Protokoll der Sitzung vom 18.04.2013

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN – Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Meine Damen und Herren! Ich lasse jetzt über den Antrag, Drucksache 5/11599, abstimmen. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen.

(Miro Jennerjahn, GRÜNE: Doch!)

Eine Stimmenthaltung. Mit einer Stimmenthaltung und einer Reihe von Stimmen dafür ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt und rufe auf

Tagesordnungspunkt 6

Wasser- und Schifffahrtsamt Dresden erhalten

Drucksache 5/11682, Antrag der Fraktion der SPD

Hierzu können die Fraktionen wieder Stellung nehmen. In der ersten Runde beginnt die SPD. Danach folgen CDU, DIE LINKE, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung. – Herr Abg. Pecher, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Wasser- und Schifffahrtsamt ist die letzte verbleibende eigenständige Bundesbehörde im Freistaat Sachsen. Was es tut und was droht, steht vielleicht nicht so sehr im Fokus der Öffentlichkeit.

Das Wasser- und Schifffahrtsamt unterhält die Elbe auf rund 300 km Länge von Tschechien bis zur Mündung der Saale. Aufgabenbereiche wie Strompolizei, Gewässerkunde, Eisbekämpfung, Schifffahrtspolizei, Kennzeichnung von Wasserfahrzeugen – die Aufzählung ließe sich noch fortsetzen – werden von 44 Beschäftigten im Amt und 161 Beschäftigten im Außenbereich erledigt.

Was soll passieren? Es gibt eine Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Es liegt in der Natur der Sache, dass Organisationsstrukturen des Bundes auf den Prüfstand gestellt werden. Das, was wir kritisieren, ist auf der

einen Seite, dass diese Umstrukturierung durch Organisationserlass und damit ohne Einbindung der Bundesländer getätigt werden soll. Wir appellieren als Erstes an die Staatsregierung, sich der Bundesratsinitiative von

Schleswig-Holstein anzuschließen, dass diese Umstrukturierung gemeinsam mit den Bundesländern diskutiert wird.

Warum ist das Wasser- und Schifffahrtsamt in Dresden bedroht? Das ist so, weil im Zuge dieser Reform das Budget von 1,1 Milliarden Euro auf 650 Millionen Euro abgesenkt werden soll, was natürlich den Zwang zur Prioritätensetzung und Personalabbau, und zwar von derzeit 16 000 auf 10 000 Mitarbeiter bedeutet. Wenn man weiß, dass die Schifffahrtswege in der Bundesrepublik insbesondere im Hinblick auf die Tonnage kategorisiert wurden, dann ist die Elbe eben ein sehr kleiner Schifffahrtsweg. Dann liegt es in der Natur der Sache, dass besonders bei uns ein Personalabbau droht.

Es war ein glücklicher Zufall, dass gestern die Personalversammlung des Wasser- und Schifffahrtsamtes hier in Dresden stattfand. Was dort von den Beschäftigten geschildert wurde und was von Dr. Witte, dem Präsidenten der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord, dargestellt wurde, hat Auswirkungen auf dieses Amt und den Freistaat Sachsen. Es werden jetzt schon keine Stellen mehr nachbesetzt. Mittlerweile müssen alle Neubesetzungen im Verkehrsministerium beantragt werden. Bereiche wie Gewässerkunde und Hydrologie werden fast nicht mehr bedient oder nur noch aus Magdeburg. Die Mitarbeiter fürchten um die regionale Kompetenz. Wenn hier nur noch eine Außenstelle existiert und in Magdeburg oder Brandenburg die Entscheidungen getroffen werden, dann ist natürlich klar, dass hier eine Ausdünnung der Bewirtschaftung des gesamten Elbsystems droht.

Ich komme jetzt zu einem wirtschaftspolitischen Aspekt. Wenn es 2020 vielleicht keine Außenstelle mehr gibt – da bis jetzt nur Aussagen gemacht wurden, eine Außenstelle bis 2020 zu betreiben – und Aufgaben hier nicht mehr erledigt werden können, dann ist die wirtschaftliche Schifffahrt auf der Elbe bedroht. Dann frage ich mich: Was machen wir mit unseren Häfen, die im Eigentum des Freistaates Sachsen sind? Aus diesem Grund liegt es im Interesse des Freistaates Sachsen und müsste damit auch im Interesse der Staatsregierung sein, dafür zu kämpfen, dass diese eigenständige Bundesbehörde hier erhalten bleibt.

Nun gab und gibt es Aktivitäten von unserer Seite, aber auch vonseiten der Staatsregierung, für den Erhalt zu kämpfen. Das Problem ist nur, dass sich die Staatsregierung leider damit abfindet, dass sie die Mitteilung erhalten hat, es solle bis 2020 eine Außenstelle geben. Was danach geschieht, weiß man nicht. Dieser Bescheid sei abschließend. Ich möchte ausdrücklich betonen, dass dem nicht so ist. Es gibt die Entscheidung des Haushaltsausschusses des Bundestages vom 26.09.2012, bei dessen Beratung das ganze Thema noch einmal aufgegriffen wurde, um im Hinblick auf die Trennung von Netz und

Verkehr alle Stellen noch einmal zu prüfen. Damit besteht auch die Chance für Sachsen, wieder Einfluss zu nehmen und dafür zu sorgen, dass dieses Amt in Sachsen erhalten bleibt. Das ist wichtig für diesen Freistaat.

(Beifall des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Diese Entscheidung des Finanzausschusses wird im Jahre 2014 fallen, also nach der Bundestagswahl, vielleicht auch nach der Landtagswahl. Wir wollen mit diesem Antrag ein Bündnis schmieden – gemeinsam –, dass sich dafür engagiert eingesetzt wird, dass dieses Wasser- und Schifffahrtsamt in Sachsen erhalten wird. Wir unterstützen ausdrücklich die Aktivitäten der Gewerkschaften, die mittlerweile so weit sind – weil sie eben nicht in diesen Prozess eingebunden sind, weil alle Kompromisse gescheitert sind –, dass sie jetzt Druck ausüben, zur Urabstimmung aufrufen und letztendlich auch dazu bereit sind, zum Streik überzugehen.

Ich glaube, wenn die Belegschaft bereit ist, für ihr Amt in Sachsen als eigenständige Bundesbehörde zu kämpfen, dann sollten das auch die Staatsregierung und dieser Landtag tun.

(Beifall bei der SPD)

Frau Abg. Springer, bitte, von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ihr Antrag, verehrte Kollegen von der SPD, erscheint in den beiden Punkten, die Sie formuliert haben, nachvollziehbar. Mit der Begründung haben Sie sich weniger Mühe gegeben. Dazu später etwas.

Gestern wurden den Mitarbeitern – das hat Herr Pecher schon gesagt – des Wasser- und Schifffahrtsamts Dresden im Rahmen einer Betriebsversammlung die Ziele des Bundes im Hinblick auf die geplante Behördenstruktur nahegebracht. Verwunderlich ist in dem Zusammenhang, Herr Pecher, das Sie die Zeit gefunden haben, dort hinzugehen, während wir hier unserer Präsenzpflicht nachgekommen sind und im Parlament gesessen haben.

(Mario Pecher, SPD: Wo ist denn der MP? Wo ist der MP?)

Ihr Antrag – das gestehen wir Ihnen gern zu – gibt uns die Gelegenheit, hier ein paar Aspekte sachlich darzustellen. Die Gelegenheit, Herr Pecher, nutzen wir gern.

(Zuruf des Abg. Mario Pecher, SPD)

Im Gegensatz zu Ihnen haben die Staatsregierung – das darf ich hier sagen –, auch die Koalitionsfraktionen, ihre Hausaufgaben zur rechten Zeit gemacht.

Zu den Fakten: Das Wasser- und Schifffahrtsamt ist eine Bundesbehörde. An dieser Stelle möchte ich auch einmal unseren Dank und unsere Anerkennung gegenüber den mehr als 200 Mitarbeitern dieses Standortes darüber zum

Ausdruck bringen, dass sie die Elbe auch in schwierigen Situationen – im übertragenen Sinne – immer flott gehalten haben.

(Beifall der Abg. Kristin Schütz, FDP)

Danke. – Die Behauptung, dass das Wasser- und Schifffahrtsamt die einzige Bundesbehörde in Sachsen sei, ist schlichtweg falsch, Herr Pecher.

(Mario Pecher, SPD: Bleiben wird!)

Falsch wird es bleiben. Über die Struktur und die Effizienz einer Bundesbehörde entscheidet nun einmal der Bund. Bei Strukturfragen, die Landesbehörden angehen, entscheidet nicht der Städtetag oder der Landkreistag, sondern entscheiden wir als Landtag.

Richtig ist, dass zwischen den betroffenen Ländern und dem Bund zur veränderten Organisationsstruktur der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung in den letzten 20 Jahren – denn so lange dauert der Prozess bereits, 20 Jahre! – viele Gespräche geführt wurden und, Herr Pecher, diese Diskussionen wurden umfangreich geführt. Einen Abriss der Aktivitäten der letzten 20 Jahre werde ich hier nicht geben. Es ist aus unserer Sicht ausreichend, punktuell darzustellen, was die Staatsregierung, die Koalition und besonders der Ministerpräsident seit dem Jahr 2011 unternommen und erreicht haben, um die Sach- und Entscheidungskompetenz des Wasser- und Schifffahrtsamts in Dresden zu sichern.

Eine Grundlage für die zukünftige Verwaltungsstruktur – das haben Sie auch ausgeführt – ist die Kategorisierung des Bundeswasserstraßennetzes. Wir erinnern uns: Es gab einen Entwurf, in dem sollte die Elbe in einer nachrangigen Kategorie weitergeführt werden. Durch ein abgestimmtes Vorgehen von Landtagsabgeordneten und Bundestagsabgeordneten der ostdeutschen Länder – das betone ich besonders – ist es gelungen, dass die Einordnung der Elbe noch einmal überprüft wird. Die Elbe ist derzeit aus der Kategorisierung vollkommen herausgenommen worden.

In diesem Zusammenhang haben die Bundesländer erreicht, dass in dieses Kategorisierungskonzept für die Bundeswasserstraßen eine Revisionsklausel aufgenommen wird, sodass regelmäßig überprüft werden kann, ob die Einordnung in die Kategorien noch richtig ist.

Vor wenigen Wochen fand in Magdeburg die Elbekonferenz statt. Der Parlamentarische Staatssekretär Enak Ferlemann hat dabei verdeutlicht, dass die Bedeutung der Elbe für den Güterverkehr aus und zu den großen Häfen an Bedeutung gewinnen wird. Für die Gütertransporte auf der Elbe wird nach seinen Worten eine Steigerung von 1,5 auf 5 % angestrebt. Dazu ist ein Gesamtkonzept für die Elbe erforderlich. Die Stabilisierung der Sohle, die Veränderungen der Buhnen und ökologische Aspekte spielen dabei eine besondere Rolle. Staustufen sind nicht geplant!

Die Elbekonferenz bildet auch eine Vorstufe für die endgültige Vereinbarung des Eckpunkte-Papiers zur

Schifffahrtsdirektion Ost. Aus diesem Grund hat im Vorfeld der Elbekonferenz – um genau zu sagen, bereits im Jahr 2012 – unser Ministerpräsident Tillich seine Bedenken hinsichtlich der Auflösung der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost und des Wasser- und Schifffahrtsamtes Dresden gegenüber dem Bundesverkehrsminister mehrfach, sehr deutlich und nachhaltig zum Ausdruck gebracht.

Unsere Fraktion führt die heutige Debatte in dem Bewusstsein, dass es für die betroffenen Beschäftigten der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Dresden viele gute Gründe gibt – vor allen Dingen viele fachlich gute Gründe gibt –, sich für den Erhalt der jetzigen Struktur einzusetzen. Das verstehen wir. Akzeptieren müssen wir aber auch – besonders wir, die Mitglieder des Sächsischen Landtages –: Wenn der Bund eine Organisationsentscheidung – genauer gesagt, einen Organisationserlass – für eine leistungsfähige, für den Steuerzahler kostengünstige und effiziente Fachverwaltung erarbeitet und verabschieden will, dass wir das einfach in unserem Selbstverständnis auch anerkennen.

(Mario Pecher, SPD, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, jetzt nicht. Herr Pecher hat selbst genug Redezeit! – Wie könnte sich der geplante Organisationserlass nach heutiger Kenntnis auf Sachsen auswirken? Die Behördenstruktur soll so geordnet werden, dass übergreifende Steueraufgaben zentralisiert werden. Für die Elbe soll das am Standort Magdeburg erfolgen. Örtliche Aufgaben und große Baumaßnahmen sollen in Projektgruppen vor Ort erledigt werden. Damit bleiben fachkompetente Ansprechpartner für die Region in jedem Fall erhalten. In Prüfung befindet sich, ob Dresden den Status als Amt behalten kann oder ob der Standort bis zum Jahr 2020 zur Außenstelle wird.

Das, meine Damen und Herren, was ich jetzt sage, bitte ich Sie besonders zu beachten: Die 161 Beschäftigten in den Außenbereichen des Wasser- und Schifffahrtsamtes Dresden sind von dieser gesamten Strukturmaßnahme nicht betroffen. Sie verbleiben in jedem Fall in Dresden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Zusammenfassend ist festzustellen: Durch die frühzeitige und abgestimmte Zusammenarbeit zwischen der Staatsregierung und dem Bund zeichnen sich Kompromisse zwischen der gebotenen Sparsamkeit und dem Erhalt der Sache und der Sachkompetenz in Sachsen ab. Unsere Fraktion geht auch ohne Ihren Antrag davon aus, dass sich die Landesregierung für die Sach- und Fachkompetenz am Standort Dresden einsetzen wird. Wir lehnen Ihren Antrag ab.