Doch, doch, Herr Hahn, vielleicht haben Sie es nur nicht verstanden. Frau Falken stellt sich auf der einen
Seite hier hin und sagt, dass das Schulgesetz viel, viel mehr wert wäre – das hätte ihr auch das Kultusministerium bestätigt – als irgendein Moratorium im Plenarsaal. Da haben Sie vollkommen recht. Ich frage mich nur, mit welcher Motivation Sie dann in unseren Antrag hineininterpretieren, dass wir die Zügigkeit, die Klassengröße, den Klassenteiler oder die Zugangsvoraussetzungen für Grundschulen im schlimmsten Fall nach oben treiben wollen. Das ist doch schizophren und typisch Opposition, bei einem guten Ansatz in einer guten Initiative einer Koalitionsfraktion – wo ich ehrlich sagen muss, vielleicht hat man auch ein bisschen lange gebraucht, um zu der Erkenntnis zu kommen –, wieder das Haar in der Suppe zu finden, nach hinten gewandt, wo es überhaupt nicht darum geht, zur Kenntnis zu nehmen, was wirklich im Antrag steht.
Wir lassen uns aber dieses Vorhaben von Ihnen nicht kaputtreden. Der Punkt 6 macht sehr deutlich, wie ernst es uns mit unserem Antrag ist. Bei den Überlegungen haben wir uns ein wenig an den anderen Bundesländern orientiert, das ist kein Geheimnis. Bayern hat dort in der Vergangenheit – –
Herr Schreiber, bevor Sie sich weiter echauffieren: Können Sie mir sagen, warum Sie als Koalitionsfraktionen überhaupt diesen Antrag eingebracht haben? Alles, was in diesem Antrag steht, kann die Kultusministerin in ihrer Verantwortung umsetzen. Sagen Sie mir bitte, warum Sie diesen Antrag hier eingebracht haben. Warum muss das vom Landtag sanktioniert werden, wenn Sie das Schulgesetz nicht ändern?
Frau Dr. Stange, wir haben nicht gesagt, dass wir das Schulgesetz nicht ändern. Ich habe das Gefühl, ich rede hier „Bahnhof“.
Ich lese gern noch einmal den Punkt 6 aus der Drucksache 12/865 vor: „Die Staatsregierung wird beauftragt, eine umfassende Novelle des Schulgesetzes vorzubereiten.“ Im vorherigen Punkt steht ganz deutlich: „Das bis zum Schuljahr 2014/15 gültige Schulschließungsmoratorium ist als Standortgarantie für Oberschulen im ländlichen Raum bis zum Inkrafttreten einer entsprechenden Änderung des Sächsischen Schulgesetzes aufrechtzuerhalten.“ Das Gleiche gilt dann für die Grundschulen. Jetzt frage ich mich, wo das eigentliche Problem liegt, wenn wir sagen, dass wir das durch einen Landtagsbeschluss schon einmal festhalten und die Staatsregierung beauftragen, die Schulgesetznovelle zu beginnen, allerdings unter der Maßgabe, dass es nicht nur darum geht, die Schule im
ländlichen Raum zu erhalten, sondern auch die offenen Fragen in Sachen Inklusion, Lernmittelfreiheit, Definition von Oberschulen zu klären.
Frau Dr. Stange, deswegen sage ich Ihnen das jetzt. Wir können uns auch künftig die Sitzungen hier sparen und tagen als Landtag nur noch schriftlich. Mir gefällt das nicht, denn wir haben den Bedarf, hier etwas zu sagen.
Lassen Sie mich eines als letzten Satz zu Ihrer Befriedigung sagen – vielleicht ist das auch die Antwort auf Ihre zuletzt gestellte Frage –: Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Eigentlich hatte ich nicht vor, noch einmal in die Bütt zu gehen, aber nachdem Herr Schreiber einige Punkte angesprochen hat, möchte ich als linke Abgeordnete einiges klar- und richtigstellen. Bevor ich zu Herrn Schreiber komme, möchte ich sehr darum bitten zu beachten, dass es bei jeglicher Veränderung und Erhalt der Schulen im ländlichen Raum wichtig und notwendig ist, dass die sich daraus ergebenden Lasten nicht auf die Städte umgelegt werden. Meine Kollegin Frau Stange hat sich schon darauf bezogen. Die Städte sind nicht mehr dazu in der Lage, wie es früher gemacht wurde, kleine Klassen im ländlichen Raum und dafür große Klassen in den Städten zuzulassen. Das wird nicht mehr funktionieren. Sie müssen bezogen auf das neue Schulgesetz wie auch für die Umsetzung dieses Moratoriums ganz klare Maßnahmen einleiten, die nicht die großen Städte belasten.
Jetzt zu Ihnen, Herr Schreiber. Wenn Sie die Studie schon ansprechen, die aktuell auf dem Tisch liegt, dann hat Sachsen dort in den Naturwissenschaften sehr gute Ergebnisse erreicht. Das ist unstrittig und eine sehr positive Entwicklung. Woran das liegt, können wir gern noch einmal intensiv besprechen. Möglicherweise haben wir dazu ähnliche Positionen, zumindest habe ich das Ihren Presseerklärungen entnommen. Aber – und jetzt kommt wirklich das ganz dicke Aber – die „einkommensschwachen“ Schülerinnen und Schüler im Freistaat Sachsen sind nach wie vor benachteiligt, eindeutig benachteiligt. Es steigt die Zahl der Schüler, die keinen Abschluss haben. Schauen Sie sich die Große Anfrage an, die wir gestellt haben. Herr Flath hat in seiner Zeit als Kultusminister gesagt, dass die Zahlen halbiert werden. Dort ist gar nichts passiert. Alle Maßnahmen, die Sie eingeleitet haben, führten nicht zu einer Verbesserung in diesem Bereich.
Herr Schreiber, schauen Sie sich das noch einmal an. Sie waren doch schon im Parlament, als das von Ihnen beschlossen worden ist. Das Gesetz für die Schulen in freier Trägerschaft hat natürlich etwas mit der Zügigkeit zu tun. Sie wollen den Schulen in freier Trägerschaft genau die Zügigkeit aufdrücken, wie wir es jetzt im Schulgesetz tun, mit zweizügigen Mittelschulen und mit dreizügigen Gymnasien. Genau das haben Sie ausgedrückt. Jetzt gehen Sie im staatlichen Bereich zurück. Das ist positiv. Aber bei den Schulen in freier Trägerschaft gehen Sie nicht zurück. Dazu muss ich Ihnen sagen: Schauen Sie sich das noch einmal genau an.
Auch den dritten Punkt kann ich Ihnen nicht ersparen, den Sie gerade dargestellt haben. Wenn Schulen, die wir derzeit haben, im Schulnetzplan nicht so verankert sind, dass sie Bestand haben, also sie vakant oder zur Schließung vorgesehen sind, hat das ja wohl ausdrücklich nicht etwas damit zu tun, dass die Kreistage das unbedingt wollten, sondern das hat doch auch etwas damit zu tun, inwieweit sie Finanzen für die Ausgestaltung, Renovierung oder Neubau für Schulen vom Freistaat Sachsen zur Verfügung gestellt bekommen haben. Wenn Sie hier am Pult stehen und sagen, dass an die Entscheidungen der Kreise nicht herangegangen wird, muss ich Ihnen ehrlich sagen, dann verstehe ich die Aktion von Herrn Kupfer gar nicht; denn er war an solchen Schulen und hat den Schulleitern mitgeteilt, dass die Schulen nicht mehr geschlossen werden. Das ist für mich nicht mehr nachvollziehbar.
Es gibt einen Schulnetzplan, in dem steht, worauf Sie sich gerade bezogen haben, dass Sie sich überhaupt nicht mehr einmischen werden. Ich hoffe, dass Sie sich dort einmischen und dass auch die Schulen, die dort vakant sind, auch im ländlichen Raum für die Zukunft noch erhalten bleiben. Insofern bin ich Herrn Kupfer sehr dankbar, wenn er so etwas macht.
Ich möchte mich schon noch einmal auf Ihren Antrag beziehen. Wenn Sie in Ihrem Moratorium sagen, dass Sie den Antrag von 2010 auf 2013 übertragen wollen, dann hätten Sie das schon noch einmal exakter in Ihrem Antrag formulieren müssen, was Sie damit meinen.
Es gibt mehrere Redner hier im Parlament, die festgestellt haben, dass es nicht so eindeutig ist. Ich glaube auch nicht, dass die Schulträger und die Schulen vor Ort, die Eltern und auch die Schüler, das hier eindeutig herausnehmen können, was sie möglicherweise interpretieren oder meinen wollen. Das sollte man auch deutlich in einen Antrag hineinschreiben.
Gibt es jetzt noch Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Frau Ministerin, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Vor drei Wochen haben mein Amtskollege Staatsminister Frank Kupfer und ich unser gemeinsames Konzept zur Sicherung der Schulen im ländlichen Raum vorgestellt. Das Konzept – das haben wir alle mitbekommen – hat in der Öffentlichkeit großen und sehr positiven Widerhall gefunden und wurde seitdem bereits in einigen Veranstaltungen diskutiert. Dass es heute auf der Tagesordnung steht, begrüße ich ausdrücklich.
Gute Bildung bedeutet für mich qualitativ hochwertigen Unterricht in Schulen, die auf einem zumutbaren Schulweg gut zu erreichen sind. Ich möchte noch einmal betonen: Gute Schule, das ist guter Unterricht. Das hat Sachsen in der vorigen Woche in Berlin beim Ländervergleich der Naturwissenschaften eindeutig bestätigt bekommen.
Die Halbierung der Schülerzahlen auf rund 375 000 Schülerinnen und Schüler in den letzten 20 Jahren hatte – das wurde schon benannt – 1 000 Schulschließungen zur Folge, vor allem Schulschließungen im ländlichen Raum.
Diese Schulschließungen, meine Damen und Herren, waren ein sehr schmerzlicher Prozess, den ich an mehreren Stellen in der Kultusverwaltung sehr persönlich begleitet habe und auch umsetzen musste.
Schulschließungen können heute nicht mehr die Antwort auf zurückgehende Schülerzahlen sein. Die Schülerzahlen, meine Damen und Herren, gehen zurück, in einigen ländlichen Gebieten Sachsens um bis zu 20 % in den nächsten Jahren.
Die Zuwächse konzentrieren sich auf die beiden großen Städte Dresden und Leipzig. Diese müssen genau entgegengesetzte Probleme bewältigen. Auch das ist nicht einfach.
Meine Damen und Herren! Selbstverständlich muss der ländliche Raum definiert werden, damit so ein Konzept überhaupt umgesetzt werden kann. Nach meiner Vorstellung sollten wir uns dabei am Landesentwicklungsplan orientieren. Als Grundschulen und Oberschulen im ländlichen Raum verstehe ich deshalb, verstehen wir, mein Kollege Kupfer und ich, alle Schulstandorte außerhalb der drei kreisfreien Städte und außerhalb der im Landesentwicklungsplan 2013 ausgewiesenen Mittel- und Oberzentren.
Sehr geehrte Abgeordnete! Was wir also brauchen, sind klare und verlässliche, demografiefeste Strukturen, auf die sich unsere jungen Menschen im ländlichen Raum bei ihrer Lebensplanung einstellen können. Wir sind also aufgefordert, die passende und für den Einzelfall richtige Lösung zu finden. Das betone ich noch einmal: für den Einzelfall richtige Lösung, um künftige Schulschließungen zu vermeiden.
Alle jungen Menschen haben den Anspruch auf gleiche Bildungschancen, ganz gleich, ob sie in den Ballungszen
tren oder im ländlichen Raum ihre Heimat haben. Dieser Verpflichtung gilt es verantwortungsvoll und ideologiefrei nachzukommen.
Das Schulgesetz schreibt momentan Regelungen vor, die insbesondere die Bestandssicherheit unserer Oberschulen erschweren. Wir haben deshalb ein Schulschließungsmoratorium in Kraft gesetzt, um kleinere, damals noch Mittelschulen, zu schützen. Dieses wird, je nach heutiger Beschlusslage, auf die Grundschulen im ländlichen Raum ausgeweitet und bis zum Inkrafttreten der Schulgesetznovelle verlängert. Das, meine Damen und Herren, ist die richtige Antwort auf die demografische Entwicklung im ländlichen Raum und ein erster wichtiger Schritt zur Sicherung von Schulen im ländlichen Raum.
Vielen Dank, Frau Ministerin. Frau Ministerin, Sie haben gerade ausgeführt, dass sowohl bei den Grundschulen als auch bei den Mittelschulen der ländliche Raum so definiert wird, dass Mittel- und Oberzentren ausgenommen sind.
Das erste Schulschließungsmoratorium, auf das sich der vorliegende Antrag bezieht, hat bei den Mittelschulen die Mittelzentren einbezogen, also die Sicherung auch in den Mittelzentren. Ich frage Sie deshalb: War die Aussage, die Sie gerade getroffen haben, dass die Mittelzentren bei den Mittelschulen beim Moratorium ausgenommen sind, korrekt?
Ja, sie war korrekt in Bezug auf dieses Konzept, das wir zusammen vorgestellt haben, Minister Kupfer und ich, und das wir genau der jetzigen Situation des jetzigen Schulnetzplanes des Freistaates Sachsen angepasst und ausgerichtet haben. Wir haben ein stabiles Schulnetz und das gilt es zu erhalten. Aus diesem Grund haben wir uns sehr deutlich für diese Definition des ländlichen Raumes entschieden.
Der zweite Schritt, meine Damen und Herren, sollte zu Beginn der neuen Legislaturperiode mit einer umfassenden Novellierung des Schulgesetzes folgen. Künftig sollen deshalb einzügige Oberschulen sowie „Oberschulen im Tandem“ möglich sein. Dabei sollen eine einzügige und eine zweizügige Oberschule mit gemeinsamem Träger oder mit geografischer Nähe zusammenarbeiten. Der einzügige Schulteil der Oberschule soll 25 Anmeldungen erreichen, so unser Konzept, um zu sichern, dass auch bei Veränderungen der Schülerzahl der Standort nicht unter die Mindestschülerzahl fällt und Qualität vorgehalten werden kann.
Der zweizügige Oberschulstandort erfüllt weiterhin die bestehenden Parameter von Mindestzügigkeit und Mindestschülerzahl. Sie sehen, wir richten unser Konzept auf die aktuelle Situation mit dem Blick in die Zukunft.