Protokoll der Sitzung vom 18.12.2013

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir noch einige Sätze zu unseren Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Für mich gelten hier zwei Prämissen: Erstens müssen Integration und Inklusion immer vom Kind her gedacht werden und dürfen nicht verordnet werden. Zweitens müssen Integration und Inklusion mit Augenmaß erfolgen. Deshalb wird es bei uns in Sachsen weiterhin Förderschulen geben.

Wir sind in den vergangenen Jahren ein gutes Stück auf dem Weg zur inklusiven Schule vorangekommen. So beträgt der Anteil der integrativ unterrichteten Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf mittlerweile circa 27 % und liegt damit im Durchschnitt aller Bundesländer. Zudem unterrichten viele Förderschulen ihre Schüler nur einige Jahre – das ist unsere Konzeption –, um die Schülerinnen und Schüler auf den Unterricht an einer Grundschule, einer Oberschule oder einem Gymnasium vorzubereiten, sie lebenstüchtig zu machen. Das heißt, die Förderschule ist ein Abschnitt in der Bildungsbiografie des Kindes. Die Förderschulen sind deshalb ein wichtiger Teil unserer Bildungslandschaft, weil sie eine wichtige Arbeit leisten, um die Teilhabe und die Inklusion zu ermöglichen.

Sehr geehrte Abgeordnete, Chancengerechtigkeit und Leistungsorientierung gehören im sächsischen Bildungssystem zusammen. Ohne Leistungsorientierung und ohne den inhaltlichen Anspruch unseres Bildungssystems würden wir die Zukunftschancen unserer Kinder und Jugendlichen verschenken.

(Beifall bei der CDU)

Ohne die spezifische Unterstützung, die wir für leistungsschwächere Schüler bei uns im Freistaat Sachsen bereithalten, würden wir dem Anspruch auf Chancengerechtigkeit, den uns mehrere Studien bestätigt haben, nicht Rechnung tragen. Den Fokus auf den Anfang der Bildungslaufbahn zu legen, Übergänge zu gestalten und Brüche zu vermeiden sind für uns ganz entscheidende Aufgaben. Sachsen ist dabei erfolgreich – erfolgreich auf dem Weg zur Chancengerechtigkeit und des Leistungsanspruchs.

Auf diesen Erfolgen ruhen wir uns jedoch nicht aus, meine Damen und Herren, sondern sie sind für uns Ansporn, unser Bildungssystem in den nächsten Jahren kontinuierlich und verlässlich wie in den vergangenen Jahren weiterzuentwickeln.

Danke.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren! Die Debatte zur Großen Anfrage ist damit beendet. Wir kommen zum Entschließungsantrag der LINKEN in der Drucksache 5/13390. Ich bitte jetzt um Einbringung.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Selbstverständlich haben wir zu unserer Großen Anfrage heute auch einen Entschließungsantrag vorgelegt, der üblicherweise in zwei Teilen abgefasst ist. Der erste Teil betrifft die Feststellung des Landtags über die Situation in Sachsen. Diesbezüglich unterscheiden wir uns durchaus von dem, was die Staatsregierung in ihrer Antwort zum Teil dargestellt hat, aber auch von dem, was heute zum Teil in der Debatte dargestellt worden ist.

Im Zusammenhang mit dieser Großen Anfrage stellt sich natürlich die Frage, wer eigentlich für die Beantwortung zuständig ist. Ist es das Sozialministerium oder das Kultusministerium? Es wäre schön gewesen, wären es beide. Vielleicht war es auch so; denn uns ging es nicht um eine Bildungsdebatte an sich, sondern uns geht es in der Tat um die Frage, welcher Zusammenhang zwischen Status der Eltern – Einkommen, Bildungsstatus – und Zukunftschancen ihrer Kinder besteht. Das ist etwas völlig anderes, als wenn man eine lineare Darstellung der Entwicklung im sächsischen Bildungswesen bringt. Dass wir auf diesem Wege insgesamt noch erheblich nachholen müssen, versteht sich von selbst, denn die Zahlen sind relativ eindeutig.

Vieles von dem, was die Staatsregierung zusammengetragen hat, wussten wir in der Tat. Aber was sie nicht zusammengetragen hat, ist das eigentliche Problem. Insofern brauchen wir wirklich eigene Daten dazu. Sie hätten vorher wissen müssen, dass keine Daten erhoben werden. Das ist für uns völlig uninteressant. Wenn es eine Notwendigkeit dafür gibt, dass wir innere Zusammenhänge feststellen und handeln müssen, brauchen wir natürlich eine entsprechende Datenbasis.

Herr Schreiber, ich muss Ihnen noch etwas sagen: Sie beklagen bestimmte Defizite aus der gesellschaftlichen Entwicklung heraus. Das hat mich schon sehr verwundert. Was heißt denn gesellschaftliche Entwicklung? Ist das ein Phantom oder was ist das? Wer ist denn verantwortlich für bestimmte Defizite, die wir nach wie vor in Sachsen haben? Da können Sie natürlich sagen: die Eltern. Aber um diese geht es hier im Konkreten nicht, sondern in erster Linie ist doch die Schule dafür verantwortlich, dass alle eine gute Bildung bekommen. Darin sind wir uns doch wohl einig, und daher denke ich, dass irgendjemand dafür doch verantwortlich sein muss.

Gesellschaft anonym gibt es nicht. Früher – das hatten wir immer wieder – hatten Sie Ihren Verantwortlichen, wenn Sie 25 Jahre zurückgehen, und heute wollen Sie es nicht. Ich bitte Sie, dass Sie unseren Entschließungsantrag prüfen und ihm zustimmen.

(Beifall bei den LINKEN)

Herr Schreiber, bitte.

Zum Entschließungsantrag?

Ja.

Danke. – Herr Dr. Pellmann, zu Ihrem Entschließungsantrag möchte ich drei kurze Anmerkungen machen.

Vielen Dank dafür, was Sie uns alles zutrauen. Allerdings ist mir neu, dass die Sächsische Staatsregierung oder die Regierungsfraktionen von CDU und FDP darüber entscheiden, was bei RTL, bei RTL2, bei VOX und wo noch überall ab 15 Uhr im Fernsehen läuft.

(Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE: Was hat das damit zu tun?)

Das meine ich zum Beispiel bei einem Teil von gesellschaftlicher Entwicklung. Wir sind uns darin einig, dass wir in Sachsen natürlich – und das seit 1990 – versuchen, den Kindern, soweit es möglich ist, die bestmögliche Bildung zuteil werden zu lassen.

Zum Thema Ihres Antrages unter I und im Punkt 6, wo Sie in Ihrem Antrag noch einmal bemängeln, dass „nur“ 50 % der Mädchen und „nur“ 44 % der Jungen auf das Gymnasium gehen bzw. eine Bildungsempfehlung für das Gymnasium bekommen. Dazu muss ich deutlich sagen: warum eigentlich „nur“? Vergleichen Sie einmal die Länder miteinander, dann haben Sie zum Beispiel in Baden-Württemberg zwei Drittel aller Abiturienten, die ihr Abitur über den zweiten Bildungsweg, das heißt über das 13-jährige Berufsgymnasium, machen und vorher eine Mittelschule besucht haben. Hören Sie bitte endlich auf, den mittleren Abschluss, das heißt, die mittlere Reife, den Oberschulabschluss, den Realschulabschluss hier ständig schlechtzumachen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Dieser Realschulabschluss in Deutschland ist ein anerkannter Abschluss. Erst im November war die Meisterfeier der Handwerkskammer hier in Dresden. Wenn Sie die gestandenen Leute vorne stehen sehen, die ihren Meisterbrief gemacht haben, dann sind das in der Regel keine Leute, die von Anfang an auf das Gymnasium gerannt sind, sondern das sind Leute, die einen ordentlichen Realschulabschluss gemacht haben. Wir als Gesellschaft brauchen diese Leute.

Sie fordern außerdem unter II 4 die sofortige Anhebung der Kita-Pauschale des Freistaates auf sage und schreibe 2 400 Euro. Das sind 525 Euro pro Kind in diesem Freistaat pro Jahr mehr. Rechnen Sie das einmal auf die vielen betreuten Kinder hoch. Logischerweise sagen Sie dann nicht, an welcher Stelle Sie das Geld einsparen wollen. Hier wiederhole ich mich gern. Die Haushaltsverhandlungen, Herr Pellmann, Frau Falken, finden wieder statt, höchstwahrscheinlich im 6. Sächsischen Landtag,

nämlich nach der nächsten Landtagswahl, und dann können Sie diesen Antrag gerne wieder einbringen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wer möchte noch zum Entschließungsantrag der LINKEN sprechen? – Ich sehe, dass es keinen Bedarf mehr gibt. Dann werde ich

jetzt über diesen abstimmen lassen. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei keiner Stimmenthaltung und einer Reihe von Stimmen dafür ist dieser Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.

Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 7

Justizstandort Leipzig stärken – Lokalkammer des

Europäischen Patentgerichts in Leipzig einrichten

Drucksache 5/13305, Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

Auch hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnt der Abg. Herr Schiemann für die CDU, danach folgen FDP, DIE LINKE, SPD, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Bitte, Herr Schiemann.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Jetzt bin ich aber gespannt!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Osten der Bundesrepublik Deutschland sind laut Statistik des Deutschen Patent- und Markenamtes 2012 nahezu 3 000 Patente angemeldet worden, davon im Freistaat Sachsen allein 1 056, gefolgt von Berlin und dem Freistaat Thüringen. Damit ist der Freistaat Sachsen in den neuen Bundesländern spitze. Deutschlandweit liegen wir damit auch auf einem der vorderen Plätze. Sachsen ist und bleibt damit das Land der Ingenieure und der Erfinder. Dies muss auch künftig ein wichtiges Markenzeichen des Freistaates Sachsen bleiben. Es ist daher aus unserer Sicht folgerichtig, wenn zukünftig am Standort Leipzig auch eine Lokalkammer des Europäischen Patentgerichtes angesiedelt wird.

Seit Jahren gibt es auf internationaler Ebene große Streitigkeiten zur Patentfrage und zum Schutz von Marken und geistigem Eigentum der Erfinder. Mit dem Ziel, diese Anmeldung von Patenten in der Europäischen Union kostengünstiger und unbürokratischer zu gestalten und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit der ortsansässigen Unternehmen zu steigern, wurde das europäische Patentrecht reformiert.

Diese Reform besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen. Zum einen soll ein einheitliches EU-Patent eingeführt werden, zum anderen soll auch eine europäische Patentgerichtsbarkeit eingerichtet werden. Durch das Übereinkommen über ein einheitliches Patentgericht werden die Voraussetzungen für diese europäische Patentgerichtsbarkeit geschaffen. Nach jetzigen Einschätzungen ist mit einem Inkrafttreten im Jahr 2015 zu rechnen.

Zur Gewährleistung eines reibungslosen Ablaufes nach Inkrafttreten ist es aber bereits jetzt erforderlich, die

entsprechenden Voraussetzungen zur Aufnahme der Tätigkeit des einheitlichen Patentgerichtes zu schaffen. Das Gericht erster Instanz wird dabei eine Zentralkammer mit Sitz in Paris und den Außenstellen in London und München sowie Lokalkammern in den jeweiligen Mitgliedsstaaten erfassen. Diese Lokalkammern können in jedem Mitgliedsstaat eingerichtet werden. Die Anzahl ist von der Anzahl der dort anhängigen Patentverfahren abhängig, darf aber vier pro Nationalstaat nicht übersteigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deshalb ist es jetzt sehr wichtig, die Interessen der neuen Bundesländer in dieser Frage klar und deutlich zu artikulieren und dann auch in den Diskussionen zu vertreten. Es ist auch im sächsischen Interesse, sich in geeigneter Form dafür einzusetzen, dass eine dieser Lokalkammern eben – wie kann es anders sein – in die schöne Stadt Leipzig kommt. Dazu brauchen wir die Unterstützung und Solidarität der westlichen deutschen Bundesländer.

Leipzig wäre aus mehreren Gründen der richtige Ort, zum einen ein Ort in einem Land, in dem eine große Zahl von Patenten entstanden ist und entsteht, zum anderen war Leipzig der bedeutendste Ort der deutschen Rechtsgeschichte nach Gründung des Deutschen Reiches 1871.

Nun kann die sächsische Stadt Leipzig für sich in Anspruch nehmen, bereits seit 1694 Kaffee öffentlich verkauft und ab 1908 mit der Filtertüte von Melitta Benz aus Dresden ein wichtiges sächsisches Patent genutzt zu haben. Eine Vielzahl weiterer wichtiger Patente wurde durch die Industrienation der Sachsen angemeldet: die Lokomotive „Saxonia“, der Lodenmantel, der zur bayerischen Nationaltracht wurde, entstand hier in Dresden im Modehaus Loden, der mechanische Webstuhl entstand in Chemnitz, das Odol-Mundwasser in Dresden und schließlich wurde der erste Bildtelegraf in der Stadt Leipzig entwickelt.

Das ist ein Teil der Patentgeschichte von Sachsen – heute noch von internationalem Rang und Bedeutung. Unterbrochen wurde dies nur durch den wahnsinnigen Zweiten Weltkrieg, den Deutschland angezettelt hat. Wäre es

nicht zu diesem Krieg gekommen, wäre Leipzig weiter die Hauptstadt des Rechts Deutschlands. Durch die friedliche Revolution wurde die Wiedervereinigung ermöglicht. Durch die friedliche Revolution und den bedeutenden Beitrag der Bürger der Stadt Leipzig haben wir wieder die Chance, an der europäischen Geschichte teilzuhaben. Dafür lohnt es sich auch, jetzt jede Mühe für den Gerichtsstandort Leipzig aufzubringen.