Ja, in der Tat. – Herr Minister Kupfer, Sie halten es also für grüne Ideologie, wenn grüne Landwirtschaftsminister lang geübte Praxis in Diskussionsrunden hinterfragen? Das halten Sie für Ideologie? Glauben Sie nicht, dass Fragen zum Beispiel auch zum misslichen Erbe der LPGs hier in der Agrarwirtschaft auch in Sachsen durchaus berechtigt sind? Sie
kennen die Debatte um Wiedereinrichter, um Ökohöfe, überhaupt um kleinere Höfe – im Gegensatz zu den großen. Sie wissen, wovon wir sprechen.
Gerade beim Fleisch ist billig eben nicht immer gut oder geil – das wissen Sie ganz genau. Man kann auch zum Handwerk schauen, weil Sie die Wirtschaftsförderung infrage gestellt haben. Das Handwerk hat jahrelang eine bundesweite Kampagne dazu gemacht, dass es eben auch um werthaltige Produkte geht, um Qualität dessen, was man herstellt. Das betrifft auch die Landwirtschaft, das betrifft auch das Fleisch. Wir wollen Qualität beim Fleisch. Massentierhaltung bringt kaum Qualität.
Sie haben das Fracking angesprochen. Ich sage Ihnen einmal ganz offen, meine Damen und Herren Kollegen von der Union: Man muss ja schon gegen das Fracking sein, wenn man für das Reinheitsgebot des sächsischen Bieres ist; das muss Ihnen klar sein, weil Sie automatisch das Grundwasser beeinträchtigen. Ich bin lieber für das Reinheitsgebot des Bieres als für das Fracking, das Sie nicht beurteilen können.
Technikfeindlichkeit: Bei uns sind alle Equipments mit allen möglichen mobilen technischen, elektronischen Varianten von Erleichterungen der Büroarbeit ausgestattet. Aber unabhängig davon: Nicht alles, was machbar ist, soll man auch machen. Wenn Sie das nicht verstehen, dann frage ich mich wirklich, wo die Diskussionspartner für kluge Politik in Zukunft sein sollen, und die Selbstbescheidung und die Eigenmäßigung wird die bestimmende Debatte in der Politik auch in Sachsen in den nächsten Jahren sein, und Sie stellen sich dieser Debatte, oder Sie stellen sich ihr nicht.
Das war die Kurzintervention von Frau Kollegin Hermenau. – Ist eine Reaktion gewünscht? – Ja, bitte, Herr Staatsminister Kupfer.
Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Das, was Sie in Ihrem Redebeitrag gesagt haben, ist wieder typisch. Sie haben die konventionelle Landwirtschaft wieder pauschal kriminalisiert; Sie haben wieder pauschal unterstellt, dass das, was an konventioneller Landwirtschaft, an tierischen Produkten hergestellt wird, gleich „nicht gut“ ist, und Sie haben in diesem Atemzug auch wieder die Ökolandwirtschaft ins Spiel gebracht und damit suggeriert, dass Ökolandwirtschaft gut und sauber
Das stimmt ganz einfach nicht. Sie wissen genau, dass wir im Freistaat Sachsen und dass ich persönlich den Ökolandbau immer unterstützt haben.
Wir haben mit die höchsten Förderquoten für die Umstellung. Ich habe in der letzten Woche entschieden, dass wir im nächsten Jahr trotz unklarer Vorgaben aus der EU Neuantragstellungen für die Umstellung auf Ökolandwirtschaft zulassen.
Ich verwahre mich dagegen, meine Damen und Herren, die konventionelle Landwirtschaft hier immer wieder an den Pranger zu stellen. Das haben die Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, nicht verdient.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich möchte gern zu dieser dritten Bewerbungsrede – und, mit Verlaub, der schwächsten, die wir heute gehört haben – noch zwei Punkte sagen.
Zum einen: Ich war im Jahr 1990 16 Jahre alt, war nicht hier und spreche deshalb nicht über die friedliche Revolution. Ich würde Ihnen als damaliger stellvertretender Kreisgeschäftsführer der CDU – seit 1982 Mitglied – empfehlen, das vielleicht ebenso zu halten.
Was mir aber auch noch wichtig ist: Sie haben von einer Realität gesprochen, die Sie in Sachsen sehen. Ich spreche von meiner Realität und ich nehme den Sachsen nicht ihren Stolz, sondern ich nehme CDU und FDP ihren Hochmut. – Danke schön.
Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich sehe in dieser 1. Aktuellen Debatte keinen weiteren Redebedarf; wir sind somit am Ende dieser Debatte angekommen und sie ist damit abgeschlossen.
Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion DIE LINKE das Wort; das Wort ergreift Herr Kollege Hahn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor die schwarz-gelben Koalitionspartner nachher scheinheilig nachfragen, warum wir gerade dieses Thema auf die heutige Tagesordnung gesetzt haben, will ich Ihnen die Antwort gleich zu Beginn geben.
Es gab ja 2005 schon einmal eine deftige Wahlkampflüge – damals ging es um die Mehrwertsteuer. Die CDU wollte eine Erhöhung um maximal 2 %, die SPD wollte gar keine Erhöhung. Dann ging man die Große Koalition ein und heraus kamen 3 % Mehrwertsteueranhebung. Das traf vor allem die sogenannten kleinen Leute und der Protest dagegen war zu Recht riesengroß.
Franz Müntefering sagte später einmal sinngemäß, er könne nicht verstehen, warum er sich nach der Wahl an dem messen lassen müsse, was er vor der Wahl gesagt habe. Ja, meine Damen und Herren, genau das ist das Problem der herrschenden Politik in Berlin und auch hier bei uns in Dresden.
Wir als LINKE machen das nicht mit und deshalb konfrontieren wir Sie auch immer wieder mit Ihren Versprechungen, die Sie gegeben haben. Gerade weil am Wochenende Wahlen anstehen, sollten die Menschen im Land daran erinnert werden, was die Regierenden einmal versprochen und was sie gehalten haben – oder eben auch nicht.
Das größte gebrochene Versprechen seit der Mehrwertsteuerlüge ist die bisher nicht erfolgte Angleichung der Renten Ost an die Renten West.
Zur Erinnerung, meine Damen und Herren: Im Koalitionsvertrag von 2009 hatten CDU/CSU und FDP schriftlich vereinbart, die Deutsche Renteneinheit im Laufe der Legislaturperiode – also bis spätestens 2013 – herzustellen. Die Legislaturperiode ist zu Ende und es steht fest: Dieses Wahlversprechen, in das gerade viele ältere Menschen auch hier in Sachsen große Hoffnungen gesetzt haben, ist eiskalt gebrochen worden. Mehr noch: Das Ziel der deutschen Renteneinheit haben CDU und CSU nun
Die Sächsische Staatsregierung – allen voran der Ministerpräsident – hat in den letzten Jahren ebenfalls nichts unternommen, um die Renteneinheit endlich auf den Weg zu bringen. Dabei hätte doch gerade von Sachsen mit den meisten Rentnerinnen und Rentnern im Osten ein entsprechendes Zeichen ausgehen müssen und eine Initiative gestartet werden sollen. Doch Tillich & Co. taten selbst nichts und verteidigten auch noch das Nichtstun der Bundesregierung.
So erklärte die Sozialministerin im Februar 2012 auf eine Anfrage meiner Fraktion – Zitat –: „Unter Berücksichtigung der komplexen Anforderungen erscheint aus Sicht der Staatsregierung eine schnelle Angleichung des Rentenwertes Ost innerhalb dieser Legislaturperiode wenig wahrscheinlich.“ – Trotz der Aussagen im Koalitionsvertrag.
Der Staatsregierung war also offenbar von Anfang an klar, dass es mit der Herstellung der Renteneinheit nichts werden würde. Sie hat jedenfalls den Wortbruch der Bundesregierung ohne Widerstand in Kauf genommen.
Dabei gab es ausreichend Gelegenheit, über Bundesratsinitiativen aktiv zu werden. Wir als LINKE haben dazu diverse Anträge vorgelegt, so zum Beispiel zur Rückkehr zum gesetzlichen Renteneintrittsalter mit 65 Jahren, zur Wiedereinführung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung für Langzeitarbeitslose, zur Einführung eines Stufenprogramms zur Angleichung des aktuellen Rentenwertes Ost an den aktuellen Rentenwert West, zur einheitlichen Anrechnung von drei Jahren Kindererziehungszeit auf die gesetzliche Rente, also auch für Kinder, die vor 1992 geboren wurden. Und nicht zuletzt forderten wir in einem Antrag „Altersarmut bekämpfen – solidarische Mindestrente einführen“.
All das hätte zur Umsetzung des Koalitionsvertrages von CDU und FDP beitragen können. Doch genau das wurde immer von CDU und FDP abgelehnt – hier im Sächsischen Landtag ebenso wie im Deutschen Bundestag.
Und es gibt noch weitere offene Baustellen. Ich kann aus Zeitgründen nur Stichworte nennen: die Benachteiligung des mittleren medizinischen Personals aus DDR-Zeiten, der ungeklärte Status der Balletttänzer oder auch die überfällige Beendigung des Rentenstrafrechts.
Wer heute als junger Mensch im Osten eine Arbeit aufnimmt, der wird auch in 40 Jahren noch in seinem Ren
tenbescheid nachlesen können, dass er damals eben nicht im Westen tätig war und deshalb dann weniger Rente erhält.