsbegleitern die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch und kontinuierliche Anleitung bieten sollen.
Die Träger, die diese Seminare und Gruppengespräche anbieten, müssen ihr Personal bezahlen und Räumlichkeiten dafür vorhalten. Die Aufwandserstattung der Alltagsbegleiter selbst muss dringend erhöht werden.
Kritisch anmerken möchte ich, dass die im Rahmen der Alltagsbegleitung angestrebten Ziele der Beseitigung von Defiziten dienen sollen, die ihre Ursache in gesellschaftlichen Fehlentwicklungen haben, die von uns Nationaldemokraten schon oft benannt wurden. Warum können
Kinder, Enkel und sonstige Angehörige nicht selbst kleine Hilfen im Alltag geben, soziale Nähe schaffen, Isolation auflösen oder Lebensperspektive vermitteln? Weil sie aus Erwerbsgründen über große Entfernungen pendeln müssen oder die Heimat ganz verlassen haben. Weil sie in Sachsen oftmals nicht die Arbeit finden, die ihren Fähigkeiten entspricht und ein angemessenes Einkommen sichert.
Kurz und gut: Die Alltagsbegleitung ist keine schlechte Idee und sicher gut gemeint. Sie zielt aber nur auf die Symptome und geht die Wurzel der Krankheit, unter der unser Land leidet, nicht an. Die NPD-Fraktion wird dem Antrag trotzdem zustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich halte noch nicht das Schlusswort. – Es sind viele Fragen aufgeworfen worden. Ich möchte zunächst auf den Beitrag von Frau Herrmann eingehen. Sie haben uns vorgeworfen, nur die CDU habe zu der Veranstaltung zur Information über die Alltagsbegleiter eingeladen. Das ist nicht richtig. Am 19. Juli 2012 war vom Ministerium zu einer Veranstaltung in Zwenkau eingeladen worden.
Am 19. März dieses Jahres wird eine Veranstaltung in Delitzsch stattfinden. Die Heim GmbH wird vor Ort sein und informieren. Das Ministerium hat also durchaus zu Veranstaltungen eingeladen.
Nächster Punkt: Wechsel des Programms. Es ist nicht nur einjährig ausgelegt, sondern kann auch zwei Jahre lang durchgeführt werden. Es gibt dann zwar eine Finanzierungslücke; aber es finden sich immer mehr Kommunen und auch Wohnungsgesellschaften, die einspringen. Alltagsbegleiter, die einmal Lust an ihrer Tätigkeit gefunden haben, machen auch im zweiten Jahr mit; denn sie haben das Zutrauen der Senioren gewonnen. Auch deshalb läuft das Projekt so gut.
Frau Neukirch, wir legen neue Programme auf und stellen uns auf veränderte Situationen ein. Das Programm „Alltagsbegleiter“ berücksichtigt die demografische Entwicklung im Freistaat. Wir sind, wie gesagt, dran. Mit Ihnen gemeinsam können wir es noch besser machen.
Vielen Dank, Frau Dietzschold. – Wird aus den Reihen der Fraktionen weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Ich frage
die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Jawohl. Frau Staatsministerin Clauß, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich danke für diese Debatte.
Zusammenfassend stelle ich fest: Seit 2010 gibt es unsere Alltagsbegleiter. Inzwischen haben wir das Projekt dreimal ausgeschrieben; der vierte Aufruf wird gerade vorbereitet. Wir waren als Staatsregierung gemeinsam mit den Projektträgern in den unterschiedlichsten Regionen unseres Freistaates unterwegs. Jedes Jahr findet eine Sommerveranstaltung mit einem Dankeschön statt.
Zurzeit arbeiten in Sachsen circa 770 Alltagsbegleiter in insgesamt 93 Projekten, vor allem im ländlichen Raum sowie in Klein- und in Mittelstädten. Wir sind mit dem Bild des Tausendfüßlers angetreten: Tausend Füße sind unterwegs. Dass regelmäßig ein paar Füße dazukommen, freut uns außerordentlich. Es ist ein Erfolgsrezept.
Über die Zielgruppen und die Modalitäten ist ebenfalls alles richtig gesagt worden. Die Alltagsbegleiter sollen sich mit ihrer Tätigkeit auch den Schritt auf den ersten Arbeitsmarkt ermöglichen können. Wir stehen insoweit in engem Kontakt mit der BA und erarbeiten gemeinsam Strategien, auch und gerade im Kontext mit der jetzigen Ausbildungs- und Pflegeoffensive.
Eine große Zielgruppe sind Menschen, die noch nicht pflegebedürftig nach SGB XI sind, aber dennoch Unterstützung im Alltag brauchen; auch das ist schon deutlich gesagt worden. Wir wissen, dass Einsamkeit und soziale Isolation den Eintritt von Pflegebedürftigkeit beschleunigen können. Genau hier gilt es anzusetzen. Es sind Solidarprogramme zu entwickeln, die eine soziale Einbettung ermöglichen und die, wenn die eigene Familie nicht vor Ort sein kann, eine Ansprachemöglichkeit, menschliche Wärme und Hilfe bei der Verrichtung des Alltags geben können. Die Alltagsbegleiter sind ein wichtiger Knoten in all unseren Geriatriemodellprojekten, bis hin zum Pflegenetz, zu der Möglichkeit des BEWOG, unseren Mehrgenerationenhäusern und vielem mehr.
Die Begleiter müssen den Umgang mit den Hochbetagten lernen. Auch das ist ein wichtiger Ansatz. Sie brauchen Grundkenntnisse in altersgerechter Kommunikation. Zuhören ist besser als selbst reden. Es gilt zu lernen, welche Selbstwahrnehmung betagte Menschen und welche spezifischen Bedürfnisse sie haben. Auch der Umgang mit Notfällen wird erlernt.
Die Schulungen übernehmen die Träger, die die Alltagsbegleiter angeworben haben. Unsere Koordinierungsstelle in Chemnitz hat nunmehr ein Schulungskonzept entwickelt, das künftig allen Projektträgern zur Verfügung steht und damit eine sachgerechte Schulung ermöglicht.
Zugleich besuchen die Träger die Menschen, die Alltagsbegleiter benötigen, und sie prüfen, wer zu wem passt. Auch das ist ein wichtiger Ansatz, um ein Vertrauensver
hältnis herzustellen. Dies ist, wie wir gelernt haben, gar nicht so einfach. Wir haben daher ein ganzes Set an Informationsmaterial entwickelt.
Unter der Überschrift „Ich habe Zeit für dich“ gibt es Plakate, Infobroschüren, Postkarten, aber auch Visitenkarten, mit denen sich die Alltagsbegleiter ausweisen können. Für den nächsten Aufruf, den wir im Frühjahr starten wollen, wird die Ausschreibung auch für Genossenschaften und Wohnungsbaugesellschaften geöffnet. Aufgrund der speziellen Programmatik des Europäischen Sozialfonds können wir zumindest in der aktuellen Förderperiode des Europäischen Sozialfonds noch keine über 65-jährigen Menschen als Alltagsbegleiter aufnehmen. Das ist doppelt ärgerlich, weil gerade diese Altersgruppe eine Hand frei hat und vielfach sehr motiviert ist, sich sozial zu engagieren. Auch die ersten Ergebnisse der Evaluierung bestätigen das. Die Träger berichten, dass zahlreiche über 65-Jährige bereit wären, sich den Projekten anzuschließen und sich zu engagieren. Aus diesem Grund wollen wir als Staatsregierung ab 2013 für die über 65Jährigen ein Programm auflegen, das aus Landesmitteln finanziert wird und auch die kreisfreien Städte im Blick hat.
Ich bin mir sicher, dass jeder Euro, der hier investiert wird, sehr gut angelegt ist, denn dieses Investment wird Früchte tragen. Es bewirkt, unser aller Wunsch zu erfüllen, möglichst lange in der eigenen Häuslichkeit zu bleiben. Es wird auch dazu beitragen, das zivilgesellschaftliche Engagement im Quartier, in der Hausgemeinschaft und in der Gemeinde zu stärken; denn angesichts des stetig steigenden Altersquotienten in den Landkreisen werden wir jede Hand brauchen, die die professionellen Pflegedienste entlastet und zugleich hilft, ein Altern in Würde zu ermöglichen.
Wir werden viele Partner brauchen. Ich hoffe daher, dass wir in Zukunft in der kommunalen Ebene noch weitere engagierte Partner gewinnen werden. Ich denke dabei auch an die Finanzierung, vor allem aber an Strukturen, die geeignet sind, Alltagsbegleiterprojekte dauerhaft zu etablieren. Hier sind wir auch in Gesprächen mit den Mehrgenerationenhäusern.
Wohnen, leben, alt werden – das geschieht vor Ort, in der Stadt, in der Gemeinde. Dort liegt das Wissen, wo Hilfe
und Unterstützung gebraucht wird und wo Menschen bereit sind zu helfen. Unser Alltagsbegleiterprojekt ist ein Baustein einer zivilgesellschaftlichen Unterstützungslandschaft, die wir strategisch und engagiert weiterentwickeln werden. Das ist eine Zukunftsaufgabe von hoher Priorität, für die sich jedes Engagement lohnt. Nochmals Dank an alle, die bereit sind, das zu unterstützen, und vor allen Dingen an die Alltagsbegleiter selbst, die Projektträger und auch die Heim GmbH.
Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Das Schlusswort haben die Fraktionen der CDU und der FDP. Es wird von Frau Abg. Dietzschold gehalten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Frau Staatsministerin hat eindeutig erörtert, wie wir weiter verfahren wollen. Eigentlich hat sie damit schon das vorweggenommen, was wir mit unserem Berichtsantrag wollen. Herr Pellmann, Sie haben gesagt, man muss erst einen Bericht machen. Ja, wir machen zuerst einen Bericht und danach wollen wir evaluieren, weil wir genau prüfen wollen, was möglich ist. Wir wollen für längere Zeit die Betreuung der älteren Personen durch Alltagsbegleiter ermöglichen. Wir wollen die Evaluation des Projektes zeitnah, vielleicht hätten wir sogar ein Datum hineinnehmen sollen, aber wir sind mit dem Ministerium im Gespräch und sehr zuversichtlich, dass wir die Evaluation sehr zeitnah erhalten.