Protokoll der Sitzung vom 20.06.2013

Wir brauchen auch etwas Luft. Ja, das ist richtig. Wir sind nicht Krösus in der Nation. Wir brauchen etwas Luft, deshalb ist der Plan, erst zum 01.03. und zum 01.09.2014 anzuheben. Damit befindet sich die sächsische Beamtenschaft im Gleichklang mit fast allen anderen Bundesländern. Wir machen keinen großen Unterschied zwischen sächsischen und anderen Beamten, obwohl wir bei uns eine Personalausstattung haben – ich klammere jetzt einmal den Bereich Bildung aus, wo wir uns ein besonderes Plus leisten –, wir haben eine Personalausstattung, die auf 1 000 Einwohner 28 % höher ist, 12 Vollzeitäquivalente gegenüber 9,34 Vollzeitäquivalenten, die Durchschnitt der Flächenländer West haben.

Wir leisten uns also nicht nur eine inhaltsgleiche Anpassung der Gehälter, wir leisten uns auch eine bessere Personalausstattung weit über allen anderen Bundesländern. Das liegt nicht nur daran, dass wir eine etwas längere Grenze haben. Das sind uns unsere Beamten wert, und das sollten wir ihnen auch ordentlich vermitteln. Ich finde es eine große Leistung aller anderen Bereiche, die hier auf Gelder verzichten.

Herr Patt, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich möchte weiterreden. – Es ist kein Sozialstaatsprinzip, sondern es ist nach Artikel 33 (5) unsere Aufgabe, die Alimentation vorzunehmen. Die ist auch nicht beliebig, nicht variabel, auch nicht wirtschaftlich und politisch, sondern wir müssen darauf achten – und die Kollegin Hermenau hat mit der Verwaltungshochschule Speyer in der Demografiekommission immer darauf hingewiesen –, dass der öffentliche Dienst auch attraktiv ist.

Ich muss mir überlegen, haben wir das richtig gemacht? – Zur Attraktivität kann ich feststellen und das müssen wir einmal positiv herausstreichen: Der öffentliche Dienst ist in Sachsen und in Ostdeutschland Lohnführer. Er ist Lohnführer! Der öffentliche Dienst verdient mehr als der verarbeitende Sektor.

(Lachen bei der SPD)

Das ist anders, Kollege Brangs, als in den alten Bundesländern, wo Sie herkommen. Da verstehe ich ja, dass Sie sagen, wir müssen hinterher, das verarbeitende Gewerbe hat höhere Einkommen. Das ist bei uns andersherum.

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Der öffentliche Dienst – und da können Sie Bankenverband, Statistisches Landesamt, Statistisches Bundesamt, Ifo-Institut, ganz gleich wen fragen – ist Lohnführer. Ich kann Ihnen das dann gern auch weiter erklären. Die Zeit haben wir heute hier nicht. Aber ich möchte es festhalten. Der Unterschied macht ungefähr 4 000 Euro zum verarbeitenden Gewerbe aus und zum Bereich Handel ungefähr 10 000 Euro auf das Jahr gerechnet und brutto.

Man kann auch andere Zahlen nennen, um zu sagen, wir gehen wirklich fair mit unseren Beamten um. Das Durchschnittsnettomonatseinkommen beträgt 2 875 Euro. Das ist uns unsere Beamtenschaft wert. Das sind übrigens 361 Euro mehr, als die Angestellten des öffentlichen Dienstes im Durchschnitt bekommen –

(Stefan Brangs, SPD: Im Durchschnitt!)

und ungefähr 1 190 Euro mehr als das Nettoeinkommen im produzierenden Gewerbe und bei den Dienstleistungen, die – wir haben die aktuelle Statistik gerade bekommen – 15,30 Euro Stundenlohn brutto haben. Der Fairness wegen sei gesagt, Beamte müssen auch noch ungefähr 160 Euro für die private Krankenkasse zahlen.

Jetzt haben wir aber nicht nur Beamte im Staat, sondern wir müssen uns auch überlegen – dafür werbe ich bei allen noch einmal –, wenn wir über Fragen wie Mindesteinkommen und Mindestrente diskutieren, dass es auch noch andere Menschen gibt. Wir sollten einmal überlegen, wie wir deren Einkommen anpassen, Kollege Michel, ob wir von Staats wegen so viel Geld übrig haben, dass wir vielleicht jedem Beschäftigten 1 190 Euro mehr zahlen, damit er einigermaßen, natürlich bei gleicher Qualifikation – das muss man schon sehen –, in den Genuss bzw. in die angemessene und faire Vergütung kommt, wie wir die im öffentlichen Dienst haben.

Man könnte das auch beispielsweise noch mit einer Zahl unterlegen, wie es dann bei der Rente aussieht. Auch da werbe ich für eine Mindestrente für den Bereich, der nicht öffentlicher Dienst ist. Dafür müssen wir etwas tun. Während wir eine Durchschnittsrente – Pension heißt es bei Beamten – von 3 610 Euro für den höheren Dienst und immerhin 1 800 Euro für den einfachen Dienst erwirtschaften, ist das doch ein attraktives Beschäftigungsverhältnis. Dafür müssten wir werben und das herausstreichen. Wir brauchen gute Leute im öffentlichen Dienst.

Allerdings haben wir in den Betrieben bzw. bei dem Rest der Bevölkerung eine Bruttorente von 1 263 Euro. Hier müssen wir dringend etwas tun, denn der Abstand ist möglicherweise für die Privaten zu groß, als dass wir alle aufnehmen könnten.

Wir sind so stark und kräftig in Sachsen, dass sich auch die Beamten um ihre Pension keine Sorgen machen müssen wie vielleicht im Saarland, auch in BadenWürttemberg oder gar in Nordrhein-Westfalen; denn ein Drittel dieser Summen ist bereits kapitalunterlegt, also für einen Beamten im höheren Dienst im Durchschnitt, der im Jahr 2012 3 610 Euro Pension bekam, müssen wir, so

glaube ich, rund 800 000 Euro Kapitalstock bilden. Das haben wir getan, und ein Drittel haben wir schon kapitalgedeckt. Damit besteht auch wirklich Sicherheit, denn wir müssen dafür sorgen, dass die Beamtenschaft lebenslang – das ist unser Auftrag und nicht wie Sie, Kollege Bartl, einfach einmal so schnell und irgendwelche Monate – sowie auch deren Familie komplett abgesichert ist. Dafür stehen wir im Freistaat, und das machen wir weiter so.

Zum Abschluss möchte ich Ihnen noch ein Bild vermitteln. Stellen wir uns vor, die öffentlichen Ausgaben sind so eine Art Setzkasten. Darin sind viele kleine Bausteine: Hochschulen, Schulhausbau, Feuerwehrausstattung,

Straßenbau, öffentlicher Nahverkehr usw. Das ist ein geschlossener Kasten, ein geschlossenes System. Wir schließen diesen, indem wir keine Verschuldung zulassen, wir können nur das ausgeben, was wir haben. In dem Moment, in dem eines dieser Kästchen wächst, müssen wir uns immer fragen, wer dafür schrumpft. Diese Frage bitte ich Sie auch für die insgesamt knapp über 400 Millionen Euro zu beantworten, die wir jetzt für eine bessere Besoldung ausgeben. Wir müssen überlegen, dass wir dafür keinen öffentlichen Nahverkehr oder keinen Schulhausbau machen können. Das muss uns klar sein. Je mehr in so einen Kasten hineingeblasen wird und je mehr sich einer dieser Bausteine ausdehnt, dann platzt das System irgendwo, dann explodiert das System, und wir als CDU-Fraktion und als Regierungskoalition mit der FDP stehen dafür ein, dass dieser Kasten immer geschlossen bleibt, dass wir keine Schulden aufnehmen und dass wir mit dem Geld auskommen. Das heißt aber auch gleiches Gewicht und gleiche faire Bedingungen für alle, die in diesem Verfahren, in diesem Haushaltskasten, beteiligt sind.

Werben Sie bitte für den öffentlichen Dienst in Sachsen. Er ist ausgesprochen attraktiv. Ich habe nicht den Eindruck, dass es große Mengen gibt, die woanders hinwandern. Das mag in manchen Lehrerbereichen anders sein, darüber haben wir eine andere Diskussion geführt. Aber wir haben exzellente Einkommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Frau Friedel, bitte.

Herr Präsident, ich würde gern von einer Kurzintervention Gebrauch machen. Herr Patt, Sie reden wie ein Blinder von der Farbe. Das war eben wirklich der Hammer, was Sie erzählt haben. Ihr Argument lautet: Bei uns in Sachsen ist der öffentliche Dienst momentan besser bezahlt als die Leute in der privaten Wirtschaft.

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Habe ich so nicht gesagt!)

Deswegen brauchen wir nicht noch mehr. Sie haben völlig recht. Die CDU hat in den vergangenen 20 Jahren dafür gesorgt, dass Sachsen Niedriglohnland Nummer 1 ist.

(Protest bei der CDU)

Sie ruinieren erst die Tarife und die Löhne bei den privaten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, und wenn diese weit genug unten sind, dann sagen Sie, und jetzt verdienen aber die öffentlich Angestellten zu viel, jetzt müssen die auch weniger bekommen.

Herr Heidan, hören Sie doch einmal kurz zu, bei mir lernen Sie vielleicht mehr als bei Herrn Kollegen Patt.

Wir hatten vor zwei bis drei Wochen die Anhörung zum Thema Schuldenbremse. Da haben wir – ich muss gestehen, dass ich das noch nicht wusste – etwas mitgeteilt bekommen, was mir sehr neu, aber im Nachhinein sehr nachvollziehbar war. Sachsen ist das Bundesland mit der geringsten eigenen Einnahmekraft. Wir nehmen weniger selbst ein als Länder wie Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt oder Thüringen. Woran liegt das? Weil wir nicht die Einnahmen aus der Einkommensteuer und aus der Lohnsteuer haben, weil die Leute hier so wenig verdienen. Und Sie erzählen, dass es gut ist, dass die Leute so wenig verdienen? Der öffentliche Dienst bekommt noch viel zu viel. Dann erzählen Sie uns auch, dass der öffentliche Dienst in Sachsen noch attraktiv sei? Wir bekommen nicht nur keine Lehrer mehr, wir bekommen nirgendwo mehr Bewerber her wie Strafvollzugsbedienstete, Justizwachtmeister, Polizei. Nehmen Sie bitte einmal die Wirklichkeit zur Kenntnis. Es fehlen überall Leute. Sie wollen nicht mehr für den Freistaat Sachsen arbeiten. Es bewerben sich nicht genug. Spätestens das sollte deutlich machen, dass Sie hier dringend umsteuern müssen und vom Schreibtisch in die Wirklichkeit gehen.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Herr Patt, Sie möchten erwidern?

Ja.

Bitte.

Vielen Dank. Ich möchte kurz auf die Überlegungen von Frau Friedel eingehen, wie das ist, wenn hier noch höhere Löhne gezahlt werden. Das habe ich ja auch eingefordert. Ich habe sowohl höhere Löhne für den öffentlichen Dienst als auch für die Privatwirtschaft gefordert. Nur bei den einen können wir das selbst regeln – das ist die Beamtenschaft und das sind die Angestellten, und das tun wir als Regierungsfraktionen –; doch für die Privatwirtschaft können wir das nicht tun, sondern wir können nur darum bitten.

Wir müssen aber erst einmal feststellen, Kollegin Friedel: Wenn es höhere Lohnsteuern und höhere Einkommensteuern gibt, dann gibt es auf der anderen Seite auch geringere Körperschaftsteuern, denn des Unternehmers Gewinn ist auch Teil der Finanzierung des Staatswesens.

Wenn er mehr an die Mitarbeiter abgibt, dann sinkt die eine Säule und die andere steigt.

Aufgrund der Progression, liebe Kollegin, die wir haben, kann es sogar bei Personengesellschaften zu einer geringeren Staatseinnahme führen. Aber das muss eine Wirtschaft, die selber verantwortlich ist, selbst tun. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass wir in den neuen Ländern für den öffentlichen Dienst 100 % Westgehalt zahlen, und wir haben eine um 28 % höhere Personalausstattung auf 1 000 Einwohner im Durchschnitt. Wer das in der Wirtschaft nicht hat und nicht kann, der kann auch diese hohen Löhne nicht zahlen, wenn er die Produktivität nicht hat. Das müssen Sie bitte zur Kenntnis nehmen. Der öffentliche Dienst ist hier mit den Produktivitätskennzahlen besonders privilegiert.

Danke.

(Beifall bei der CDU)

Frau Jähnigen, bitte.

Ich höre hier Westgehalt 23 Jahre nach der Wende und glaube, mich verhört zu haben. Wir haben die Gehälter aus guten Gründen angeglichen. Was für alte Vorurteile graben Sie hier aus!

Selbst ein neutraler Zuhörer Ihrer Rede hat sicher bemerkt, dass Sie keinerlei Zahlen, keinerlei Belege für Ihre Behauptungen gebracht haben. Ich nenne Ihnen einmal einige Zahlen.

Erstens. Sie behaupten, wir haben eine höhere Personalstärke pro Kopf in Sachsen als in anderen ostdeutschen Bundesländern. Beispiel Polizei. Sachsen-Anhalt: ein Polizeibediensteter auf 3,3 Leute, bei uns schon ein Polizeibediensteter vor dem großen Stellenabbau, den Sie noch vorhaben, auf 3,5 Leute. Es stimmt nicht. Wir haben jetzt schon Probleme in der Polizeidichte.

Zweitens. Gut, vergleichen wir, aber dann reden wir auch über Folgekosten in allen Bereichen. Liebe Kollegen von der CDU, Sie haben von Folgekosten im Haushalt gesprochen. Aber Sie sprechen nur in bestimmten Bereichen, zum Beispiel beim Personal, über Folgekosten und andere blenden Sie aus. Und das ist das, was Ihre Haltung nicht glaubwürdig macht und was die Leute ärgert.

Jetzt noch ein Wort zum Durchschnittsverdienst. Damit können Sie ganz trefflich argumentieren, weil Sie verkennen, dass wir gerade in den unteren Gehaltsgruppen Personalmangel haben. Lassen Sie sich doch einmal von den Polizeifachleuten erzählen, mit welchen Mühen inzwischen geeignete Anwärterinnen und Anwärter rekrutiert werden können. Und Sie wollen in der Dienstrechtsreform, wie wir gehört haben – den Entwurf kennen wir ja noch nicht –, die unteren Gehaltsgruppen viel weniger angleichen als die oberen. Damit vergrößern Sie das Problem des Fachkräftemangels doch noch. Und das wird hier in einer Art und Weise schöngeredet, –

Bitte zum Schluss kommen.

Das tue ich, Herr Präsident.

dass ich es nur noch als unbegründetes Eigenlob bezeichnen kann.