Protokoll der Sitzung vom 28.11.2013

Sehr geehrter Kollege Zais, ich möchte mich, da Sie mich angesprochen haben, zu einer Kurzintervention hinreißen lassen. Sie sagten, dass wir demnächst den Mindestlohn praktisch in ganz Europa haben, den wir ja teilweise schon haben.

Kollege Zais, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass wir keinen einheitlichen Mindestlohn, sondern sehr differenzierte Mindestlöhne in Europa haben. Wir sprechen also von Mindestlöhnen, die teilweise bei 3 oder 4 Euro liegen, und wir debattieren um einen wesentlich höheren Mindestlohn. Das wollte ich nur noch einmal klargestellt haben. – Danke.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das war eine Kurzintervention. – Wollen Sie darauf reagieren, Herr Zais?

(Karl-Friedrich Zais, DIE LINKE: Nein!)

Nein. Wir könnten also in dieser zweiten Rednerrunde fortfahren. Die SPD? – Kein Redebedarf. GRÜNE? – NPD?

(Dr. Johannes Müller, NPD: Keine Zeit mehr!)

Wir treten in eine dritte Rednerrunde ein, so denn Redebedarf vorhanden ist. Er ist bei der miteinbringenden CDU-Fraktion vorhanden, und Herr Heidan schreitet erneut zum Rednerpult.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben in dieser Aktuellen Debatte festgestellt, dass eine große Mehrheit des Sächsischen Landtages zu den Meistern, den Meisterbriefen und der Qualität im Meisterhandwerk steht. Deshalb sah ich mich veranlasst, noch einmal ans Rednerpult zu treten, da ich denke, die Meister in den einzelnen Betrieben haben es verdient, hier gewürdigt zu werden, auch mit einer aktuellen Diskussion.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es ist richtig – Herr Zais, in Ihrem Redebeitrag kam es durchaus zum Tragen –, dass wir uns mit den Anforderungen der EU auseinandersetzen müssen, und es ist wichtig, dass wir dabei unsere Interessen vertreten müssen. Darin bin ich durchaus bei Ihnen.

(Karl-Friedrich Zais, DIE LINKE: Nicht anti, sondern pro!)

Aber wir haben hier das bessere System. Wir haben das bessere System für die duale Ausbildung. Wir haben das bessere System; denn 80 % der Lehrlinge werden in Meisterbetrieben ausgebildet. Davon partizipiert sogar die Industrie, weil sie dann in die Industriebetriebe gehen. Das sollten wir immer wieder deutlich sagen.

Frau Köpping, Sie haben es ebenfalls genannt, dass über 400 Meister zur letzten Meisterfeier in Dresden – ich war selbst dabei – ihre Zertifikate, ihre Meisterbriefe erhalten haben. Das ist in anderen Handwerkskammerbereichen nicht viel anders. In Chemnitz ist es genauso, auch in Leipzig; Kollege Pohle hat es betont. Das müssen wir immer wieder hier im Sächsischen Landtag deutlich machen. Da ist es eben doch sächsische Politik, Herr Kind, und nichts anderes. Wir stehen zu unseren Meistern, zu unseren Betrieben und Unternehmen.

(Beifall bei der CDU)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte, Herr Zais.

Herr Heidan, ich stehe auch zu den Meistern und unseren Betrieben des Handwerks. Ich sage jetzt einmal „unseren“; ich bin ja Kunde und kein Handwerksmeister. Ob „wir die Besseren sind“, würde ich nicht behaupten. Wir waren im Ausland. Wir hatten hier den Französisch-Deutschen Handwerkertag. Sind die Franzosen schlechter? Wir waren in Polen. Sind die Polen schlechter? Wir haben eine Handwerkskammer, also gehen wir in die EU, ohne zu behaupten – das habe ich angesprochen –, wir seien die Besseren. Wir stellen es fest. Beim Meisterbrief sind wir im nächsten Jahr vielleicht „die Besseren“, dann wird es übernommen. Wir sollten – ich muss es leider etwas deutlich sagen; ohne dass ich Ihnen das unterstelle, weil Sie ja sehr vorsichtig in Ihren Ausdrücken waren – mit dieser Volkstümelei aufhören. Sie hat in einem Europa keinen Platz mehr.

(Beifall bei den LINKEN – Marko Schiemann, CDU: Völliger Quatsch! Das geht gar nicht!)

Sehen Sie das auch so? Ich muss ja die Frage noch stellen.

Ich wollte Sie gerade darauf hinweisen. Es soll ja eine Zwischenfrage sein,

(Karl-Friedrich Zais, DIE LINKE: Ja, Entschuldigung!)

und Sie erwarten jetzt – so habe ich das verstanden – eine Bestätigung des Gesagten.

Herr Präsident, ich habe das schon als Frage verstanden, auch wenn Herr Zais seinen Rede

beitrag dadurch unnötig verlängern wollte. Ich meine, wir haben uns dem Wettbewerb zu stellen. Wir dürfen für das sächsische Handwerk und für unsere Meister gern Partei ergreifen. Das sollte auch diesem Hohen Haus gut zu Gesicht stehen. Herr Zais, ich denke, es ist wichtig, an der Stelle auch einmal unsere Besonderheiten herauszukehren.

(Beifall bei der CDU – Sebastian Fischer, CDU: Sehr richtig!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in dieser Aktuellen Debatte gemerkt, welche Innovationen in Sachsen möglich sind. Das hat auch die Sächsische Staatsregierung mit der Förderung der Beschäftigung von Innovationsassistenten und der Förderung des InnoGutscheines immer wieder auf der Agenda. Das kennen auch die Meisterbetriebe. Dafür werbe ich immer wieder.

Mit dem Innovationsgutschein haben auch die Meisterbetriebe Zugang zu unseren Universitäten, zu unseren Hochschulen, zu Forschung und Entwicklung. Mit diesem Instrumentarium haben wir den Meistern eine Möglichkeit gegeben, Innovationsprodukte auf den Markt zu bringen und sich dem Wettbewerb zu stellen. Das ist gut. Dafür dürfen wir hier auch werben und deswegen dürfen wir an dieser Stelle auch die Debatte führen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ich denke, es wird noch eine Menge Arbeit auf uns zukommen. Natürlich haben sich auch die einzelnen Berufsbilder verändert. Dabei darf es keinen Stillstand geben, sondern wir müssen uns den Zeichen der Zeit und damit den Herausforderungen der Zukunft stellen. Das machen die Handwerkskammern und die Prüfungskommissionen, weil sich auch die Technologien verändern. Deshalb müssen wir uns immer wieder neu ausrichten. Deswegen müssen wir uns auch in die EU-Politik einmischen und sagen: Unser System ist das richtige, für dieses System werben wir, weil wir damit wirtschaftspolitisch erfolgreich sind.

Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Wort hatte Kollege Heidan, der nochmals für die miteinbringende Fraktion CDU sprach. Gibt es in dieser dritten Runde weiteren Redebedarf aus den Fraktionen heraus? – Möchte die miteinbringende CDU-Fraktion eine vierte Rednerrunde eröffnen? – Das kann ich nicht erkennen, obwohl genügend Redezeit vorhanden wäre. Das wird aber nicht gewünscht. Damit ergreift jetzt für die Staatsregierung Herr Staatsminister Morlok das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Staatsregierung schätzt den Beitrag, den das sächsische Handwerk für die Wirtschaft des Freistaates Sachsen und für die Ausbildung im Freistaat Sachsen erbringt. Ich möchte zu Beginn meiner Rede anhand

einiger Zahlen deutlich machen, welche Bedeutung das Handwerk für den Freistaat Sachsen hat.

Wir haben in Sachsen knapp 60 000 Handwerksbetriebe. In diesen 60 000 Handwerksbetrieben sind 320 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Diese 60 000 Handwerksbetriebe, sehr geehrte Damen und Herren, haben im letzten Jahr über 12 500 junge Menschen in Ausbildung gehabt und tragen damit im Verhältnis zur ihre Größe den Löwenanteil der Last der Berufsausbildung im Freistaat Sachsen.

Sowohl die Handwerksbetriebe als auch die Handwerkskammern widmen sich in ihrer Tätigkeit den benachteiligten Jugendlichen, die auf dem ersten Weg oft keine Chance hatten, eine Berufsausbildung zu beginnen. Diese geben solchen jungen Menschen nun eine zweite Chance. Für dieses Engagement möchte ich mich bei den Vertretern des sächsischen Handwerks ausdrücklich bedanken.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren! Beispielgebend ist hierfür das Sommercamp, das die Handwerkskammer in Chemnitz jedes Jahr durchführt. Ich selbst hatte einen Tag lang die Gelegenheit, an einem dieser Camps teilzunehmen. Man spürt, wie die jungen Menschen, die dort die Möglichkeit einer Teilnahme haben, wirklich aufleben und wie sie Motivation für ihren weiteren schulischen und beruflichen Lebensweg tanken. Das ist eine wichtige Unterstützung, die die Handwerkskammer in diesem Zusammenhang leistet.

Wir haben mit dem Meisterbrief im Handwerk ein Qualitätszertifikat, das deutlich macht, dass Menschen in der Lage sind, nicht nur fachlich und praktisch die jeweilige Tätigkeit im Handwerk mit hoher Qualität auszuüben sondern auch ein Unternehmen mit den entsprechenden betriebswirtschaftlichen Grundlagen gut zu führen. Es ist wichtig, eine solche Basis zu haben, weil sie auch eine Schutzfunktion gegenüber Insolvenzrisiken, insbesondere in einer schlechten wirtschaftlichen Situation, bietet.

Ich freue mich daher, dass die Anzahl der Meisterprüfungsverfahren in den vergangenen Jahren im Freistaat Sachsen auf einem hohen Niveau geblieben ist. Seit dem Jahr 2008 liegt die Größenordnung der Meisterprüfungsverfahren im Freistaat Sachsen zwischen 1 000 und 1 100 Verfahren. Das differiert von Jahr zu Jahr nur minimal. Aber es bleibt auf diesem konstant hohen Niveau. Es ist auch wichtig, damit der Berufsnachwuchs im Freistaat Sachsen im Bereich des Handwerks gesichert werden kann.

Ich hatte in diesem Jahr die Gelegenheit, an drei Meisterfeiern teilnehmen zu können, vielen Jungmeisterinnen und Jungmeistern die Hände zu schütteln und mit dem einen oder anderen auch mal ein kurzes Gespräch zu führen. Wenn man die Gelegenheit hat, ein solches Gespräch zu führen, dann wird deutlich, was es für den einzelnen Jungmeister bedeutet, die Meisterausbildung erfolgreich abgeschlossen und den Meisterbrief erworben zu haben. Es sind motivierte junge Menschen, die anpa

cken wollen und die Verantwortung für sich und andere übernehmen wollen. Solche Menschen brauchen wir im Freistaat Sachsen, sehr geehrte Damen und Herren. Als Freistaat Sachsen unterstützen wir diese Ausbildung.

Das tun wir auf der einen Seite durch das Meister-BAföG, das wir zur Verfügung stellen, damit junge Menschen die Möglichkeit haben, sich dieser Meisterausbildung zu widmen, damit die finanziellen Belastungen entsprechend abgefedert werden können. Wir wissen aber auch, dass wir nicht nur den Meister mit dem Meisterbrief benötigen, sondern auch den jungen Menschen, der den Mut hat, mit diesem Meisterbrief den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen.

Wir unterstützen dies, indem wir in jedem Kammerbezirk gemeinsam mit der SAB jeweils drei Jungmeistern das Angebot für ein Meisterdarlehen machen: 100 000 Euro im Einzelfall als Angebot für einen ersten Schritt in die Selbstständigkeit, zinsgünstig und ohne dass weitere Sicherheiten gebracht werden müssen. Das ist besonders für junge Menschen, die nicht über das entsprechende Kapital verfügen, ein wichtiger Schritt auf dem Weg in die Selbstständigkeit.

Sie sehen also, dass das Handwerk, die Meisterausbildung und die Meisterprüfung für den Freistaat Sachsen einen hohen Stellenwert haben.

Gestatten Sie mir, sehr geehrte Damen und Herren, noch auf ein anderes Thema einzugehen, das von verschiedenen Rednern in die Debatte eingeführt wurde. Es geht um das Thema Mindestlohn und Handwerk. Das sächsische

Handwerk, sehr geehrte Damen und Herren, hat sich klar und eindeutig gegen einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro ausgesprochen. Herr Kollege Brangs hat zu Recht darauf hingewiesen, dass in den Vollversammlungen der Handwerkskammern im Gegensatz zu anderen Organisationen – meinetwegen der Industrie- und Handelskammern oder Verbands- und Branchenorganisationen – die Arbeitnehmervertreter mit am Tisch sitzen und dort auch stimmberechtigt sind.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn eine Organisation, in der die Arbeitnehmervertreter Sitz und Stimme haben, sich gegen einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro ausspricht – sich also die Arbeitnehmer im Handwerk gegen einen solchen flächendeckenden Mindestlohn aussprechen –, dann sollten wir uns einmal Gedanken darüber machen, ob das, was gerade in Berlin vereinbart wurde, im Interesse des sächsischen Handwerks ist. Die Handwerkskammern sind jedenfalls nicht dieser Auffassung, und wir als Staatsregierung teilen diesen Standpunkt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)