Letzter Satz. – Aus Ländern, in denen die SPD die Regierung stellt oder zumindest mitregiert. Das ist doch der beste Beweis.
Das ist nicht der Fall. Bei der einbringenden Fraktion auch nicht. Es besteht kein weiterer Redebedarf bei den Fraktionen. Die Staatsregierung wird jetzt das Wort ergreifen. – Herr Staatsminister Beermann, bitte.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete von der Opposition, wenn Sie schon eine 08/15-Debatte initiieren,
Vorhin sind die Zahlen schon genannt worden. Es ging nicht um eine Bilanzpressekonferenz für die gesamte Legislaturperiode, sondern darum, Stellung zu nehmen zu dem, was in Berlin passiert ist. Das werden wir nachher in einer Aktuellen Debatte noch einmal tun.
Und es ging um den aktuellen Bericht, den die Staatskanzlei jeweils in das Kabinett hineingibt zur Frage, wie nach unserer entsprechenden Statistik, die SaxIB gibt, die Lage der Abarbeitung der Koalitionsprojekte ist. Ich finde, 426 von 443 ist ein gutes Ergebnis. Wenn Sie uns zum Schluss vorhalten, dass wir das Beauftragtenwesen nicht weiter ausgeweitet haben, weil wir zu der Erkenntnis gekommen sind, dass Demografie auch anders und
erfolgreich in dieser Koalition behandelt werden kann, dann, denke ich, haben wir auch nach Ihrer Beurteilung nicht so schlecht gearbeitet.
Lassen Sie mich in wenigen Sätzen noch einmal das Wesentliche in Erinnerung rufen: Die bürgerliche Koalition dient dem Land und seinen Menschen. Das merken die Menschen. Einen Vertrauensverlust vermögen wir in dem, was wir in unseren Anhörungen und Begegnungen mit den Sächsinnen und Sachsen erfahren, nicht zu erkennen. Nach den Umfragen sind 77 % der Sachsen der Auffassung, dass die wirtschaftliche Lage im Freistaat besser ist als in allen anderen ostdeutschen Ländern. Wir sind der Auffassung, dass wir mit Westdeutschland auf Augenhöhe sind.
Damit ist auch der Blick in die Zukunft optimistisch. Mehr als zwei Drittel der Sächsinnen und Sachsen schauen optimistisch in die eigene Zukunft und in die Zukunft des Freistaates. Auch wenn es die Opposition schmerzt: Weit mehr als die Hälfte der Menschen in Sachsen ist zufrieden mit der Politik der bürgerlichen Koalition.
Lassen Sie mich auf zwei bis drei strategische Zahlen hinweisen, auch wenn Sie es nicht gern hören. Die Arbeitslosenquote lag im November 2009 bei 11,6 %, sie liegt jetzt bei 8,7 %. Die Wirtschaftsleistung ist seit März 2009 um circa 8 % gestiegen. Auch die Haushaltseinnahmen haben sich verbessert. Dafür ist eine Regierung, die die Regierung tragende Koalition, nicht verantwortlich. Aber sie hat ihren Anteil daran, indem sie die Rahmenbedingungen schafft und dafür sorgt, dass man den Sächsinnen und Sachsen bei dem, was sie machen – sie sind fleißig, kreativ und rührig –, möglichst wenige Steine in den Weg legt und versucht, sie möglichst wenig zu regulieren.
Wir haben das Investment in die Zukunft, im Bildungsbereich heute schon mehrfach erwähnt. Rund ein Drittel des Gesamtetats haben wir in den letzten Jahren und auch in den nächsten Jahren dafür reserviert. Das ist ein deutliches Zukunftssignal und die Erfolge bleiben nicht aus.
Aber auch bei aktuellen Herausforderungen im vergangenen Jahr – das möchte ich nicht verschweigen – hat diese Regierung entschlossen gehandelt. Das Hochwasser in den Jahren 2010 und 2013 mag dafür als Beispiel gelten genauso wie das auf Bundesebene mit Bayern vorangetriebene und letztlich auch erfolgreich sein werdende NPD-Verbotsverfahren beim Bundesverfassungsgericht.
Kurz und gut, meine Damen und Herren, der sächsische Weg ist richtig. Wir werden das im nächsten Jahr sehen, denn dann wird der Bürger darüber entscheiden, wie diese Koalition in den letzten fünf Jahren gearbeitet hat. Deshalb werden wir im nächsten halben Jahr die Arbeit fortsetzen.
Es gibt noch eine ganze Reihe von Projekten, die aktuell hinzugekommen sind bzw. die zu Ende gebracht werden müssen. Wir werden in Ruhe durchregieren,
nicht herrschen in diesem Land, sondern regieren. Wir werden das tun, was wir in den letzten Jahren gemacht haben, und das – davon bin ich überzeugt – mit Erfolg. Wir können zwar demütig, aber mit guter Hoffnung die Beurteilung durch die Menschen in Sachsen im nächsten Jahr abwarten. Die Politik, die wir machen, zeichnet sich aus durch das Ohr am Menschen, das Herz am rechten Fleck und den Mut zur richtigen Entscheidung.
Das war Herr Staatsminister Beermann für die Staatsregierung. Ich sehe keinen weiteren Redebedarf. Die 1. Aktuelle Debatte ist abgeschlossen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Es ist in den letzten Wochen und Monaten viel über die Koalitionsvereinbarungen im Vorfeld – auch jetzt noch einmal im Nachgang – berichtet worden. Ich will es für mich zusammenfassen: Sie säen nicht, Sie ernten nicht, aber Sie grasen ab. – Der
tiefe Griff in die Rentenkassen ist offensichtlich das Schmiermittel dieser Koalition. Was uns GRÜNE daran natürlich stören muss, ist diese mangelnde Generationengerechtigkeit; ich werde das an einigen Beispielen noch aufdröseln.
Es wird ein Wahlgeschenk mit einem Griff in die Sozialkassen, und die Investitionen der Zukunft bleiben aus. Das halte ich nicht für generationengerecht, das muss ich
Das erste Rentengesetz der Großen Koalition wird die Beitragszahler und den Bund im nächsten Jahr 7,5 Milliarden Euro kosten. Arbeitnehmer und Arbeitgeber – beide – werden um Entlastungen in Höhe von 2,9 Millionen gebracht, und Herr Schäuble darf 1,6 Milliarden Euro drauflegen – und das, wobei unklar ist, wie sich die finanzielle Situation weiterentwickeln wird. – So viel zur Diskrepanz zur hiesigen „soliden Finanzpolitik“.
Dieser Koalitionsvertrag ist – jetzt kommt vielleicht etwas Positives, mal sehen, noch nicht, aber nach der Wahl – ein Länderkoalitionsvertrag. Der Bund stagniert. Das ist ein wenig wie damals bei der Finanzierung der deutschen Einheit: Kaufkrafterhöhung durch Sozialtransfers.
Merkel kümmert sich um Europa, aber im Bund werden alle großen Herausforderungen nicht angepackt. Für den Bund bedeutet das Stillstand, und es bleibt den Bundesländern überlassen, ob sie die politische Kraft und den Gestaltungswillen aufbringen, die Maßnahmen aus diesem Potpourri und Sammelsurium von Koalitionsvertrag herauszugreifen und umzusetzen, von denen sie glauben, dass sie die Zukunft gewinnen können.
Konkret für Sachsen – wir hatten gerade einen Vorgeschmack darauf – merkt man aber, dass es dazu auch eines Gestaltungswillens bedarf, und dieser Koalitionsvertrag hat erst einmal in ganz vielen Details die eigenen potenziellen Wählergruppen bedient. Da kann man, wie gesagt, auf Länderebene etwas daraus machen. Aber da hier in Sachsen immer noch Schwarz-Gelb am Ruder ist, wird natürlich nichts daraus gemacht, denn der Koalitionsvertrag atmet sehr viel grüne Programmatik in der Lyrik aus, und die Umsetzung muss man dann auch politisch wollen, und das traue ich der FDP nun wirklich nicht zu – der CDU eigentlich auch nicht.
Vor diesem Hintergrund sage ich: Drängende Zukunftsaufgaben wie der Klimaschutz, die ökologische Modernisierung der Wirtschaft, die Revitalisierung der Europäischen Union – die auch für uns Sachsen wichtig ist, denn wir bekommen sehr viele Gelder aus Brüssel –, nachhaltige, stetige Investitionen über Jahre hinweg in Bildung, Verkehr und sozialen Ausgleich, das wird alles nicht gemacht, das wird alles aufgeschoben.
Die Energiewende wird erschrocken ausgebremst. Statt CO2-Emissionen zu deckeln, deckelt die Große Koalition den Ausbau der erneuerbaren Energien, und die Kohle bekommt Bestandsschutz. Das ist für Sachsen sehr relevant, was ich hier vortrage. Die Beschränkung des Ökostromanteils auf 45 % bis 2025 und 60 % bis 2030 halbiert das heutige deutsche Ausbauniveau. Wenn man die Passagen zum Wärmemarkt liest, wird deutlich, dass die Energiewende in dieser Koalition nicht ernst genommen wird, und es stellt sich die Frage, ob man das in Sachsen in Zukunft anders handhaben will. Da so viel nicht darin steht, kann man durchaus auch eigene Akzente auf Landesebene setzen, wie ich gerade ausführte.
Schade finde ich, dass die SPD auf die Bürgerversicherung verzichtet hat. Hier wäre es bei der Drehschraube der Lohnnebenkosten durch sinkende Beiträge für Arbeitnehmer und Arbeitgeber durchaus möglich gewesen, den Mindestlohn – den wir als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auch wollen – besser durchzusetzen und nicht bis 2017 aufschieben zu müssen. Man hätte ihn nicht gegen den Widerstand der Wirtschaft einführen müssen, weil nämlich dann die unternehmerischen Gesamtkosten betrachtet werden – was klug ist – und es auch nicht auf den Mindestlohn abgetragen wird. Das ist leider versäumt worden.
Also: Bei diesem Koalitionsvertrag auf Bundesebene wird es darauf ankommen, was Landesregierungen an Zukunftsbewältigung in den nächsten Jahren betreiben werden. Das ist der entscheidende Punkt. Das steht in krassem Kontrast zu dem, was Schwarz-Gelb in den letzten Jahren hier in Sachsen gemacht hat. Das kann man sich in Ruhe durchlesen. Man sieht nur Prüfaufträge, jedoch keine Umsetzungsschritte. Ich habe das Gefühl, Sie wissen nicht, wie Sie es anpacken sollen. Wenn die Länder dafür jetzt die Experimentierfelder sein sollen, dann braucht es dafür aber auch dynamische Landesregierungen.
Dass Frau Merkel für Europa den Rücken frei braucht, lasse ich einmal so stehen. Wir haben erst nach der Europawahl Klarheit, ob dieser Koalitionsvertrag die Tinte wirklich wert ist; denn die CDU wird ihr Landtagswahlprogramm erst nach der Europawahl machen, habe ich gehört. Das heißt, sie wird sich aus Modulen aus diesem Bundeskoalitionsvertrag auswählen, was ihr behagt oder was geht, und vielleicht ist das deutlich weniger, als wir jetzt alle denken.