Das ist unsere gemeinsame Aufgabe, und deshalb möchte ich mich an dieser Stelle nicht nur beim Sächsischen Ausländerbeauftragten und seinem Team bedanken, sondern ich habe auch gespürt, dass bei den demokratischen Fraktionen ein Umdenken stattgefunden hat, dass man hier gemeinsam vorangehen will, dass man Sachsen bunter machen will und dass ein Schub zu erkennen ist. Ich habe den Eindruck, dass wir hier einen Konsens haben, dass wir ein weltoffeneres Sachsen haben wollen als das, was wir haben. Das macht mir ein wenig Mut. Ich hoffe, dass wir alle gemeinsam weiterhin diesen Weg beschreiten.
Das war Kollege Brangs für die SPD-Fraktion, und jetzt schließt sich Herr Kollege Karabinski für die FDP an.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Prof. Gillo! Zu Beginn möchte ich mich ganz herzlich für Ihre Arbeit hier im Freistaat Sachsen als Ausländerbeauftragter bedanken. Ihr Engagement für eine Willkommenskultur im Freistaat Sachsen ist nicht hoch genug einzuschätzen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Anteil an ausländischer Bevölkerung in Sachsen liegt bei 2 %. In Berlin ist jeder Siebente ein Ausländer. Bei uns im Freistaat Sachsen könnte man es schon als Erfolg bezeichnen, wenn nur jeder Siebente einen Ausländer persönlich kennen würde. Mit Martin Gillo hat der Freistaat Sachsen einen Ausländerbeauftragten, der selbst rund 30 Jahre ein Ausländer war. Wer wäre also besser geeignet für das Amt des Ausländerbeauftragten als er? Durch seine Zeit, die er in den USA und der Schweiz verbracht hat, weiß er aus eigener Erfahrung sehr genau, worauf es ankommt, was wichtig ist, um eine Willkommenskultur zu gestalten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die sächsische Bevölkerung hat seit 1990 um mehr als 600 000 Personen abgenommen. Dies ist ein Verlust von knapp 13 %. Bis zum Jahr 2020 wird nach Prognosen die Bevölkerung um weitere 15 % gegenüber dem Jahr 2000 abgenommen haben. Dieser Verlust seit 1990 entspricht den Einwohnerzahlen von Chemnitz, Dresden und Leipzig. Das Durchschnittsalter in Sachsen ist mittlerweile mit 46 Jahren das höchste in Deutschland, bedingt durch fehlende Geburten.
Wie Sie alle wissen, ist nicht die Arbeitslosigkeit unser größtes Problem, sondern mittlerweile ist es der Mangel an Fachkräften. Es ist inzwischen an der Zeit, einen roten Teppich für qualifizierte Zuwanderer auszulegen, wenn wir die Nachfrage nach Fachkräften wirklich decken wollen. Dies ist notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit der sächsischen Unternehmen zu halten und zu stärken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es beginnt im alltäglichen Leben im Umgang miteinander. Wie weit sind
unsere Türen geöffnet, wie klar können wir ein herzliches Willkommen an Ausländer richten? Was tun wir, dass sich diese Menschen auch wirklich bei uns heimisch fühlen können und respektvoll behandelt werden? In den uns vorliegenden Berichten gibt uns Martin Gillo einen sehr umfassenden und, wie ich meine, auch interessanten und mitunter auch zum Nachdenken anregenden Überblick über seine Tätigkeit. Er zeigt, welche Chancen uns andere Kulturen bieten, und ermutigt uns zu einem Perspektivwechsel.
Die Jahresberichte zeigen uns, in welchen Bereichen wir vorankommen und wo noch Handlungsbedarf besteht. Der Heim-TÜV beispielsweise hat in Deutschland zwischenzeitlich eine Vorreiterrolle übernommen. Diese Methode erlaubt es unter Einbeziehung verschiedener Faktoren, das Leben in Gemeinschaftsunterkünften zu erfassen. Seit dessen Einführung lassen sich deutliche Verbesserungen erkennen. Andere Bundesländer, wie beispielsweise Thüringen, haben inzwischen diesen Heim-TÜV übernommen und begannen ebenfalls, die Unterbringung von Asylsuchenden zu überprüfen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Deutsch für alle, 99 Wege zur deutschen Sprache“ ist ein weiterer wichtiger Punkt im Rahmen einer erfolgreichen Integration. In allen sächsischen Gemeinschaftsunterkünften finden wir jetzt ein Sprachregal mit dieser Broschüre. Sie bietet so auch denjenigen eine Möglichkeit, deutsch zu lernen, die aufgrund ihres Aufenthaltsstatus keinen Anspruch auf einen Deutschkurs haben. Aber auch sie müssen sich im täglichen Leben mit Verkäuferinnen und Verkäufern, mit Krankenschwestern, Apothekern usw. verständigen können.
„Klugen Köpfen Türen öffnen“, diese Initiative startete der Freistaat Sachsen ebenfalls als erstes Bundesland. Es wurde ein neues Verwaltungsverfahren in ausgewählten Ausländerbehörden eingeführt, um einen schnelleren Zugang zum Arbeitsmarkt in Sachsen zu ermöglichen. Die Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen trägt darüber hinaus zu einer besseren Aufnahme und Integration bei. Auch Begegnungsforen wie die Interkulturelle Woche, das Einbürgerungsfest oder auch der Integrationskreis tragen dazu bei, die Grundlage für die sächsische Willkommenskultur zu schaffen.
Ich möchte mich stellvertretend für meine Fraktion bei Herrn Prof. Gillo herzlich für seine geleistete Arbeit bedanken und empfehle unbedingt Ihnen allen, seinen Bericht zu lesen. Mein Dank gilt aber auch dem Team des Ausländerbeauftragten, das mit seiner täglichen Arbeit den Freistaat Sachsen ein Stück weltoffener macht. Enden möchte ich mit einem Zitat des Ausländerbeauftragten: „Wir haben keine andere Chance als Integration.“
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Prof. Gillo, Sie sind engagiert, ehrlich, und Sie sind unbequem. Gleiches trifft auch auf Ihr Team zu. Vielen Dank an Sie und Ihr Team auch von der Fraktion GRÜNE im Sächsischen Landtag.
Sie haben dem Amt des Sächsischen Ausländerbeauftragten in der Vergangenheit ein starkes Profil gegeben. Das ist bemerkenswert und gerade deshalb auch so wichtig, damit in Sachsen nicht nur über Willkommenskultur geredet wird, sondern auch konkrete Maßnahmen zur Umsetzung getroffen werden.
Voraussetzung dafür, dass wir uns darüber verständigen, was wir unter Willkommenskultur verstehen und dass wir die nötigen Schritte einleiten, ist eine Offenheit und eine innere Haltung, die Sie, Herr Gillo, repräsentieren und um die wir uns alle bemühen sollten.
Die Defizite, auf die die Kolleginnen und Kollegen vor mir eingegangen sind, die es ja in Sachsen durchaus gibt, sollten heute – glaube ich – nicht im Mittelpunkt unserer Reden stehen, sondern eher, wie die Arbeit des Sächsischen Ausländerbeauftragten und seines Teams dazu beitragen kann, diese Defizite bewusst zu machen und Schritte zu gehen, an diesen Situationen etwas zu ändern. Die Tätigkeit des Sächsischen Ausländerbeauftragten ist nicht nur in Sachsen, sondern auch über die Landesgrenzen hinaus wahrnehmbar, besonders beachtet – der Kollege eben ist schon darauf eingegangen – wird der von Ihnen ins Leben gerufene, konsequent begleitete und wiederholt durchgeführte Heim-TÜV.
Dieser Heim-TÜV stellt eine vorbildhafte Form des Umgangs mit menschenrechtlich gebotenen Standards bei der Unterbringung von Flüchtlingen und der Kontrolle dieser Standards dar. Wie breit darüber hinaus das Engagement von Herrn Gillo und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist, verdeutlichen die heute zur Debatte stehenden Jahresberichte für 2011 und 2012. Ich möchte nur einige der Aktivitäten exemplarisch herausgreifen.
Nochmals zum Heim-TÜV: Zu nennen ist in diesem Zusammenhang auch der veröffentlichte Bericht „Mitmenschen im Schatten – Heim-TÜV 2011 – Über das Leben in sächsischen Gemeinschaftsunterkünften“, in dem die Ergebnisse der Besuche, des Verfahrens, der aufgestellten Bemessungsgrundlagen bekannt gemacht und auch konkrete Veränderungsvorschläge unterbreitet werden. Es ist ja besonders erfreulich – und ich glaube, das muss man auch einmal sagen –, dass dieser transparente Beurteilungsprozess tatsächlich zu Verbesserungen
in den Gemeinschaftsunterkünften geführt hat, was man ja dem Bericht 2012 entnehmen kann. Aus unserer Sicht wäre es wünschenswert, dass auch dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen stärker zum Thema gemacht würde.
Nennen möchte ich auch das Netzwerk Integration und Migration Sachsen sowie das Netzwerk der kommunalen Ausländer- und Integrationsbeauftragten. Dem Motto folgend „Einigkeit macht stark“, initiierte der Sächsische Ausländerbeauftragte diese Netzwerke, die vor allem als Plattform für den fachlichen Austausch dienen sollen und die darüber hinaus von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den Mitgliedern dieser Netzwerke durchaus als Anerkennung ihrer Arbeit verstanden werden.
Den Schwerpunkt der Arbeit des Sächsischen Ausländerbeauftragten und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in seinem Büro bildete im Jahr 2012 das Werben in Vielfalt auf den verschiedenen Ebenen in unterschiedlichen Lebensbereichen. So kamen ausländische Fachkräfte, die in Sachsen arbeiten, zu Wort und konnten ihre Erfahrungen mit Behörden, in der Straßenbahn, in der Schule, eben an Orten, die das tägliche Leben ausmachen, schildern. Deutlich wurde in der explorativen Studie, dass nur eine konsequente interkulturelle Öffnung der Behörden zu einem besseren Lebens- und Willkommensgefühl der Zugewanderten führen kann. Ich hoffe sehr, dass diese Erkenntnisse bei den Verantwortlichen, das heißt, auch bei uns, Gehör finden und zu konkreten Initiativen führen.
Dabei versuchte Herr Gillo auch, Unternehmen für das Thema Vielfalt zu gewinnen. Unter der Überschrift „Zuwanderungsland Sachsen – Was sächsische Unternehmen empfehlen“ wird der Gewinn beschrieben, den sächsische Unternehmen haben, die sich bewusst für eine vielfältig zusammengesetzte Belegschaft einsetzen.
Daneben rücken auch ehrenamtliche Strukturen in das Blickfeld des Ausländerbeauftragten, so zum Beispiel Feuerwehr, Sportvereine oder das ehrenamtliche Rettungswesen. All das sind Orte, an denen sich Menschen begegnen, an denen Menschen voneinander lernen und an denen sie sich wertschätzen. Auch hier spielt Vielfalt eine große Rolle.
Was ich mir darüber hinaus wünsche, ist, dass wir hier im Landtag und darüber hinaus den Unterschied zwischen Toleranz und Akzeptanz verstehen.
Nur wer sein Gegenüber akzeptiert und eben nicht nur toleriert, kommt zu einer Begegnung auf Augenhöhe, zeigt echte und nicht nur vom Verstand erfasste Weltoffenheit. Toleranz heißt ja, etwas ertragen. Man erduldet etwas, was eigentlich unangenehm ist. Das drückt sich zum Beispiel in der populistischen Debatte zu bestimmten Flüchtlingsgruppen aus. Anders ist das bei der Akzeptanz. Hier nehme ich mein Gegenüber so an, wie er oder sie ist.
Erst wenn dieses Verständnis unser aller Handeln leitet, werden wir einen spürbaren Ruck hin in Richtung Weltoffenheit erfahren. Bis dahin ist es gut, einen starken und engagierten Ausländerbeauftragten in Sachsen zu haben.
Solange es im Übrigen keine echten Mitbestimmungs- und Beteiligungsmöglichkeiten für Migrantinnen und Migranten gibt, brauchen wir einen Beauftragten, der ihren Interessen Gehör verleiht und ihnen zur Durchsetzung verhilft. Wir haben als Landtag die Möglichkeit, uns für mehr Beteiligungsmöglichkeiten einzusetzen.
Herr Gillo, Sie haben auf jeden Fall weiterhin viel zu tun. Ich wünsche Ihnen und Ihrem Team dabei viel Kraft und Ausdauer und danke Ihnen nochmals für Ihr reges und ehrliches Engagement in den zurückliegenden Jahren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem Herr Gillo nun von allen angeblich demokratischen Fraktionen
huldigungsähnliche Ovationen entgegennehmen durfte, nehmen wir nun einmal die rosarote Brille ab und schauen uns die Tatsachen an, und zwar Tatsachen, die in seinen peinlichen Hochglanzbroschüren nicht vorkommen,
Broschüren mit Bilderchen grinsender und Fähnchen schwenkender Neupassbesitzer, von kunterbunten Straßenfesten und interkulturellen Schmusekursen oder gestanzt wirkenden Grußworten von Bürgermeistern und Fotos von bongospielenden Negern.
Herr Dr. Gillo, Sie können froh sein, dass die meisten Wähler Ihre rosarot gefärbten Jahresberichte nicht in die Hand bekommen, denn dann würde die CDU in die politische Bedeutungslosigkeit fallen.
Ganz egal, wie sich die CDU bei der Ausländerlobby auch prostituiert, Passdeutsche werden auch künftig das Original wählen, die volksfeindlichen Linksparteien.