Protokoll der Sitzung vom 15.05.2013

Aber heute, ein halbes Jahr später, liegt das Geld bei Herrn Prof. Unland auf dem Konto und wir wollen mit unserer Aktuellen Debatte das SMK ein wenig dabei unterstützen, das Geld sinnvoll auszugeben, da man sich offenbar zwischen CDU und FDP nicht so richtig einigen kann, wo es denn nun hin soll. Der Anspruch, die Betreuungssituation zu verbessern, ist hehr, aber er ist bis heute an keiner Stelle erfüllt.

Wir wissen – alle, die sich etwas mit der Situation in der Kindertagesbetreuung befasst haben –, dass diese angespannt ist. Die Personaldecke ist dünn. Deshalb können zum Beispiel die flexiblen Öffnungszeiten nicht immer ausgeweitet werden.

Diese 5 Millionen Euro pro Jahr, lieber Patrick Schreiber, sind aus meiner Sicht bis jetzt ein konzeptionsloses Trostpflaster für das Koalitionsschaufenster nach draußen. Bis heute gibt es keinen öffentlichen Entwurf einer Förderrichtlinie, die die Umsetzung und die Bewirtschaftung der Mittel ausgestaltet.

Ich habe die Begründung des Antrages, Herr Schreiber und Herr Bläsner, durchgelesen – ich war diesmal in den Haushaltsverhandlungen nicht dabei –, und es wundert mich gar nicht, dass wir heute immer noch nichts vorliegen haben. Herr Schreiber hat damals im Schulausschuss gesagt, es gehe darum, „das Fachpersonal zu entlasten“. KIar, aber wie? Es gehe auch um Aufsichtsfunktionen für Kinder oder um das Vorlesen eines Buches. Meine Meinung dazu: Die Zeiten, in denen Kindereinrichtungen nur Aufsichts- und Bewahrungsanstalten sind, sind vorbei. Wir haben einen Bildungsplan, der seit acht Jahren gilt und der höhere Anforderungen an das Personal stellt. Da kann man nicht nur von Aufsicht sprechen.

Herr Bläsner meinte im Ausschuss, man müsse mehr Assistenzkräfte heranholen, damit die Erzieher mehr Zeit für Bildung und Erziehung haben. Das ist richtig, Herr Bläsner. Wir wünschen allen Erziehern, dass mehr Zeit für die Erziehung zur Verfügung steht. Doch Kindertagesbetreuung ist nicht teilbar in pädagogische und nichtpädagogische Aufgaben. Kindertagesbetreuung und frühkindliche Bildung sind ganzheitlich zu betrachten. Diese findet im Dialog statt. Gerade der 13. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung hat noch einmal untersetzt, wie wichtig die Bindung an die Eltern, an die Bezugspersonen und an die Erzieher in der Einrichtung ist. Da kann ich eben nicht stundenweise mit irgendwelchen Honorarkräften dort dazwischenfunken.

Ein weiterer Aspekt, der damals im Ausschuss nicht weiter betrachtet worden ist: Auch der Einsatz von weiteren Hilfskräften, wenn er käme, bedeutet für das vorhandene Personal erst einmal eine Zusatzbelastung, weil die Erzieher, die die Einrichtung kennen und das Konzept und den Bildungsplan umsetzen, das zusätzliche Personal auch irgendwie anleiten müssen.

Wenn man dann selbst den Antrag betrachtet, so stand in der Begründung von CDU und FDP: „Kitas sollen die Möglichkeit erhalten, sich unterstützende und personelle Verbesserungsmaßnahmen einkaufen zu können.“ Noch einmal deutlich an Ihre Adresse, liebe FDP: Eine Kita ist kein Unternehmen, und die unternehmerische Kita kann nicht das bildungspolitische Ziel des Freistaates sein. Leiharbeit und Zeitarbeit gibt es schon in einigen Kitas in Sachsen. Das ist schlimm, und das kann auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein, um die Betreuungssituation zu entspannen, auch nicht in Spitzenzeiten. Dies würde auch dem Bildungsauftrag widersprechen, den die Kindertageseinrichtungen haben.

Wie können nun die 5 Millionen Euro ausgegeben werden? Darauf möchte ich in meinem nächsten Beitrag konkret zurückkommen. Vorerst möchte ich darauf verweisen, dass bereits 2005, wie die damalige Sozialministerin Helma Orosz bei der Einführung des Bildungsplanes gesagt hat, eine Verbesserung der Fachkraft-KindRelation erfolgen muss. Darauf warten wir immer noch. Wir haben im letzten Haushalt beantragt, diese

107 Millionen Euro mehr jährlich dafür einzustellen. Das ist durch die Koalition abgelehnt worden. Ihre 5 Millio

nen Euro pro Jahr sind nur ein kostengünstiges Ablenkungsmanöver vom Betreuungsschlüssel, den Sie nach wie vor nicht verbessern wollen.

(Beifall bei den LINKEN)

Herr Abg. Schreiber, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Drehbuch stimmt. Beide Debatten – diejenige, die wir zuvor geführt hatten, und diese Debatte – passen, zumindest mit den letzten Sätzen, die Frau Klepsch soeben gebracht hat, wunderbar zusammen: die Kritik daran bzw. der Hinweis, wir sollten unsere Ausgaben überprüfen oder deckeln und nicht nur Steuern erhöhen, um unsere Ausgaben nach oben zu treiben. Frau Klepsch, Ihre letzten beiden Sätze haben genau Ihre Denkweise, Ihr politisches Verständnis im Umgang mit Geld bestätigt. Das ist nicht unseres.

Sie bemängeln, dass unklar ist, was werden soll. Dabei haben Sie etwas recht. Mittlerweile ist es aber klar, dass ich Ihnen den Zahn nicht ziehen kann. Es gibt einen Entwurf der Förderrichtlinie, die jetzt in das Anhörungsverfahren geht.

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Oh!)

Ja, Frau Dr. Stange, ich habe mir nie die Mühe gemacht, nachzusehen, wie lange Richtlinienentwürfe in Ihrem Haus gebraucht haben, als Sie Staatsministerin waren. Ein halbes Jahr, so behaupte ich, ist nicht unbedingt schön. Das kann man sicher noch verbessern, wobei man dem Kultusministerium hier den geringsten Vorwurf machen muss, denn es war in der Tat so, dass sich beide Koalitionsfraktionen, also CDU und FDP, etwas mehr Zeit nehmen mussten, um auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Aber auch das ist aus meiner Sicht nicht schlimm, wenn am Ende etwas Gutes dabei herauskommt. Ich bin der Meinung, dass jetzt auch etwas herausgekommen ist, was gut ist.

Fakt ist, dass ich auch schon andere Dinge erlebt habe. Wir haben zwei Jahre über die Jugendpauschale diskutiert, bis dann die Richtlinienänderung kam. Es gab also schon ganz andere Zeithorizonte, und deswegen müssen wir uns, wenn es auch nicht schön ist, mit diesem halben Jahr nicht unbedingt verstecken.

Worum geht es, Frau Klepsch? Es geht nicht darum, jetzt auf Biegen und Brechen mit Geld, das auch Sie in keinen Haushaltsverhandlungen hergezaubert und nicht wirklich mit seriösen Einnahmen und Geldquellen belegt haben, den Personalschlüssel zu verbessern. Die Messen sind gesungen, zumindest für diesen Doppelhaushalt. Der Doppelhaushalt ist im Dezember beschlossen worden, und wir machen mit dem Geld, das uns zur Verfügung steht, das, was wir tun können. Das sind 10 Millionen Euro für die Jahre 2013 und 2014.

Der Titel der Aktuellen Debatte heißt ja heute, … „Zusatzgelder für bessere Betreuung zielgerichtet verteilen,

anstatt Fachkräftestandards aufzuweichen“. Genau das machen wir. Wir werden das vorhandene Geld zielgerichtet einsetzen, indem wir schauen, wo beispielsweise der größte Förderbedarf aufgrund sozialer Benachteiligung besteht, wo besonders hohe Raten von Auffälligkeiten im sozial-emotionalen Bereich oder Verhaltensauffälligkeiten vorhanden sind. Wo ist zum Beispiel der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund besonders hoch, damit in diesen Einrichtungen unterstützendes Personal eingesetzt werden kann? Es soll auch darum gehen festzustellen, wo Kitas mit besonders vielen Kindern entlastet werden können. Am 1. Juni wird zum Beispiel in Dresden eine 300-Kinder-Kita vom DRK eröffnet.

Ich verweigere mich auch Ihren Gedanken, dass nur ausgebildetes Fachpersonal Bezugsperson für Kinder sein kann. Ich weiß nicht, in welcher Kita Sie Ihre Kinder – beide kommen ja erst in die Kita – haben bzw. haben werden. In den Kitas, die ich besucht habe, waren auch Leute aus der Bürgerarbeit. Natürlich ist auch die ältere Dame oder der ältere Herr, die sich mit den Kindern beschäftigen, sofern sie einige Zeit dort sind, eine Bezugsperson für die Kinder, ohne dass sie/er studiert hat. Andere Länder – ich habe erst im Schulausschuss über Schweden berichtet – zeigen ganz deutlich, dass es möglich ist, dass nicht studierte Kräfte auch Bezugspersonen sein können. Es ist für mich eine völlige Farce, wenn Sie meinen, das wären alles nur Leute, die in der Ecke stehen und warten, bis man ihnen etwas zu tun gibt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir wollen das Fachpersonal unterstützen. Da sind wir genau beim Thema, denn der Bildungsplan stellt hohe Ansprüche an unser Fachpersonal. Es gibt sehr viele Interessen an dem Thema Kita, Kita-Leiter, Kita-Erzieher oder Eltern. Teilweise werden dabei unterschiedliche Interessen verfolgt. Kita-Erzieher bemängeln am meisten, dass sie zu wenig Zeit haben, sich mit dem Bildungsplan oder mit Dokumentationen auseinanderzusetzen. Damit meine ich nicht das reihenweise Einkleben von Lichtbildfotos, damit sich die Eltern nach vier Jahren freuen, sondern echte Dokumentationen. Diese Zeit wollen wir dem Fachpersonal geben. Es ist nicht schlimm, wenn es dadurch zum Einsatz von Sozialassistenten kommt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich gestatte.

Bitte, Frau Giegengack.

Ich habe eine Zwischenfrage. Herr Schreiber, Sie hatten gesagt – und das begrüße ich sehr –, das Geld ist höchstwahrscheinlich für Kitas mit auffälligen Kindern vorgesehen. Sie haben Verhaltensauffälligkeiten angesprochen, oder Kinder mit Migrationshintergrund, und sagen auf der anderen Seite, dazu brauchen wir kein Fachpersonal, das können auch Assistenzkräfte. Nun frage ich mich, wie Sie sich das

vorstellen. Das sind besondere pädagogische Herausforderungen. Ich glaube, dass das Geld genau in diese Einrichtungen gehen soll. Das halte ich für einen richtigen Ansatz. Auf der anderen Seite können wir aber nicht ausgebildete Fachkräfte dafür nehmen. Wie ist das möglich?

Liebe Frau Giegengack! Niemand sagt, dass für Kitas, in denen es einen besonders hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund gibt, auch mit sozialen Auffälligkeiten, Sozialassistenten geholt werden, die sich ausgerechnet mit diesen Kindern und deren Auffälligkeiten beschäftigen, sondern es geht darum, dass beispielsweise nach der Förderrichtlinie auch Fachkräfte eingestellt werden; auch das ist möglich. Es sollen die Kommunen vor Ort entscheiden, was das Beste für die jeweilige Einrichtung ist. Aber es geht darum, dass die Fachkräfte, die sich dann eben etwas verstärkter mit den Kindern mit Migrationshintergrund, mit den Kindern mit Sprachauffälligkeiten, mit Verhaltensauffälligkeiten beschäftigen sollen, wiederum eine Möglichkeit haben, durch Assistenzkräfte bei anderen Tätigkeiten entlastet zu werden.

Dazu sage ich – genauso wie im Schulausschuss –, es muss nicht unbedingt die Fachkraft während des Mittagsschlafs des Kindes in dieser Gruppe eine, anderthalb, zwei Stunden sitzen. Das kann im Zweifel eben auch eine ausgebildete Sozialassistenzkraft machen, und das hat nichts damit zu tun – –

(Annekathrin Giegengack, GRÜNE: Das ist auch gar nicht so! Dort sitzen nicht alle Erzieherinnen beim Mittagsschlaf!)

Liebe Frau Giegengack, ich habe im Rahmen des Perspektivwechsels schon Tage in Kindertagesstätten verbracht. Und diese Erzieherinnen, mit denen ich hier in Dresden zwei Tage gewesen bin – –

(Zuruf des Abg. Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE)

Ja, ja, Herr Dr. Pellmann, das sollten Sie vielleicht auch mal machen. Aber wenn Sie dort zu tief reden, haben die Kinder Angst. Fakt ist, die Erzieher haben mir gegenüber genau das bemängelt: dass sie im Prinzip den ganzen Tag am Kind sind, auch beispielsweise in der Zeit des Mittagsschlafs oder wenn es darum geht, Essen auszugeben, und dass sie eben nicht auch mal diese Minuten nutzen können, um beispielsweise qualitätsvolle Dokumentationen im Rahmen des Bildungsplans zu erledigen.

Das sind Aussagen von Erzieherinnen und Erziehern. Ich gestehe zu, dass es, wie ich gerade schon gesagt habe, anderweitige Interessen gibt. Es gibt Interessen der KitaEinrichtungsleiterinnen oder -leiter, es gibt Interessen der Eltern, denen man im Übrigen auch sagen muss, dass sie, wenn es zu einer Personalschlüsselabsenkung kommt, dann auch höhere Elternbeiträge bezahlen. Das wird nämlich immer leicht hinten runter fallengelassen – darüber spricht man ja nicht so gern.

Diese Aussagen von Erzieherinnen und Erziehern gibt es definitiv. Und dass die Erzieher sich manchmal auch aufteilen, da ist dann eine Aufsicht für zwei Türen oder zwei Gruppen, damit die andere auch einmal eine Mittagspause machen kann, auch das findet statt; das habe ich persönlich erlebt, und das lasse ich auch nicht in irgendeiner Art und Weise wegreden.

Letzter Punkt: Wir wollen, dass die Entscheidung darüber, welche Kitas entsprechend gefördert werden sollen mit zusätzlichem Personal – egal, ob Fachkraft oder Sozialassistenten –, vor Ort bei den Verantwortlichen gemeinsam mit den Jugendämtern getroffen wird. Das zeigt auch, dass wir die, die es letztendlich angeht, auch entsprechend einbeziehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Für die SPD Frau Dr. Stange bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss erst einmal sagen: Vielen Dank, Patrick Schreiber, für die Aufklärung, dass offenbar die Förderrichtlinie schon auf dem Weg ist. Und vielen Dank an die Fachleute im Ministerium, dass sich offenbar die Fachleute durchgesetzt haben und nicht die FDP, was den Einsatz der Gelder anbelangt.

(Zuruf des Abg. Patrick Schreiber, CDU)

Herr Schreiber, nach dem, was Sie beschrieben haben, können wir uns ungefähr vorstellen, was da drinsteht, und das wäre eventuell eine qualitative Komponente im Gegensatz zu dem, was Herr Bläsner noch während der Haushaltsberatung gesagt hat, als ich ihn gefragt habe, wofür denn die 5 Millionen Euro eingesetzt werden sollen, dass da ja eventuell auch Menschen hineinkommen können, die gar keine Ausbildung haben als Erzieherinnen, für den Kita-Bereich. Der Sozialassistent ist ja wesentlich später überhaupt erst ins Gespräch gekommen.

Von daher haben wir dort das gleiche Prinzip gehabt mit den 5 Millionen Euro, wie wir es in den Schulen haben: Geld statt Lehrer, Geld statt Erzieher, keine Senkung des Personalschlüssels. Das war nämlich das, was Sie gemeint haben, Herr Schreiber, was die Erzieherinnen wollten: Planungs-, Vorbereitungs- und Nachbereitungszeit, um die Bildungsdokumentation zu schreiben.

Das hat uns ja auch die Evaluierung des Bildungsplans gesagt. Eine Senkung des Personalschlüssels, des Betreuungsschlüssels, das war die Forderung der Erzieherinnen, und das war die Forderung der Kampagne „Weil Kinder Zeit brauchen“ und nicht den Einsatz von Geld, also sprich, über nicht qualifizierte Erzieherinnen und Erzieher oder nicht qualifiziertes Personal. Man sollte dann schon bei der Wahrheit bleiben und den Satz zu Ende führen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann verstehen, dass DIE LINKEN noch einmal Druck machen

wollten mit diesem Thema. Ich hätte der Staatsregierung noch ein bisschen Zeit gelassen, weil wir das Geld hoffentlich nicht im Keller verschmoren lassen wollten.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Frau Dr. Stange, geben Sie mir dahin gehend recht, dass die Kampagne „Weil Kinder Zeit brauchen“ zuallererst einmal eine Kampagne der Spitzenverbände der Wohlfahrtspflege gewesen ist, in deren Trägerschaften sich auch sehr viele Kindertageseinrichtungen befinden? Und geben Sie mir dahin gehend recht, als es zum Beispiel zu Demonstrationen hier draußen vor dem Landtag gekommen ist, dass da für dieses Mal beeindruckend viele Erzieherinnen dabei waren, aber dass letzten Endes zuallererst einmal die Forderung des Personalschlüsselsenkens eine Forderung der politischen Vertretung im Rahmen der Spitzenverbände ist und es, wenn man eben mit der einzelnen Kita-Erzieherin spricht, ihr relativ egal ist, auf welche Art und Weise sie entlastet wird? Sie will entlastet werden.

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