Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit Beginn des Jahres haben wir den neuen Rundfunkbeitrag. Wir haben in diesem Hause lange Jahre darüber diskutiert, aber auch die Gesellschaft, die Menschen im Lande haben
darüber diskutiert. Es ist nun fast schon ein Jahr her, dass der neue Rundfunkbeitrag in unserem Land eingeführt worden ist. Wir wollen schauen, was sich in systematischer, aber auch in finanzieller Hinsicht geändert hat, denn einige Informationen dazu sind in der Öffentlichkeit.
Zum einen ist es Tatsache, dass jetzt ein Beitrag für jeden Haushalt zu bezahlen ist. Bisher war die Anknüpfung der Rundfunkgebühr an das Vorhalten eines Empfangsgerätes gebunden. Das ist jetzt vorbei. Das löst auch ein technisches Problem für die Zukunft.
Eine ganz wesentliche Änderung, die schon jetzt im Land angenehm spürbar ist, ist der Wegfall des Gebührenbeauftragtendienstes. Die Damen und Herren, die früher an die Türen gekommen sind und geschaut haben, ob da noch ein Schwarzseher ist – jemand, der ein Fernsehgerät hat und nicht bezahlt –, gibt es nicht mehr. Das ist eine sehr angenehme Auswirkung.
Mit der Anknüpfung der Beitragspflicht an den Haushalt ist aber noch eine andere Auswirkung verbunden: Diejenigen, die bisher ganz gern die Angebote der ÖffentlichRechtlichen in Anspruch genommen haben, aber nicht bezahlen wollten, können sich dieser Pflicht jetzt nicht mehr entziehen. Das entlastet alle ehrlichen Beitragszahler und trägt dazu bei, dass sich die Beitragszahler ganz solidarisch an der Finanzierung des Rundfunksystems in Deutschland beteiligen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, genau diese gerechte Verteilung führt nun ganz offensichtlich zu einem Anstieg der Einnahmen bei den Rundfunkanstalten. Basis dieser Annahme ist zunächst ein vorläufiger Bericht der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten in Deutschland – kurz KEF genannt –; aber auch die aktuelle Beitragsschätzung des ZDF, der ARD und des Deutschlandradios gehen deutlich in diese Richtung.
Zwischen den Beteiligten besteht noch eine gewisse Differenz darüber, wie hoch tatsächlich die Einnahmen ausfallen werden. Endgültige Klarheit gibt es dann, wenn das laufende KEF-Verfahren abgeschlossen ist. Auch wenn wir das noch nicht genau wissen und gerade wegen der zu erwartenden Mehreinnahmen, die offensichtlich im hohen Hundertmillionenbereich liegen, ist es wichtig, dass wir uns am Meinungsbildungsprozess beteiligen und beraten, was mit den Mehreinnahmen später zu geschehen hat.
Darum sage ich: Ja, die Umstellung des Finanzierungsmodells war unerlässlich für die Akzeptanz des öffentlichrechtlichen Rundfunks in Deutschland. Genauso unerlässlich für die Akzeptanz ist aber auch weiterhin eine sparsame Mittelverwendung der Öffentlich-Rechtlichen.
Das hatten die Sender zuletzt auch erkannt, und sie haben ihre Bedarfe bei der KEF sehr moderat angemeldet; aber die zu erwartenden Mehreinnahmen dürfen jetzt nicht dazu führen, dass man von diesem Kurs abweicht. Es gibt dafür keine konkreten Anhaltspunkte, aber es ist verlockend, wenn die Einnahmen so sprudeln, dass man sich dort eventuell abwenden könnte. Deswegen rufe ich Sie auf: Setzen Sie Ihren Sparkurs so konsequent fort. Das wird die CDU-Fraktion in den kommenden Monaten und Jahren beobachten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn nach Vorliegen der endgültig belastbaren Zahlen klar ist, in welcher Höhe Mehreinnahmen zu verzeichnen sind, dann muss man zum einen schauen, welche überproportionalen Mehrbelastungen es durch die Neugestaltung des Systems gibt. Gegebenenfalls müssen wir an diesen Stellen korrigieren. Zum anderen ist festzuhalten, dass diese Mehreinnahmen auf die solidarische Inanspruchnahme aller Beitragszahler zurückzuführen sind. Darum müssen diese Beiträge, die über den tatsächlichen Bedarf der Sender hinausgehen, auch denjenigen wieder zugute kommen, die zu viel bezahlt haben, nämlich den Bürgerinnen und Bürgern und den Unternehmen in unserem Land.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein starkes Signal an die Beitragszahler wäre eine deutliche Absenkung des Beitrags und damit ein Zeichen, dass die Entwicklung des Rundfunkbeitrages keine Einbahnstraße nach oben ist. Das liegt letztlich im gemeinsamen Interesse der Bürgerinnen und Bürger und der Rundfunkanstalten in unserem Land.
Für die einbringende CDU-Fraktion sprach Herr Gemkow. – Es schließt sich für die einbringende FDP-Fraktion Herr Herbst an.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Katze ist jetzt aus dem Sack, auch wenn dem einige nachtrauern und sich lieber noch etwas Intransparenz gewünscht hätten. 2011 hat die ARD-Vorsitzende Monika Piel gesagt, grundsätzlich erwarte die ARD keine Mehreinnahmen, allenfalls eine Stabilisierung des Gebührenmodells.
Meine Damen und Herren! Nun tritt genau das ein, was lange bestritten wurde: Es wird zu Mehreinnahmen kommen – Mehreinnahmen, die nicht nur geringfügig sind. Wir sprechen wahrscheinlich über rund 1 Milliarde Euro für eine Gebührenperiode. Das sind noch vorläufige Zahlen. Ja, es stimmt. Wir wissen aber auch, dass die Erfassung der Beitragszahler durch die Umstellung noch nicht abgeschlossen ist, sondern voraussichtlich noch weitere Beitragszahler hinzukommen.
Wie das immer so ist: Wenn mehr Geld in die Kasse fließt, gibt es Begehrlichkeiten. Es gibt Wünsche, mehr Geld in das Programm zu investieren, neue Kanäle aufzumachen, einen besseren Finanzausgleich zwischen den ARD-Anstalten zu schaffen, vielleicht für die Pensionslasten vorzusorgen oder die Werbefreiheit herzustellen, die der Gebührenzahler bezahlen soll.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir als FDPFraktion hatten und haben dazu eine klare Meinung: Wenn es Mehreinnahmen gibt, müssen die Beitragszahler entlastet werden.
Diese Forderung nach Entlastung ist nicht neu. Sie wissen, dass wir über den 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag sehr intensiv diskutiert haben. Wir haben in diesem Hause einen Entschließungsantrag verabschiedet, in dem wir Folgendes sehr klar gesagt haben: Wenn nach der Umstellung des Gebührenmodells sichtbar wird, dass Beitragsgruppen über Gebühr belastet werden und mehr Geld in die Kassen gespült wird, dann ist völlig klar, dass diese Ungerechtigkeit beseitigt werden muss und die Mehreinnahmen an diejenigen zurückgegeben werden müssen, die das Geld bezahlt haben, nämlich die Gebührenzahler, meine Damen und Herren.
Dass die Mehrbelastung gestiegen ist, war absehbar. Schauen wir uns beispielsweise einmal die Unternehmen mit Filialbetrieben an, die um ein Vielfaches mehr als vorher belastet werden. Schauen wir uns einmal diejenigen an, die bei der Einbeziehung der Kfz, die sicher nach dieser Beitragserfassung systemwidrig ist, viel mehr zahlen müssen, oder diejenigen, die eine Zweitwohnung besitzen, oder andere Beitragszahlergruppen. Es ist somit keine Überraschung, dass am Ende mehr Geld in die Kassen fließt.
Wir bekennen uns zu einem starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk und zu einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der ein qualitativ gutes Angebot liefert und auf Information, Bildung, Kultur setzt, meine Damen und Herren. Wir sind aber auch der Meinung, dass dieser öffentlichrechtliche Rundfunk dem Gebot der Sparsamkeit folgen muss. Wir müssen uns fragen: Was ist eigentlich der Kernauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks? Wo sind seine Stärken? Wo gibt es eine Existenzberechtigung in einem Medienmarkt, der mittlerweile, wenn man Fernsehen schaut, weit über 100 verschiedene Fernsehkanäle umfasst?
Ja, wir schätzen die Qualität und die objektive Berichterstattung. Wir sind aber auch der Auffassung, dass man als öffentlich-rechtlicher Sender nicht bei allen Punkten mitbieten muss, bei denen auch private Sender Geld ausgeben oder es sich selbst für Private nicht mehr rechnet: überteure Sportrechte, millionenschwere Showmastergagen, digitale Spartensender, die auf keine Resonanz stoßen, und Spielfilmproduktionskosten, die sich eigentlich keiner leisten kann. Das zeigt, dass Spielräume für mehr Effizienz vorhanden sind, meine Damen und Herren.
Deshalb ist dies nicht nur eine Debatte über ein neues Gebührenmodell. Es geht um die Grundstruktur im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wir sind der Auffassung, dass man diesen Rundfunk auf der einen Seite grundsätzlich reformieren muss, dass wir ihn in seinem Kernauftrag stärken wollen, bei glaubwürdiger Berichterstattung.
Auf der anderen Seite sollten wir schauen, dass es ein vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis gibt und alle Beitragszahler, die sich an diesem Rundfunksystem beteiligen, einen Gegenwert erhalten. Wir bekennen uns zu einer guten Berichterstattung, zu Informationen, Kultur und Bildung. Ob es „Rette die Million“ ist, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auszeichnet, wage ich zu bezweifeln, meine Damen und Herren.
Kollege Herbst sprach für die miteinbringende FDP-Fraktion. Als Nächster ergreift für die Fraktion DIE LINKE Herr Kollege Neubert das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe sehr genau zugehört, welche Zahlen genannt wurden. Herr Gemkow war gänzlich unbestimmt, was die Zahlen anbelangt. Er weiß nicht, um wie viele Mehreinnahmen es geht. Es muss aber auf jeden Fall eine deutliche Entlastung geben. Das klingt eher wie der Weihnachtsmann.
Herr Herbst hat 1 Milliarde Euro Mehreinnahmen in den Mund genommen. Allerdings ist vollkommen unklar, woher diese Zahl stammt. Es wäre durchaus hilfreich, wenn möglicherweise die Person, mit der diese Zahl in Verbindung gebracht wurde – der Ministerpräsident oder sein Staatsminister – dazu Ausführungen gemacht hätten. Im Moment ist das lediglich eine Spekulation. Das muss klar sein.
Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs wird erst in den nächsten Tagen den Anstalten und Ländern Zahlen vorlegen. Erst dann können wir über konkrete Mehreinnahmen sprechen.
Lassen Sie mich trotzdem einmal annehmen, dass die Zahlen in Höhe von 500 Millionen Euro oder 1 Milliarde Euro, wie sie Herr Tillich in die Debatte eingebracht hat, Realität sind. Wir müssten zum einen feststellen, dass es sich um Mehreinnahmen für eine Gebührenperiode von vier Jahren handelt. Das bedeutet pro Jahr Mehreinnahmen von – nicht unerheblichen, ich möchte das nicht kleinreden – 125 oder 250 Millionen Euro. Wenn man dies aber mit der Forderung verbindet, wie es der Ministerpräsident von Sachsen getan hat, dass das zu einer Gebührenentlastung von einem Euro pro Monat führt, handelt es sich um eine Milchmädchenrechnung.
Es gibt in Deutschland gemäß dem Statistischen Bundesamt etwa 40 Millionen Haushalte. 40 Millionen Haushalte mal einen Euro im Monat mal 12 Monate macht 480 Millionen Euro im Jahr, die eine Entlastung um einen Euro bringen würde. Das sind knapp 500 Millionen Euro. 500 Millionen Euro, über die wir in der Debatte sprechen, gelten jedoch für vier Jahre. Wir könnten also maximal über 25 Cent oder, wenn man die Zahlen von Herrn Tillich annimmt, die nirgendwo belegt sind, über 50 Cent reden. Das war eine überschlagsmäßige Rechnung, die an
die Antragstellerinnen gerichtet ist, die sich sonst damit brüsten, eine solide Finanzpolitik machen zu wollen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn es zu deutlichen Mehreinnahmen käme – was sehr positiv wäre –, dann müssten wir darüber sprechen, was wir damit machen. Ich möchte von der Zielrichtung her eine andere Nuance setzen, und zwar dahin gehend, dass wir mit der Einführung des Rundfunkbeitrags – mit der Einführung, die Sie als FDP und CDU im Landtag beschlossen haben – eine Menge Baustellen und Probleme erhalten haben. Es ist unsere Aufgabe, diese Probleme in erster Linie abzuarbeiten und die Bereiche, in denen es zu Mehrbelastungen bzw. unverhältnismäßigen Mehrbelastungen gekommen ist, wieder zurückzudrehen.
Ich möchte einige davon benennen. Es geht um Leute, die bisher befreit waren und jetzt den Rundfunkbeitrag zahlen. Das sind zum Beispiel Menschen mit Beeinträchtigungen. 800 000 Menschen waren in Deutschland aufgrund ihrer Behinderung vom Rundfunkbeitrag befreit und müssen seit dem 1. Januar dieses Jahres zahlen. Ich finde, dass wir dort wieder zu dem Ausgangszustand zurückkommen sollten.
Menschen, die doppelt bezahlen, müssten wir von ihrer doppelten Zahlung wieder befreien. Das ist zum Beispiel bei Zweitwohnungen oder bei Datschen der Fall. Ich finde, dass mittelständische Unternehmen, die zum Beispiel durch viele Fahrzeuge oder viele Filialen eine Ungerechtigkeit in Bezug auf diesen neuen Rundfunkbeitrags spüren, eine Entlastung erfahren müssten. Wir wussten vorher, dass diese besondere Belastung für diese Bereiche eintreten wird. Sie haben trotzdem zugestimmt.
Ich möchte einen vierten Punkt benennen, bei dem es zu einer Entlastung kommen sollte. Zum Beispiel müssen die Einrichtungen der Jugendhilfe jetzt den Rundfunkbeitrag bezahlen. Es handelt sich um Einrichtungen der Jugendhilfe, die mit Mitteln der öffentlichen Förderung immer knapp haushalten müssen. Wir finden, dass gemeinnützige Einrichtungen selbstverständlich befreit werden müssten.
Das sind Punkte, über die wir reden müssen und bei denen Sie uns an Ihrer Seite haben, wenn Sie einen Staatsvertrag mit den anderen Ländern aushandeln und nicht – wie in der heutigen Aktuellen Debatte – den Weihnachtsmann spielen.