Protokoll der Sitzung vom 19.06.2013

Natürlich kann man Signale nach Berlin aussenden, und natürlich kann man die, Kollege Mackenroth, interpretieren. Es könnte auch das Signal ausgesendet werden: Die Sachsen halten die Unterstützung ihrer Industrieforschungseinrichtungen für nicht so wichtig, und warum sollen wir dann als Bund weiter fördern? Das ist eine Interpretationsfrage, und wenn die Bundesförderung weiter fließt, kann man in aller Ruhe mit den Mitteln andere Dinge machen.

Aber, meine Damen und Herren, versetzen Sie sich noch einmal in die Lage der Industrieforschungseinrichtungen. Die brauchen jetzt ein deutliches Signal von uns allen, nicht nur ein Lippenbekenntnis und dann eine Ablehnung.

Zur Illustration habe ich einmal drei Stimmen aus der Praxis mitgebracht: Die erste: „Sie haben mit wenigen Worten einige sehr wesentliche Rahmenbedingungen der nicht grundfinanzierten Forschungseinrichtungen aufgezeigt.“ Das kommt vom Sächsischen Institut für die Druckindustrie GmbH Leipzig.

Zweite Stimme: „Als von einer möglichen Beendigung des Förderprogrammes INNO-KOM-Ost direkt Betroffene unterstützen wir die Initiative Ihrer Fraktion zur Bereitstellung von Fördermitteln des Freistaates für notwendige Infrastrukturinvestitionsmaßnahmen aus

folgenden Gründen in vollem Umfang:“ – Dann kommen die Gründe. CeWOTec gGmbH Chemnitz.

Die dritte Stimme: „Der ITW e. V. Chemnitz kann diesen Vorschlag nur unterstützen. Er dient der Zukunftssicherung einer erforderlichen materiell-technischen Basis und letztendlich auch der Schaffung fairer Wettbewerbsbedingungen zum Beispiel im Vergleich mit Fraunhofer. ITW wünscht Ihnen viel Erfolg bei der Durchsetzung und bedankt sich als Betroffener für Ihr Engagement.“

So weit die Praktiker. Ich glaube, das spricht für sich. Ich habe meine Arbeit in der Enquete-Kommission nicht so verstanden, dass sie mit dem Aufstellen von Handlungsempfehlungen abgeschlossen ist. Ich finde, man soll aus Handlungsempfehlungen Handlungen machen. Das war ein Vorschlag, und deshalb bitte ich Sie um Zustimmung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt können wir zur Abstimmung kommen. Ich lasse punktweise über den Antrag abstimmen, wie es von der Fraktion GRÜNE beantragt wurde. Ich rufe auf die Drucksache 5/12128 Punkt 1. Wer möchte die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist der Punkt 1 dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe auf Punkt 2 der gleichen Drucksache. Wer möchte zustimmen? – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Auch hier gleiches Abstimmungsverhalten. Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist dennoch Punkt 2 mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe auf Punkt 3. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist Punkt 3 dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.

Alle Punkte wurden abgelehnt, und eine Gesamtabstimmung erübrigt sich dadurch.

Erklärungen zu Protokoll

Die sächsische Forschungs- und Innovationslandschaft ist gekennzeichnet einerseits durch eine gut ausgebaute öffentliche Wissenschaftsinfrastruktur und andererseits durch ein relativ niedriges Niveau an industrieller Forschung und Entwicklung. Die FuE-Ausgaben in der sächsischen Wissenschaft erreichen – gemessen am Bruttoregionalprodukt – nahezu Westniveau, während die FuE-Ausgaben unserer Industrie deutlich darunter liegen – eine Folge unserer nach wie vor kleinteilig geprägten Wirtschaft; es fehlen Großunternehmen und Konzernzentralen. Industrielle FuE geht daher auch im Freistaat im Wesentlichen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) aus. Diese können jedoch die Lücke, die durch die fehlende FuE der Großunternehmen entsteht, nicht komplett schließen.

An dieser Stelle setzen die externen Industrieforschungseinrichtungen (IFE) an. Sie entstanden in den neuen Bundesländern aus den Forschungseinrichtungen früherer DDR-Kombinate, sind gemeinnützig und verstehen sich als FuE-Dienstleister. Die Ergebnisse ihrer FuE-Tätigkeit stellen sie der Allgemeinheit zur Verfügung, führen jedoch auch Aufträge der Privatwirtschaft aus. Im Vergleich zu kleinen und mittleren Unternehmen verfügen die Industrieforschungseinrichtungen über deutlich

größere FuE-Einheiten und können ein wesentlich breiteres Kompetenzfeld anbieten. Der Fokus liegt dabei auf Hochtechnologien. Im ostdeutschen Innovationssystem sind sie ein wichtiger Akteur und unterstützen ostdeutsche KMU in deren Innovationsbemühungen; sie sind im ostdeutschen Innovationssystem fest verankert.

Die mittelständisch geprägten Strukturen in der ostdeutschen Industrielandschaft werden sich in absehbarer Zeit nicht grundlegend verändern. Somit wird die ostdeutsche Wirtschaft auch in den kommenden Dekaden weiter auf das Wachstum der bestehenden KMUs sowie auf innovative Existenzgründungen und deren positive Entwicklung setzen. Vor diesem Hintergrund sind und bleiben die Industrieforschungseinrichtungen mit ihren rund tausend Mitarbeitern im Freistaat ein wichtiger Akteur in unserem Innovationssystem, auf den auch wir als CDU-Fraktion im Freistaat bis auf Weiteres nicht werden verzichten können.

Die Frage ist nur: Wie finanzieren? Auch wir als CDU wollen externe gemeinnützige Industrieforschungseinrichtungen fördern. Das ist über Technologieförderung oder über die Beantragung von GA-Förderung möglich. Bereits ab 1990 gab es zusätzlich gezielte Förderprogramme der Bundesregierung, um das FuE-Potenzial der ostdeutschen Wirtschaft zu erhalten. Dadurch konnte die Mehrzahl der Industrieforschungseinrichtungen die

schwierige Phase der Transformation überstehen.

Im Jahr 2009 wurde die Förderung der Industrieforschungseinrichtungen neu gestaltet: Die Fördermaßnahmen für IFE wurden im Programm „INNO-KOM-Ost“ gebündelt mit den zwei Fördermodulen „marktorientierte FuE-Vorhaben“ (MF) sowie „Vorhaben der Vorlaufforschung“ (VF). Außerdem wurde ein Modellvorhaben zur Förderung der technischen Infrastruktur (MV-IZ) als Ergänzung der beiden Förderlinien eingeführt.

Damit komme ich zum Antrag: Richtig ist: Die Fördermaßnahme „INNO-KOM-Ost" mit den drei Fördermodulen Vorlaufforschung, marktorientierte Forschung und Investitionszuschuss technische Infrastruktur läuft planmäßig zum 31.12.2013 aus. Aber: Berlin denkt über die Verlängerung der Maßnahme nach. Einer Verlängerung um ein Jahr hat bisher weder der BRH noch das BMF zugestimmt. Aber: Eine Verlängerung des Programms „INNO-KOM-Ost“ um ein Jahr ist durchaus denkbar. Es steht – so die mir vorgestern erteilte Auskunft des BMWi – die Entscheidung des BMF noch aus.

Bevor in Berlin nicht das letzte Wort gesprochen ist, weigere ich mich aus einem einzigen eigentlich doch sehr naheliegenden Grund, über die Notwendigkeit und die Ausgestaltung einer weiteren Förderung des Moduls IZ der INNO-KOM-Ost-Förderung allein aus Landesmitteln überhaupt nachzudenken: Erstens. Mir wäre es lieb, wenn der Bund sich zur Verlängerung der Fördermaßnahme entschließen würde. Das scheidet aus, wenn wir hier und heute sagen: Der Freistaat zahlt es aus eigener Tasche. Wir ersetzen ja schließlich auch nicht die zurückgehenden Solidarpaktmittel aus Landesmitteln, sondern halten den Bund in seiner Verantwortung für den Freistaat Sachsen.

Der jetzige Antrag ist ein falsches Signal nach Berlin. Noch einmal: Die CDU-Fraktion ist offen für die Unterstützung der Industrieforschung, wie Sie übrigens auch dem Abschlussbericht der Enquete-Kommission entnehmen können. Aber jetzt gilt es, das Augenmerk nach Berlin zu richten und dort zu kämpfen.

Zweitens. Notwendigkeit? Die Industrieforschungseinrichtungen sind auf einem guten Wege, können bald auf eigenen unternehmerischen Füßen stehen und haben eventuell ausreichend Hilfe zur Selbsthilfe erhalten. Wollen wir wirklich diesen Weg durch andauernde Unterstützung und damit einhergehende Abhängigkeit behindern?

Drittens. Warum eigentlich nur das Modul IZ der INNOKOM-Ost? Auch die beiden anderen Module haben sich doch bewährt. Und warum die Summe von 8 000 Euro pro Mitarbeiter? Das ist gegriffen – 8 Millionen Euro jährlich sind nahezu sämtliche Landesforschungsmittel aus den Haushaltsjahr 2013.

Aus diesen Gründen empfehle ich meiner Fraktion die Ablehnung.

Mit dem Auslaufen der bisherigen Innovationsförderung Ost durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am Jahresende macht sich erneut die Behandlung der Förderung der angewandten Forschung im Plenum des Sächsischen Landtags erforderlich.

Natürlich gibt es viele Möglichkeiten, wie zukünftig die Innovationsförderung gesichert werden kann, die sicherlich auch in den Ministerien beraten werden, aber die Stille und der damit verbundene weitere Zeitverfall treiben den Forschungsinstituten in Sachsen die Falten in die Stirn. Forschungsaufgaben verlangen eine langfristige

Planung und finanzielle Absicherung. Wir sind also gehalten, den nahtlosen Übergang in die neue EUFörderperiode zu sichern.

Solange das Europäische Parlament keinen Haushalt hat, ist das ein frommer Wunsch, kann man mir entgegnen. Während das Europäische Parlament mit den Regierungschefs einen harten Streit führt, kann Sachsen in Sachen Innovation nicht nur auf den europäischen Haushalt warten, um die angewandte Forschung in Sachsen über das Jahr 2013 zu sichern.

Der Bund handelt nicht, tut so, als sei in Brüssel nichts geschehen. Das kann ich schon kritisieren und damit die Staatsregierung auffordern, gegenüber dem Bund aktiver zu werden. Minister Morlok, das ist Ihre Aufgabe im gelb-geführten Wirtschaftsministerium! Schon gar nicht reicht mir aus, wie es morgen in der Aktuellen Debatte der Koalition wieder geschehen wird, dass Erfolge in der Mikroelektronik gegenüber der EU gefeiert werden, während die traditionellen Industriebranchen im Freistaat als Anwender der Mikroelektronik in Sachsen noch keine Planungssicherheit für ihre innovativen Produktideen und Technologieentwicklungen haben, weil einzig die Finanzierung ab Januar 2014 noch völlig offen ist.

Hier wird ein Bild verzerrt und das lassen wir Ihnen natürlich nicht durchgehen. Sicherlich ist es eine verzwickte, ja eine schwierige Situation, die nicht zuletzt auch wegen der zweiten „Jahrhundertflut" verstärkt wird. Die Schadensbeseitigung ist nicht nur lebenswichtig, sondern auch teuer. Die Reihenfolge in der Investitionsförderung wird sich durch die einzusetzenden Landesmittel verschieben! Das verlangt aber eine transparente und ehrliche Diskussion mit allen Betroffenen, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Hier spüre ich jedoch durch das Wirtschaftsministerium keinen Plan B bzw. strategischen Handlungsrahmen. Vielleicht ist eine Veränderung gar nicht nötig.

Fragen gibt es also viele, Antworten keine! Mir geht es nicht um Schuldzuweisung, sondern um die Aufforderung für mehr aktives Handeln, um den zukunftsweisenden Technologietransfer gerade jetzt nicht durch eine ungenügende Grundlagenfinanzierung mit „absaufen" zu lassen. Die Gefahr, die besteht, ist: Es brechen Projektentwicklungen ab bzw. werden neue Projekte in sechs Monaten eingestellt bzw. nicht begonnen.

Deshalb muss ich an die Position der Mehrheit in der Enquete-Kommission erinnern. Ich zitiere aus dem Enquetebericht, nicht aus dem Minderheitenvotum, nein, aus dem Teil, dem die Mehrheit mit wenigen Enthaltungen zugestimmt hat. Ich zitiere von Seite 194: „Um den Bestand der Forschungseinrichtungen und ihre Fortentwicklung zu sichern, ist zu prüfen, ob Landesmittel und Eigenkapital, zusätzliche Fördermöglichkeiten für ihre Forschungsinfrastruktur sowie Beteiligung an Forschungsprojekten bestehen.“

Für mich ist dieser Sachverhalt erfüllt, deshalb unsere Unterstützung des Antrages der GRÜNEN, während Sie in der Koalition immer noch prüfen, wenn Sie überhaupt

schon mit Prüfen begonnen haben! Halten Sie Wort, es sind erst wenige Wochen vorbei, als Sie diese Position bezogen haben.

Nun wird alles nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird, könnte man mir entgegnen. Ich antworte Ihnen: Wenn da nicht so eine lasche Haltung der Koalition zu den Forschungs-GmbHs wäre, könnte ich noch etwas Ruhe bewahren; denn die Koalition steht für eine nicht ausreichende Förderung der Industrieforschungseinrichtungen, indem keine Grundfinanzierung zugestanden wird. So ist es im Enquetebericht, diesmal nur mit den Stimmen der Koalition festgehalten. Das hat natürlich ein Minderheitenvotum herausgefordert.

Deshalb haben die demokratischen Fraktionen die Staatsregierung aufgefordert – ich zitiere von Seite 204 –: „ … Forschungs-GmbHs als Alleinstellungsmerkmal für

Sachsen zu begreifen und sie als Standortvorteil zu fördern, konkrete Schritte zur Förderung der Forschungsinfrastruktur einzuleiten und die Anschaffung von Versuchsanlagen, Labor- und Prüfgeräten künftig finanziell zu unterstützen.“

Diese Forderung ist mehr als legitim. Wer ForschungsGmbHs nicht als Chance für die Entwicklung unserer kleinteiligen Wirtschaftsstruktur versteht, der setzt die kontinuierliche wirtschaftliche Entwicklung Sachsens

aufs Spiel. Wer – außer diesen Industrieforschungseinrichtungen – ist eine bessere Schnittstelle zwischen Wissenschaft und der kleinteiligen Wirtschaftsstruktur Sachsens und sichert die Entwicklung sächsischer Wertschöpfung für die Zukunft? Wer kann – so frage ich Sie – das Größenwachstum sächsischer Unternehmen besser beeinflussen?

Wer die Industrieforschungseinrichtungen nicht nach diesem Minderheitenvotum fördert – meinetwegen auch degressiv nach Kriterien der entwickelten Kooperationsketten, der Steigerung der Wertschöpfung oder der Gründung innovativer Unternehmen in Sachsen –, der ist wirtschaftspolitisch einfach töricht.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen der Noch-Koalition und Freunde der innovativen Unternehmen von Sachsen: Schreiben Sie sich doch die Forderung der innovativen Unternehmen ins Stammbuch für das Förderprofil 2014. Ich zitiere die öffentliche Forderung an die Staatsregierung: „… alle Register zur Sicherung der Industrieforschung zu ziehen, um jährlich eine Förderaufstockung um 7 % zu sichern.“ Das ist die öffentliche Messlatte. Nun beweisen Sie sich mal!

Meine Damen und Herren! Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 8

Pflichtversicherung für Elementarschäden einführen –

EU-Hilfen für Hochwasseropfer in Sachsen einfordern

Drucksache 5/12130, Antrag der Fraktion der NPD

Es beginnt die NPD. Danach folgen CDU, LINKE, SPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie das wünscht. Es beginnt Herr Abg. Löffler für die einbringende Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass es die NPD-Fraktion war, die als Erste einen Antrag zu den Schlussfolgerungen aus der Hochwasserkatastrophe eingebracht hat, durch die unser Land in den letzten Wochen heimgesucht wurde. Neben diesem Antrag haben wir mit der Drucksache 5/12132 noch einen weiteren mit dem Titel „Sicherstellung der Hilfen für Hochwassergeschädigte – Bericht der Staatsregierung zum Schadensumfang sowie zur Finanzierung und Durchführung der Hilfs- und Wiederaufbaumaßnahmen“ eingebracht. Dabei werden wir auf weitere Aspekte eingehen, mit denen wir die Lage der Flutopfer verbessern wollen und der hier an dieser Stelle ebenfalls behandelt werden soll.

Lassen Sie mich zunächst in meinem Redebeitrag auf das Problem der Pflichtversicherung für Elementarschäden eingehen. Das ist ein Thema, das immer wieder dann auftaucht, wenn gerade wieder ein Hochwasser Sachsen