Diesen Bericht hat es aber bis heute nicht gegeben. Auf eine Anfrage der Kollegin Klepsch haben Sie geantwortet, den Bericht gibt es Ende des Jahres.
Ich bin in der Debatte damals von Herrn Brangs gefragt worden, ob ich dem Antrag der Koalitionsfraktionen tatsächlich zustimmen wolle, wo ich doch sonst immer für ein ganz konkretes Finanzierungskonzept sei. Ich habe extra noch einmal in das Protokoll geschaut.
Damals habe ich gesagt, dass ich davon ausgehe, dass dieser Antrag dazu diene, zu prüfen und vorzubereiten, und dass wir dann anhand dieser Prüfung, also dieses Berichts, gemeinsam entscheiden könnten, wie wir es finanzieren wollten, wie es genau gestaltet werden solle. Das ist leider nicht passiert. Herrn Brangs Bauchgefühl sozusagen, dass nichts mehr kommt, hat sich offensichtlich bestätigt. Das finde ich schade. Es hat sich gezeigt, dass die Ausgestaltung der Freiwilligendienste und die Qualitätssicherung eine wichtige Aufgabe für die Träger und für das Parlament und sicherlich auch für das Ministerium sind. Das hat leider nicht stattgefunden.
Zur Zugänglichkeit gehört genauso, dass es keine finanziellen Hürden geben sollte, an denen der Freiwilligendienst scheitert. Meine Vorredner sind schon darauf eingegangen. Das betrifft sowohl das Wohngeld als auch den zusätzlichen Hartz-IV-Bezug. Ich empfinde das nicht als ausgesprochene Diskriminierung. Es gibt aber Jugendliche, die davon abgehalten werden, weil sie nicht aus einem begüterten Elternhaus kommen.
Der Teilnahme an Freiwilligendiensten sollte eigentlich auch nicht die Hürde vorgeschoben sein, dass ich einen bestimmten Schulabschluss noch nicht erreicht habe. Gerade das FSJ Pädagogik geht in eine Richtung, von der
ich sage, es sind Voraussetzungen nötig, die manche nicht mitbringen. Denjenigen ist der Zugang zu diesen Freiwilligendiensten von vornherein verwehrt. Ich möchte das an dieser Stelle nicht bewerten. Ich empfinde es aber als Systembruch und ich finde, man hätte hier darüber reden müssen. Das hat nicht stattgefunden. Das ist meine Kritik daran.
Wenn Freiwilligendienste Bildung, Orientierung und Partizipation in ihrem Profil tragen und auch tragen sollen – das ist hier schon von allen ausgeführt worden –, dann muss ich auch eine Qualitätssicherung machen. Ich muss hinschauen, wie ich es erreichen kann, dass alle Träger diesem Anspruch gerecht werden können. Schaffe ich einheitliche Qualitätskriterien? Wie entwickle ich die Qualitätskriterien weiter, wenn es bestimmte Erfordernisse in der Gesellschaft gibt? Die Fachstelle, die jetzt eingerichtet worden ist, ist sicherlich eine Möglichkeit, um Antworten zu geben. Ich denke aber, dass die Zusammenarbeit zwischen der Fachstelle und zum Beispiel dem Landesarbeitskreis Freiwilligendienste intensiviert werden sollte, damit die Träger an dieser Entwicklung beteiligt werden.
Zum Schluss möchte ich noch auf einen Punkt eingehen, die Anerkennung. Freiwilligendienste, egal ob sich Jugendliche oder ältere Menschen daran beteiligen – wir haben ja gehört, dass sich am Bundesfreiwilligendienst häufig auch ältere Menschen beteiligen –, leben davon, dass diese Menschen Anerkennung finden. Diese Anerkennung können wir hier aussprechen. Diese Anerkennung können die Träger aussprechen. Die Anerkennung kann auf verschiedene Art und Weise geschehen. Auch über das Taschengeld ist eine Anerkennung möglich. Die GEZ-Gebühren sind aber zum Beispiel ein großes Problem. Wenn diese Gebühren dazu führen, dass jemand einen Hartz-IV-Antrag stellen muss, dann muss es dafür noch andere Lösungen geben. Es wäre eine Anerkennung dafür, dass jemand freiwillig für die Gesellschaft tätig ist, wenn wir dieses Problem aufgriffen und überlegten, wie man es einer Lösung zuführen könnte. Es muss doch noch andere Lösungen geben. Diese müssen vielleicht tatsächlich auf Bundesebene angegangen werden. Das wäre jedenfalls eine Form der Anerkennung, die ich mir wünschen würde.
Bei den europäischen Freiwilligendiensten – es ist von der Kollegin angesprochen worden – ist es einfach eine Tatsache, dass Menschen aus anderen Ländern, die hierher kommen, finanziell noch viel stärker eingeschränkt sind. Man muss sehen, wie ich gerade diese Freiwilligendienste so ausstatten kann, dass sie tatsächlich allen offenstehen und dass sie auch eine Anerkennungskultur beinhalten.
Ich denke, Sie haben hier eine Chance verpasst. Ich verstehe nicht, warum. Es wäre die Möglichkeit gewesen, hier ein Erfolgsmodell zu schildern und eine Perspektive aufzuzeigen, wie wir die Freiwilligendienste künftig weiterentwickeln wollen. Ich denke, dass dieser Flickenteppich – ich nenne es jetzt wirklich einmal so – die
Jugendlichen behindert, sich Orientierung bei der Wahl eines Freiwilligendienstes zu verschaffen, und dass sie davon abgeschreckt werden. Das könnten wir durch eine entsprechende Information und Systematisierung leicht ändern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Diskussion über die Beantwortung der Großen Anfrage gibt mir die Gelegenheit, zwei zentrale Gedanken zu diesem Thema auszuführen.
Grundsätzlich muss gesagt werden, dass ein Freiwilligendienst mehr ist als eine bloße Zeitüberbrückung bis zum Studium oder bis zur nächsten Ausbildung oder Arbeitsstätte. Er sollte als Dienst an der Gemeinschaft wahrgenommen und gefördert werden. Aus diesem Grund setzen sich die Nationaldemokraten seit Jahren für einen Gemeinschaftsdienst von einem Jahr für alle Jugendlichen ein, ob in der Armee, in sozialen Einrichtungen, in der Kulturförderung oder beim Umwelt- und Heimatschutz.
Sinn dieser Idee ist es, jungen Menschen zu zeigen, wie wichtig unsere funktionierende Gemeinschaft für eine solidarische Gesellschaft ist. Als Gegenkonzept zur derzeit propagierten Ellenbogengesellschaft wollen wir vermitteln, wie erfüllend und charakterbildend es sein kann, eine gewisse Zeit bewusst für unsere Gesellschaft tätig zu sein.
Was ein Freiwilligendienst nicht sein darf – das ist mein zweiter Gedanke, den ich aufgreifen möchte –, ist ein Gesinnungsumerziehungslager für Jugendliche. Genau in diese Richtung scheint sich aber leider der Freiwilligendienst in Sachsen zu bewegen.
Wenn man sich die Entwicklung bei den derzeitigen Trägern betrachtet, dann steht nicht mehr der solidarische Gedanke der Hilfe, der ökologische Sinn oder die Charakterbildung im Mittelpunkt, sondern die politische Vereinnahmung der Teilnehmer. Neben den parteinahen Stiftungen finden sich unter den Trägern die üblichen zweifelhaften Vereine, die zwar oft das Wort „Demokratie“ im Namen tragen, aber alles andere als diese vorleben und praktizieren.
Mich gruselt es davor, wenn unter dem Mantel des FSJ junge Menschen bei den ewiggestrigen Falken oder bei der nicht wirklich demokratischen Courage-Werkstatt Leipzig landen. Beide haben übrigens im Jahr 2013 einen Antrag auf FSJ-Politträger gestellt.
Auch bei den Freiwilligendiensten setzt sich ein Trend fort, den wir in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen beobachten können: die aufgezwungene Anpassung an den derzeit herrschenden gleichgeschalteten und undemokratischen Zeitgeist. Über solche ermöglichten Trägerschaften von zweifelhaften Gruppen oder parteina
hen Stiftungen wird durch die Hintertür nicht nur allerhand Blödsinn gefördert, sondern der zentrale solidarische Gedanke des Freiwilligendienstes geht dabei auch vollkommen verloren.
Ich habe großen Respekt vor den Freiwilligen, die sich in sozialen oder kulturellen Einrichtungen für ein kleines Taschengeld engagieren und lernen, wie schön es sein kann, anderen oder der Umwelt zu helfen.
DIE LINKE sollte die Antworten auf die Große Anfrage zum Anlass nehmen, dafür zu sorgen, dass mehr Jugendliche die Möglichkeit bekommen, in sinnvollen Einrichtungen hilfreich tätig zu sein, aber nicht in der zwielichtigen Rosa-Luxemburg-Stiftung oder in der gähnend langweiligen Friedrich-Ebert-Stiftung zu versauern.
Wir helfen Ihnen gern dabei und versuchen auch weiterhin, Sie von unserem weiterführenden solidarischen und realitätsnahen Modell der Freiwilligendienste zu überzeugen.
Meine Damen und Herren, das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf für eine zweite? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung, ob das Wort gewünscht wird. – Frau Staatsministerin Clauß; bitte, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wir haben über 140 Fragen beantwortet. Ich nehme die Gelegenheit wahr, um den Trägern der Freiwilligendienste ganz herzlich zu danken, ohne die wir den Großteil dieser Fragen nicht hätten beantworten können. Alles andere gebe ich zu Protokoll.
Dahingehend, dass sie ihren Beitrag zu Protokoll gibt, bin ich schon enttäuscht. Ich hatte erwartet, Frau Staatsministerin, dass Sie zumindest zu dem Punkt Stellung nehmen, warum das Freiwillige Ökologische Jahr seit diesem Jahr komplett aus der Landesförderung herausfällt und welches die Perspektive des FÖJ sein soll.
Meine Damen und Herren! Ihnen liegt als Drucksache 5/12733 ein Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE vor. Der Antrag kann jetzt eingebracht werden. Frau Abg. Klepsch, bitte.
Vielen Dank, Herr Präsident. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich auch im Namen meiner Fraktion noch einmal für die Debatte. Wir sind uns zumindest an der Stelle einig, dass die Freiwilligendienste unverzichtbar sind für das Gemeinwesen in Sachsen. In Richtung der NPD will ich aber sagen: Es ist eine Errungenschaft, und es ist gut, dass es keine Zwangsdienste, keine Zwangsarbeitsdienste in der Bundesrepublik gibt, sondern dass das freiwillig ist, und das soll aus unserer Sicht ganz klar so bleiben, Herr Storr.
Herr Schreiber, ich fand Ihren Redebeitrag ganz spannend und freue mich, dass Sie einmal aufgezeigt haben, wo auch die Koalition durchaus Entwicklungs- und Gesprächsbedarf sieht. Insofern werden wir uns auch in den nächsten Monaten sicher noch einmal zu diesem Thema verständigen und uns austauschen, wohin es in Sachsen gehen soll.
Zu Frau Schütz wollte ich noch sagen: Vielleicht wissen Sie das nicht, aber das FSJ „Schule“ gibt es ausschließlich für Schulen in öffentlicher, also kommunaler Trägerschaft. Die Kitas bekommen keine dieser 40 Stellen, und sie sind damit benachteiligt. Das ist eine Kritik, die ich formuliere.
Ich komme zu unserem Entschließungsantrag. Der erste Teil ist eher eine Feststellung und die Würdigung der vorhandenen Freiwilligendienste. Deshalb will ich nur auf den zweiten Teil eingehen, wozu wir die Staatsregierung auffordern wollen. Wir möchten, dass es ein ganzheitlich angelegtes Gesamtkonzept für die Freiwilligendienste gibt. Wir erwarten vor allen Dingen auch eine bedarfsgerechte Aufstockung der Haushaltsmittel im nächsten Doppelhaushalt. Es ist ja mehrfach ausgeführt worden von den Kollegen, warum das nötig ist. Das ist insbesondere für das Freiwillige Ökologische Jahr nötig und aus unserer Sicht unverzichtbar, gerade, wenn es um die Grünen Berufe geht. Dort muss wieder Landesgeld hinein.
Punkt 3 dreht sich um die Situation des Taschengeldes. Auch das ist eine Frage des Zugangs, ob es sich jemand leisten kann, ein FSJ abzuleisten, wenn das Taschengeld zwischen 130 und 300 Euro schwankt. Wir wollen außerdem, dass die Fachstelle „Freiwilligendienst“ noch einmal einen ganz klaren Auftrag bekommt und dort auch zielgerichtet mit den Trägern arbeiten kann. Wir möchten, dass das Sozialministerium mit den Einsatzstellen und den Wohlfahrtsverbänden auch gemeinsam an dem Thema arbeitet und die Träger einbezieht.
Beim FSJ „Schule“ muss erst einmal beobachtet werden, wie es läuft. Wie funktioniert es? Wie kann man das
ausbauen? An welchen Stellen muss man das ausbauen? Wo ist Nachsteuerungsbedarf? Wir schlagen vor, dass die Staatsregierung dem Landtag nach dem ersten Jahr darüber Bericht erstattet. Beim FSJ „Benachteiligte Jugendliche“ glauben wir, dass wir auch dort eine besondere Förderung leisten müssen, denn das wird im Moment nur aus dem ESF finanziert. Der Europäische Sozialfonds endet bekanntlich in den nächsten Monaten mit der Förderperiode, und das Sozialministerium hat bisher noch keine Aussage getroffen, ob man zukünftig Mittel –
– für dieses FSJ einstellt. Deshalb haben wir es noch einmal mit in den Entschließungsantrag hineingenommen.