Protokoll der Sitzung vom 20.06.2013

Bundesebene einen Nachtragshaushalt und eine höherer Neuverschuldung geben wird.

Wir als NPD sind eben der Auffassung, dass es in einer solchen Situation durchaus legitim ist, wenn sich der Finanzminister mit Blick auf den Zeitpunkt der Übernahme des Tarifergebnisses des öffentlichen Dienstes für die sächsischen Beamten erst einmal einen Überblick über die gesamte Haushaltslage verschafft, bevor irgendwann auch einmal endgültig entschieden wird.

Und das muss ich jetzt auch an Ihre Adresse sagen, Herr Gebhardt: Hilfreich ist doch ein Blick in das rot-rot regierte Brandenburg, wo es erst am 5. Juni eine lautstarke Demonstration vor dem Potsdamer Landtag gab, weil die Landesregierung unter ihrem linken – wohlgemerkt: linken – Finanzminister Helmut Markov bislang noch gar kein Angebot vorgelegt hat. Die Gewerkschaft ver.di rechnet mittlerweile wegen der durchsichtigen Hinhaltetaktik der Potsdamer Landesregierung mit kräftigen Abstrichen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, kehren Sie also bitte erst einmal vor Ihrer eigenen Tür und nehmen Sie endlich zur Kenntnis, dass der föderale Flickenteppich bei der Beamtenbesoldung zwar ein politisches Unding ist und bleibt, dass man aber feststellt, wenn man sich einmal ins Detail einarbeitet, dass es gerade linksorientierte Regierungen sind, die ihre Beamten konkret am schlechtesten behandeln. Gerade wegen dieser kaum mehr zu überbietenden politischen Heuchelei wird die NPDFraktion Ihren Antrag ablehnen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf für eine zweite? – Jawohl. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Herr Abg. Bartl. Sie haben das Wort, Herr Bartl.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Michel, wenn die Finanzer die Deutungshoheit über die Verfassung bekommen oder sie sich anmaßen, wird es gefährlich.

(Zuruf des Abg. Jens Michel, CDU)

Ich gebe gern zu, dass wir nicht unbedingt die allergrößten Fans für die Einrichtung des Berufsbeamtentums nach der Wiedererrichtung des Freistaates Sachsen waren. Im verfassungsgebenden Ausschuss gab es treffliche Debatten darüber, ob wir es tun, ob wir es nicht tun. Zum Beispiel war BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dagegen und dergleichen mehr. Schließlich ist entschieden worden. Die Verfassung ist mit ganz großer Mehrheit angenommen worden.

Darin ist eine Verfassungsklage vorgesehen. Sie besagt in Artikel 91 definitiv – das muss immer wieder auch bei den Finanzern in den Kopf –, dass letztlich alle hoheitlichen Aufgaben bestimmten herausgehobenen Bestandtei

len des öffentlichen Dienstes, nämlich den Beamtinnen und Beamten, zu übertragen sind. Analog könnte man das für die Rechtsprechung bei den Richterinnen und Richtern anführen.

Jetzt ein ganz kleiner Diskurs: Nimmt man den aktuellen Kommentar von Baumann-Hasske und Kunzmann, so wird zu Artikel 91 erklärt, was damit gemeint ist und welche Konsequenzen das für die Frage hat, über die wir debattieren. Dort heißt es: „Gemäß deutscher Verwaltungstradition, an die Grundgesetz und Sächsische Verfassung anknüpfen, soll das Berufsbeamtentum, gegründet auf Sachwissen, fachliche Leistung und loyale Pflichterfüllung, eine stabile, gesetzestreue Verwaltung sichern und damit einen ausgleichenden, neutralisierenden Faktor gegenüber den das Staatsleben gestaltenden politischen Kräften.“ Das ist die Kommentierung zu Artikel 91.

Wenn nun aber die das Staatsleben gestaltenden politischen Kräfte, nämlich zum Beispiel dieses Hohe Haus und die Staatsregierung, nach Gutdünken in Reflexion der Haushaltslage entscheiden können, wie sie die Beamten ausstatten, geht das System nicht auf. Das Berufsbeamtentum ist nicht verfassungsänderungsfest. Das ist völlig klar. Aber das Problem ist eben, dass wir eine eindeutige Konstellation dahin gehend haben, dass Berufsbeamte, solange sie da sind, eben den Anspruch haben, innerhalb des öffentlichen Dienstes wenigstens gleichbehandelt zu werden, und dass sie zugleich den Anspruch haben, dass das vor allem auch in Form der angemessenen Alimentation geschieht in Gestalt von Besoldung, Beihilfen, Altersversorgung etc.

Dieses Alimentationsprinzip als elementarer Baustein zur Sicherung des persönlichen Lebensstandards der Beamten, der Richterinnen und Richter ist wiederum für das Funktionieren von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit Voraussetzung. Es hat zwei Elemente. Zum einen entscheidet über die Alimentation der parlamentarische Gesetzgeber, wodurch die Beamtenbesoldung dem Tariffindungs- und Arbeitskampfsystem entzogen ist. Das ist ja das Problem. Das ist letztlich die Krux. Beamte haben nicht die Möglichkeit, das im Arbeitskampf oder in ähnlichen Dingen zu erreichen.

Das andere Element ist das Gebot der angemessenen Höhe der Beamtenbesoldung, die den Dienstherrn verpflichtet, den Beamten und seine Familie in einer Höhe zu alimentieren, die es ihm eben nicht auferlegt, sich noch mit Nebentätigkeiten und Ähnlichem mehr gewissermaßen das zu verschaffen, was man für einen standardgemäßen Unterhalt braucht.

Darauf hat Kollege Brangs den Finger. Wenn wir zunehmend eine größere Zahl von Beamtinnen und Beamten in den verschiedensten Beamtenberufen haben, die mit Genehmigung des Dienstherrn eine zweite berufliche Tätigkeit aufnehmen – was der Dienstherr wiederum aus dem Verstand heraus wegen der Besoldungshöhe tut –, dann stimmt etwas nicht, weil der Beamte dann eben nicht das, was eigentlich seine Aufgabe ist, sich nämlich dem

öffentlichen Dienst als Lebensberuf vollumfänglich zu widmen, voll ausfüllen kann.

Wenn Sie das jetzt mit der vorgesehenen Verfahrensweise in dieses 217 Seiten umfassende Gesetz mit Begründung hineinbasteln, neben Dienstrechtsreform und anderen Schritten, dann wollen Sie damit die sogenannte inhaltsgleiche – zeitgleich ist sie ohnehin nicht – Tarifeinigungsübernahme durchführen. Wenn dieses Gesetz nach der Sommerpause in den Landtag kommt und im September angehört werden soll, wie verlautbart wurde, wird es irgendwann im November angenommen werden. Dann ist auf jeden Fall schon klar, dass Sie Monate gewonnen haben, in denen Sie die Beamtinnen und Beamten im Freistaat Sachsen wesentlich schlechter bezahlen als den übrigen öffentlichen Dienst.

Es ist für uns momentan auch mitnichten bewertbar, ob das wirklich inhaltsgleich ist. Das werden wir anhand des Gesetzes prüfen. Es liegt uns noch nicht vor. Wir haben nur eine Reaktion aus dem Kreis der Betroffenen heraus, die einfach sagen: Diese Art und Weise, jetzt wieder nach Besoldungsgruppen, nach bestimmten Dienstgruppen zu differenzieren und dies wieder zeitversetzt zu machen, bringt auch mit dem Abstandsgebot innerhalb der einzelnen Funktionsgruppen wieder Kollisionen.

Wir alle haben heute in unserem Postfach mit Datum vom 20. Juni 2013 ein Schreiben an die Abgeordneten des Hohen Hauses von der Deutschen Polizeigewerkschaft, Landesverband Sachsen vorgefunden. Dort heißt es: „Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die gemeinsame Presseerklärung des Finanz- und des Innenministeriums vom 18.06.2013 zur Neugestaltung des Dienst-, Besoldungs- und Versorgungsrechts im Freistaat Sachsen ist der Hohn und Gipfel an Geschmacklosigkeit gegenüber uns, der Beamtenschaft.

(Vereinzelt Beifall bei den LINKEN)

Mit dem Beschluss vom 18. Juni 2013, den Gesetzentwurf zur Neugestaltung des Dienst-, Besoldungs- und Versorgungsrechts im Freistaat Sachsen so in den Landtag einzubringen, hat die Sächsische Staatsregierung abermals ihren nicht hinnehmbaren Abstand zur Lebensrealität bewiesen.

Wenn man mit dieser Reform 100 Millionen Euro einsparen will, sind das Hochwasser und die damit beabsichtigte Verknüpfung der nicht zeitgleichen Übernahme der Tarifergebnisse die besten Beweise dafür, wie gegen Beamte und Beamtinnen vorgegangen und wie mit ihnen umgegangen wird.“

Genau das Problem – auch das hat Kollege Brangs gesagt – des Motivationsverlustes liegt mit in diesen Themen. Wir sind der Auffassung, es kann für Sachsen bei unserer Finanzlage und bei dem, was bereits mit der Frage Streichung der Sonderzahlung an Sonderopfern gebracht worden ist, nur eine zeit- und inhaltsgleiche Übernahme geben. Alles andere ist nicht richtig, ist nicht gerecht und entspricht auch nicht der Leistung, die Beamte und

Beamtinnen, Richter und Richterinnen im Freistaat Sachsen erbringen.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Abg. Patt. – Herr Patt, Sie warten bitte noch einen kleinen Augenblick. Herr Michel hat sich entschlossen zu intervenieren. Mikrofon 4, bitte.

Danke, Herr Präsident. Ich möchte noch auf die aufgeworfenen Fragen von Kollegen Bartl eingehen. Er hat gesagt, dass es unklar ist, wann das greift. Ich möchte noch einmal wiederholen: Für die Besoldungsgruppen A 2 bis A 9: 1. März 2013, für die höheren Besoldungsgruppen: 1. September 2013. Für die Bezügeerhöhung im Jahr 2014 ist der 1. April vorgesehen. Das habe ich vorhin auch gesagt. Wir haben ebenfalls gesagt, dass man das letztendlich auch rückwirkend zahlen kann.

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Man kann das rückwirkend zahlen! Das ist einfach ein Fakt! Das ist möglich. Des Weiteren haben wir gesagt, dass wir gern den Fahrplan haben möchten, dass wir im September anhören und im November den Plenarbeschluss herbeiführen wollen.

Herr Bartl.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Wir haben ein sehr unterschiedliches Verständnis von inhaltsgleich. Von zeitgleich ist ohnehin nicht die Rede. Zweitens haben wir ein sehr unterschiedliches Verständnis von der Rolle des Parlaments. Das Parlament hat 132 Abgeordnete. Nichtsdestotrotz: Wenn wir so agieren, dass es hier einen Teil gibt, der sich Koalition nennt und der mit Vorkenntnissen, die ihm von der Staatsregierung zugearbeitet werden, in irgendwelche Debatten geht und sich dann auf Zahlen beruft, die die demokratische Opposition überhaupt nicht nachvollziehen kann, die noch keiner beschlossen hat, wo ich auch sagen darf, das darf doch wohl ein offenes Gesetzgebungsverfahren sein – –

Oder sind wir inzwischen so weit, wenn der Arbeitskreis der CDU Finanzen und vielleicht noch Innenpolitik beschlossen hat, gilt es ohnehin als ausgemacht und in Stein gemeißelt?

(Cornelia Falken, DIE LINKE: Dann brauchen wir auch kein Parlament mehr!)

Dann brauchen wir kein Parlament mehr! Lassen Sie uns zu Hause bleiben! Dann sparen wir die Reisekosten! Dann können Sie die den Beamten geben, die nebenbei bemerkt auch darauf verweisen, dass das Geld für Diätenerhöhungen immer da war.

(Uta Windisch, CDU: Sie nehmen es doch auch! Das ist jetzt scheinheilig! – Alexander Krauß, CDU: Sagen Sie das mal Ihren Brandenburger Kollegen! – Unruhe im Saal)

Das Problem ist letzten Endes – das muss wirklich einmal ausgesprochen werden: Es ist eine Unverschämtheit, die Beamtinnen und Beamten bis November hinzuhalten, bis sie wirklich wissen, was nun de facto tatsächlich und gesetzlich gesichert wird.

(Unruhe im Saal)

Noch bevor die Brandenburger etwas gesagt haben, haben Sie etwas versprochen. Das wollen wir einmal festhalten. Genau das ist unser Problem, Kollege Michel, wenn, dann uns auf gleicher Augenhöhe ins Bild setzen und Verlässlichkeit in die Debatte bringen!

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Herr Patt, jetzt haben Sie das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einen Teil dieser Aufregung, Herr Bartl, kann ich überhaupt nicht verstehen. Zunächst fragen Sie, wann wir etwas vorhaben und was wir vorhaben. Als Kollege Michel das mit Dank an die Steuerzahler, die uns diese Einnahmen bescheren, erklärt, sagen Sie, es reicht auch wieder nicht und ob man dem glauben kann. Wir müssen doch durchaus einmal bei vielen anderen Berufs- und Einkommensgruppen im Lande dafür werben, wie wir 280 Millionen Euro für die Angestellten und 160 Millionen Euro für die Beamten für die Jahre 2013 und 2014 zur Verfügung stellen und was wir mit dem Geld anderes nicht machen. Diese Aufgabe haben wir auch als Parlament; denn wir sind nicht nur für die Beamten zuständig – aber auch.

Wir werden den Vorschlag machen, das entsprechend dieser Steigerungsraten und dieser Daten, wie Kollege Michel gesagt hat, einzuführen; denn die Beamtenschaft ist uns das wert. Die Beamtenschaft ist uns auch wert, dass wir hier unterscheiden und aus Gerechtigkeitsgründen diese Schere nicht so weit vergrößern, sondern es ist uns wichtig, dass wir, bevor wir alle Beamten anheben, zunächst einmal die unteren Einkommen anheben. Denn die haben es – Sie haben selbst darauf hingewiesen – durch diesen immensen Einsatz zum Beispiel in den letzten Tagen und Wochen beim Hochwasser besonders verdient. Aber nicht nur dort. Dafür werbe ich ausdrücklich, Herr Bartl, auch bei Ihrer Fraktion, dass Sie dem bitte auch zustimmen können.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Patt, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Bartl kann nachher auch noch einmal sprechen.

Sie brauchen nur Nein oder Ja zu sagen.

Wir haben mit unseren Staatsfinanzen insgesamt einen großen Bereich zu beobachten und zu organisieren. Da sind uns die Beamten, ohne die kein Staat zu machen ist, auch lieb und teuer. Das bringen wir auch zum Ausdruck, indem wir anders als andere Bundesländer die gleichen Beträge übertragen, die es bei den Angestellten gab. Wenn Sie sich die 16 Bundesländer anschauen, sind es, glaube ich, zwei, die das noch machen. Wir machen das auch.