Protokoll der Sitzung vom 17.10.2013

Sie sprechen, Herr Mann, von einem Kürzungsdiktat. Ich will einmal ein paar Zahlen nennen. 2014 werden die sächsischen Hochschulen ohne die Mittel für Baumaßnahmen und für Medizin 746 Millionen Euro an Zuschuss erhalten. „Zuschuss“ – das hieß schon immer so. Man sollte sich besser einmal kundig machen. Im Vergleich zum Jahr 2005 betrug derselbe Wert 625 Millionen Euro. Das heißt, wir haben in der Zeit von 2005 bis heute eine Steigerung von rund 20 % der Mittel bei zugegeben hohen, aber auch in der Sache gedeckelten Studierendenzahlen. Wenn man also sieht, dass wir 2005 rund 108 000 Studenten und 2012 113 000 Studierende haben, wird man bei der Finanzsteigerung um 20 % keineswegs von einem Kürzungsdiktat reden können. Wer das tut, der handelt vielleicht wider besseres Wissen.

Meine Damen und Herren! Wie kommen Sie bei diesen Zahlen, Herr Mann, auf die Annahme, wir würden ein Kürzungsdiktat unterbreiten? Ich komme in einem anderen Zusammenhang auf dieses Wort noch zurück.

Die sächsischen Hochschulen sind einer der größten Arbeitgeber des Landes. Wir haben in Sachsen im Jahr 2012 fast 41 500 Beschäftigte an sächsischen Hochschulen, die außeruniversitäre Forschung nicht mitgerechnet. Wir sind also in Sachsen mit einer Wissenschaftslandschaft ausgestattet – das kann man nun wirklich nicht wegreden –, die ausgesprochen stark und gut vertreten ist.

Sie sprechen von Stellenabbau. Ich darf daran erinnern, dass die Stellen, die die Universitäten und Fachhochschulen 2014 und 2015 abzubauen haben, 205 Stellen ausmachen. Das geht auf die Hochschulvereinbarung des Jahres 2003 zurück, die im allseitigen Konsens seitdem vollzogen wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das ist keine neue Maßnahme.

Die Staatsministerin hat dies auch so umgesetzt. Es gibt im Blick auf die gestiegenen Studierendenzahlen ein sogenanntes Überlastpaket, mit dem die Hochschulen in der laufenden Zeit 300 Stellen mehr bekommen, als 2003 sozusagen seinerzeit einhellig vereinbart. Wer bei dieser Sachlage bei insgesamt 41 500 Beschäftigten von einem Stellenabbau spricht, der handelt ahnungslos.

(Beifall bei der CDU)

Sie sprechen das Thema „Reichenbach“ an. Bei Reichenbach geht es nicht um die Schließung eines Studiengan

ges, sondern um die Verlagerung in Richtung FH Zwickau und zum anderen der Architektur nach Leipzig.

Bei der Pharmazie in Leipzig ist es schlicht und einfach so, dass die Universität Leipzig selbst die Schließung beantragt hat. Über diese Maßnahme ist bis heute noch nicht entschieden. Die Pharmazie-Ausbildung läuft, und ich gehe davon aus, dass es ein angemessenes Konzept dazu gibt.

Soweit Sie, meine Damen und Herren und insbesondere Herr Mann, die Zuschussvereinbarung angesprochen haben, gehen wir davon aus, dass, anders als Sie das hier glauben machen wollen, zwischen dem SMWK in Person von Frau Staatsministerin von Schorlemer und den Hochschulen verhandelt und auch auf Augenhöhe miteinander kommuniziert wird. Wer das in Abrede stellt, der kennt das System und auch das neue Steuerungssystem, das wir mit dem § 10 des Hochschulfreiheitsgesetzes geschaffen haben, offensichtlich nicht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Fakt ist, meine Damen und Herren, von „Kürzungsdiktats- und Stellenabbau-Orgien“, wie Sie das früher auch schon genannt haben, kann keine Rede sein, verrät Unkenntnis auch im Hinblick auf Hochschulautonomie. Sie hätten sich diese Aktuelle Debatte besser erspart.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Prof. Schneider sprach für die CDU-Fraktion. Jetzt sehe ich am Mikrofon 1 eine Kurzintervention von Herrn Kollegen Mann. Bitte.

Danke, Herr Präsident. Natürlich möchte ich auf die Angriffe von Herrn Kollegen Schneider reagieren. Zuerst zu Ihrer rhetorischen Volte: Ich habe in keinem einzigen Satz die sächsischen Hochschulen schlechtgemacht. Aber ich lasse schlicht und ergreifend nicht zu, dass Sie diesen Stellenabbau schönreden. Das ist das Problem.

(Beifall bei der SPD)

Diesen Hochschulkonsens, wie er damals erreicht wurde, habe ich noch als Studierender miterlebt. Dass es heute wieder ein Lehramt in Dresden gibt, ist ein Ergebnis, das zeigt, dass das nicht sehr konsensual gelaufen ist. Auch damals – der amtierende Präsident wird sich noch gut an die Zeit erinnern, an Zeiten einer Hochschulentwicklungskommission – wurden schon Fehlentscheidungen bei der Hochschulentwicklung getroffen. Wenn Sie sagen, es gibt hier mehr Geld für die Hochschulen – wie könnte es auch anders sein: 2003 hatten wir in Sachsen 80 000 Studierende, heute haben wir 112 000 Studierende im Land und eine ausgebautere Forschungslandschaft. Effektiv sind die Mittel für Personal in der Lehre aber gleich geblieben, real sogar gesunken.

Ganz kurz zu Reichenbach. Eine Wirkung der Schließung der Architektur ist, dass durch die Verlagerung nach Leipzig an die HTWK jede Stelle bis 2022 mit Kollegen aus Reichenbach besetzt werden muss, unabhängig davon, welche Fachkombination diese haben. Sie werden mir zustimmen, dass das nicht zu mehr Qualität führen kann.

Zu guter Letzt zur Pharmazie. Es ist nicht entschieden, aber warum denn? Weil sich zwei Minister dieser Staatsregierung nicht einigen können und weil der Ministerpräsident seine Richtlinienkompetenz nicht ausübt. Die eine sagt Ja, die andere sagt Nein. Es passiert keine Entscheidung. Das wäre eine Aufgabe für Sie. Sie hätten die Möglichkeit, das zu ändern. 2 Millionen Euro würde das kosten, die Apotheker-Ausbildung in Sachsen zu sichern.

(Beifall bei der SPD)

Aber Sie verlassen sich auf Sachsen-Anhalt, und wir sehen gerade, dass die Hochschule bei der Medizin auf der Kippe steht. Das ist Irrsinn.

(Beifall bei der SPD)

Es erfolgt die Reaktion von Herrn Prof. Schneider.

Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Mann, Sie haben jetzt Zahlen von 2003 gebracht. Ich habe die Zahlen des sächsischen Staatshaushaltes von 2005 mit der Zahl von 2013 verglichen: Aufbau um 20 % der Mittel. Das ist nicht wegzudiskutieren.

Im Hinblick auf den Studierendenzahlenaufwuchs ist es gedeckelt, aber auch schon seit 2005 auf adäquat hohem Niveau.

Was das angebliche Stellenabbaudiktat betrifft, geht es in Gänze, soweit es den Freistaat betrifft, um Planungssicherheit des Landes, das umgesetzt auf die Hochschulen eine Frage ist, die dann in der Zuschussvereinbarung umzusetzen ist. Und noch einmal: Da wird nichts diktiert, da wird nichts hinwegexekutiert, sondern das wird miteinander konsentiert. Das, glaube ich, ist der entscheidende Punkt.

Zur Pharmazie noch so viel: Erstens. Es ist ein Vorschlag der Universität Leipzig.

Zweitens. Dieser Vorschlag ist in der Welt.

Drittens. Über ihn ist noch nicht entschieden.

Viertens. Das ist doch das Ergebnis. Dieser Studiengang läuft aktuell weiter.

Mehr ist dazu nicht zu sagen.

(Beifall bei der CDU)

Wir fahren in unserer Rednerreihe fort. Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt Herr Prof. Besier.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es kommt so, wie ich befürchtet habe. Meine Fraktion hat keine

Aktuelle Debatte zu dem hier in Rede stehenden Themenkomplex beantragt. Warum? Nicht weil uns das Thema irrelevant erschienen wäre – ganz im Gegenteil. Ist eine Aktuelle Debatte aber das richtige Format für so ein kompliziertes, vielfach mit anderen Sachfragen verquicktes Feld? Wir sind natürlich vor laufenden Kameras dann dazu gezwungen, die Dinge zu verschärfen und zu vereinfachen.

Ist auf der Debattenebene eigentlich – das ist mein zweiter Punkt – nicht alles schon gesagt? Erinnern wir uns an das, was wir immer wieder betont haben. Das erste Konzept meiner Rede habe ich gleich wieder verworfen. Es schien mir einfach zu faktenorientiert. Es passt nicht in so eine Debatte.

Erlauben sie mir aber, einige wichtige Themenkreise wenigstens anzusprechen. Auch wenn es manchmal anders ankommt, mir ist wirklich an einer polemischen Auseinandersetzung auf diesem Feld nicht gelegen. Zugegeben, auch das ist ein Problem für eine Aktuelle Debatte. Die Streichung von Studiengängen ist eine einschneidende Maßnahme – es hat eine Kleine Anfrage gegeben, und siehe da, alle waren plötzlich auf dem Tableau –, vor allem dann, wenn das ursprüngliche Motiv dafür der Zwang zum Sparen war. Das müssen wir festhalten. Wir können die Geschichte nicht von dem Zeitpunkt an erzählen, als die Universitäten versucht haben, die Sparvorgaben einzuhalten. Nein, wir müssen sagen: Bei der Anhörung zur Pharmazie – wer dabei war, wird sich gut erinnern – ist sehr eindeutig von der Rektorin der Uni Leipzig gesagt worden, dass sie zu den Stellenstreichungen gezwungen worden seien und sich dann für die Pharmazie entschieden hätten.

Darf er eine Zwischenfrage stellen?

Ja selbstverständlich.

Bitte, Herr

Prof. Scheider.

Danke, Herr Kollege Besier. Dürfte ich Sie bitten, künftig nicht vom Sparen zu reden, weil Sparen mit Rücklagenbildung verbunden ist, sondern von Haushaltskonsolidierung?

(Heiterkeit und Zurufe bei den LINKEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Schneider. Wie immer wir das Kind nennen, es wird nicht besser.

(Zurufe von der SPD)

Den Vorgang nun als Ausdruck der autonomen Entscheidung der Hochschulen hinzustellen, entspricht nicht dem historischen Ablauf. Erlauben Sie, das erst einmal festzuhalten. Richtig ist vielmehr, dass den Hochschulen Sparauflagen gemacht wurden, die sie dann selbstständig

erbringen durften. Die Autonomie der Hochschulen wird seitens des SMWK durch die Höhe der Globalhaushalte und bei der Bemessung von Zielerreichungsgraden klar eingeschränkt. Letztere stellen die Voraussetzung für leistungsbezogene Mittel dar.

An der TU Dresden ist beispielsweise für 2014 die Zuweisung von circa 11,2 Millionen Euro von der Zielerreichung abhängig. An der Uni Leipzig sind es knapp 8,6 Millionen Euro. Da die Grundausstattung nicht bedarfsdeckend ist, sind die Hochschulleitungen angesichts der bestehenden Rechtslage gezwungen, gerade freiwerdende Stellen bzw. ganze Einheiten zur Streichung vorzuschlagen. Ich erinnere als Beispiel nur an den Studiengang Romanistik an der hiesigen TU.