Protokoll der Sitzung vom 19.09.2013

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Wer möchte gern zum Entschließungsantrag sprechen? Frau Abg. Schütz, bitte.

Sehr geehrte Frau Klepsch! Wir werden dem Entschließungsantrag nicht zustimmen, und ich werde es auch gleich begründen.

Sie stellen unter I.1 fest, dass es in Sachsen bisher an einem Gesamtkonzept fehlt. Ich denke, solch ein Gesamtkonzept, wie Sie es sich wahrscheinlich vorstellen, wie es dann unter II.1 noch einmal gesagt wird, mit möglichst genauen Zahlen, wie viele Stellen, in welchen Bereichen und dann wahrscheinlich wie viele Frauen, wie viele Männer und in welchen Geburtsjahrgängen und, und, und – das wird es mit uns nicht geben. Ich denke, wir sind an der Stelle, so wie wir in den Planungen sind, sehr gut aufgestellt. Wir halten die Finanzierung im Jugendfreiwilligendienst, so wie sie derzeit aufgestellt ist, für bedarfsgerecht, weil wir auch die sinkende Anzahl der jungen Leute im Blick haben müssen und natürlich auch die steigende Anzahl an Ausbildungsplätzen, sodass wir wirklich schauen wollen, wie wir jungen Leuten einmal das Angebot des Jugendfreiwilligendienstes machen und sie andererseits aber auch in den nahtlosen Übergang in Ausbildung und Beruf bringen wollen.

Sie sprechen dann in II.2 den vorhandenen Bedarf und die zu deckende Nachfrage an. Das ist meiner Meinung nach

ein Widerspruch zu Punkt I.2, wo Sie von prekären Arbeitsverhältnissen sprechen. Hier dafür den Zusammenhang zu finden, einerseits mehr Stellen, andererseits lehnen Sie aber so, wie Sie bis dato aufgestellt sind und finanziert werden, dies gleichzeitig ab. Es gilt aber gerade für benachteiligte Jugendliche mit einem niedrigen oder ohne Schulabschluss bereits wichtige, gezielte Angebote im Freiwilligendienst zu gewährleisten. Sie wissen, wir tun dies bereits mit besonderen Unterstützungen an den einzelnen Stellen, sodass wir für diesen Entschließungsantrag, so wie er in den einzelnen Punkten aufgezählt ist, keinen Bedarf sehen.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Gibt es weiteren Redebedarf? – Frau Herrmann, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir werden dem zustimmen. Er enthält ja einige der Forderungen, die ich vorhin schon vorgetragen habe, vor allem im Punkt 2, dass die Fachstelle einen klar definierten Auftrag erhält und dass das auch evaluiert wird, dass es ein Gesamtkonzept geben muss, und vor allem deshalb, weil ein Gesamtkonzept eine Orientierung bietet für die, die einen Freiwilligendienst machen wollen. Es ist natürlich klar, dass der Landtag auch über aktuelle Entwicklungen informiert werden und in die Weiterentwicklung mitgenommen werden soll, genauso wie die entsprechenden Träger und Fachverbände. Deshalb können wir dem zustimmen.

Ich hoffe tatsächlich, dass die Staatsregierung vielleicht die Gelegenheit ergreift, sich doch deutlicher dazu zu äußern, wie sie in Zukunft Freiwilligendienste im Freistaat fördern will, zum Beispiel was das FÖJ angeht und auch den Freiwilligendienst für Benachteiligte, die ja auch besonders angesprochen wurden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gibt es noch weiteren Redebedarf? – Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag. Wer dem die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Ich bitte um die Gegenstimmen. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.

Erklärung zu Protokoll

Seit dem Auslaufen des Zivildienstes erfreuen sich unsere Freiwilligendienste wachsender Beliebtheit. Allen Unkenrufen zum Trotz ist der Bundesfreiwilligendienst gut angelaufen und insbesondere in Sachsen gut nachgefragt. Dabei ist seine Einführung

weder in Sachsen noch bundesweit zulasten der etablierten Jugendfreiwilligendienste gegangen.

Offensichtlich etabliert sich gerade auch in Sachsen eine Kultur der Freiwilligkeit. Menschen erkennen die Chancen von Freiwilligendiensten: ein Jahr mal etwas ganz anderes zu machen, neue Fähigkeiten zu erwerben und

auszuprobieren, andere Tätigkeitsfelder kennenzulernen, Anschluss an andere, engagierte Mitstreiter zu finden.

Die Antwort der Staatsregierung zeigt, auf welch hohem Niveau und in welcher Vielfältigkeit die Freiwilligendienste in Sachsen durchgeführt werden. Ausdrücklich möchte ich den Trägern des FSJ und des FÖJ danken, ohne die der Großteil der Fragen nicht hätte beantwortet werden können; insbesondere auch deshalb, weil das Führen von Statistiken nicht die Hauptaufgabe jener pädagogischen Fachkräfte ist, die sich um die Betreuung der Freiwilligen kümmern.

Ich weiß, dass derzeit von verschiedenen Seiten Fragen und Anforderungen an die Träger gestellt werden: vonseiten des Bundes, vonseiten der Zentralstellen, vonseiten der bundesweiten Evaluation und schließlich vonseiten des Landes. Insbesondere auf die Ergebnisse der Evaluation des Bundes dürfen wir gespannt sein.

In dieser erwarten wir der Erkenntnisse über den Bundesfreiwilligendienst neben den bestehenden Jugendfreiwilligendiensten. Der Freistaat Sachsen hat die Einführung des Bundesfreiwilligendienstes von Anfang an begrüßt, weil im Rahmen dieses Dienstes auch Menschen im fortgeschrittenen Alter die Möglichkeit haben, sich intensiver und verbindlicher zu engagieren.

Für junge Menschen sehen wir nach wie vor die etablierten Jugendfreiwilligendienste als das geeignete Format an. Hier gilt es, unsere hohen sächsischen Standards zu

halten, die Qualität zu sichern und auf sich verändernde Rahmenbedingungen klug zu reagieren.

Die Staatsregierung sieht Freiwilligendienste nicht – ich zitiere –: „… in einem Spannungsfeld zwischen jugendlicher Selbsterprobung, ehrenamtlicher Selbstverwirklichung, prekären Arbeitsverhältnissen und kostengünstigen Arbeitskräftepotenzialen“.

Aus der Begründung zur Großen Anfrage: Freiwilligendienste sind für mich vielmehr eine besondere Form des bürgerschaftlichen Engagements. Dafür danke ich ausdrücklich allen freiwillig Engagierten herzlich. Darüber hinaus dienen sie insbesondere der Orientierung von Menschen in biografischen Übergangsphasen. Sie sind zeitlich begrenzt und bieten den Freiwilligen eine pädagogische Begleitung, um die eigenen personalen und fachlichen Kompetenzen erweitern zu können. Und schließlich sollen Freiwillige eine angemessene Anerkennung und Wertschätzung erhalten, denn ihre Arbeit ist freiwillig.

Ich würde mich freuen, wenn diese Debatte, wie auch die Große Anfrage, dazu beitragen konnte, Freiwilligendienste bei Jung und Alt als eine interessante und lohnende Sache bekannt zu machen.

Meine Damen und Herren! Ich schließe jetzt diesen Tagesordnungspunkt. Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 5

Therapiefreiheit der Tierärzte gewährleisten – Verschreibung

und Abgabe von Medikamenten aus einer Hand sicherstellen

Drucksache 5/12292, Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

Es beginnen die Einreicher. Danach die DIE LINKE, SPD, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Ich erteile jetzt der Frau Abg. Jonas von der FDP-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kollegen Abgeordneten! Seit über

150 Jahren vertrauen wir unseren Tierärzten die Gesundheit unserer Tiere an. Das machen wir aus gutem Grund, denn der Tierarzt besitzt die gebündelte Kompetenz, was Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit, Tierschutz und Verbraucherschutz angeht. Tierärzte besitzen eine besondere Kompetenz, auch wenn es um Medikamente geht. Sie dürfen im Gegensatz zu Humanmedizinern Arzneimittel vorrätig halten und gegen ein Entgelt an die Tierbesitzer abgeben oder direkt den Tieren verabreichen. Es bedarf also keiner Apotheke, in der sich der Tierhalter die Medikamente erst besorgen muss.

Diese Befugnis geht auf eine lange Tradition zurück. Dass es für die Tierärzte solche Regelungen gibt, hat seine besonderen Gründe, und es hat sich bewährt. Denn dieses

sogenannte Dispensierrecht hat sich als effektive, kostengünstige und zeitnahe Arzneimittelversorgung herausgestellt.

Ganz besonders die landwirtschaftlichen Nutztierbestände profitieren davon. Denn für sie bedeutet eine enge zeitliche Bindung der Arzneimittelabgabe an die Diagnosestellung und Beratung auch eine schnelle Zeitschiene. Diese Praxis sichert einen schnellen Beginn der Therapie. Der Arzt besitzt also die tierärztliche Notfallapotheke.

Dieses sogenannte Dispensierrecht war noch nie so sehr in Gefahr wie heute. Vor allem die Kollegen der GRÜNEN fordern regelmäßig, den Tierärzten ebendieses Recht zu nehmen. Das wollen wir nicht! Das tierärztliche Dispensierrecht muss im Interesse des Tierschutzes und der Verbraucher erhalten bleiben!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das fadenscheinige Argument, warum man die Tierärzte um eben dieses Recht der Medikamentenabgabe beschneiden will, lautet meist: Antibiotikaresistenzen sollen eingedämmt werden. Gerade gestern hat Kollegin Giegengack ganz lautstark

darauf hingewiesen, dass es anscheinend einen offensichtlichen Zusammenhang gibt.

Ich sage: Mitnichten wird das der Fall sein. Denn das, was als Weltverbesserung verstanden wird, führt in der Praxis einmal mehr dazu, Antibiotika in Umlauf zu führen. Resistenzen werden so keinesfalls eingedämmt. Permanente Verbote und Einschränkungen führten eben nicht zur Wunscherziehung.

Was würde die Abschaffung des Dispensierrechts tatsächlich bedeuten? – Erfahrungen aus anderen Ländern wie beispielsweise Dänemark zeigen, dass sich die Antibiotikaresistenzen nicht verändern, ob das Medikament durch den Tierarzt oder durch eine Apotheke verabreicht wird. Die Menge des Arzneimittelverbrauchs bleibt konstant, liebe Kollegen der GRÜNEN. Aber das scheinen Sie dann doch konsequent zu ignorieren.

Die Debatte um Tiergesundheit und Kompetenzen der Tierärzte endet erfahrungsgemäß in einer ideologischen Schlammschlacht. Es folgt der Vorwurf, Tierbestände werden zu groß. Und das alles endet dann in der derzeit geführten Kampagne der sogenannten Massentierhaltung, gern auch mit großen rosa Plastikschweinen auf Marktplätzen. Dies ist ein Schlag ins Gesicht der Bauern und Tierhalter. Die Größe der Tierbestände hat nun einmal nichts mit der Gesundheit zu tun – im Gegenteil!

Mittlerweile haben die neuen Ställe die höchsten Standards. Tiere allein in dunklen Ställen zu halten, hat überhaupt nichts mit artgerechter Tierhaltung zu tun. Nimmt man den Tierärzten die Verantwortung für die Medikamentenabgabe und schaltet neue Akteure ein, wie beispielsweise Apotheker oder das Internet, sprechen wir von mehr oder weniger kurzen Vertriebswegen. Eine lückenlose Dokumentation ist dann nicht mehr möglich. Die Transparenz wird deutlich eingeschränkt. Im Gegenteil, wir haben dann keine durchgängige Überwachung mehr und befördern ganz klar das Ausweichen der Tierhalter auf den Internethandel. Wer übernimmt dann die Verantwortung für die Temperaturbeständigkeit, die Lagerkontrolle oder die Frage nach dem Verfallsdatum? – Selbst die Apotheker stehen dieser Aufgabe sehr kritisch gegenüber, Tierarzneimittel abzugeben. Im Ausbildungsprogramm der Pharmazeuten sind diese Bereiche extrem gering.

Auch für den gesundheitlichen Verbraucherschutz ist das Dispensierrecht relevant. Es gibt keinen freien Handel der Arzneimittel, sondern die Abgabe ist an eine ordnungsgemäße Behandlung durch den Tierarzt gekoppelt. Gerade für große Nutztierbestände werden Medikamente häufig in entsprechend angepassten Gebinden abgegeben. Auch das bedingt nur das besondere Verhältnis zwischen Tierärzten und Tierhaltern. Doppelte Wege und damit erhöhte Kosten sind die Folge, wenn Tierärzte erst die Medikamente verschreiben, der Halter diese dann erwirbt und in die Apotheke anliefert. Dann muss der Tierarzt ein zweites Mal den Tierhalter besuchen, um die Medikamente zu verabreichen. Das ist doch nicht zielführend!

Das betrifft übrigens auch die ärztliche Kleintierbehandlung von Hund, Katze, Meerschwein, Zwergkaninchen und Wellensittich. Der Tierhalter würde demnächst erst zum Tierarzt gehen, die Rezepte holen, die Medikamente in der Apotheke kaufen und wieder zurück zum Arzt, wenn er sie nicht selbst verabreichen kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die Tierärzte geht es beim Thema Dispensierrecht um sehr viel, nämlich um die Beibehaltung ihrer Rechte. Die Aktualität dieses Themas wurde in einer großen Podiumsdiskussion in der Ärztekammer im letzten Jahr sehr deutlich.

Wir wollen den grünen Träumereien oder in dem Fall besser gesagt Albtraumträumereien eine Absage erteilen und fordern, dass die Verschreibung und die Abgabe von Medikamenten weiterhin sehr verantwortungsvoll aus der Hand des Tierarztes erfolgen. Das Ziel, Antibiotikaresistenzen einzudämmen, ist richtig; unbestritten. Es wird jedoch nicht mit der Abschaffung des Dispensierrechts erreicht. Das sind zwei völlig verschiedene Themenkomplexe. Ich weise an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich darauf hin.

Hier müssen viel speziellere Maßnahmen Anwendung finden. Mit Ideologie und Polemik schaden wir nur den Tierhaltern und den Tierärzten. Sie helfen uns bei der Klärung dieser Fragen keinesfalls weiter. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)