Vielen Dank, Frau Fiedler. – Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das sehe ich nicht. Ich lasse abstimmen über die Drucksache 5/12937. Wer zustimmen möchte, hebt jetzt die Hand. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke sehr. Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Bei zahlreichen Stimmen dafür, aber eben nicht der erforderlichen Mehrheit ist die Drucksache nicht beschlossen. Die Beratung der Großen Anfrage ist beendet und dieser Tagesordnungspunkt geschlossen.
Die Fraktionen nehmen wie folgt Stellung: CDU, FDP, DIE LINKE, SPD, GRÜNE, NDP und die Staatsregierung, sofern sie das Wort wünscht. Wir beginnen mit der Aussprache. Für die CDU-Fraktion spricht mein Namensvetter, Herr Kollege Wehner. Bitte, Sie haben das Wort.
Sehr verehrter Herr Präsident! Vielen Dank für die nette Begrüßung. Das schafft so eine Vertraulichkeit hier vorn. Wir haben allerdings ein ernstes Thema mit diesem Antrag. Wir wollen eine Initiative starten. Die Diagnose Krebs schockiert. Sie wird immer noch mit Hoffnungslosigkeit und Unheilbarkeit verbunden, aber die aktuellen Zahlen und Statistiken sprechen eine andere Sprache.
Zwar ist die Anzahl der Neuerkrankungen von 2003 bis 2010 um jeweils fast 9 % gestiegen, aber Menschen werden älter und die Sterblichkeit geht zurück. Vor 1980 starben zwei Drittel aller Patienten. Heute kann man sagen, dass über die Hälfte der Patienten überleben. Das ist Ansporn für weitere Vorsorge für die Patienten, die vorangetrieben werden muss.
Deshalb ist auf Bundesebene mit einer Vielzahl von Beteiligten der Nationale Krebsplan entwickelt worden. Es gibt vier Handlungsfelder in diesem Plan, die ich kurz nennen will. Das ist erstens die Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung, zweitens die Weiterentwicklung der onkologischen Versorgungsstrukturen, das sind drittens die Qualitätssicherung und die Sicherstellung einer effizienten onkologischen Behandlung und viertens die Stärkung der Patientenorientierung und der Patienteninformation.
Ich will an dieser Stelle unterstreichen, dass dieses Konzept nur mit einem nationalen Krebsregister funktioniert. Im Frühjahr ist bereits im Bundestag das Gesetz zur Krebsfrüherkennung und zur Qualitätssicherung durch das klinische Krebsregister beschlossen worden. Ein Teil des Gesetzes sind die klinischen Krebsregister, die wir auf Landesebene einführen wollen. Sie sind fachliche und unabhängige Einrichtungen, die alle wichtigen Daten, die im Laufe einer Krebserkrankung anfallen, erfassen – angefangen bei der Diagnose über den einzelnen Behandlungsschritt und die Nachsorge bis hin zum Überleben und natürlich auch zum Tod.
Was passiert mit diesen Daten und was bringen sie uns überhaupt? Die Daten werden an die Leistungserbringer übermittelt. Klinische Krebsregister dienen dabei der Qualitätssicherung in der Versorgung krebskranker
Menschen. Ihre Hauptaufgabe besteht in der Auswertung der übermittelten Daten und in der anschließenden Rückmeldung der Auswertungsergebnisse an die Leistungserbringer. Die Mitarbeiter der klinischen Krebsregister suchen dabei das offene Gespräch mit den Leistungserbringern.
Was bringen diese Erkenntnisse, meine Damen, meine Herren? Erstens kann die Behandlung auf Erfolg kontrolliert werden. Das ist sehr wichtig. Zweitens ist die Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Behandlungsmaßnahmen gegeben und drittens kann die Forschung vorangetrieben werden. Krebspatienten profitieren von diesem bundesweiten und flächendeckenden Krebsregister, weil sie sicher sein können, dass ihre Behandlung von unabhängigen Fachleuten geprüft wird.
Wir wollen ein flächendeckendes klinisches Krebsregister mit geeigneten Datenschutzrichtlinien, und die so gewonnenen Daten zur Versorgung von Krebspatienten sollen regelmäßig und landesweit ausgewertet werden. Neben der landesweiten Auswertung gibt es noch eine bundesweite Auswertung alle fünf Jahre.
Meine Damen, meine Herren, in Sachsen gibt es bereits fünf klinische Krebsregister, die an den regionalen Tumorzentren eingerichtet wurden. Diese haben sich bisher im Vergleich zu Krebsregistern anderer Bundesländer unterschiedlich entwickelt. Mit dem vorliegenden Antrag soll die Grundlage einer einheitlichen Herangehensweise geschaffen werden. Daher bitte ich um Ihre Zustimmung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Eine Krebsdiagnose zu erhalten stellt einen der gravierenden Einschnitte im Leben eines Menschen dar. Es ist die Pflicht von Gesundheitswesen und Politik, alle Maßnahmen zu ergreifen, um die bestmöglichen Heilungschancen für den Betroffenen oder die Betroffene zu eröffnen. Die Therapie von Krebs ist eine der wichtigsten Felder der Gesundheitspolitik. Jedes Jahr – mein Vorredner hat es schon angedeutet – erkranken 490 000 Menschen in Deutschland neu an Krebs. 221 000 Menschen sterben jedes Jahr daran. Experten schätzen, dass die Zahl der Krebserkrankungen bis zum Jahr 2050 um circa 30 % zunehmen wird. Krebs ist noch immer die zweithäufigste Todesursache in Deutschland.
Der Nationale Krebsplan sieht die wichtige Stärkung der Früherkennung vor. Darüber hinaus sollen auch die onkologischen Versorgungsstrukturen weiter ausgebaut werden. An dieser Stelle geht ein Dank an die Sächsische Krebsgesellschaft für ihr Engagement und an die vielen Selbsthilfegruppen, die sich um die Fürsorge von Betroffenen bemühen.
Das Früherkennungs- und Registrierungsgesetz schreibt die klinischen Krebsregister in den einzelnen Ländern vor. Die Krebsregister bieten umfangreiche Informationen, die beim Kampf gegen Krebs genutzt werden müssen. Der Zugriff auf diese Informationen zur Verbesserung der Therapiechancen und zur Erfassung der räumlichen Verteilung ist wichtig, um frühzeitig auf den Heilungsprozess Einfluss nehmen zu können. In den bevölkerungsbezogenen, den sogenannten epidemiologischen Krebsregistern, erfolgt eine Archivierung der Vorfälle, wobei das Krankheitsbild regional erfasst wird.
Die klinischen Krebsregister hingegen sind ein Instrument, mit dem es ermöglicht wird, die Qualität der Behandlung zu erfassen. Die Deutsche Krebshilfe gibt zu bedenken, dass sich die Heilungschancen von Krebspatienten umso mehr erhöhen, je mehr Patienten mit der gleichen Erkrankung in einer Klinik behandelt werden. Kliniken, die ihre Patienten auch im Rahmen von Studien behandeln, können oftmals höhere Qualitätssicherungen anbieten. Ebenjener Gedanke liegt den klinischen Krebsregistern zugrunde. Mit der Archivierung und der Nutzbarmachung der Daten können Krankheitsverläufe und auch die daraus resultierenden Erfolge für neue Therapieansätze genutzt werden.
Deswegen ist es wichtig, die klinischen Krebsregister im Freistaat hinsichtlich der Rahmenbedingungen für Meldung, Datenübermittlung, Datenhaltung und des länderübergreifenden gemeinsamen Krebsregisters gleichzustellen. Die Behandlung erfolgt mit individuellen, auf jedes einzelne Krankheitsbild abgestimmten Methoden und den entsprechenden Betreuungsformen. Mit den klinischen Registern lassen sich daher im besonderen Maße Synergieeffekte erzielen. Sie bieten die Möglichkeit, bereits erprobte Therapieansätze auf ähnliche Krankheitsbilder anzuwenden. Wir verbinden damit die Hoffnung, schon frühzeitig, in der Phase der Früherkennung, anknüpfen zu können und Fortschritte im Heilungsprozess der Patienten damit auch zu erzielen.
Dieser Antrag schließt sich auch unserem Engagement an, eine höhere Beteiligung beim Mammografie-Screening zu erreichen. Damit ist Sachsen fortschrittlich und hat sehr gute Erfolge zu verzeichnen.
Durch die Verarbeitung der standardisierten Daten in den klinischen Krebsregistern lässt sich aber nicht nur die Lebensqualität der Patienten verbessern. Sie ermöglichen ebenso die Kontrolle über die Güte der Therapie, das
heißt die Frage der Qualitätssicherung. Mit den Daten lässt sich nun prüfen, ob die Prozessstandards eingehalten werden und ob interdisziplinäre Absprachen und Ansätze auch Eingang in diese Heilverfahren erhalten. Mit einer engeren Einbindung der klinischen Krebsregister des Freistaates in die Qualitätssicherung und das Qualitätsmanagement regionaler Abläufe können die Erkennung und die Behandlung onkologischer Erkrankungen, so hoffen wir, nunmehr weiter verbessert werden.
In Sachsen ist der Ausbau der klinischen Krebsregister bereits weit fortgeschritten. Allerdings bestehen hier Unterschiede in den verschiedenen Regionen von rein klinikinternen Registern bis hin zur vollständigen Erfassung der Situation in ganzen Regionen. Es gilt, die bereits vorhandenen Strukturen nunmehr weiter zu erhalten, auszubauen und vor allem zu optimieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Verbesserung der Struktur der Krebsregister lässt sich mit einem relativ geringen Aufwand ein großer Nutzen für die Betroffenen erzielen. Die Register sind lebenserhaltende Archive, mit denen auf das Wissen und die Erfahrungen ganzer Regionen zurückgegriffen werden kann.
Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Die ostdeutschen Länder hatten den Vorteil der Erfahrung, denn das Krebsregister der DDR diente als Vorbild.
Das 1952 gegründete Nationale Krebsregister war mit den Informationen von 1,8 Millionen Patienten weltweit eine der größten Datensammlungen auf dem Gebiet der Onkologie. An diese Stelle trat vor 20 Jahren das gemeinsame Krebsregister der ostdeutschen Länder. Es leistete Schrittmacherdienste für ein bundesweites Krebsregister. 1995 folgte das Krebsregistergesetz des Bundes, befristet für fünf Jahre.
Das am 9. April 2013 in Kraft getretene Krebsfrüherkennungs- und Registergesetz schafft nun endlich den notwendigen gesetzlichen Rahmen, um die Krebsfrüherkennung weiterzuentwickeln sowie die medizinische Versorgung der Krebspatientinnen und Krebspatienten in Deutschland zu verbessern.
Es ist gut und richtig, Krebsregister aufzubauen, zu evaluieren und fortzuschreiben und damit auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren. Jetzt, nach 20 Jahren, rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen wird höchste Zeit. Das alles sind aber Dinge, die im Hintergrund laufen, also ungesehen. Im Vordergrund steht der Mensch. Dabei sind wichtige Aufgaben der Krebsfrüherkennung die Weiterentwicklung der onkologischen Versorgungsstrukturen,
die Sicherstellung der Behandlung bis hin zur Sicherstellung von Medikamenten und die Stärkung der Patientenorientierung. Sie merken selbst, dass trotz der Fortschritte in der Krebsbekämpfung Verbesserungspotenziale bestehen.
Dem gemeinsamen Bundesausschuss obliegt die inhaltliche und organisatorische Weiterentwicklung. Die derzeitigen Krebsfrüherkennungsuntersuchungen richten sich an gesunde Menschen mit einem nach Altersgruppe und Geschlecht durchschnittlichen Krebsrisiko. Für Menschen mit einem solchen erhöhten Krebsrisiko sind diese Maßnahmen teilweise unzureichend oder – bezogen auf das Lebensalter – setzen zu spät ein.
Werte Abgeordnete! In einem festgelegten Zeitraum sollten die bestehenden Früherkennungsuntersuchungen in organisierte Programme, wie das MammografieScreening, mit einem persönlichen Einladungswesen sowie durchgängiger Qualitätssicherung und Erfolgskontrolle überführt werden. Durch die neuen gesetzlichen Regelungen werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die bestehenden Angebote mit einer höheren Wirksamkeit, Qualität und Sicherheit durchgeführt und von mehr Menschen, natürlich unter Beachtung ihrer Entscheidungsfreiheit, in Anspruch genommen werden können.
Die Krebsfrüherkennungsprogramme werden hinsichtlich ihres Nutzens unter Einbindung der Landeskrebsregister evaluiert. Dazu gehören die Schaffung der gesetzlichen Grundlagen, eine einheitliche und transparente Evaluation der gesetzlichen Früherkennungsprogramme auf Landesebene, die zeitnahe Publikation und die Weiterentwicklung der Programme auf Grundlage der Evaluationsergebnisse sowie die finanzielle und organisatorische Sicherung einer fortlaufenden und umfassenden vergleichenden Evaluation der Krebsfrüherkennungsprogramme.
Wir werden diesem Antrag zustimmen. Aber wir werden Sie in der nächsten Haushaltsplanung daran erinnern.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag fordert konkrete Umsetzungsschritte zur Umsetzung der Empfehlung des nationalen Krebsplanes. Einem solchen Anliegen kann man nur zustimmen, zumal der zugrunde liegende nationale Krebsplan 2008 umfassend mit mehr als 20 beratenden Organisationen und über 100 Experten, federführend auch der SPD, miterarbeitet wurde.
Erst am Montag konnte man bei „SPIEGEL ONLINE“ lesen, dass für Krebserkrankungen in der EU mehr als 120 Milliarden Euro aufgewendet werden müssen. Diese Summe entsteht durch Behandlungen, Krankenhausaufenthalte, Arbeitsausfälle und Pflege – eine große Zahl, die erahnen lässt, wie viel individuelle Sorge und Beeinträch
Erfreulich ist, dass sich die Überlebenschancen und die Lebensqualität krebskranker Menschen in den letzten Jahren auch in Sachsen erheblich verbessert haben. Das kann man im Bericht des Gemeinsamen Krebsregisters der neuen Bundesländer nachlesen. Vor allem verbesserte Früherkennungsmaßnahmen, verbesserte Diagnostik und Therapie ermöglichen mehr Erkennungs- und Heilungschancen für Betroffene. Das darf uns aber auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass mit der demografischen Entwicklung und der höheren Lebenserwartung in Zukunft die Zahl der betroffenen Menschen, die Zahl der krebskranken Menschen, weiter ansteigen wird. Es ist also wichtig, die hier vorhandenen Erkenntnisse zu sammeln, zu bündeln und in praktisches Handeln umzusetzen. Diese zentrale Aufgabe wird von einem Krebsregister unterstützt. Deshalb ist es ein wichtiges Instrument nicht nur bei der Qualitätssicherung.
Klinische Krebsregister erfassen die Qualität der Behandlung eines jeden Patienten, idealerweise vom Beginn der Diagnose und Behandlung bis hin zur Nachsorge und einem eventuellen Versterben des Patienten, aufgeschlüsselt nach Regionen, nach Einrichtungen, nach Bundesland und dann zusammengefasst für Deutschland.
Natürlich gab es neben den genannten positiven Inhalten auch Kritik an der bundesgesetzlichen Grundlage für die Krebsregister. Ich denke dabei zum Beispiel an die Finanzierung und die verzögerte bundesweite Angleichung der verschiedenen bisher noch sehr homogen aufgestellten Krebsregister. Hier sind die neuen Bundesländer schon ein Stück voraus, indem sie sich eben für ein gemeinsames Krebsregister entschieden haben. Dennoch bleibt das Ziel, dass wir nicht mehr allzu lange auf bundesweite gleiche Standards warten müssen.