Protokoll der Sitzung vom 17.12.2013

Wichtige Mittel, damit die duale Ausbildung in Sachsen erfolgreich bleibt und die beruflichen Schulzentren gesichert sind, stellen Fachklassenbildung und Schulnetzplanung dar. Auch das hörten wir bereits. Die Schulnetzplanung liegt in der Zuständigkeit der Landkreise und kreisfreien Städte. Schulgesetz und Schulnetzplanungsverordnung bestimmen dabei den rechtlichen Rahmen.

In den vergangenen beiden Jahren haben wir mit den Landkreisen und kreisfreien Städten über alle im Freistaat angebotenen dualen Ausbildungsberufe beraten. Einzelne Beispiele wurden schon angeführt. Im Fokus stand zum einen, trotz des Schülerzahlenrückgangs auch langfristig tragfähige Schulstrukturen zu sichern, und zum anderen, die vorhandene Immobiliensubstanz in den Landkreisen auszulasten und insbesondere in den Oberzentren Neubauten zu minimieren bzw. gar nicht erst erforderlich zu machen.

Landkreise und kreisfreie Städte standen dieser Abstimmung wohlwollend gegenüber. Zudem haben die Landkreise die Zeit seit der Verwaltungs- und Funktionalreform 2008 genutzt, um Planungen zu vereinheitlichen, Strukturen zu optimieren und Abstimmungen mit den Nachbarkreisen voranzutreiben. Genau dieser Punkt ist von besonderer Bedeutung. Damit berufliche Bildung wichtiger Standortfaktor im ländlichen Raum bleibt, braucht es die Abstimmung der Landkreise untereinander sowie zwischen den Landkreisen und den kreisfreien Städten. Das Beispiel – nicht aus dem berufsbildenden Bereich – des Neubaus eines Gymnasiums in Wilsdruff zeigt uns das ganz aktuell.

Welche regionalen Ausbildungsangebote durch die ortsansässige Wirtschaft besonders nachgefragt werden bzw. welche Maßnahmen der Wirtschaftsförderung, die in der Zuständigkeit der Landkreise liegt, geplant sind, kann durch die Landkreise besser selbst im Rahmen der Schulnetzplanung berücksichtigt werden als vom entfernten Tisch des Kultusministeriums. Hier gilt es, den Spagat zu schaffen zwischen den Anforderungen der Wirtschaft, den Wünschen der Schülerinnen und Schüler sowie den materiell-sächlichen und personellen Ressourcen, um der Vielgestaltigkeit der beruflichen Bildung gerecht zu werden.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht vorgesehen, die Richtwerte zur Klassenbildung zu reduzieren. Ihre Einhaltung sichert vielmehr die notwendige Ausstattung der beruflichen Schulzentren mit Lehrpersonal. Eine Reduzierung und damit einhergehend die Bildung zusätzlicher Klassen ist nicht nötig, da zum einen die gegenwärtigen Rahmenbedingungen die Organisation eines fachlich hochwertigen Unterrichtes ermöglichen und sichern. Zum

anderen wäre bei der aktuellen Arbeitsmarktsituation der Lehrkräfte insbesondere in den gut nachgefragten Berufsrichtungen und unter Beachtung der allgemeinen demografischen Entwicklung eine Aufstockung des Lehrpersonals kaum umzusetzen.

Was die Ausweitung des Schulversuchs „Duale Berufsausbildung mit Abitur“ in Sachsen betrifft, so kann ich Ihnen, sehr verehrte Abgeordnete, sagen, dass diese zum aktuellen Schuljahr erfolgt ist. Nach dem Start des Schulversuchs zum Schuljahr 2011/2012 mit je einer Klasse im Berufsbereich Metall in Leipzig und im Berufsbereich Informatik in Dresden erfolgte mit Beginn dieses Schuljahres die Einrichtung einer weiteren Klasse im Berufsbereich Metall in Bautzen. Den Schulversuch in Westsachsen – sprich: in Chemnitz – zu etablieren, war mangels entsprechender Ausbildungsplätze nicht möglich. Wir werden jedoch diesen Weg in Chemnitz weiter verfolgen.

Die Industrie- und Handelskammern in Dresden, Chemnitz und Leipzig unterstützen den Schulversuch aktiv. Auch deshalb ist es wünschenswert, diese Ausbildung dauerhaft in der sächsischen Bildungslandschaft zu etablieren. Grundlage hierfür können aber auch nur die Unternehmen schaffen, indem sie entsprechende Ausbildungsplätze in dualen Systemen bereitstellen.

Meine Damen und Herren! Zum Abschluss einige Sätze zu den Berufen mit staatlicher Anerkennung. Die Einrichtung und Fortführung öffentlicher Schulen ist vordergründig Aufgabe des Schulträgers, also der Landkreise und kreisfreien Städte. Voraussetzung dafür ist das Bestehen eines öffentlichen Bedürfnisses.

Die Weiterbildung zum Staatlich anerkannten Erzieher beispielsweise wurde im Schuljahr 2012/2013 an 43 Fachschulen in freier Trägerschaft und 13 öffentlichen Fachschulen – fast doppelt so vielen wie noch im Schuljahr 2007/2008 – angeboten. Der Bedarf an Erzieherinnen und Erziehern aufgrund steigender Kinderzahlen rechtfertigt dies.

Die berufliche Erstausbildung zum Rettungsassistenten wird in Sachsen ausschließlich an zwölf Berufsfachschulen in freier Trägerschaft angeboten. Die Zahl der Berufsfachschulen ist trotz nahezu konstanter Schülerzahlen seit dem Schuljahr 2007/2008 kontinuierlich gestiegen. Die Ausbildung setzt sich aus einem schulischen Teil und einer anschließenden praktischen Tätigkeit zusammen. Die derzeit auf dem Ausbildungsmarkt agierenden Berufsfachschulen für Rettungsassistenten verfügen über enge Kooperationen mit Lehrrettungswachen und Hilfsorganisationen, die den praktischen Teil der Ausbildung absichern. Wir sollten diese guten Kooperationen meines Erachtens nicht ohne Weiteres aufgeben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsministerin Christine Clauß)

Frau Staatsministerin Kurth sprach für die Staatsregierung. – Verehrte Kolle

ginnen und Kollegen, die einbringende Fraktion DIE LINKE hat jetzt die Möglichkeit für ein Schlusswort. Das Wort ergreift Frau Kollegin Meiwald.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gern nehme ich die Gelegenheit für das Schlusswort wahr. Herr Seidel und Herr Weichert, es geht nicht um eine Kampfansage an die freien Schulen. Nein, es geht um eine Ausweitung der Ausbildung. Wenn ich sie ausweite, dann weite ich sie bitte – und dass das Bedürfnis besteht, hat Frau Kurth soeben wieder bestätigt – an den öffentlichen Schulen aus, weil es genau das Problem ist, dass das die Aufgaben der öffentlichen Schulen sind.

Herr Seidel, es geht nicht darum, alle Ausbildungsberufe überall vorzuhalten, aber es geht darum, dies in der Fläche zu tun. Die meisten Abgeordneten sind doch alle in einem Landkreis, und Sie wissen, wie wichtig Standorte für Berufsschulzentren für die Wirtschaft, aber auch für die Infrastruktur und für die Entwicklung der Landkreise in der Fläche sind.

Frau Stange hat sehr deutlich gemacht, dass nicht nur wir diesen Antrag im Sommer eingebracht haben, sondern dass sich die SPD schon seit vielen Jahren damit befasst und dass hier dringend Handlungsbedarf besteht. Ich freue mich sehr, dass wenigstens der kleine Koalitionspartner begriffen hat, dass das Problem einer Lösung zugeführt werden muss. Wir sollten auch im Ausschuss darüber nachdenken, wie wir jetzt mit der Studie vom Ifo Institut umgehen und ob daraus tatsächlich auch Gesetzesinitiativen abzuleiten sind.

Ich will es kurz zusammenfassen. Frau Kurth hat gesagt, dass die BSZ wichtige Standortfaktoren in der Fläche sind und dass wir eine langfristige, tragfähige Schulstruktur brauchen. Da bin ich ganz bei Ihnen. Genau das meinen wir. Es geht darum, dass wir nicht weiter Schulstandorte von Berufsschulen schließen, egal, ob diese mit viel EUGeldern gebaut worden sind oder nicht, weil wir in den nächsten Jahren einen erhöhten Bedarf haben. Da kann man für einen kurzen Zeitraum und für bestimmte Ausbildungsberufe auch einmal von der Mindestschülerzahl abweichen, also Ausnahmemöglichkeiten schaffen. Es geht uns nicht darum, flächendeckend die Mindestschülerzahl zu senken, sondern tatsächlich in Berufen, die nachgefragt werden, damit dies in der Fläche erhalten bleibt.

Was uns freut, Frau Kurth, ist, dass Sie sagen, dass DuBAS dauerhaft etabliert werden soll. Das war auch unsere Intention, deswegen haben wir das so reingeschrieben. Ich bin sehr dafür.

Ich sage noch einmal ganz klar, weil hierzu Kritik von mehreren gekommen und es auch der Grund ist, warum die GRÜNEN unserem Antrag nicht zustimmen können: Nein! Wir akzeptieren das Urteil für die freien Schulen, und wir begrüßen es sehr, und wir wollen keine dieser freien Schulen missen. Sie gehören sowohl im schulischen, also auch im berufsschulischen Bereich zur Schul

landschaft. Aber wir wollen, dass gerade in den nachgefragten Berufen Erzieher und Rettungsassistent der Staat weiter seiner Verantwortung gerecht wird. Bei dem notwendigen Ausbau dieser Ausbildung sollten hier die öffentlichen Schulen im Fokus stehen.

Ich bitte nochmals herzlich um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei den LINKEN)

Das war das Schlusswort der einbringenden Fraktion DIE LINKE, vorgetragen von Frau Meiwald.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir kommen jetzt zu den Abstimmungen und stimmen zunächst ab über die beiden vorliegenden Änderungsanträge zur Drucksache 5/12416. Wir beginnen mit dem Änderungsantrag der SPD-Fraktion in der Drucksache 5/13363, der jetzt von Frau Kollegin Stange eingebracht wird.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der erste Punkt unseres Antrages ist eindeutig. Wir wollen natürlich nicht, dass die freien Schulen im Bereich der berufsbildenden Ausbildung zurückgedrängt oder gar verdrängt werden, sondern wir wollen, dass der Staat seine Verpflichtung in diesem Bereich stärker wahrnimmt.

Frau Ministerin, es ist schon bedauerlich, wenn bei der vollzeitschulischen Ausbildung ausschließlich die Erzieher und die Rettungsassistenten benannt werden. Der gesamte Pflegebereich gehört dazu. Ich habe nach wie vor das Gefühl, dass nicht klar ist – deswegen betone ich es noch einmal –, dass 50 % der Auszubildenden nicht in der dualen Ausbildung, sondern in vollzeitschulischer Ausbildung sind.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Frau Giegengack, bitte.

Ich hätte gern den Unterschied zwischen „zurückdrängen“ und „eindämmen“ gewusst, weil ich schon glaube, dass das gleichbedeutend ist. Im Antrag der SPD steht, dass die privaten Anbieter eingedämmt werden sollen. Das ist für mich nur ein anderer Ausdruck für zurückdrängen, denn Sie haben gerade gesagt, dass Sie das nicht vorhaben.

Der Antrag heißt: Einseitige Ausbildung einzudämmen. Ich bitte, dass das im Kontext gelesen wird. Ich habe vorhin die Zahlen genannt. Uns als SPD-Fraktion ging es nie darum, dass drei Viertel der Ausbildung zukünftig an freien Schulen stattfindet. Unter diesen Bedingungen sind wir auch nicht vor das Verfassungsgericht gegangen, sondern vor dem Hintergrund, dass eine kleine Minderheit von ungefähr 15 % der Schulen derzeit – es ging ausschließlich um die

allgemeinbildenden Ersatzschulen, das steht auch so im Urteil – in ihren Bedingungen so eingeschränkt werden, dass die Gründungsfreiheit eingeschränkt ist. Wir reden hier im berufsbildenden Bereich – ich habe immer einen Unterschied gemacht, Frau Giegengack, wenn man richtig hingehört hat – von über 75 % der Auszubildenden, die mittlerweile hier ausgebildet werden und Schulgeld zu zahlen haben. Das kann nicht das Ziel des Staates in einem Bereich sein, in dem er für staatliche Ausbildung zuständig ist. Das betone ich nochmals.

Deswegen – da kann man begriffliches Philister betreiben – sind wir nicht dafür, und ich habe es vorhin noch einmal gesagt, dass man mit einem Federstrich, so wie das im vergangenen Jahr vonseiten der Landesregierung passiert ist, die Berufsfachschulen in die Verbannung schickt, sondern dass wir an den Stellen, wo wir die Verantwortung haben – zum Beispiel für das BSZ für Gesundheit hier in der Stadt Dresden –, mindestens die doppelte Ausbildungskapazität bekommen, denn die Bewerbungen sind da. Diese Bewerbungen wandern in die freien Schulen genauso wie in die beruflichen Gymnasien.

Wenn Frau Ministerin sagt, wir verändern die Regelklassenfrequenz nicht, dann führt das dazu – siehe ländlicher Raum! –, dass nämlich die beruflichen Gymnasien sterben. Diese Schüler verschwinden aber nicht, denn sie landen bei den freien Schulen. Da haben wir aus unserer Sicht ein Problem. Die SPD-Fraktion hat damit ein Problem, weil damit der Staat seiner Verpflichtung nicht mehr gerecht wird. Das wäre das Gleiche, als wenn wir im allgemeinbildenden Bereich sagen, lasst einmal die freien Schulen machen. Das sagen wir aber nicht, sondern wir sagen, setzt den Verfassungsgrundsatz um, dass es auch freie Schulen gibt.

(Beifall bei den LINKEN)

Deswegen soll unser Antrag diese Gratwanderung versuchen, weil wir schon einen Bereich haben, in dem bereits 75 % sind, dass der Staat wieder seiner Verpflichtung nachkommt und hier ein bedarfsgerechter Ausbau stattfindet, damit wir nicht diese einseitige Ausbildung haben.

Stichwort Rettungsassistenten, wenn ich das noch einmal erwähnen darf. Alle Rettungsassistenten werden bei freien Trägern ausgebildet. Sind wir noch für die berufliche Ausbildung als Staat zuständig oder nicht mehr?

Zu den anderen drei Punkten muss ich nichts mehr sagen, weil wir diese schon einmal in unserem Entschließungsantrag hatten. Doch sie gehören aus unserer Sicht dazu, wenn wir über die Stärkung der öffentlichen Berufsschulen reden. Das sind das Personalentwicklungskonzept, das Thema Eigenverantwortung und das Thema Schulnetzplanung, was hier angesprochen wurde, in Abstimmung und Koordination mit den Schulträgern.

Wir werden eine punktweise Abstimmung beantragen, weil auch mit der Veränderung des Punktes 3 die Intention nach wie vor eher dahin geht, die freien Schulen vollkommen zu verdrängen. Zu Punkt 2 sind schon einige Dinge angemerkt worden. Es geht wohl nicht, dass auf die

Schließung von Ausbildungsberufsstandorten in der Fläche verzichtet werden kann. Wenn wir von einer Koordinierung der Planung reden, dann wird es auch zur Schließung an einzelnen Standorten kommen müssen. Eine andere Frage ist, wie es gelingt, dass die Auszubildenden zu diesen Ausbildungsstandorten kommen.

Deswegen beantrage ich gleichzeitig punktweise Abstimmung zum ursprünglichen Antrag.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt müssen Sie mir einmal etwas erklären, verehrte Frau Kollegin. Sie wollen punktweise Abstimmung in dem vorliegenden Antrag in der Drucksache 5/12416 der Fraktion DIE LINKE oder punktweise Abstimmung Ihres Änderungsantrages?

(Eva-Maria Stange, SPD: Den Antrag der LINKEN.)

Alles klar.

Das war der Änderungsantrag, zu dem jetzt Frau Kollegin Meiwald von der Fraktion DIE LINKE Stellung nehmen möchte.

Vielen Dank, Herr Präsident. Genau das möchte ich. Die Intention des SPDÄnderungsantrages hat Frau Stange umfassend erläutert. Diesem SPD-Änderungsantrag können wir, auch weil er sich ziemlich entlang unserer eigenen Argumentation hangelt und sich auf den Entschließungsantrag seinerzeit bezieht, vollumfänglich zustimmen.

Ich denke, es geht uns hier nicht darum, die freien Schulen zu schließen oder zu ruinieren. Ich habe vorhin sowohl im Redebeitrag als auch im Schlusswort gesagt, dass es uns sehr darum geht, dass die Vielfalt in der Trägerlandschaft auch freie Schulen impliziert und dass der verfassungsgemäße Grundsatz der Gleichbehandlung durch die eigentlichen Kürzungen – das hat das Verfassungsurteil gesagt – nicht mehr gewährleistet war. Insofern stehen wir an der Seite der freien Schulen.

Um das klarzustellen, haben wir unseren Änderungsantrag eingebracht – Herr Präsident, wenn ich die Gelegenheit gleich nutzen darf, ihn mit einzubringen –, der die Änderung in einem Wort beinhaltet. Wir wollen in der Nr. 3 unseres Antrages das Wort „verstärkt“ einsetzen, weil es darum geht, an öffentlichen Schulen die verstärkt nachgefragte Erzieherausbildung und die Pflegeberufe wieder einzurichten. – Hiermit habe ich unseren Änderungsantrag gleich mit eingebracht und signalisiere Zustimmung zum Änderungsantrag der SPD. – Und wenn Sie das getrennt abstimmen lassen wollen, dann tun wir das.