Ich habe Ihnen jedoch zwei weitere Punkte versprochen, und so komme ich nun zum insgesamt dritten und letzten Punkt. Das Statistische Landesamt Sachsen hat die Aufgabe, fortwährend statistische Daten zu erheben und aufzuarbeiten, welche dann zum Beispiel die staatlichen Behörden in statistischen Fragen unterstützen. Unter anderem erfolgt deshalb die statistische Erhebung für die zuletzt 5. Regionalisierte Bevölkerungsprognose. Jene Prognose erlaubt mittels aktueller Zahlen und Trends eine Annahme zum Geburtenverhalten im Freistaat Sachsen. Im Falle der 5. Regionalisierten Bevölkerungsprognose lassen sich Annahmen bis zum Jahr 2025 ableiten. Das Statistische Landesamt hat hierfür zwei Prognosevarianten errechnet, woraus sich ein Korridor ergibt, an dem sich die voraussichtliche Bevölkerungszahl ableiten lässt.
In den beiden Varianten hat man mit unterschiedlichen Durchschnitten von Kindern je Frau und mit unterschiedlichen realistischen Zuzügen nach und Wegzügen aus Sachsen gerechnet. Ich denke, dass sich daraus eine recht verlässliche Prognose ergibt.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich fasse die drei regionalisierten Prognosemöglichkeiten zur Ableitung von benötigtem pädagogischem Fachpersonal noch einmal zusammen: kommunale Bedarfsplanung für Kindertageseinrichtungen und Tagespflege, der Demografiemonitor und die regionalisierte Bevölkerungsprognose.
Gleichzeitig möchte ich Sie daran erinnern, dass uns der kommende Rechtsanspruch und die sich damit verändernden Betreuungszahlen nicht fremd sind. Was wir hingegen nicht wissen und abwarten müssen, ist die tatsächliche Inanspruchnahme des Betreuungsrechts vonseiten der Eltern. Dort werden sicherlich an der einen oder anderen Stelle Korrekturen nötig sein.
Schlussendlich werden wir den Antrag ablehnen, aber keine weitere Stelle veranlassen zu erheben, was auf unterschiedlichen Ebenen bereits erhoben wird. Alles andere wäre Verschwendung von Ressourcen und vor allem von Steuermitteln.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem Antrag beantragt die Fraktion GRÜNE, dass die Regierung eine regionalisierte Studie zur Personalbedarfsberechnung für die Kindertagesbetreuung bis 2019 erstellt. Ich bin den GRÜNEN dankbar, dass sie dieses Thema noch einmal aufgegriffen haben; denn alle bisherigen Bemühungen auch der LINKEN, das Kultusministerium für den bevorstehenden Fachkräftemangel bei den Erzieherinnen und Erziehern zu sensibilisieren, wurden bisher ignoriert. Ich
möchte auf die Klausur des Landesjugendhilfeausschusses im vergangenen Juli verweisen, als die Vertreterin des Ministeriums noch behauptet hat, es würde zukünftig keine Probleme bei der Besetzung der Erzieherstellen in Sachsen geben.
Inzwischen ist man davon ein Stück abgerückt – das habe ich durchaus wahrgenommen –, aber es ist minimal. Es führt jedoch ins Leere, wenn wir nur auf die Statistik schauen und anhand der gegenwärtig in Ausbildung befindlichen Erzieherinnen und Erzieher glauben, alles sei gut. Warum?
Es gibt in Sachsen keine Daten darüber, wie viele der hier ausgebildeten Erzieherinnen und Erzieher überhaupt in Sachsen bleiben und wie viele dann in der Kindertagesbetreuung arbeiten wollen und nicht in der Jugendarbeit oder in der Heimerziehung.
Was wir aber wissen, ist – Frau Giegengack hat es schon angesprochen –, dass die Altersstruktur unserer Erzieherinnen und Erzieher ähnlich der der Lehrerinnen und Lehrer ist. Ausgehend von der Annahme, dass tatsächlich alle pädagogischen Fachkräfte in den sächsischen Kitas bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter arbeiten wollen und auch arbeiten können, gehen trotzdem bis 2030 mindestens 13 000 Fachkräfte – das ist fast die Hälfte der Erzieherinnen und Erzieher – in Rente.
Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren, in denen wir genau den Mehrbedarf an Erzieherinnen und Erziehern haben – nämlich bis 2025 –, deutlich weniger Schulabgänger überhaupt eine Erzieherausbildung aufnehmen werden, da sich bekanntlich die Zahl der Schulabgänger fast halbiert hat und der Wettbewerb von Unternehmen und Hochschulen um die Besten noch deutlich zunehmen wird, auch zum Beispiel für den Lehrerberuf. Deshalb ist es bereits heute doch eine quantitative und qualitative Frage, den Nachwuchs an pädagogischen Fachkräften nicht nur für die Schulen, sondern auch für die Kindertagesbetreuung zu sichern.
Frau Saborowski-Richter, ich muss Sie an dieser Stelle berichtigen: Natürlich machen die Landkreise, also die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, jährliche Bedarfsprognosen. Die machen sie aber nur platz-, also kapazitätsbezogen auf die Betreuungsplätze und nicht auf das Fachpersonal.
Deswegen wäre es Aufgabe des Freistaates, die Planung für das gesamte Land zu bündeln, aber auch regional zu beleuchten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Befremdlich ist aus meiner Sicht die Arroganz, die aus der Stellungnahme der Staatsregierung zu dem Antrag spricht, wenn sie darauf verweist, dass die Umsetzung der Kindertagesbetreuung eine kommunale Aufgabe sei und die Staatsregierung – ich zitiere – „künftige kommunale Entscheidungen nicht berücksichtigen“ könne.
Richtig ist: Für die Bereitstellung der Kita-Plätze sind die Kommunen zuständig. Für die Ausbildung der benötigten Fachkräfte ist es jedoch der Freistaat, konkret: das Kul
tusministerium. Die einzelne Gemeinde, die kreisfreie Stadt, der freie Träger kann die benötigten Erzieherinnen und Erzieher eben nicht ausbilden, sondern ist darauf angewiesen, dass es genügend Bewerberinnen und Bewerber auf die Erzieherstellen vor Ort gibt.
Zu klären, an welchen staatlichen Berufsschulzentren – ich betone bewusst: staatlich – und in welchem Umfang die staatlich anerkannten Erzieherinnen und Erzieher ausgebildet werden, und dafür auch das entsprechende Lehrpersonal bereitzustellen, ist Aufgabe des Kultusministeriums, nicht der Kommunen. Dennoch hat das Kultusministerium in den vergangenen Jahren die Steuerung für die Erzieherausbildung fast komplett aus der Hand gegeben. Zwei Drittel unserer Erzieherinnen und Erzieher werden gegenwärtig durch private Bildungsträger und gegen die Zahlung von Schulgeld – das muss man betonen: gegen die Zahlung von Schulgeld – ausgebildet, während die staatlichen Berufsfachschulen Bewerberinnen und Bewerber für den Erzieherberuf mangels Lehrkapazität an der Schule ablehnen müssen. Ich verweise auf die Henriette-Goldschmidt-Schule in Leipzig und das Karl-August-Lingner-Berufsschulzentrum hier in Dresden.
Aufgrund des in den nächsten Jahren bevorstehenden massenhaften Ausscheidens von Erzieherinnen und Erziehern und auch des Krippenausbaus benötigen wir die zukünftigen Fachkräfte eben nicht nur an den Standorten der Erzieherschulen in Dresden und Leipzig, sondern flächendeckend, vor allen Dingen auch im ländlichen Raum. Aus diesem Grund ist es eben doch richtig, eine regionalisierte Personalbedarfsprognose zu erstellen, die zugleich mit der Schulnetzplanung der Berufsschulen verschränkt wird. Denn wer für seine Ausbildung schon aus dem ländlichen Raum Sachsens nach Leipzig oder Dresden abgewandert ist und dort auch noch ein Arbeitsangebot als Erzieherin oder Erzieher in Berlin, Hamburg oder München erhält, der kehrt nicht unbedingt in seine sächsische Gemeinde an der polnischen oder der tschechischen Grenze zurück.
Letzter Punkt: Die zu erstellende Prognose muss aus unserer Sicht des Weiteren berücksichtigen, dass es in den nächsten Jahren gelingt, die Fachkraft-Kind-Relation in der Kindertagesbetreuung in Sachsen zu verbessern. Ich weiß: Die CDU-Regierung hält unbeirrt daran fest, dass der Betreuungsschlüssel so bleibt, wie er ist, weil man das Geld für eine Verbesserung nicht bereitstellen will. Aus unserer Sicht ist das aber eine unverzichtbare Notwendigkeit, wenn wir die Orte der Kindertagesbetreuung ernsthaft als Bildungsstätten begreifen wollen.
Auch wenn ich es begrüßen würde, wenn der Antrag der GRÜNEN konkreter wäre hinsichtlich der Anforderungen an die regionalisierte Personalbedarfsprognose – ich habe die Punkte ausgeführt –, wird die Fraktion DIE LINKE dem Antrag der GRÜNEN zustimmen; denn wir brauchen die Erzieherinnen und Erzieher – in den Krippen, in den Kitas, in den Schulhorten; das ist noch einmal ein Detailproblem.
Wir als LINKE wollen, dass die Fachkräftestandards, die im Moment in Sachsen gelten, auch in Zukunft eingehalten werden können.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Im Prinzip haben meine beiden Vorrednerinnen die wesentlichen Punkte zu diesem Antrag genannt.
Frau Saborowski-Richter, eine Bedarfsprognose zur Entwicklung der Kinderzahlen in den Kommunen, ein Demografiemonitor, die Prognose der regionalisierten Bevölkerungsentwicklung – das ist noch keine Personalentwicklungsplanung, sondern geht dieser logischerweise voraus. Aber das ist es nicht, was dieser Antrag fordert.
Der Antrag legt nicht zum ersten Mal den Finger in die Wunde. Nicht nur die GRÜNEN und die LINKEN tun das seit einiger Zeit, sondern auch die SPD hat bereits 2011 mit einem eigenen Antrag darauf hingewiesen, dass wir im Zusammenhang mit der Umsetzung des Rechtsanspruchs, der ab 1. August dieses Jahres gelten wird, ein Problem bekommen werden, da es nicht genügend Erziehernachwuchs an den Kindertagesstätten gibt. Es darf nicht – wie bei den Schulen – erst dann reagiert werden, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist, sondern es muss rechtzeitig vorher damit begonnen werden, die Ausbildungskapazitäten zu erweitern. Das ist durchaus möglich, zumal die Ausbildung nicht so lange dauert wie die Lehrerausbildung.
Wie hat der Freistaat bisher reagiert? Er hat zwar die Botschaft ausgesandt: „Wir brauchen mehr Erzieherinnen und Erzieher.“ Unter der vorhergehenden Sozialministerin war sogar eigens ein Konzept entwickelt worden mit dem Ziel, die Erzieherinnen und Erzieher nicht nur an Fachschulen, sondern auch auf akademischem Niveau auszubilden. Man war sogar schon so weit, dass ein eigener Forschungsbereich mit Master-Studiengang an der TU Dresden aufgebaut werden konnte. Dieses Vorhaben wird aufgrund des nicht vorhandenen politischen Willens leider wieder eingestampft. Wir hatten also schon einmal ein Signal ausgesandt, dass wir mehr – vor allem mehr gut qualifizierte – Leute als Erzieher brauchen.
Was ist passiert? Der Freistaat hat seine Kapazitäten Pi mal Daumen um 20 % ausgeweitet und steht genau vor den Problemen, die Annekatrin Klepsch genannt hat: Staatliche Fachschulen müssen junge Leute abweisen, weil die Kapazitäten nicht ausreichend sind. Die freien Träger haben, weil es eine billige Ausbildung ist – man braucht kaum Infrastruktur dazu –, zwischenzeitlich ihre Kapazitäten um über 100 % verdoppelt. Damit gehen in der Tat zwei Drittel der jungen Leute, die am Ende sogar noch eine niedrige Eingruppierung haben, für eine Ausbildungsvergütung in ein Ausbildungsverhältnis, an
dessen Ende eine staatlich anerkannte Erzieherin/ein staatlich anerkannter Erzieher steht. Das ist nichts anderes als verantwortungslos. Anders kann ich das nicht bezeichnen. Es ist die staatliche Verantwortung – deswegen gibt es die staatliche Anerkennung dieses Berufes –, auch für die Ausbildungskapazitäten zu sorgen.
Was mir große Sorge bereitet: Wir bekommen vor allen Dingen von den Fachberatern und den staatlichen Fachschulen – diese müssen die Prüfung abnehmen, solange die staatliche Anerkennung der Privaten nicht da ist – immer wieder Signale, dass die Qualität nicht stimmt. Eine ganze Reihe von privaten Einrichtungen hat es sich mit der Ausbildung leider etwas sehr leicht gemacht. Die Qualität der Ausbildung ist nicht äquivalent zu der an den staatlichen Fachschulen, auch was die praktische Verzahnung mit den Kindertagesstätten anbelangt.
Das Kultusministerium antwortete mir auf meine diesbezügliche Anfrage, dass die staatliche Anerkennung natürlich anhand der Voraussetzungen geprüft werde, dass man aber, was die qualitative Entwicklung an den Schulen anbelangt, keine entsprechenden Kapazitäten habe. Das finde ich sehr bedauerlich, vor allen Dingen weil die jungen Leute dann mit einer staatlichen Anerkennung ihres Berufsabschlusses in die Kindertagesstätten kommen. Wir wissen mittlerweile sicherlich alle, dass die frühkindliche Bildung maßgeblich von den Erzieherinnen abhängig ist.
Lassen Sie mich einen Punkt vertiefen, den Annekatrin Klepsch angesprochen hat. In der Stellungnahme der Staatsregierung zu dem Antrag der GRÜNEN steht, dass die Berechnungen in dem Projekt der Staatsregierung zur Demografieentwicklung unter der Annahme gleichbleibender Personalstandards erfolgten. Wir diskutieren hier seit mehreren Jahren rauf und runter – das ist zwischen den Fraktionen auch ziemlich unstreitig –, dass wir den Betreuungsschlüssel senken müssen, in den Kinderkrippen genauso wie in den Kindergärten. Dass das bis heute nicht geschehen ist, hat die Staatsregierung immer wieder mit nicht vorhandenen Haushaltsmitteln begründet. Nichtsdestotrotz ist die inhaltliche Weiterentwicklung der Standards dringend erforderlich. Das bedeutet: Wir können nicht bis 2030 die Personalbedarfsplanung nach den gleichen Standards fortschreiben.
Ein weiterer Punkt macht mir Sorgen: Wir wollen die UN-Behindertenrechtskonvention umsetzen. Die Kindertagesstätten sind der erste Ort, die erste öffentliche Einrichtung, in der das passiert. Von daher ist es dringend notwendig, dass die Bedingungen dort so verbessert werden, dass die Kinder tatsächlich eine gute Grundlage vermittelt bekommen.
Wir werden dem Antrag der GRÜNEN vollumfänglich zustimmen. Wir hoffen, dass die Staatsregierung – anders, als es bei den Schulen der Fall ist – im Bereich der Kindertagesstätten die Kommunen nicht im Regen stehen lässt, wenn sie einerseits zwar wissen, dass sie einen hohen Bedarf an Erzieherinnen haben, andererseits diese Erzieherinnen aber nicht in ausreichendem Maße durch
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Frau Stange, hier einfach die privaten Bildungsträger pro forma zu verteufeln ist nicht die feine Art. Auch ist es ziemlich gewagt, quasi durch die Hintertür die Personalschlüsseldiskussion in diesem GRÜNEN-Antrag
Wir haben mit der Gewährung des Rechtsanspruchs auf einen Krippenplatz ab 1. August 2013 eine große Verantwortung angenommen, der sich gerade der Freistaat Sachsen mit entsprechenden finanziellen Mitteln im Doppelhaushalt verpflichtet hat. Über 100 Millionen Euro stehen zur Verfügung, um den Ausbau von Kita-Plätzen in den Kommunen gemeinsam zu unterstützen.
Wir sind in Sachsen dabei auf einem guten Weg. Wir haben also die Quoten, die gestellt wurden, schon lange erreicht. Ende vergangenen Jahres lagen wir in Sachsen mit 46,4 % des Versorgungsgrades bereits deutlich über dem angepeilten Ziel. Dieses quantitativ überdurchschnittliche Angebot ist natürlich das eine, und es ist noch lange nicht dort, wo wir auch hinwollen. Aus unserer Sicht geht es natürlich immer noch besser, denn die Geburtenzahlen steigen weiter in Sachsen, auch wenn die Prognosen vor wenigen Jahren ganz anderes voraussagten.
Sachsen weist im Bundesländervergleich die höchste Kinderzahl je Frau auf und Dresden ist dabei Spitzenreiter.
Um gerade in den Regionen, in denen viele Kinder geboren werden, auch die entsprechenden Kapazitäten zur Verfügung zu stellen, haben wir die Landesmittel eingesetzt. Ich habe es gerade gesagt. Aber es zählt natürlich auch die Qualität, die den hohen Maßstäben der Eltern gerecht werden muss, denn mit dem Rechtsanspruch muss dies auch geschehen. Ich darf Ihnen sagen, in Sachsen dürfen sich die Eltern 100 % auf diese Qualität verlassen.
Wir haben bundesweit überdurchschnittlich gut ausgebildetes Personal und wir haben mit dem Bildungsplan einen verbindlichen Leitfaden für die Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher gestellt.
Wenn Sie jetzt diese personalisierte und regionalisierte Bedarfsplanung fordern, dann muss ich Ihnen sagen: Ja, natürlich ist es so, dass diese Daten von den Kommunen und den Landkreisen geliefert werden, auf denen die Angaben basieren. Die Verpflichtung zur Errichtung und zum Betrieb der Kindertageseinrichtungen liegt bei den Kommunen und die bedarfsgerechte Bereitstellung
insgesamt von Plätzen in Kindertageseinrichtungen ist Aufgabe des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe.