Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte Sie, Platz zu nehmen. Unser „Gong“ ist heute ausgefallen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind, wie Sie mit einem Blick aus dem Fenster feststellen, in einer gewissen Ausnahmesituation. Aber ich merke: Unsere Anlage ist wieder intakt; sie war nach dem ersten Gong ausgefallen. Ich bedanke mich für Ihre Geduld. Die technischen Probleme sind überwunden.
Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Frau Bonk, Herr Bandmann, Herr Krasselt,
Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Das Präsidium hat für die Tagesordnungspunkte 3 und 4 sowie 5 bis 10 folgende Redezeiten festgelegt: CDU bis zu 107 Minuten, DIE LINKE bis zu 73 Minuten, SPD bis zu 44 Minuten, FDP bis zu 44 Minuten, GRÜNE bis zu 38 Minuten, NPD bis zu 38 Minuten, Staatsregierung 73 Minuten, wenn gewünscht. Die Redezeiten der Fraktionen können auf diese Tagesordnungspunkte je nach Bedarf verteilt werden.
Ich sehe im weiten Rund keine Änderungsvorschläge zur oder gar Widerspruch gegen die Tagesordnung. – Die Tagesordnung der 71. Sitzung ist damit bestätigt.
Vielen Dank, Herr Landtagspräsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Man hat gerade gesehen, wie wichtig eine funktionierende Infrastruktur nicht nur für dieses Land, sondern speziell auch für den Sächsischen Landtag ist. Ich bedanke mich bei den Technikern, dass die Anlage wieder funktioniert.
Meine Damen und Herren! Wir alle wissen aus eigener Erfahrung in Parlament und in Regierung: Finanzverhandlungen sind wie das Bohren dicker Bretter. Es ist oft eine mühsame Millimeterarbeit; aber ein erstes großes Stück der Arbeit ist getan.
Der Europäische Rat hat am 8. Februar 2013 den Mehrjährigen Finanzrahmen der Europäischen Union beschlossen. Für den Zeitraum 2014 bis 2020 gibt es jetzt ein Zahlenwerk, mit dem hoffentlich bald alle in der Europäischen Union auch arbeiten können.
Es ist ein umso besseres Ergebnis, wenn wir auf die Ausgangslage zurückschauen. Warum? Schon bei den Verhandlungen zum aktuellen EU-Finanzrahmen von 2007 bis 2013 gab es Anzeichen, dass Sachsen die EUFörderung auf dem vorherigen Niveau nicht werde beibehalten können. Überraschend fiel Leipzig aus der Höchstförderung heraus, die Regionen Chemnitz und
Dresden hingegen nicht. Uneinigkeit unter den Ländern und mit dem Bund hatte ein solches Ergebnis befördert.
Wir Sachsen haben damals gekämpft und konnten erreichen, dass Leipzig doch nicht gänzlich leer ausging. Aber im Jahr 2007, zu Beginn der aktuellen Förderperiode, konnte wirklich kaum einer mehr mit einer erneuten Übergangsförderung für den Freistaat Sachsen rechnen.
Dabei war und ist jedem einleuchtend und für jeden sichtbar: Wir in Sachsen haben die europäischen Mittel effektiv genutzt. Viele Entwicklungskurven – auf dem Arbeitsmarkt, beim Wachstum der Unternehmen, bei Wissenschaft und Bildung und in weiteren Bereichen in Sachsen – zeigen nach oben. Ein plötzlicher Abbruch der Fördermittel würde diesen Entwicklungspfad empfindlich stören, wenn nicht sogar umkehren. Die zuvor eingesetzten Mittel wären verpufft. Die Schere würde sich wieder öffnen anstatt sich endlich zu schließen.
Die pessimistischsten Annahmen unserer Experten für den Mittelfristigen Finanzrahmen sahen im Jahr 2010 aufgrund der statistischen Angaben und des Regelwerks der Europäischen Union wie folgt aus: Aus den Strukturfonds würden wir nur noch circa 600 Millionen Euro nach Sachsen fließen sehen, also nur noch 20 % der bisherigen Mittel. Alle sächsischen Regionen hätten mit einem Kofinanzierungssatz von nur noch 50 % rechnen können.
Deshalb haben wir, die Sächsische Staatsregierung, in den vergangenen Jahren mit aller Kraft unsere sächsischen Interessen in Europa erläutert, vorgetragen und auch vertreten.
Mitten in der Wirtschaftskrise gab es leise Signale aus Brüssel, dass wir doch die Chance hätten, eine Anschlussförderung zu erhalten. Wir haben diese Signale gehört und unsere Anstrengungen verstärkt; denn wir wollen die Erfolge, die die Menschen in Sachsen dank der EUFörderung erreicht haben, auch zukünftig verstetigen.
Die Sachsen haben mit der Unterstützung aus Brüssel in den vergangenen Jahren gewaltig viel erreicht. Ich möchte hier nur einige wenige Beispiele nennen: Allein über die Strukturfonds der Europäischen Union sind von 1991 bis 2013 mehr als 14 Milliarden Euro nach Sachsen geflossen. Für die aktuelle Förderperiode heißt das: Mehr als 40 000 Fördervorhaben werden aus EFRE-Mitteln unterstützt. Bei rund 7,2 Milliarden Euro Investitionsvolumen fließen EU-Zuschüsse von knapp 2,8 Milliarden Euro. Hinter diesen Vorhaben steht eine Vielzahl pfiffiger Ideen, die unser Land, den Freistaat Sachsen, und die Menschen in unserem Land weiter voranbringen.
Aus meiner Sicht ist erfreulich: Viele kleine und mittlere Unternehmen haben von dieser Förderung profitiert; mehr als 12 000 sind es in der aktuellen Förderperiode. Im Bereich des Europäischen Sozialfonds wurden seit 2007 mehr als 35 000 Projekte mit etwa 300 000 Teilnehmern unterstützt.
Und das Ergebnis? Das Ergebnis sind 5 000 neu geschaffene oder gesicherte Arbeitsplätze. Hinzu kommen etwa 30 000 geförderte Weiterbildungen, die alle erfolgreich abgeschlossen werden konnten.
Mir ist besonders wichtig: Diese Gelder fließen eben nicht nur in die Zentren und Ballungsräume in Sachsen; mit diesen Mitteln fördern wir genauso Strukturen und Unternehmen in den ländlichen Räumen unseres Freistaats.
In der laufenden Förderperiode stehen in dem Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum – ELER – 991 Millionen Euro zur Verfügung. Sie fließen in Maßnahmen im Bereich der Landwirtschaft und zur Entwicklung des ländlichen Raumes. Genau das ist erklärtes Ziel der Europäischen Union und auch unser erklärtes Ziel: für die Menschen eine gute Heimat schaffen, in der Stadt und auf dem Land.
Ein weiterer Schwerpunkt sind die Investitionen in Bildung und Forschung. Der Freistaat Sachsen hat insoweit von Anfang an den richtigen Weg, beginnend mit der Landesexzellenzinitiative, eingeschlagen. Das wird auch in Brüssel wahrgenommen. Am Rande einer gemeinsamen Sitzung des Kabinetts mit der EU-Kommission hat der Regionalkommissar, Herr Hahn, bemerkt – ich zitiere –: „Es kann nicht mehr nur um die Förderung von Beton gehen.“ Dabei lobte er die sächsischen Ansätze bei
Investitionen in die Hülle und das Wissen, sprich wir investieren nicht nur in Gebäude für die Wissenschaft, wir fördern die Wissenschaftler bei der Grundlagenforschung genauso wie bei der Kooperation mit der Wirtschaft.
Und so, meine Damen und Herren, gelingt es, das Wissen zu erfolgreichen Technologien und Produkten in Sachsen zu veredeln. So entsteht Innovation. Sachsen ist dabei beispielgebend für andere Regionen in der Europäischen Union. Das wiederum hat uns gleichwohl der EUKommissar Herr Hahn bescheinigt.
Ich war am vergangenen Freitag auf der Cebit in Hannover zu Besuch und konnte mich selbst davon überzeugen, wozu junge sächsische Forscher fähig sind, welche pfiffigen Lösungen sie für die Zukunft erarbeiten. Das tun sie mithilfe der Mittel des Europäischen Sozialfonds, unserem Nachwuchsforscherprogramm. Unsere jungen Wissenschaftler haben nicht nur gute Ideen, nein, sie wollen mit diesen Ideen auch den Sprung ins Unternehmertum wagen. So, meine Damen und Herren, sieht Zukunft in Sachsen aus.
Die Basis dafür ist ein leistungsfähiges Bildungssystem, das wir auch mithilfe der EU-Mittel weiterentwickelt haben. So ist der Bildungsstand der Arbeitnehmer zwischen 25 und 65 Jahren im bundesweiten Vergleich im Freistaat Sachsen der höchste. Wir liegen damit deutlich über dem OECD-Durchschnitt.
Alles in allem, meine Damen und Herren, ist der Freistaat Sachsen heute wieder ein Industrieland mit einer breiten, gut aufgestellten Branchenstruktur, nicht zuletzt dank der EU-Förderung.
Aber, meine Damen und Herren, bei allem Positiven: Leider gibt es bei uns in einigen Regionen immer noch doppelt so viele Arbeitslose wie im Bundesdurchschnitt. Zwar steigt die Produktivität je Arbeitsplatz genauso wie die Bruttoverdienste, aber sie liegen immer noch unter dem gesamtdeutschen Durchschnitt. Das ist nach wie vor nicht befriedigend. Genauso hemmen uns die Infrastrukturlücken zu unseren Nachbarn Polen und Tschechien. Es gibt also in der Zukunft noch genug zu tun.
Das, meine Damen und Herren, war und ist die Ausgangslage für die Verhandlungen zum Mittelfristigen Finanzrahmen der Europäischen Union ab dem Jahr 2014. Die Statistik für Sachsen zeigt deutlich, dass keines unserer Landesteile mehr zu den ärmsten Regionen in der Europäischen Union zählt. Die Region Leipzig zählt mit ihrem Bruttoinlandsprodukt sogar zu den entwickelten Gebieten. Da kann man eine Höchstförderung fordern, erwarten kann man sie jedoch nicht; und das gerade angesichts der enormen Probleme, die sich in vielen ehemaligen und gegenwärtigen Förderregionen der Europäischen Union auftun.
Meine Damen und Herren! Allen Unkenrufen zum Trotz ist es uns in Sachsen gelungen, im vorliegenden neuen Finanzrahmen eine Reihe sehr vorteilhafter Vereinbarungen für Sachsen zu verankern.
Erstens. Die Regionen Chemnitz und Dresden fallen zwar aus der Höchstförderung, dafür steht aber ein Sicherheitsnetz in Höhe von 60 % der bisherigen Leistungen bereit.
Zweitens. Darüber hinaus gibt es weitere 510 Millionen Euro für die ehemaligen Konvergenzregionen. Chemnitz und Dresden werden hiervon auch ihren Anteil erhalten. Das bedeutet, beide Regionen erhalten am Ende doch wieder rund zwei Drittel der bisherigen Fördervolumina der gegenwärtigen Förderperiode.
Drittens. Die Region Leipzig erhält über die normale Förderung für entwickelte Gebiete hinaus 200 Millionen Euro extra. Das ist ein wichtiger Erfolg für den inneren Zusammenhalt unseres Freistaates Sachsen.
Viertens. Der Mittelumfang für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit wird spürbar erhöht. Davon können unsere Grenzregionen auch zukünftig weiter profitieren.