Das war eine Kurzintervention. Übrigens bewegt sich auch die Kurzintervention in einem Zeitrahmen, auf den ich immer wieder hinweise.
Jetzt besteht die Gelegenheit für Herrn Kollegen Mackenroth, auf diese Kurzintervention zu reagieren. – Davon wird nicht Gebrauch gemacht.
Wir können also in der zweiten Runde fortfahren. Wie schon angekündigt, ergreift Herr Prof. Besier erneut das Wort für die Fraktion DIE LINKE.
Danke, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schneider, wenn Sie so eine Zahl nennen, dann ist das zunächst natürlich eindrucksvoll. Wir können aber nicht allein mit regionalen Zahlen argumentieren. Stellen Sie sich einerseits das Verhältnis zwischen den Universitäten Leipzig und Heidelberg vor, andererseits das Verhältnis zwischen Heidelberg und Berkeley. Dann wissen Sie, warum wir hoffnungslos hinterherhinken. Es ist doch kein Zufall, dass Herr Müller-Steinhagen noch einmal unterstrichen hat, dass wir unter den 50 weltbesten Universitäten keine einzige Universität platzieren konnten. Auf der nationalen Ebene liegen wir ziemlich am Ende, abgesehen von einzelnen Leuchttürmen.
Es ist also gar nicht so, dass wir allein hier im Parlament die Setzungen vornehmen können. Wir müssen doch sehen, wie wir uns in der Gesamtheit der bundesdeutschen, aber auch der internationalen Hochschullandschaft bewegen. Von daher sind tatsächlich höhere Zuweisungen unbedingt notwendig.
Herr Kollege Tippelt, es geht nicht um die großen Fächer. Die verkraften das zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch. Es geht um die Bedrohung der kleinen Fächer und um Experimente. Ich will das Stichwort Reichenbach nicht ständig bemühen, aber die Architektur dort war ein interessantes Experiment. Wir können es uns finanziell offenbar nicht leisten. Das halte ich aber für dramatisch.
Die Drittmitteleinwerbung ist inzwischen ein Fetisch. Sie gilt als Kriterium. Dabei wissen Sie doch ganz genau, welche Personalressourcen hoch qualifizierter Professorinnen und Professoren durch diese Drittmitteleinwerbungen gebunden werden. Das wird zunehmend zu einem Problem. Es kommt auf die optimale Relation zwischen Grundausstattung und Drittmitteln an. Das schaffen wir nicht. Wir haben im Grunde jetzt schon einen viel zu hohen Anteil. Die eingeworbenen Overheadmittel sind nicht in der Lage, den administrativen Aufwand aufzufangen.
Auch die gerade ausgehandelten und zum Teil schon fertiggestellten Zielvereinbarungen geben uns Grund zur Sorge. Es ist eine Übergewichtung der Lehrkapazitäten in den MINT-Fächern vorgesehen. Gemessen an der Zahl der Studierenden stehen in den Sozial- und Geisteswissenschaften anteilig weniger Lehrende zur Verfügung, obwohl man dort nicht von geringeren Betreuungsaufwänden reden kann. Hier wie dort sind die Abbrecherquoten alarmierend hoch. In einer solchen Situation wollen Sie Stellen streichen.
In den Zielvereinbarungen wird das Lehren unter Überlast festgeschrieben. Für die TU Dresden liegt das beispielsweise bei 115 %. Das hat die Mittelbauinitiative der TU Dresden per Pressemitteilung zu Recht kritisiert.
Die Überdehnung des Drittmitteleinwerbens hat eine kolossale Bindung vieler Wissenschaftler – das habe ich schon erwähnt – hervorgerufen. Wir müssen hier sehen, wie wir aus diesem zunehmenden Engpass herauskommen. Wenn Professoren Drittmittelanträge bearbeiten, von denen ja nur ein Bruchteil – das ist Ihnen klar – überhaupt erfolgreich ist, dann kommen sie gar nicht mehr zur eigentlichen Forschung.
Wegen der finanziellen Not der Länder sollen durch die Aufhebung des Kooperationsverbotes Bundesmittel an die Hochschulen fließen. Die Kollegen haben das schon erwähnt. Das kann man nur begrüßen. Da sind wir uns einig. Aber wie werden denn die Bundesmittel auf die Länder verteilt werden? Die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Johanna Wanka, hat bisher keinen Zweifel daran gelassen – ich habe einmal ihre öffentlichen Verlautbarungen daraufhin durchgesehen –, dass sie auf einer Kofinanzierung der Länder besteht und die Bundesmittel entsprechend den Anstrengungen der Länder verteilt werden. Wie soll es auch anders gehen? Die einzelnen Länder werden sehr genau darauf achten, dass sie nicht übervorteilt werden. Es führt kein Weg daran vorbei, dass der Freistaat zu einer auskömmlichen Grundfinanzierung seiner Hochschulen kommt. Andernfalls werden wir in dem nationalen Wettbewerb nicht bestehen können.
Es ist ja richtig, dass allenthalben eingespart wird. BadenWürttemberg, das ich immer als leuchtendes Beispiel nenne, spart jetzt 10 % ein. Aber warum können sie das? Sie hatten fette Jahre, fette Jahrzehnte, kann man schon sagen. Das ist bei uns nicht der Fall gewesen. Wir sind
schon auf einem sehr niedrigen Niveau eingestiegen und müssen jetzt leider feststellen, dass noch mehr wegfällt.
Von daher ist es ein Problem, das wir so oder so lösen müssen. Es gibt ja noch die Möglichkeit, stärker einzusparen.
Die FDP möchte nicht das Wort in dieser zweiten Runde ergreifen. GRÜNE? – Auch nicht. Wir könnten eine dritte Rednerrunde eröffnen. Möchte das die einbringende SPDFraktion? – Gibt es noch Redebedarf aus den Fraktionen? – Das kann ich nicht erkennen. Damit ergreift für die Staatsregierung Frau Staatsministerin von Schorlemer das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir führen eine Debatte zu dem Thema „Kürzungsdiktat: Stellenabbau, Fächersterben, Fachkräftemangel“. Das ist ein Titel, der vor Kampfbegriffen nur so strotzt. „Willkommen im Wahlkampf!“, könnte man da fast sagen. Aber ich finde, dieser Kampf wird abseits der Realität geführt. Ich möchte im Folgenden einige Klarstellungen, einige Richtigstellungen und Einordnungen vornehmen.
Erstens. Gibt es denn tatsächlich einen Rückgang der Mittel, die der Freistaat den Hochschulen zuweist? Nein, den gibt es nicht. Im Gegenteil, die Mittel, die der Freistaat in den zurückliegenden Jahren zugewiesen hat und zuzuweisen plant, betrugen 2005 noch 625 Millionen Euro, 2011 bereits 701 Millionen Euro, 2014 rund 746 Millionen Euro. Dabei nicht eingerechnet sind die Ausgaben für Generationenfonds, Hochschulmedizin sowie Bau und Erstausstattung.
Meine Damen und Herren! Das ist eine verlässliche Finanzierung, die auch Kosten- und Tarifsteigerungen abbildet. Sie sichert den Hochschulen Attraktivität und Leistungsfähigkeit.
Wir geben den Hochschulen damit Planungssicherheit bis zum Jahr 2017. Eine Zuschussvereinbarung nach
§ 10 Abs. 1 des Hochschulfreiheitsgesetzes ist intensiv ausgehandelt worden. Die Paraphierungen liegen vor. Diese Zuschussvereinbarung, die von SMWK, SMF und der Staatskanzlei getragen wird, ist paraphiert. Es liegt ein geeintes Dokument vor. Wir haben uns auf den Weg zur Kabinettsbefassung gemacht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein entscheidender Schritt. Hier wird den Hochschulen Gestaltungsfreiheit über die Haushaltsjahre hinweg gegeben. Wir haben den Einstieg in die neue Hochschulsteuerung mit dem Abschluss von Zielvereinbarungen, und wir haben eine mehrjährige finanzielle Planungssicherheit.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist kein Kürzungsdiktat. Die Hochschulen saßen am Tisch. Sie haben die Unterzeichnung erklärt. Selbstverständlich unterzeichnen sie freiwillig. Stellenabbau ist über 2016 hinaus kein Thema.
Zweitens. Der Stellenabbau ist, so denke ich, ein Schreckgespenst. In meiner Amtszeit in den vergangenen vier Jahren gab es keinen Stellenabbau. Es wird auch bis 2016 faktisch keinen geben.
Die alte Hochschulvereinbarung von 2003 hat den Abbau von 300 Stellen bis Dezember 2010 vorgesehen. Es gab zunächst ein Moratorium für 2011/2012. Dann wurde der Stellenabbau – wir haben es bereits gehört – auf 2013/2014/2015 gelegt, insgesamt 205 Stellen. Aber da sich die KMK-Prognose zu den Studierendenzahlen geändert hat, wurde hier das bereits erwähnte Überlastpaket mit 300 Beschäftigungsstellen geschnürt. Der Stellenabbau wurde überkompensiert, 300 für 205 Stellen; und wenn man sieht, dass darin auch vorgezogene Professuren enthalten sind, dann ist das ein vernünftiges Paket. Zusammen mit dem Lehrerbildungspaket von 189 Stellen gibt es einen positiven Saldo von insgesamt 284 Personalressourcen. Es gibt also mehr Personal in unserem Hochschulsystem.
Herr Gerstenberg, es ist nicht zutreffend, dass sich die Betreuungsrelation verschlechtert hat. Ich beziehe mich auf die StaLA-Daten vom August 2013. Die Betreuungsrelation ist seit 2005 mit 1 : 14,9 konstant geblieben. Wir liegen sogar besser als im Bundesdurchschnitt.
Die Qualität der Lehre ist gesichert und – das mag Sie im Übrigen erstaunen, sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition – es gibt nicht zuletzt aufgrund der erfolgreichen Forschungstätigkeit mehr Personal an den Hochschulen – ich beziehe mich auf die Jahre 2009 bis 2012 –: allein in Personen einen Anstieg um 30 % auf 41 491 und beim wissenschaftlichen und künstlerischen Personal, hauptberuflich tätig, einen Anstieg um 15 % auf 14 133. – So weit zum Stellenabbau. Das ist kein Schreckgespenst.
Richtig allerdings ist die Profilbildung. Wir ermutigen die Hochschulen, sich auf ihre starken Bereiche zu konzentrieren, die sie als zukunftsfähig ansehen. Das heißt, sie setzen neue Schwerpunkte. Natürlich hat das Veränderungen in den Entwicklungsplänen der Hochschulen zur Folge und damit auch Stellenveränderungen. Das ist aber
etwas, was die Hochschulen verantwortlich durchführen müssen, damit sie im Wettbewerb von morgen bestehen.
Drittens. Es gibt kein Fächersterben. Wir haben im Freistaat Sachsen rund 1 500 Studiengänge, wie jüngst veröffentlicht. 30 werden nicht fortgeführt, das sind 2 %. Das ist ein notwendiger, normaler Prozess der Qualitätssicherung, durchzuführen von den Rektoraten. So sieht es § 83 Abs. 3 Hochschulfreiheitsgesetz vor, ausgenommen bei Staatsexamensstudiengängen, damit haben sich die Ministerien zu befassen.
Natürlich muss es hier zu Veränderungen kommen. Manche Studiengänge sind nicht hinreichend nachgefragt, manchmal passen die Angebote für die Wirtschaft nicht. Manchmal kommen neue Professoren, dann wird es neue Schwerpunkte geben. Zum Teil werden Diplomstudiengänge von Bachelor- und Masterstudiengängen abgelöst, dann wird man die Diplomstudiengänge einstellen. Es gibt zum Teil natürlich auch Doppelungen. Das muss vermieden werden, so steht es im Hochschulentwicklungsplan; und manchmal ist das Angebot auch zu kleinteilig, dann muss es eine Bereinigung geben. Das ist ein normaler Qualitätssicherungsprozess.
Aber realistischerweise wird man sagen: Es wird immer Widerstand geben, wenn es zur Aufhebung von Studiengängen kommt. Das ist immer auch ein schmerzlicher Prozess. Dennoch sollte sich die Politik hier nicht einmischen, ansonsten hätten wir Planwirtschaft, und das kann nicht in unserem Interesse sein.
Viertens. Fachkräfte – selbstverständlich sichern wir diese über unsere Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Sie stellen ja gerade das große Reservoir an Fach- und Führungskräften für morgen bereit, indem sie Studierende und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland anziehen. Sachsen bildet mehr Ingenieure aus, mehr in den MINTBerufen als andere. Die meisten anderen deutschen Bundesländer finanzieren Career-Service über ESFMittel, und natürlich werben wir konkret dort für Hochschulen für angewandte Wissenschaften, wo der Nachwuchs bereits zurückgeht. In den Wissenschaftsregionen und im Hochschulentwicklungsplan liegt ein klarer Schwerpunkt auf dem Wissenstransfer. Die Hochschulen werden in enge Beziehungen zu den Unternehmen in der Wissenschaftsregion gebracht. Wir unterstützen diesen Prozess, und selbstverständlich ist Fachkräftesicherung ein zentrales Thema auch unserer Einrichtungen.
Ich komme zum Schluss. Die Vorwürfe in der Debatte gehen weitgehend ins Leere, insbesondere die angeblich zurückgehaltenen Hochschulpaktmittel. Das weise ich zurück. Ich denke, zu vieles, auch Anerkennenswertes fällt einer undifferenzierten Betrachtungsweise zum Opfer. Ich finde das bedauerlich und schade, gerade für unseren Wissenschaftsstandort, und ich sage ganz ehrlich: Als Aufreger taugt dieses Thema nicht, selbst im Wahlkampf nicht.
Frau Staatsministerin von Schorlemer hat für die Staatsregierung ausgeführt. Nun erhält erneut Herr Kollege Mann für die einbringende SPD-Fraktion das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einmal: Ich glaube, wir haben hier mehrfach erlebt, wie einfach absolute Zahlen aneinandergereiht wurden und dadurch nachgewiesen werden sollte, dass es mehr Geld für Lehre in Sachsen gibt. Zur Wahrheit gehört: Das Geld vom Bund wurde in den letzten Jahren nicht zu 100 % durchgereicht. In den höheren Zahlen sind auch zusätzliche Initiativen, zum Beispiel das Lehramtspaket und die Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder, eingepreist. Das heißt natürlich, dass in den anderen Bereichen eingespart und gekürzt wurde und weniger Mittel zur Verfügung standen.
Ich denke, das hätte zur Wahrheit dazugehört, insbesondere, wenn man uns vorwirft, wir würden nur Wahlkampf machen. Wir machen eben keinen Wahlkampf, sondern wir thematisieren, wie die grundständige Ausstattung in der Lehre an den sächsischen Hochschulen ist. Hierbei sehen wir problematische Entwicklungen, und auch Statistiken sagen, dass Hochschulen an der Grenze der Leistungsfähigkeit sind. Deshalb, denken wir, ist es gut, darüber zu diskutieren, welches die Voraussetzungen für eine gute Qualität der Lehre und Forschung an sächsischen Universitäten sind. Das wird heute nicht beendet. Wir werden in den zukünftigen Plenen auch über dieses Thema anhand unserer Großen Anfrage zu sprechen haben, und ich glaube mit Fug und Recht sagen zu können: Es ist kein Wahlkampf, sondern eine der Zukunftsfragen dieses Landes, und genau so gehört sie behandelt.