Meine Damen und Herren! Es geht in unserem Gesetz um Fairness im Wettbewerb. Herr Hauschild, das wurde gestern eingefordert. Damit soll durch die Politik bei der Verwendung von Steuermitteln klare Vorbildwirkung erreicht werden. Das heißt, wir wollen faire Aufträge mit auskömmlichem Gewinn für diese regionalen Wirtschaftsunternehmen. Wir wollen faire Löhne, ohne Aufstocker werden zu müssen, ohne dem Steuerzahler damit in Zukunft auf der Tasche zu liegen – dazu komme ich noch –, und wir wollen qualitätsgerechte Ausführungen, fachlich fundierte Ausschreibungen und Sicherung ökologisch effizienter Materialeinsätze.
Das Ziel ist, langlebige Investitionen durchzusetzen – ohne Nachträge, Herr Pohle, die Sie weiter drin haben, und ohne Pfusch. Dafür sind fachlich fundierte Unternehmen bei der Vergabe auszuwählen. Subs sind durch Tariftreueerklärungen und Kontrollen an den Mindestlohn zu binden. Das steht in unserem Gesetz.
Jetzt, Herr Hauschild, weil Sie das auch gestern Nachmittag erklärten: Jeder vierte Arbeitsplatz erhält in Ostdeutschland weniger als 8,50 Euro. Ich rede vom Brutto. Jeder vierte Arbeitsplatz! Das heißt, wenn wir ein solches Gesetz mit einem Mindestlohn von 8,50 Euro verabschieden, helfen wir 25 % der Beschäftigten in Ostdeutschland.
Das ist doch egal. Der Freistaat Sachsen ist dabei noch führend! Denken Sie daran, 38 % erhalten in Ostdeutschland weniger als 10 Euro brutto pro Stunde. Im Dienstleistungsbereich sind die Löhne in Sachsen sogar um 1,5 % gesunken. Das konnten Sie erst vor Kurzem lesen.
Vielen Dank. – Herr Zais, eine Frage. Sie haben es gerade gesagt. Jeder vierte Arbeitsplatz liegt unter 8,50 Euro. Wie viel Prozent werden davon mit dem Vergabegesetz beschrieben? Was ist bei dem Viertel, das Sie eben beschrieben haben, vergabepflichtig?
Die werden nicht ausgeschrieben! Aber wenn wir das einführen, haben wir erst einmal die öffentliche Auftragsvergabe. Herr Hauschild hat „Friseure“ hereingerufen, nicht ich. Ich rede über öffentliche Auftragsvergabe. Die Frage geht an Herrn Hauschild. Also, Herr Heidan, das sind ja kleine Spielchen, die Sie hier machen! Das können wir lassen! Einverstanden?
Ich hätte eher eine Frage an Sie: Welche Kriterien stehen in Ihrem Gesetz für die wirtschaftliche Verwendung für die Beamten der Staatsverwaltung, wie Herr Pohle sagte? – Aber Sie sind nicht an der Reihe. Sie brauchen nicht zu antworten.
Es steht auch nicht in Ihrem Gesetz, Herr Heidan. Diese unheilvolle Entwicklung – und jetzt rede ich wirklich nur von öffentlichen Vergabeleistungen – muss ökonomisch umgekehrt werden, will Sachsen nicht nur schuldenfrei bleiben, sondern sich zukünftig über industrielle und regionale Wirtschaft weiterentwickeln und diese ausbauen.
Das beste Beispiel für den ökonomischen Irrweg sächsischer Entwicklung ist der Fakt, dass die Rentenversicherung in Chemnitz evaluiert hat, dass 2012 in unserem ehemaligen Regierungsbezirk Chemnitz, also gehört auch Plauen dazu, alle in Rente gegangenen Bürger in dieser Region eine durchschnittliche Rente von 575 Euro erhalten haben. Herr Heidan, wissen Sie, was die Grundsiche
rung ist, was jeder Rentner auf jeden Fall erhalten muss? Kennen Sie die Zahl? – Ich sage es Ihnen. Das sind 645 Euro. Wer zahlt denn jetzt eigentlich die Differenz, wenn wir durch Dumpinglöhne nicht einmal denen, die in Arbeit sind, einen wirklichen Lebensabend in normalen Verhältnissen durch eine normale Rente sichern? Wer zahlt denn das?
Wissen Sie eigentlich, dass wir, wenn wir über Wirtschaft reden, immer über Soziales reden? – Herr Flath, Sie können dann einmal einen Vortrag über schuldenfreies Sachsen in Zukunft halten. Wer kümmert sich um den Pensionsfonds dieser Rentner? Der Finanzminister? – Das ist nicht unser Topf, wird er antworten. Die Rente müssen wir nicht in die Verfassung aufnehmen. Aber mit 575 Euro werden die Menschen in einer der wirtschaftlich stärksten Regionen Sachsens in Rente geschickt. Eine Durchschnittrente von 575 Euro!
Was ist der Grund? – Die verdienen zu wenig, Herr Hauschild! Wer diesen politischen Zusammenhang nicht sieht, kann natürlich nicht handeln und will auch nicht handeln. Auf jeden Fall tickt hier eine soziale Bombe, und die wird sich weiter verschärfen.
Wer der Wirtschaft per Gesetz – und das ist Ihr Vergabegesetz – Dumpinglöhne durch die Hintertür erlaubt, muss sich über ein solches ökonomisches Desaster nicht wundern. Herr Hauschild, das hatten wir gestern auch.
Wir wollen mit unserem Gesetz in Sachsen Tariftreue- und Mindestregelungen einführen, zweitens den hiesigen Mittelstand mit fairen Aufträgen – das heißt auch Gewinn für diese Firmen – fördern, den Gedanken der Nachhaltigkeit befördern und den Rechtsschutz für die betroffenen Beschäftigten verbessern.
Das vorliegende Gesetz wirkt existierenden Wettbewerbsverzerrungen entgegen, und darauf kommt es an. Mit diesen Argumenten ausgerüstet freue ich mich wie Sie, Herr Pohle, auf die nächsten Wahlkampfforen – zwei Jahre lang. Wir werden diese Scheintransparenz, die Sie hier mit Ihrem Vergabegesetz verursachen, durch klare Fakten, wie Steuermittel in Sachsen ausgegeben werden, den Bürgern nahebringen.
Meine Damen und Herren! Mir liegen aus den Reihen der Fraktionen keine weiteren Wortmeldungen vor, aber eine Wortmeldung im Saal. Herr Pohle, bitte.
Ich möchte hiermit Folgendes klarstellen: Kollege Zais hat in seinem Wortbeitrag mehrfach die gestrige Veranstaltung erwähnt. Eingeladen hatte der Gesamtverband Handwerk. Ich möchte hier deutlich machen, dass ich auch dort war. Es gab keine alkoholischen Getränke. Es gab nur Wasser, Kaffee und Saft. Insofern kann ich die Wahrnehmungen, die Herr Zais hier in seinem Redebeitrag dargebracht hat, nicht nachvollziehen.
Lieber Karl Zais, auch wenn die Einladung vielleicht etwas kritisch war: Unsere Intention war, den dort Anwesenden unser Gesetz zu erklären, denn es war zwingend notwendig. Auch Vertreter der Landesdirektion haben dies getan. Unsere Wahrnehmung war – und das muss ich dem Kollegen Hauschild auch noch einmal sagen: Es ist am Ende überwiegend lobend erwähnt worden, nachdem wir es erklärt hatten.
Ja, eine ganz kurze Reaktion. Also, ich verbitte mir, ob da Wasser oder Alkohol war. Sie können mich zwar verleumden, aber Sie können das nicht in der Öffentlichkeit. Ich kann auch das Klatschen nicht verstehen. Sie waren gestern nicht dabei. Ich habe in meiner Rede die Einladung – die liegt schriftlich vor – zitiert. Warum Sie dorthin eingeladen wurden, darüber haben Sie jetzt wieder nicht gesprochen. Herr Pohle, Sie lügen sich durchs Leben! Machen Sie weiter so!
Meine Damen und Herren! Wird jetzt aus den Reihen der Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das kann ich nicht feststellen. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Herr Staatsminister Morlok, bitte, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich war heute Morgen bei der Handwerkskammer in Leipzig beim Tag des Ausbildungsplatzes. Zu Beginn der Veranstaltung habe ich mich bei den Anwesenden dafür entschuldigt, dass ich wieder früher gehen muss, die Veranstaltung nicht komplett bis zum Ende verfolgen kann, weil heute hier im Plenum die Debatte zum Thema Vergaberecht stattfindet. Daraufhin hat sich Herr Scheler, der Präsident der Handwerkskammer in Leipzig, zunächst sehr herzlich beim Sächsischen Landtag bedankt für das schlanke und wegweisende Vergabegesetz, das hier vor einigen Monaten verabschiedet wurde. Er hat darüber hinaus seiner Verwunderung Ausdruck verliehen, warum,
nachdem jetzt so ein Vergabegesetz beschlossen wurde, erneut über Vergabegesetze im Landtag diskutiert wird.
Ich bin dem Kollegen Weichert ausdrücklich dankbar, dass er uns aus der Rede der Landrätin Denk aus dem Vogtland zitiert hat, weil aus diesem Redebeitrag das Problem deutlich wird und auch deutlich wird, warum die heute vorliegenden Gesetzentwürfe nicht zielführend sind. Die Landrätin hat sich gefreut, dass aufgrund der entsprechenden Vergaben und der Gesetzlichkeiten für das Projekt, für die Immobilie teure Betriebskosten erspart bleiben. Das war die Freude der Landrätin. Sie hat sich weder über ökologische noch soziale Kriterien gefreut und hat sich schon gar nicht über einen Mindestlohn gefreut.
Das heißt, sie hat sich über die Dinge gefreut, die in dem Vergabegesetz enthalten sind, das der Landtag vor einigen Wochen verabschiedet hat, nämlich die Möglichkeit, Betriebskosten, Kosten der Nutzungsdauer eines Objektes bei der Vergabe zu berücksichtigen. Es war übrigens auch schon im letzten Jahr möglich gewesen, wenn man es denn gewollt hätte, genau diese entsprechenden Lebenszykluskosten zu berücksichtigen. Da kann das Thema Wartungsmöglichkeit eine Rolle spielen, da kann das Thema Energieverbrauch eine Rolle spielen – all das war im letzten Jahr möglich und ist in dem jetzigen Gesetz immer noch möglich. Deswegen freut sich auch die Landrätin aus dem schönen Vogtland. Es ist nämlich bei Weitem nicht so, dass immer der sogenannte billigste Bieter genommen werden muss.
Ich bin etwas überrascht, dass die Diskussion in dieser Form insbesondere vom Kollegen Weichert geführt wird, weil ich weiß, dass Kollege Weichert in seiner Stadtratstätigkeit in Leipzig der Vorsitzende des dortigen Vergabegremiums gewesen ist. Dort muss Kollegen Weichert deutlich geworden sein, dass für die Vergabe die Ausschreibung entscheidend ist. Was man in eine Ausschreibung hineinschreibt, ob man zum Beispiel Service- oder Wartungsfreundlichkeit oder Energiekosten im Rahmen der Kriterien berücksichtigt, ist Sache der Ausschreibenden. Wenn ich das aber in die Ausschreibung nicht hineinschreibe, brauche ich mich nachher nicht zu wundern, wenn das Kriterium bei der Vergabeentscheidung nicht berücksichtigt wird.