Protokoll der Sitzung vom 19.06.2013

(Beifall bei den LINKEN)

Frau Falken, die Redezeit.

Ja. Der Eindruck ist ganz klar und deutlich: Sie wollen keine Einigung, sondern Sie wollen den Eklat!

(Jens Michel, CDU: Es ist die Frage, wer die will oder nicht!)

Meine Damen und Herren! Das war Frau Falken für die Fraktion DIE LINKE. Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Abg. Bienst. Bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Falken! Wenn ich gewusst hätte, dass Sie eine Aussprache zur Verhandlung am 11. Juni heute in dieser Aktuellen Debatte führen wollen, hätte ich sicherlich nicht die Ausführungen gemacht, die ich jetzt machen werde. Ich habe das Papier noch einmal vor mir liegen.

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Freie Rede!)

Ich sehe in diesem Papier den ersten Satz. Dort steht: „Angebot an die Gewerkschaften GEW, Landesverband Sachsen, und dbb Beamtenbund und Tarifunion“. Ich habe das gerade noch einmal überflogen und sehe hier nichts von Diktat. Ich denke, das ist ein Gesprächsangebot. Diesem Gesprächsangebot sollte die Staatsregierung jetzt auch folgen. Ich denke, die Gewerkschaften bzw. die Tarifunion und der Beamtenbund werden diesem auch so folgen. Ich hoffe doch, dass es so passiert.

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, dass ich eigentlich mit einem Ausspruch der Oberbürgermeisterin von Dresden, Frau Orosz, beginnen wollte. Diesen Ausspruch machte sie am 13. Juni im Fachforum „Gesellschaftlicher Wandel! Quo vadis – Kita?“, bei dem auch die Kolleginnen Klepsch und Schütz anwesend waren. Dort sagte Frau Orosz zu Beginn dieser Veranstaltung – ich versuche einmal zu zitieren, ich habe es mir nicht genau aufgeschrieben, aber in etwa sagte sie Folgendes –: Meine Damen und Herren! Ich komme gerade vom Investorenfrühstück. Die potenziellen Investoren bestätigen mir – so Frau Orosz –, dass sie nur deshalb in Sachsen und speziell hier in Dresden investieren wollen, weil Sachsen eine hervorragende Bildungspolitik betreibt und Bildungspolitik hier in Sachsen groß geschrieben wird.

(Dr. Monika Runge, DIE LINKE: Wie lange noch? – Es war einmal!)

Man schwört auf sächsische Fachkräfte. Das ist die Aussage von Investoren, die hier in Dresden investieren wollen. Ich denke, wir sind hier auf dem richtigen Weg.

Auch die Gespräche mit den Leitern der Regionalstellen, die ich in den vergangenen 14 Tagen geführt habe, zeigten mir, dass dort eine gute Vorbereitung auf das nächste Schuljahr in vollem Gange ist, dass Maßnahmen zur Unterrichtsversorgung getroffen und abgestimmt werden.

(Annekatrin Klepsch, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Herr Bienst, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte, Frau Klepsch.

Bitte, Frau Klepsch.

Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Bienst, wir waren beide bei der Veranstaltung. Können Sie sich daran erinnern, dass die Kultusministerin, Frau Kurth, vor Ort auch gesagt hat: Lernen und gute Bildung funktionieren nur mit Motivation? Stimmen Sie mir zu, dass dies nicht nur für Erzieherinnen und Erzieher und Kinder, sondern auch für die Lehrerinnen und Lehrer an unseren Schulen zutreffend ist?

Liebe Frau Klepsch, da kann ich Ihnen voll zustimmen, weil ich ja selbst aus dieser Branche komme. Ich denke, ich komme in meinem Redebeitrag noch darauf zu sprechen.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Aber kein GEW-Mitglied!)

Ich hatte in diesem Gespräch nicht das Gefühl, dass die Unzufriedenheit der Kollegengemeinschaft zunimmt. Am letzten Montag hatte ich sogar das Gespräch mit Kolleginnen aus den Grundschulen, dass eine positive Stimmungslage hinsichtlich der Verhandlungen vorlag, die wir gerade in Vorbereitung des Haushaltes 2012 geführt haben. Aber Sie, Kollegen von den LINKEN, haben ja zu

diesem Haushalt keine Zustimmung gegeben. Die Kollegen in den Grundschulen waren dort sehr einverstanden damit.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von den LINKEN)

Ich bin überzeugt, dass viele Lehrerinnen und Lehrer motiviert in das neue Schuljahr gehen. Die Erfolge sächsischer Lehrerinnen und Lehrer in den Bildungs- und Erziehungsprozessen deutschlandweit zeigen, dass wir hier einen gradlinigen, einen richtigen Weg eingeschlagen haben. Dafür gilt es auch, Dank zu sagen.

Jetzt komme ich zu Ihnen, Frau Klepsch. Die Forderungen nach Anerkennung und nach Würdigung von Leistungen standen und stehen immer im Raum, logischerweise. Ich denke, auch das erstrittene höhere Gehalt für Angestellte in der Tarifverhandlung von 5,6 % dient dazu, dass ausscheidende Lehrerinnen und Lehrer durch junge Pädagogen ersetzt werden, dient dazu, dass Forderungen, die wir gemeinsam auch in der Koalition aufgemacht haben, die aber auch über die Gewerkschaften im Raum standen, nämlich nach verbesserter Eingruppierung gerade im Bereich der Förder- und Mittelschulen, erfüllt werden. Dafür liegen jetzt Angebote auf dem Tisch, die auch eine Würdigung der geleisteten Arbeit dieser Kollegen darstellen.

Oberste Priorität hat natürlich logischerweise die Unterrichtsversorgung. Über Modelle und Umsetzung in der nahen Zukunft zu diskutieren sehe ich als legitimes Erfordernis. Ich glaube, auch die Staatsregierung wird diesbezüglich die notwendigen Diskussionen führen.

Obwohl die Angebotsinhalte positiv sind, denke ich, dass natürlich auf der kommunikativen Ebene nicht alles ideal abgelaufen ist. Wichtig ist aber, dass alle Partner mitgenommen werden. Das war im Prozess vielleicht nicht immer der Fall. Wir werden darüber intern diskutieren.

Ich betone es noch einmal: Wenn keine Bewegung in die Verhandlungen gekommen wäre, dann wäre das Thema der LINKEN heute vielleicht gerechtfertigt.

(Zurufe der Abg. Cornelia Falken und Klaus Tischendorf, DIE LINKE)

Aber ich kann zu dem Zeitpunkt nicht verstehen, dass Sie dieses Thema heute hier in die Aktuelle Debatte aufgenommen haben.

Herr Bienst, Ihre Redezeit ist vorbei.

Ich glaube, dass mit den eingeleiteten Maßnahmen das Schuljahr vernünftig, ordentlich und gesichert beginnen kann.

In diesem Sinne danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Für die SPD-Fraktion spricht jetzt die Abg. Frau Dr. Stange. Bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Piwarz und Herr Herbst, die Debatte wäre heute wahrscheinlich gar nicht auf der Tagesordnung, wenn die Landesregierung dem Wunsch der Gewerkschaften gefolgt wäre und das Spitzengespräch am 11.06. aufgrund der Hochwassersituation abgesetzt hätte. Insofern ist der Vorwurf, den insbesondere Herr Herbst gemacht hat, dass man beides jetzt miteinander in einen Topf wirft, eher zurückzugeben

(Christian Piwarz, CDU: Wann war die denn angemeldet? Seien Sie doch einmal ehrlich!)

und dieser Vorwurf auch ein Stück zu relativieren. Die Gespräche hätten genauso gut nach der Sommerpause stattfinden können. Das war das Angebot der Gewerkschaften.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Sehr geehrter Herr Bienst, ein Angebot ist kein Verhandlungsergebnis. Wenn man die Verhandlungen faktisch desavouiert, indem man einseitig mit politischen Partnern das sogenannte Verhandlungsergebnis der Presse verkünden will, bevor es überhaupt zu Verhandlungen gekommen ist, dann kann ich aus meiner langjährigen Verhandlungs- und Gewerkschaftspraxis nur sagen: Ich hätte sofort den Raum verlassen. Insofern kann ich die Gewerkschaften gut verstehen. Herr Unland hat gerade die Notbremse gezogen, indem er den Gewerkschaften mitgeteilt hat, dass es offenbar ein Kommunikationsfehler ist und man jetzt zu Verhandlungen kommen will. Von daher bin ich noch guter Hoffnung, dass das, was als Angebot auf dem Tisch liegt, in tatsächliche Verhandlungen überführt wird und die Gewerkschaften das, was wir als Verhandlungen bezeichnen, überhaupt führen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Unser Jüngster wird 60“, so ein Plakat könnte man bald in jedem Lehrerzimmer aufhängen, um damit die Situation in den Schulen zu beschreiben. Tausende Lehrkräfte in Sachsen sind seit mehr als 30 Jahren im Klassenzimmer. Sie haben in jedem Schuljahr – auch nach 1990 – ohne einen Tag Schulschließung hochmotiviert das Schuljahr begonnen, obwohl oftmals an der Stundentafel der Kollege N. N. stand, der noch nicht eingetroffen war, den man vertreten musste, womit Mehrarbeit programmiert war.

Sachsens Schüler würden nicht einen Wettbewerb gewinnen, wofür Sie sich immer brüsten und worauf auch wir stolz sind, wären da nicht engagierte Lehrerinnen und Lehrer, die so motiviert sind, die Schülerinnen und Schüler bei diesen Wettbewerben zu begleiten. Die Staatsregierung strapaziert nun schon seit mehr als zwei Jahrzehnten diese Motivation und die Geduld der Kolleginnen und Kollegen und ihre professionelle Verantwortung, mit der sie jedes Schuljahr beginnen.

Zu Zeiten der Umstellung des Schulsystems und der existenziellen Gefährdung der Arbeitsplätze waren es die Gewerkschaften, die auf die Landesregierung zugegangen sind, um Ruhe an der „Schulfront“ zu schaffen, Arbeitsplätze zu sichern, Existenzen zu sichern, aber vor allen Dingen in Ruhe Unterricht durchführen zu können. Sie waren bereit, Teilzeitvereinbarungen abzuschließen, und zwar mit hohen finanziellen Verlusten. Dafür müssen sie sich heute von der FDP beschimpfen lassen.

(Benjamin Karabinski, FDP: Was?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt, wo Sachsens Lehrkräfte zu Recht einfordern, zum Beispiel durch eine angemessene Teilzeitregelung entlastet zu werden und gleichzeitig unseren jungen Kolleginnen und Kollegen, die vor der Tür stehen, einen größeren Korridor für die Einstellung zu eröffnen, jetzt, wo die Lehrkräfte mehr als 30 oder 40 Jahre ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt haben, haben sie eine gerechte und faire tarifliche Bezahlung eingefordert. Diese sollen sie auch bekommen. Sie wollen nicht in eine erneute Warteschleife. Sie wollen nicht eine erneute Leistungsbewertung, gerade bei den Mittel- und Förderschullehrern, wenn sie 30 oder 40 Jahre nachgewiesen haben, dass sie in den Klassen Hervorragendes leisten. Das ist kein Angebot, das ist eine Desavouierung der Arbeit der Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Cornelia Falken, DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was wir schon im Jahr 2010 mit dem Auslaufen des Bezirkstarifvertrages erlebt haben und jetzt jüngst wieder erleben mussten – von außen beobachtet, weil es ja Angelegenheit der Tarifparteien ist –, das ist – Herr Unland, es tut mir leid, das sagen zu müssen – Verhandlungsdilettantismus.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Man kann einem Verhandlungspartner nicht einseitig diktieren wollen, was er unterzeichnen soll, und ihn dann auch noch moralisch unter Druck setzen, weil vor den Türen des Verhandlungshauses das Hochwasser steht. So verhandelt man nicht. Da kann man nur die Mauern hochbauen. Da müssen Sie damit rechnen, dass die Gewerkschaften auch zum letzten Mittel der Durchsetzung ihrer Forderungen, zum Streik, greifen werden. Wenn es nicht gelingt, das abzuwenden, dann werden wir vermutlich das erste Mal seit über 20 Jahren tatsächlich ein Schuljahr nicht pünktlich beginnen können, sondern Lehrerinnen und Lehrer erleben, die streiken.

Unsere Kolleginnen und Kollegen sind motiviert, aber sie sind auch streikbereit. Sie sind nämlich Angestellte. Sie werden wissen, wie sie ihre Forderungen durchzusetzen haben. Diese Forderungen sind berechtigt.

Bitte kommen Sie zum Schluss!