Protokoll der Sitzung vom 28.11.2013

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Das war das Schlusswort. Mir liegt noch ein Änderungsantrag vor, Drucksache 5/13212 zu Drucksache 5/12175. Frau Jähnigen, kann ich davon ausgehen, dass der Änderungsantrag schon eingebracht ist? – Er ist schon eingebracht. Möchte ein Abgeordneter das Wort zu dem Änderungsantrag ergreifen? – Das kann ich nicht erkennen.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, Drucksache 5/13212 zu Drucksa

che 5/12175, zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und zahlreichen Dafür-Stimmen ist mehrheitlich der Änderungsantrag nicht angenommen.

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 5/12175 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Danke. – Die Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und zahlreichen Dafür-Stimmen ist mehrheitlich die Drucksache 5/12175 nicht angenommen, und der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 8

Überparteiliche Bildungseinrichtung? –

Landeszentrale für politische Bildung beugt sich Antidemokraten

Drucksache 5/13128, Antrag der Fraktion der NPD

Die Fraktionen können zu diesem Antrag Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: NPD, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile der einreichenden Fraktion das Wort; Herr Schimmer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach vielen Jahren hatte sich die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung endlich wieder einmal dazu entschlossen, eine Podiumsdiskussion mit den im Landtag vertretenen Parteien durchzuführen, wobei man diesmal tatsächlich ausnahmsweise einmal alle Parteien eingeladen hatte. Äußerungen des Leiters Frank Richter zufolge geschah das nicht ganz freiwillig,

sondern aufgrund eines Urteils des Verwaltungsgerichts Dresden aus dem Jahr 2009. Die Richter hatten es damals für rechtswidrig erklärt, dass zwei Jahre zuvor zwar alle anderen Fraktionsvorsitzenden zu einer Diskussion zu dem interessanten Thema „Das Parlament – eine Schwatzbude?“ eingeladen wurden, nicht aber der NPDFraktionsvorsitzende Holger Apfel.

Die Entscheidung der Dresdner Verwaltungsrichter war klar und eindeutig. Ich zitiere aus dem Urteil: „Der Beklagte hat bei Veranstaltungen der mit öffentlichen Mitteln finanzierten Landeszentrale zu beachten, dass die Aufgaben überparteilich wahrzunehmen sind. Das beinhaltet, dass bei einer Veranstaltung das verfassungsrecht

lich gewährte Gleichheitsgebot zu beachten ist.“ Daran wollte man sich dieses Mal notgedrungen halten. Doch man hatte – wahrscheinlich wie immer – die Rechnung ohne die Antidemokraten von den LINKEN, den GRÜNEN, der SPD sowie den dubiosen sogenannten zivilgesellschaftlichen Initiativen gemacht.

Nachdem die NPD-Fraktion kurzfristig mitgeteilt hatte, dass ich an der Podiumsdiskussion zum Thema „Wir haben Visionen – Sächsische Parteien über Sachsen im Jahr 2030“ teilnehmen werde, brach ein Sturm der Entrüstung los. Zuvor hatte sich schon Kerstin Köditz, ein Kuratoriumsmitglied der Landeszentrale, über die Einladung empört. Frau Köditz gibt bekanntlich gern das Kommando, wer wo eingeladen werden darf und wer nicht.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Echt? Das wusste ich gar nicht!)

Sie definiert, wer gerade noch geduldet ist, wie manche der CDU oder der FDP nahestehende Wissenschaftler, oder wer nicht dazugehören darf. Ihre diesbezüglichen Kleinen Anfragen sind berüchtigt.

In ihren Verlautbarungen lässt sich leider immer wieder ein totalitäres Denken erkennen, das bei ihrer Partei allerdings nicht verwundern sollte. Streng ging die sogenannte Sprecherin für antifaschistische Politik – wobei ich der Auffassung bin, dass der Faschismus mittlerweile woanders zu suchen ist –

(Beifall bei der NPD – Jürgen Gansel, NPD: Linksfaschisten!)

mit dem Leiter der Bildungszentrale ins Gericht. Zitat von Frau Köditz: „Wenn Richter jetzt äußert, er halte nichts von Tabuisierung und Exkommunikation, da das auch in der Vergangenheit nicht gegen die NPD geholfen habe, kann ich ihm nur antworten, dass nur umgedreht ein Schuh daraus wird. Weil in der Vergangenheit die auch öffentliche Distanzierung von der NPD und ihren Positionen nur eine halbherzige gewesen ist, konnte sie sich in Sachsen so etablieren. Bisher galt der Grundkonsens, kein Abgeordneter der demokratischen Parteien nimmt an außerparlamentarischen Veranstaltungen teil, zu denen auch ein NPD-Vertreter eingeladen ist. Es gibt keinen Grund, daran etwas zu ändern, keinen einzigen.“ So weit Frau Köditz.

Damit offenbart die Vertreterin der extremen LINKEN eine Einstellung, die man – ich wiederhole es nochmals – nur totalitär nennen kann. Letztlich geht es Frau Köditz nur um den totalen Ausschluss aller nur im weitesten Sinne rechten politischen Positionen aus jedweder öffentlich geführten Debatte. Zugleich ist dieses Zitat auch ein Zeichen für die Diskurs- und Argumentationsunfähigkeit linker Kreise,

(Beifall bei der NPD)

die wissen, dass sie keine Argumente haben, die beim Normalbürger ankommen. Deshalb müssen gegnerische Positionen der politischen Rechten möglichst dämonisiert

werden. Der Publizist Günter Maschke drückte diese einmal in einem sehr treffenden Zitat so aus: „Man muss diesen winzigen Gegner aufblasen und zu einer Macht machen, die einerseits dumm, klein und mies ist, andererseits ungeheuer gefährlich. Dieser Reflex, diese Psychomechanik ist totalitär.“ Diese Psychomechanik wird leider insbesondere von den drei linken Fraktionen, den GRÜNEN, der SPD und der Linksfraktion, bis zum Exzess gepflegt und schadet der Demokratie. Das schadet der Demokratie wirklich.

Diesen Methoden hat sich jetzt leider die Landeszentrale gebeugt, die die seit Langem geplante Veranstaltung kurzfristig absagte.

Ich danke vorerst für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Der nächste Redner ist Herr Rohwer.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Die NPD mit ihrem geschlossenen rechtsextremen Weltbild und den natürlichen Bezügen zur NS-Ideologie ist Jahr für Jahr Gegenstand in den Berichten der Verfassungsschutzbehörden. Nicht zuletzt droht der NPD ein Verbotsverfahren, was man schon als Alleinstellungsmerkmal bezeichnen kann.

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Erst letzte Woche wurde der gemeinsame Antrag der Bundesländer diesbezüglich fertiggestellt.

Gerade Sie mit diesem einschlägigen Hintergrund – eine Partei, die augenscheinlich verfassungsfeindlich zu sein scheint –, spielen sich hier in diesem Hohen Hause auf und bezichtigen etablierte politische Parteien, antidemokratisch zu sein.

(Jürgen Gansel, NPD: Genau!)

Das ist ein Paradox an sich.

Mit diesem Antrag zeigen Sie einmal mehr, dass Sie vielleicht etwas von Demagogie verstehen, aber nichts von politischer Bildung. Dies beweist nicht zuletzt die in Teilen dilettantische Mitarbeit von Herrn Gansel im Kuratorium der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung in der letzten Legislaturperiode.

Warum machen wir denn politische Bildung in Sachsen bzw. in Deutschland insgesamt? – Weil der Staat und die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland aufgrund der Erfahrungen mit der nationalsozialistischen Diktatur und der Diktatur des Proletariats in der DDR eine besondere Verpflichtung haben, die Entwicklung eines sich auf Demokratie, Toleranz und Pluralismus gründenden politischen Bewusstseins zu fördern. Der Fakt, dass die NPD mit ihrer offenkundigen Intoleranz überhaupt im sächsischen Parlament vertreten ist, zeigt einmal mehr, dass die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung noch reichlich Arbeit hat.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie in Ihrem Antragstitel von Überparteilichkeit sprechen, dann kennen Sie anscheinend nicht dessen Semantik. „Überparteilich“ meint im weitesten Sinne Neutralität und Unabhängigkeit. Allein aus der Absage der Podiumsdiskussion durch die Sächsische Landeszentrale ergibt sich aber noch lange nicht der Vorwurf der Überparteilichkeit.

Festzuhalten ist, dass es in der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Organisation und die Aufgaben der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung vom 17. Juli 2000 unter II „Aufgaben“ heißt – ich zitiere –: „Die Landeszentrale verfolgt mit ihrer Tätigkeit das Ziel, zu einer weiteren Verbreitung und Stärkung der demokratischen rechtsstaatlichen Grundordnung in der sächsischen Bevölkerung beizutragen. Auf überparteilicher Grundlage übernimmt sie die Aufgabe, politische Bildung in Sachsen zu fördern und zu vertiefen.“

Das Kuratorium aus zehn Sachverständigen und elf Landtagsabgeordneten sichert durch Kontrolle und Beratung die Überparteilichkeit der Arbeit in der Landeszentrale. Hierzu steht in der Verwaltungsvorschrift unter C „Kuratorium“ – ich zitiere wieder –: „Die Überparteilichkeit in der Arbeitsweise der Landeszentrale wird durch ein Kuratorium sichergestellt.“

Sehr geehrte Damen und Herren! Eigentlich war es doch fast klar, dass die NPD-Fraktion in ihrer Begründung auf einem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden herumreitet. Dass damals die NPD die einzige Fraktion war, die nicht zur Diskussionsveranstaltung der Landeszentrale im Jahr 2007 eingeladen wurde, war rechtswidrig, so der Beschluss des Gerichts. Die Landeszentrale weiß das. Der heutige Direktor weiß das. Die Mitarbeiter in der Landeszentrale wissen es, und wir hier wissen es auch alle. Halten Sie uns wirklich für so dumm,

(Jürgen Gansel, NPD: Ja, Sie sind das allemal!)

dass Sie uns dies noch mal vorhalten müssen? In diesem Fall geht Ihre Argumentation völlig ins Leere; denn die Tatsache, dass ein Vertreter Ihrer Fraktion regulär zur Diskussionsveranstaltung eingeladen wurde, steht doch außer Frage. Damit ist der Gleichbehandlungsgrundsatz, den das Gericht gemeint hat, gewahrt worden. Punkt. Ferner liegt es so oder so im Ermessen des Veranstalters – in diesem Fall der Landeszentrale –, eine Veranstaltung auch wieder abzusagen, egal, aus welchem Grund.

Zunächst möchte ich feststellen, dass die Tagung der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung

„Schneller, höher, älter – Sachsen 2030“ am 20. November 2013 regulär durchgeführt wurde und nach Einschätzung der Mitarbeiter solide über die Bühne gegangen ist. Etwa 100 Teilnehmer haben sich an der Tagung beteiligt. Im Anschluss hat eine Diskussion mit den Vortragenden und Teilnehmern stattgefunden, welche sehr sachbezogen war.

Sehr geehrte Damen und Herren und Kollegen! Im Vorfeld der Tagung hat die Beteiligung der NPD an der Podiumsdiskussion medial hohe Wellen geschlagen. Dies führte letztlich dazu, dass das eigentliche Ansinnen der Veranstaltung völlig in den Hintergrund zu treten drohte. Für mich als Kuratoriumsvorsitzenden ist es natürlich verständlich und auch richtig, dass die Podiumsdiskussion durch die Landeszentrale dann abgesagt wurde; denn hierbei handelte es sich nicht mehr um eine sachbezogene Debatte, um die es in der Veranstaltung ging. Die Debatte war längst schon zum politischen Thema geworden, und ungeachtet dessen führte dann die Absage von drei Fraktionen des Hohen Hauses dazu, dass die volle Meinungsbildung des Landtages in der Diskussion nicht mehr gegeben war. Laut Beutelsbacher Konsens ist aber eben genau diese Kontroversität die zentrale Grundlage für politische Bildungsarbeit in der Bundesrepublik Deutschland.

Natürlich schließt sich nun die Frage an, inwieweit künftig politische Bildungsarbeit mit Beteiligung der Landtagsfraktionen in Sachsen grundsätzlich noch möglich ist; denn eines ist uns ja wohl klar: Wenn wir politische Bildungsarbeit leisten wollen, dann brauchen wir praktische Teilnehmer. Also, wir als Abgeordnete, die wir tagtäglich Politik machen, können an dieser politischen Bildungsarbeit nur teilnehmen, wenn wir uns dazu entschließen – auch im Rahmen der Landeszentrale –, uns gemeinsam anzuhören und uns insbesondere mit den extremen Positionen der NPD auseinanderzusetzen, und darum werbe ich dafür, dass wir trotz bevorstehender Landtagswahl zu diesem Konsens kommen.

An dieser Situation wird sich aber mit Sicherheit in absehbarer Zeit diesbezüglich etwas ändern, wenn wir nach den Landtagswahlen 2014 die NPD nicht mehr im Parlament vertreten haben

(Beifall bei den GRÜNEN)

oder spätestens mit dem erfolgreichen Verbot Ihrer Partei. In diesem Sinne werden wir Ihren Antrag ablehnen.