Protokoll der Sitzung vom 17.10.2013

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Frau Jähnigen, eine Kurzintervention.

Lieber Herr Kollege Heidan! Verehrte Kollegen von der CDU und der FDP! Gleichstellung von Frau und Mann, Antidiskriminierung, ökologisches Vorbildverhalten sind gesetzliche Aufgaben und teilweise durch Bundesgesetz, Landesgesetz oder die Sächsische Verfassung geregelt.

Von der Frauenquote steht in unserem Antrag nichts. Allerdings sollen Frauen in Führungspositionen berücksichtigt werden. Es wird auch Bereiche geben – Pflege, Gesundheitswesen –, in denen das aus Gleichstellungssicht Männer betreffen kann. Darum geht es – ganz nach den Gesetzen. Sie scheinen diese noch nicht so verinnerlicht zu haben, wie es sein sollte.

Zweitens haben Sie jetzt ein Bild aufgemacht, als ob wir Unternehmen zurück verstaatlichen wollten. Aber nein, das Subsidiaritätsprinzip für öffentliche Aufgaben gilt doch schon in der Sächsischen Gemeindeordnung. Nur, Sie wollen es verschärfen und die unternehmerische Tätigkeit der gemeindlichen Unternehmen einschränken. Das ist schon ein Eingriff in die Selbstverwaltung. Sie haben mit keinem Wort vorgetragen, warum Sie das machen wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Heidan, Sie wollen auf die Kurzintervention antworten. Dazu haben Sie jetzt Gelegenheit.

Vielen Dank, Herr Präsident! Ich denke, ich bin noch der deutschen Sprache mächtig und kann auch lesen. In Punkt II.3 steht, wie es hier geschrieben ist – vielleicht habe ich auch den falschen Antrag, Frau Jähnigen; das kann ja durchaus sein, aber da können Sie mir hilfreich an die Seite treten –: Gleichstellung von Frau und Mann, besonders bei der Besetzung von führenden und leitenden Positionen. Damit haben Sie sich selbst disqualifiziert.

(Eva Jähnigen, GRÜNE: Das ist eine gesetzliche Aufgabe!)

Wenn es eine gesetzliche Aufgabe ist, brauche ich es nicht zusätzlich zu beantragen und hier zur Diskussion zu stellen. Von daher halte ich das fachlich für nicht sehr richtig.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN und den LINKEN – Enrico Stange, DIE LINKE: Wie viele gesetzliche Aufgaben stellen Sie in Fensteranträgen zur Schau?!)

Wir fahren fort in der ersten Runde der allgemeinen Aussprache. Für die Fraktion DIE LINKE Herr Tischendorf.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir von den LINKEN haben schon richtig vermutet: Die GRÜNEN wollen mit ihrem Antrag die Koalition daran erinnern, dass sie noch einen Gesetzentwurf zur Fortentwicklung des Kommunalrechts haben und dass er endlich weiterbehandelt werden soll. Insofern ist es ja ganz löblich.

Wir haben uns aber gefragt, welchen neuen Erkenntnisgewinn denn die aufgeworfenen Fragen mit den drei Beschlusspunkten des Antrages erzielen werden. Das ist unser Problem.

Es wurde schon angesprochen: Am 4. Juli gab es zum Gesetzentwurf eine umfangreiche Sachverständigenanhörung. Im Nachgang hat auch der Innenminister – recht geduldig, wie ich finde – die Fragen der GRÜNEN zum Gemeindewirtschaftsrecht schriftlich beantwortet. Das hat er getan, übrigens im Gegensatz zum Fragenkatalog meiner Landtagskollegin Frau Junge. Sie hatte es übermittelt, und der Minister hat erklärt, er sei dafür nicht zuständig, da es ja nicht sein Gesetzentwurf sei.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Echt? – Antje Hermenau, GRÜNE: Ist ja niedlich!)

Es ist ein Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen. Ich füge hinzu: zumindest offiziell. Ich denke, da wir ja in Ihrer Begründung lesen können, Herr Minister, dass Sie vollumfänglich den Begründungen des Gesetzentwurfes zustimmen, wissen wir beide, wie so etwas entsteht.

(Staatsminister Markus Ulbig: Woher wissen Sie das?)

Wir wissen das. Wir können uns gern einmal darüber unterhalten, wie solch eine Zufälligkeit entsteht.

Nun also wollen die GRÜNEN – es wurde schon angesprochen – die Staatsregierung auffordern zu prüfen, welche kommunalen Unternehmen aus Sachsen ihre Tätigkeit auf überörtliche Geschäftsfelder, insbesondere im Zusammenhang mit der Energiewende, ausdehnen sollten und könnten. Hierzu sind die kommunalen Spitzenverbände, der Landtag und die Öffentlichkeit einzubeziehen.

Geschätzte Kollegin Jähnigen, ich glaube, wenn es so beschlossen würde – es wird ja nicht beschlossen –, bekämen Sie wahrscheinlich noch einmal das gleiche Papier vom Innenminister wie das, was Sie jetzt bereits im Ausschuss erhalten haben. Der Mehrwert der Antworten – darin bin ich mir fast sicher, das macht auch der Redebeitrag von Herrn Heidan deutlich – wird gegen null gehen. Die kommunalen Spitzenverbände und die honorigen Sachverständigen werden wohl leider auch nicht viel anderes sagen als das, was im Anhörungsprotokoll vom Juli steht.

Der zweite Beschlusspunkt im Antrag will die Staatsregierung dazu auffordern, Angebote an konzeptioneller Beratung und Weiterbildung für Akteure kommunaler Unternehmen zu entwickeln und auf vorbildhaftes Verhalten der öffentlichen Unternehmen hinzuwirken. Wir hatten gerade die Debatte dazu.

Ich weiß und ich erkenne es an, dass die GRÜNEN sehr fleißig waren und ihre Änderungsanträge zum steckengebliebenen Gesetzentwurf schon umfänglich eingebracht haben. Ich würde Ihnen dennoch empfehlen, genau dazu einen weiteren Änderungsantrag zu schreiben. Denn dort gehört es richtigerweise hin: ins Gesetz; klipp und klar, was gewollt ist. Das ist allemal besser – das ist zumindest unsere Meinung – als eine irgendwie geartete Aufforderung an die Staatsregierung, sie möge dies oder jenes tun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt kommen wir zu einem grundsätzlichen Problem, das im sächsischen Gemeindewirtschaftsrecht in nächster Zeit wirklich zu entscheiden ist. Ich weiß, dass in der Koalition im Vorfeld der Gesetzesnovelle die Fetzen geflogen sind, und ich gebe unumwunden zu, dass es auch in unserer Fraktion nicht ganz einfach ist, dieses Thema zu beackern. Wenn ich mir den Antrag der GRÜNEN so durchlese, dann ist mir auch nicht ganz klar, ob sie in ihrer Fraktion schon eine Entscheidung zu den wichtigsten Fragen getroffen haben.

Der Knackpunkt der ganzen Geschichte ist doch die Frage, wie das kommunale Gemeindewirtschaftsrecht, zum Beispiel im Bereich der Energiewirtschaft, mit europäischem Recht in Einklang gebracht werden kann. Hier läuft in Sachsen unbestritten seit einigen Jahren vieles aus dem Ruder.

Die EU hat die Liberalisierung des Marktes durchgesetzt. Dem kann man sich nicht verschließen. Aber die Prüfung der Kommunalaufsicht zu den eingegangenen Risiken von Kommunen ist damit weder aufgeweicht noch ganz aufgehoben. Energieunternehmen haben durch die erfolgte Liberalisierung keine geografisch abgegrenzten Versorgungsgebiete mehr. Eine enge Auslegung des Territorialprinzips wäre in diesem Fall als unzulässige Wettbewerbsverzerrung anzusehen. Die Aufgabenerfüllung muss aber in jedem Fall in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder zu dieser einen spezifischen Bezug aufweisen. So steht es – Sie können es nachlesen – in einschlägigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes.

Wenn also ein kommunales Stadtwerk an der Strombörse agiert, ist klar, dass es unweigerlich mit spekulativen Käufen versucht, gewinnerzielend zu arbeiten.

(Beifall bei der FDP)

Das will ich hier aus Zeitgründen nicht weiter ausführen.

Kollege Heidan hat es schon gesagt: Wenn es gut läuft, kann sich bestenfalls die Kommune über eine Gewinnausschüttung freuen. Wenn es schlecht läuft, ist die Frage der Haftungsverantwortung der Kommunen ganz schnell da.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, erlauben Sie mir einen kleinen Einschub: Ich will noch einmal an die Erledigung unserer eigenen Hausaufgaben erinnern. Was haben von dieser Stelle aus die Vertreter der verschiedensten Fraktionen in den letzten Jahren nicht alles erklärt, dass nie wieder mit öffentlichen Geldern unkalkulierbare Risiken eingegangen werden?

(Beifall bei der FDP)

Alle wollen wir doch als Lehre aus der verzockten Landesbank behalten, dass einem solchen Fiasko mit dem Geld des Steuerzahlers zukünftig Einhalt geboten wird. Das haben wir fast alle erklärt. Die Situation, über die wir gerade reden, ist ähnlich.

Im Übrigen gehe ich auch davon aus, dass wir alle hier im Hohen Haus der Meinung sind – ich hoffe das –, dass Gewinnausschüttungen von kommunalen Unternehmen keine ersatzweise Finanzierungsgrundlage für kommunale Pflichtaufgaben sein können. Das steht im Übrigen immer noch so in der Sächsischen Verfassung; das haben wir auch nicht angefasst.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, hier schleicht die Rechtsaufsicht – jetzt kommen Sie ins Spiel, Herr Staatsminister – seit Jahren bei der Prüfung von haushaltsrechtlichen Risiken von Kommunen für ihre Stadtwerke wie die Katze um den heißen Brei. Der Innenminister hatte auf die Anfrage der GRÜNEN im Innenausschuss stolz ausgeführt, dass es diesbezüglich bisher nur zwei Beanstandungen gab. Man prüft aber nur – ich zitiere – „anlassbezogen“. Wobei, Herr Innenminister, der Anlass der einen Prüfung ja war, dass es in den Medien bekannt geworden ist. Wenn Sie das unter „anlassbezogen“ verstehen, dann weiß ich nicht, denn ich habe eine andere Vorstellung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, machen wir uns doch einmal ehrlich: Selbst ein oberflächlicher Blick in die Geschäftsberichte und Jahresabschlüsse von so manchem kommunalen Unternehmen lässt erkennen, dass Ausfallrisiken in keinem erklärbaren Verhältnis zur tatsächlichen Leistungsfähigkeit der Kommune stehen,

(Beifall bei der FDP)

ganz zu schweigen von ausreichender Risikovorsorge in den Kommunalhaushalten. Schauen Sie, die Stadtwerke haben, selbst hier hinein!

Es bleibt also festzustellen: Der Antrag der GRÜNEN kommt über eine Problembeschreibung nicht hinaus. Es ist aber richtig, die Koalition zu zwingen. Spätestens aber, wenn die Koalition ihren Gesetzentwurf zur Fortentwicklung des Kommunalrechts nun endlich wieder aus dem Dornröschenschlaf aufweckt, heißt es für den Sächsischen Landtag im Interesse der sächsischen Kommunen und ihrer Unternehmen dieses Problem aufzugreifen und endlich wirklich Rechtssicherheit zu erreichen.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Brangs.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um einmal da anzuknüpfen, wo mein Kollege Tischendorf gerade war: In der Tat hatte ich auch so meine Schwierigkeiten mit dem Antrag. Was will uns der Dichter damit sagen? Wohin soll es gehen? Er war teilweise vage formuliert und enthielt auch Dinge, die nach meinem Verständnis zur Selbstverständlichkeit gehören. Aber Kollege Heidan hat mir dann doch noch einmal gezeigt, dass es Sinn macht, darüber zu diskutieren, denn da gibt es doch noch unterschiedliche Auffassungen, sodass es vielleicht auch wieder etwas lebhafter werden kann.

In der Tat ist es richtig und unterstützenswert – das sagt dieser Antrag ja auch aus –, dass wir uns hier im ersten Punkt damit auseinandersetzen, dass wir einen Prüfauftrag bezüglich der Tätigkeitsausdehnung von kommunalen Unternehmen im Energiebereich haben wollen. Gerade die kommunalen Unternehmen – auch die Kommunen – sind Gestalter in diesem Bereich.

Es ist auch richtig, dass die Politik die Rahmenbedingungen vorgibt. Natürlich ist es so, dass wir die Kommunen bezüglich der Energiewende nicht alleinlassen dürfen. Da brauchen wir Dinge, die wir ihnen vorgeben. Wir dürfen sie auch nicht als Folgenträger alleinlassen. Insofern muss Politik die Rahmenbedingungen vorgeben.

Richtig ist auch, dass eine Energiewende nur dann wirklich sinnvoll gelingen kann, wenn man auch stärkere dezentrale Lösungen anstrebt. Deshalb müssen gerade Kommunen und Stadtwerke als kommunaler Träger bezüglich des Klimaschutzes und der zukünftigen Energieversorgung stärker eine Rolle spielen. Insofern ist es auch da richtig, dass wir über Rahmenbedingungen sprechen, damit ihnen das auch gelingt.

Die Kommunen und auch die Stadtwerke müssen so ausgestattet sein, dass sie dieser Aufgabe gerecht werden können. Gerade bei Stadtwerken ist es ganz klar – das hat auch die Einbringerin schon gesagt. Sie sind ein Instrument der öffentlichen Daseinsvorsorge. Da ist sicherzustellen, dass für alle, die diese Leistungen in Anspruch nehmen, auch Energie bezahlbar bleibt. Das ist ein wesentlicher Punkt. Dazu macht es Sinn, stärker darauf abzuheben, beim Thema Energiewirtschaft die Vernetzung zu unterstützen, um auch den Kommunen die Möglichkeit zu geben, sich zusammenzuschließen, um gemeinsame Vorhaben zu stemmen und damit auch die Finanzierung sicherzustellen. Kommunen müssen natürlich auch durch Änderungen der Gemeindeordnung die Möglichkeit erhalten, diese wirtschaftlichen Potenziale, die im Bereich von erneuerbaren Energien liegen, ausreichend zu nutzen.

Im Punkt 2 des Antrags – da komme ich zu dem Beitrag meines Kollegen Heidan – wird von vorbildhaftem und begrüßenswertem Verhalten gesprochen. Sie haben es so dargestellt, als ob das alles normal sei. Bei genauerem Hinschauen – auch mit Blick auf Sachsen – ist es so, dass

das nicht überall normal ist. Geschlechtergerechtigkeit in Führungspositionen und Tariflohn sind in Sachsen noch nicht an der Tagesordnung. Da haben wir – auch, was die Arbeitsbedingungen anbelangt – noch einen großen Schritt zu tun, damit man von gerechten und fairen Arbeitsverhältnissen sprechen kann, die auch fair und gerecht entlohnt werden.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Vielen Dank an meine Fraktion und den Kollegen Lichdi ebenfalls. – Da tut sich der Wirtschaftsminister im Moment hervor und spielt sich bei solchen Regelungen – Stichwort Allgemeinverbindlichkeit von Tariflöhnen – als derjenige auf, der Dumpinglöhne und Dumpingwettbewerb unterstützt. Insofern ist Punkt 2 des Antrags durchaus richtig.