Protokoll der Sitzung vom 19.09.2013

Herr Pellmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Beim Schlusswort? – Na gut, wenn es sein muss.

Sie können es entscheiden, Sie müssen nicht.

Ausnahmsweise.

Bitte.

Vielen Dank, Herr Dr. Pellmann. – Sie kennen sich wahrscheinlich schon ein bisschen aus, wie das in anderen Ländern auf der Welt organisiert ist. Es gibt da unterschiedlichste Modelle. Ich frage mich nur, ob Sie nicht die Augen davor verschließen, dass es Länder gibt, in denen es diese Einheitskasse gibt und in denen das alles andere als gut funktioniert. Da brauchen Sie gar nicht so weit zu schauen.

Deshalb meine Frage: Wollen Sie gern zu dem alten DDR-System zurückkehren, in dem es eine Kasse gab, die dann von allen die gleichen Beiträge gefordert hat? Was wollen Sie eigentlich? Dieses ganze Geschwafel, vielleicht eine Versicherung, vielleicht doch verschiedene, beantwortet nicht die Frage, was Sie eigentlich wollen.

Ich hatte Ihnen intellektuell zugetraut, dass Sie eine Frage formulieren könnten. Aber wenn das doch etwas ausführlicher sein muss, bitte schön.

(Robert Clemen, CDU: Ich hatte Ihnen intellektuell zugetraut, dass Sie in der Lage sind, das zu beantworten, aber das sind Sie wahrscheinlich nicht! – Zuruf des Abg. Patrick Schreiber, CDU)

Sie sind jetzt gar nicht dran!

Sie können jetzt die Frage beantworten. Dann kann Herr Clemen gern noch einmal fragen, ob Sie noch eine zweite Zwischenfrage zulassen. Sie können jetzt die Frage beantworten, Herr Dr. Pellmann.

Ich bedanke mich, dass ich die Frage beantworten kann.

(Christian Piwarz, CDU: Austeilen können Sie, aber nicht einstecken! – Zuruf des Abg. Patrick Schreiber, CDU)

Herr Clemen, damit es hier eindeutig ausgesprochen ist: Ich wünsche mir die DDR nicht zurück, und ich werde auch nicht für ein System eintreten, wie es in der DDRKrankenversicherung war, weil ich natürlich weiß, dass dies nicht in die heutige Zeit passen würde. Ich wünsche mir allerdings, dass man manchmal das, was es in der DDR gab, kritischer prüfen sollte, ehe man es in Bausch und Bogen verwirft. Ich erinnere nur an das Gemeindeschwestersystem. Ich könnte weitere Beispiele nennen, die durchaus nachahmenswert wären. Aber vom Gesamtsystem können Sie nicht eine solche Situation herbeirufen wollen, bei der ich daran glauben würde, dass die DDR zurückkehrt.

Ich gestatte dann keine weitere Zwischenfrage, sondern möchte Sie, da meine Zeit abläuft, – –

(Proteste bei der CDU)

Gibt es denn so etwas?

Sie dürfen fortfahren, Herr Pellmann.

Danke. – Ich hätte gedacht, dass man in Leipzig kulturvoll miteinander umgeht, aber da habe ich eine neue Erfahrung gesammelt.

(Zuruf des Abg. Robert Clemen, CDU)

Ich weiß, dass es Ihnen nicht gefällt, dass es hier noch eine Opposition gibt, die gelegentlich die Wahrheit sagt.

(Robert Clemen, CDU: Erklären Sie, was Sie wollen, Herr Pellmann!)

Oh, meine Herren!

Deswegen kann ich Sie nur auffordern: Stimmen Sie nach Ihrem Gewissen ab. Ich habe allerdings heute keine namentliche Abstimmung beantragt. Das hätte Sie möglicherweise in arge Nöte gebracht.

(Lachen bei der CDU)

So können Sie relativ geheim gegen die Mehrheit der Bevölkerung stimmen, die eine Bürgerversicherung will.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 5/4320 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Bei fünf Stimmenthaltungen und zahlreichen Dafür-Stimmen ist die Drucksache 5/4320 nicht beschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 7

Qualitätsoffensive in Sachsens Kindertagesstätten

Drucksache 5/12663, Antrag der Fraktion der SPD

Die Fraktionen können zu dem Antrag Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: SPD, CDU, DIE LINKE, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, NPD; Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile der einreichenden Fraktion das Wort. Herr Jurk, bitte.

(Beifall bei der SPD)

Herr Präsident! Hier hat jemand eine Büroklammer liegen lassen. Vielleicht vermisst sie jemand.

(Thomas Jurk, SPD, übergibt die Büroklammer an den Präsidenten. – Heiterkeit bei der SPD und den GRÜNEN)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Herr Jurk, ich sammle jetzt keine Büroklammern, Sie können sie sich nach Ihrer Rede wieder abholen. Vielleicht finden Sie denjenigen, der sie verloren hat.

Das habe ich nicht vor. Das sollen Sie ja machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Aller Wahrscheinlichkeit nach halte ich heute meine letzte Rede hier im Sächsischen Landtag. Meine Fraktion war der Meinung, ich sollte zu einem Thema sprechen, welches mir besonders wichtig sei. Überraschung erntete ich dann mit meinem Wunsch, zum Thema Bildung, Betreuung und Erziehung von Kindern sprechen zu wollen.

Gewiss würde mancher erwarten, dass ich mich jetzt der Vereinbarkeit von Familie und Beruf widme, schließlich hatte ich als Staatsminister für Wirtschaft und Arbeit den Wettbewerb „SAX PLUS Pro Familie“ gestartet. Der Wettbewerb richtete sich an kleine und mittelständische Unternehmen, die sich durch familienfreundliche Maßnahmen weit über die gesetzliche oder tarifvertragliche Regelung hinaus auszeichneten. Das ist sicher auch heute ein wichtiges Thema. Aber das würde gerade jetzt zu kurz greifen.

Wir neigen in politischen Debatten sehr oft dazu, nur ökonomische Betrachtungsweisen heranzuziehen. Kinder sind mehr als die Fachkräfte von Morgen. Kinder sind zuallererst Kinder. Sie geben unserem Leben Sinn und Zukunft.

Mich zieht gerade ein kleiner Mensch besonders in den Bann. Sie ist 19 Monate alt, heißt Charlotte und sagt „Opa“ zu mir. Charlotte bereitet Freude, ist einfach großartig und vermittelt Glücksgefühle, und das nicht nur

bei ihren Eltern, Onkel und Tante, sondern auch bei Omi und Opi. Ja, das Leben kann so schön sein.

Ich kenne viele Eltern, die sich liebevoll und mit großer Zuneigung ihren Kindern widmen, übrigens unabhängig vom Einkommen. Die Familie, in welcher Form auch immer, dürfte die Grundvoraussetzung für das Aufwachsen und Gedeihen junger Menschen bleiben. Jeder von uns kennt aber auch Fälle, in denen Kinder nicht das Glück haben, in solch einem Umfeld groß zu werden.

Uns muss jedes Kind gleich viel wert sein. Die Aufgabenstellung unserer Gesellschaft und von uns als verantwortliche Politiker muss es daher sein, allen Kindern gleiche Lebenschancen zu ermöglichen.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Unsere Gesellschaft lebt vom Miteinander, nicht von den Ellenbogen. Von letzteren haben wir leider schon viel zu viele.

Sächsische Kindergärten und Krippen leisten sehr viel, um ein gelingendes Aufwachsen unserer Kinder zu gewährleisten. Der Sächsische Bildungsplan, 2005 an der Technischen Universität Dresden erarbeitet, hat die Erfordernisse an die Vermittlung und Bildung an unseren Kitas im Blick, und das völlig zu Recht. Seit 2006 wird er an unseren Kitas umgesetzt.

Bei meinen häufigen Besuchen in Kindertagesstätten bestätigten mir die Erzieherinnen ihre überaus positive Bewertung dieses Planes. Allein, nicht nur Kinder brauchen Zeit, auch Erzieherinnen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, wie Sie bei diesen Besuchen auf die Frage antworten, welche Voraussetzungen man eigentlich braucht, um diesen Bildungsplan umzusetzen. Betreuungsrelationen von 1 : 13 an den Kitas und 1 : 6 an den Krippen – in der Praxis sind es meist 1 : 18 oder 1 : 9 – sind nicht ausreichend.