Protokoll der Sitzung vom 18.04.2013

Kamen schon im Beitrittsjahr 2007 über 64 000 dieser sogenannten Armutsflüchtlinge aus Rumänien und Bulga

rien nach Deutschland, hat sich ihre Zahl bis 2011 auf über 147 000 mehr als verdoppelt. Im 1. Halbjahr stieg die Zahl erneut um 24 %. Dabei handelt es sich nur um die Zahl der offiziell gemeldeten Personen. Die Dunkelziffer dürfte noch viel höher liegen. Viele Experten erwarten einen dramatischen Anstieg der Zuwanderung, wenn ab 01.01.2014 die volle Freizügigkeit in Europa für Rumänen und Bulgaren gilt.

Überwiegend handelt es sich bei diesen Armutsimmigranten um Angehörige der Volksgruppe der Roma. In den Medien wird das in letzter Zeit verstärkt thematisiert, da ihr Zuzug besondere Probleme mit sich bringt. Verschärft wird die Situation durch die gleichzeitig stattfindende Romazuwanderung aus den Nachfolgestaaten des früheren Jugoslawiens über das sperrangelweit offene Asyltor der Bundesrepublik. Im Januar 2013 stieg die Zahl der Asylbewerber gegenüber dem Vorjahresmonat um mehr als die Hälfte auf 7 332 an. In der Asylstatistik des letzten Jahres machten Antragsteller aus Serbien, Mazedonien

und anderen ehemaligen jugoslawischen Balkanstaaten rund ein Drittel der insgesamt 64 500 Asylanträge aus. Sie stellten damit die größte Gruppe. Inzwischen verdient sich eine Menschenhandels- und Schlepperindustrie eine goldene Nase mit der Einschleusung von Roma aus Südosteuropa. Diese Banden organisieren, wie es beim Städtetag heißt – ich zitiere –: „… gegen ein hohes Entgelt die Vorbereitung der Kindergeldanträge sowie die Vorbereitung des Gewerbezulassungsverfahrens oder die Vermittlung von Wohnraum zu Wuchermieten. „

Und weiter heißt es: „Dies verstärkt zusätzlich den Druck auf die Zuwanderinnen und Zuwanderer, sich illegal Einkommen zu verschaffen, zu Dumpinglöhnen zu arbeiten oder der Prostitution sowie der Bettelei nachzugehen.“

Schon jetzt, meine Damen und Herren, bevor Rumänien und Bulgarien in den Genuss der vollen EU-Freizügigkeit kommen, entwickelt sich die Situation also dramatisch. Denn die Roma-Zuwanderer wissen ganz genau, wie sie die noch bestehenden Beschränkungen umgehen können, nämlich, indem sie sich als Selbstständige ausgeben oder ein eigenes Gewerbe anmelden. Die Häufung von Scheinselbstständigkeit ist offenkundig. Die Behörden tun sich aber schwer, dies in den konkreten Fällen nachzuweisen.

Das soziale Netz jedenfalls fängt die vermeintlichen Unternehmer und ihre Familien gut auf, wenn die angeblichen Geschäfte nicht so gut laufen. In Berlin gibt es ganze Häuserblocks, in denen bis zu 50 solcher Scheingewerbetreibenden wohnen. Organisationen der Migrationslobby beraten die Armutsmigranten, wie sie Lücken in der Gesetzgebung zu ihrem Vorteil ausnutzen können. Sozialleistungen würden neben Schwarzarbeit und anderer Kriminalität die Haupteinnahmequelle der RomaMigranten in Berlin bilden, wie es unlängst in einem Beitrag von „Spiegel-TV“ hieß.

Besonders in Dortmund, immerhin in der siebentgrößten Stadt in Deutschland, sind die Folgen der neuen Welle von Armutsimmigranten schon deutlich spürbar. Lebten dort im Jahre 2006, also ein Jahr vor dem Beitritt zur Europäischen Union, noch 573 Bulgaren, waren es im Jahr 2011 bereits 2 500 Bulgaren. Es handelt sich dabei größtenteils um ehemalige Bewohner eines Stadtteils von Plovdiv, der mit 10 000 Einwohnern als eine der größten Roma-Siedlungen der Region gilt.

In einem Bericht der Stadt Dortmund heißt es dazu vorsichtig formuliert: „Der sprunghaft angestiegene Zuzug aus Südosteuropa führt in einigen Quartieren zu sichtbaren Problemkonstellationen, die als solche in den Nachbarschaften wahrgenommen und zu Unsicherheit und Unbehagen der lange dort wohnenden Bevölkerung führten.“

Dortmunds Entsorgungsstellen sprechen laut „RuhrNachrichten“ schon jetzt von einem überhand nehmenden Müllproblem und zunehmender Verwahrlosung. Die von Roma bewohnten Häuser seien von Kot, Urin und Müll stark verschmutzt. Nachbarn der Zuwanderer litten unter

Belästigungen, Vandalismus, Vermüllung und anderen Begleiterscheinungen.

Roman Franz vom Landesverband Nordrhein-Westfalen der deutschen Sinti und Roma fällt dazu lapidar nur ein, dass bei uns eben – ich zitiere – „für sie völlig unbekannte Lebensstandards und Hygienestandards hier in der Bundesrepublik vorherrschen.“

Was in Westdeutschland schon gang und gäbe ist, wird demnächst auch sächsische Metropolen wie Dresden, Leipzig und Chemnitz erreichen. Anfänge dieser Entwicklung können wir schon jetzt erleben. Man denke an die Vorgänge um das Herbergsschiff „Koje“ in Dresden, das für Roma-Asylanten zur Verfügung gestellt wurde. Die Ausmaße nehmen immer größere Dimensionen an, sodass Dresdens Bürgermeister Detlef Sittel über die „Sächsische Zeitung“ schon angekündigt hat, notfalls Hotels und Pensionen beschlagnahmen zu lassen, um den Wirtschaftsflüchtlingen eine Bleibe zu liefern.

Man fragt sich: Wo leben wir eigentlich, dass 24 Jahre nach dem Untergang der DDR schon wieder kalte Enteignungen in Erwägung gezogen werden?

(Beifall bei der NPD)

Aber Rechtsstaatlichkeit scheint wahrlich keine Tugend der herrschenden politischen Klasse zu sein.

Die NPD-Fraktion nimmt mit Freude zur Kenntnis, dass es auf Bundes- wie auch auf EU-Ebene Überlegungen gibt, die Visa-Erleichterungen für Serbien und Mazedonien und die volle EU-Freizügigkeit für Rumänien und Bulgarien zumindest vorerst auszusetzen. Wir meinen aber: Nachdenken reicht nicht, es müssen endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden.

Daher fordern wir die Staatsregierung auf, sich über den Bundesrat für eine Aussetzung der EU-Freizügigkeit einzusetzen und ferner für eine Novelle des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern sowie auf europäischer Ebene für eine Änderung der EUFreizügigkeitsrichtlinien auszusprechen.

Prof. Sinn vom Institut für Wirtschaftsforschung hat auch in dieser Frage schon vor acht Jahren Weitsicht bewiesen, als er in seinem Buch „Ist Deutschland noch zu retten?“ davor warnte, dass sich der deutsche Sozialstaat nach dem Beitritt Tschechiens, Polens und nun auch Bulgariens und Rumäniens als wahrer Zuwanderungsmagnet erweisen wird.

Daher fordern wir in Anlehnung an die Vorschläge des Ifo-Instituts, auf EU- und auf nationalstaatlicher Ebene das Prinzip der selektiv verzögerten Arbeitsmarktintegration und das Heimatlandprinzip umzusetzen, wozu mein Kollege Jürgen Gansel in der zweiten Runde Näheres ausführen wird. Nur durch solch eine Umgestaltung der Freizügigkeitsregelung kann die Reisefreiheit in der Europäischen Union gewährleistet werden, ohne dass Deutschland zum Zuwanderungsmagneten verkommt.

Wir sagen klipp und klar: Deutschland darf nicht zum Sozialamt Europas verkommen. Im eigenen Land gibt es

wahrlich genügend soziale Baustellen. Die sozialen Probleme der Roma können wir bei uns in Deutschland nicht lösen.

(Beifall bei der NPD)

Für eine Verbesserung der Lebensverhältnisse und die Integration dieser Volksgruppe ins gesellschaftliche Gefüge und Arbeitsleben sind die Regierungen in Bukarest und in Sofia, also in Rumänien und in Bulgarien, zuständig und nicht hier in Deutschland. Ich bitte Sie um Unterstützung unseres Antrages.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Für die einbringende Fraktion der NPD sprach der Abg. Apfel. Wir gehen weiter in der Rednerliste. Möchte die CDU das Wort ergreifen? – DIE LINKE?

(Jürgen Gansel, NPD: Verräterisches Schweigen!)

Die FDP? – Für die FDP-Fraktion ergreift jetzt Herr Biesok das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Europäische Union ist nur eine Wirtschaftsgemeinschaft. Ihre Gründungsväter haben sie verstanden als eine völker- und nationenumspannende Gemeinschaft, in der die Idee eines vereinten Europas verwirklicht wird. Sie soll Menschen zusammenbringen. Sie soll unter dem Dach gemeinsame Werte ausbilden und die europäische Geschichte in einer europäischen Tradition weiterentwickeln.

Die Europäische Union ist deshalb auf Integration bedacht. Integration und die allmähliche Ausdehnung des Unionsrechts mit den dahinterliegenden Werten auf ganz Europa ist der Wesenskern aller europapolitischen Bemühungen.

Der Antrag der NPD ist das ganze Gegenteil von Integration. Er zielt auf Diskriminierung einzelner Gruppen. Herr Apfel, Sie haben sich hier noch nicht einmal die Mühe gemacht, das zu verbergen, sondern haben sich gezielt die Roma herausgepickt und auf sie eingeschlagen.

(Zuruf des Abg. Andreas Storr, NPD)

Es ist für Sie eine Selbstverständlichkeit, einzelne Gruppen um jene Rechte zu beschneiden, die allen Unionsbürgern zustehen. Sie selbst werden sich im NPD-Verbotsverfahren vermutlich auch auf europäisches Recht berufen. Sie sind hier aber aufgetreten und nehmen das europäische Recht für bestimmte Bevölkerungsgruppen aus. Das ist meines Erachtens mit der Idee eines vereinten Europas nicht vereinbar und wird von uns strikt abgelehnt.

Die Frage, wie das Problem der unangemessenen Inanspruchnahme von Sozialsystemen gelöst werden kann, beantworten Sie noch nicht einmal ansatzweise. Es geht Ihnen nicht darum, ein Problem zu lösen, sondern Sie

greifen eine Volksgruppe heraus und stellen dieser nach; ganz ähnlich Ihrem letzten Antrag zum Kindesmissbrauch. Auch dabei ging es Ihnen nicht darum, das Problem zu lösen, sondern Sie wollen die Täter dämonisieren. Mit Ihrem heutigen Antrag dämonisieren Sie die Volksgruppe der Roma.

In der von Ihnen erwähnten Freizügigkeitsrichtlinie ist die unangemessene Inanspruchnahme von Sozialleistungen bereits aufgegriffen. In Ihren Erwägungen wird gefordert, dass Unionsbürger die Sozialleistungen nicht unangemessen in Anspruch nehmen dürfen. Sofern eine unangemessene Inanspruchnahme vorliegt, ist das jeweilige Land berechtigt, die Person auszuweisen. Das ist bereits geltendes Recht.

Wichtig an dieser Regelung – das unterscheidet sich von alledem, was hier gerade vom Pult abgelassen wurde –, ist, dass eine individuelle Prüfung zu erfolgen hat. Was hier getan wird ist genau das Gegenteil, indem man eine bestimmte Bevölkerungsgruppe diskreditiert und sie pauschal dem Vorwurf des Sozialmissbrauchs unterstellt.

Das Recht auf Aufenthalt von über einem Monat ist nach dieser Richtlinie davon abhängig, dass die Einreisenden und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügen, sodass sie während ihres Aufenthaltes keine Sozialleistungen des Aufnahmemitgliedstaates in Anspruch nehmen müssen. Das ist bereits geltendes Recht.

Das Recht auf Daueraufenthalt ist ebenso an die Bedingung geknüpft, dass ausreichend Mittel zur Verfügung stehen, damit Sozialhilfeleistungen nicht in Anspruch genommen werden müssen. Dem Problem des Sozialhilfemissbrauchs tritt somit die Freizügigkeitsrichtlinie bereits entgegen. Die Länder verfügen bereits heute über Instrumente, um einer missbräuchlichen Inanspruchnahme von Sozialleistungen entgegenwirken zu können, und das auf eine grund- und europarechtskonforme Art und Weise.

Ein weiterer Unterschied zu Ihrem Antrag liegt in dem Geltungsbereich der Richtlinie. Diese wendet sich an alle Unionsbürger und setzt auf den Gleichbehandlungsgrundsatz. Sie hingegen zielen auf einzelne Gruppen, Sie wollen rechten Populismus. Die EU-Richtlinie hingegen möchte eine Lösung von Problemen. Ihre Behauptung, der Ausweitung der Freizügigkeit würde ein Anstieg der Zuwanderungen folgen, ist falsch und wird nicht korrekt, indem man sie ständig wiederholt.

(Jürgen Gansel, NPD: Und was ist mit den Zahlen des Städtetages?)

Ähnliche Behauptungen wurden bereits im Zuge der Erweiterung um Spanien und Portugal in die Europäische Union vorgebracht. Ebenso haben wir dieses Argument vor der Herstellung der Arbeitnehmerfreizügigkeit für Polen und Tschechien gehört. Sie haben damals falsch gelegen. Diese Argumente haben sich als falsch erwiesen und sie werden sich auch diesmal als falsch erweisen. Aus diesem Grund werden wir den Antrag ablehnen.

(Beifall bei der FDP, der CDU, den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN – Arne Schimmer, NPD, steht am Mikrofon.)

Das war der Abg. Biesok für die FDP-Fraktion. Jetzt sehe ich an Mikrofon 7 eine Kurzintervention von Herrn Schimmer.

Danke, Herr Präsident! Ich würde gern auf den Abg. Biesok in Form einer Kurzintervention eingehen, weil ich glaube, dass Herr Biesok hier wieder einmal in gewohnter Manier, also mit begrifflichen Nebelkerzen, um sich wirft. Es ist keineswegs so, dass die NPD, für wen auch immer, die Menschenrechte infrage stellt.

(Nico Tippelt, FDP: Was?)

Die Menschenrechte sind etwas ganz Grundlegendes, beispielweise das Recht auf körperliche Unversehrtheit, das Recht auf medizinische Versorgung.

(Jürgen Gansel, NPD: Staatsbürgerrechte!)

Aber Sie müssen differenzieren zwischen Menschrechten, die wir natürlich für jeden belassen wollen und die auch geschützt werden müssen, und Staatsbürgerschaftsrechten. Es gibt kein automatisches Bleiberecht. Es gibt kein automatisches Recht auf Einwanderung in die Sozialsysteme. Dieses Recht gibt es nicht.

Wenn selbst ein renommierter konservativ-liberaler Wirtschaftsprofessor wie Prof. Sinn ebendiesen Vorschlag macht, dass Sozialhilfen eben nur noch in den Herkunftsländern ausgezahlt werden sollen, dann werden Sie, Herr Biesok, doch wohl kaum Herrn Sinn eine neonationalsozialistische Gesinnung unterschieben wollen. Es ist wirklich vollkommen absurd, wie Sie hier mit gewissen Begriffen demagogisch hantieren und uns absprechen, dass wir die Menschenrechte akzeptieren – was gar nicht der Fall ist –, und praktisch ein unbegrenztes Recht auf Zuwanderung in die Sozialsysteme, ein unbegrenztes Bleiberecht für jedermann postulieren. Das ist absurd und das gibt es nirgendwo auf der Welt.