Protokoll der Sitzung vom 18.12.2013

Frau Ministerin, Sie haben am Ende gesagt, dass bis zum Frühjahr 2015 eine Übergangsregelung vorgelegt werden soll. War das wirklich so gemeint oder war das eventuell ein Versprecher?

Frau Kurth, möchten Sie noch einmal kurz das Wort ergreifen? – Frau Kurth, Sie haben das Wort.

Mein Ziel ist es, bis zum Frühjahr des Jahres 2015 für den Eintritt in das Schuljahr 2015/2016 ein Gesetz vorliegen zu haben. Eine Übergangsregelung wird es – das werden wir am 7. Januar miteinander besprechen – sicher für das Jahr 2014 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes geben. Ich hatte sicher vorhin einen Versprecher dabei.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Haben Sie noch ein Anliegen, Frau Dr. Stange? – Dann kommen wir zum Schlusswort. Wer möchte das halten?

(Stefan Brangs, SPD: Wir!)

Sie könnten es auch zwischen den drei Fraktionen teilen, dann hätte jeder eine Minute.

(Heiterkeit)

Frau Dr. Stange, Sie haben das Wort.

Ich kann das relativ kurz machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Ich glaube, es ist eine historische Stunde, die wir nach einem doch etwas zermürbenden Prozess mit einem klaren Verfassungsgerichtsurteil erreicht haben, das uns alle zum Nachdenken zwingt. Ich bin sehr dankbar dafür, dass es jetzt doch in einem etwas dynamischen Prozess gelungen ist, dass der Antrag der Oppositionsfraktionen dazu geführt hat, dass wir im Schulausschuss nochmals zeitnah über dieses Problem der Übergangsregelung reden, dass wir das Verfassungsgerichtsurteil auswerten und eine Regelung finden, die den Schulen vor allen Dingen für die nächsten zwei Jahre, bevor eine gesetzliche Regelung greift, das Überleben sichert, aber auch eine solide Grundlage darstellt.

Das war unser Ziel, und ich bin denjenigen dankbar, die hier auch vermittelt haben. Aber ich denke, umgekehrt sollte auch die Koalition dafür dankbar sein, dass die Opposition an dieser Stelle ein Stück Druck gemacht und ihr den Ball zugeworfen hat.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Rein formal, Frau Dr. Stange: Es ist bisher noch kein Antrag auf Überweisung gestellt. Den wird jetzt wahrscheinlich Herr Piwarz stellen. Herr Piwarz, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, damit wir es auch formal im Protokoll haben: Namens der Koalitionsfraktionen bitte ich um Überweisung des Antrags an den Schulausschuss gemäß § 89 Abs. 2 der Geschäftsordnung.

Vielen Dank. – Damit ist der Antrag gestellt. Ich stelle somit nicht die Drucksache 5/13292 zur Abstimmung, sondern den Antrag auf Überweisung in den Schulausschuss. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen? – Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? – Bei vier Stimmenthaltungen ist mit großer Mehrheit der Überweisung an den Schulausschuss zugestimmt worden. Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet, meine Damen und Herren.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 11

Armutszuwanderung verhindern – Beschränkung

der Arbeitnehmerfreizügigkeit einfordern

Drucksache 5/13303, Antrag der Fraktion der NPD

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Reihenfolge in der ersten Runde: NPD, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE; Staatsregierung, wenn gewünscht.

Ich erteile der einreichenden Fraktion das Wort. Herr Schimmer für die NPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Anfang dieses Jahres veröffentlichte der Deutsche Städtetag ein Positionspapier zur Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien, das auch vor dem Hintergrund der am 1. Januar 2014 in Kraft tretenden vollen EU-Freizügigkeit nicht nur vor dem Kollaps der kommunalen Kassen warnte, sondern auch davor, dass der soziale Frieden in unseren Städten akut gefährdet sei.

Mittlerweile – das werden Sie vielleicht verfolgt haben – gab es zwei Urteile des Landessozialgerichts von Nordrhein-Westfalen, das arbeitslosen EU-Bürgern und ihren Familien entgegen den Regelungen im SGB II Hartz-IVLeistungen zugesprochen hat. Der Ökonom und Migrationsforscher Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung prognostizierte, dass in den kommenden zwei bis drei Jahren wegen der EUFreizügigkeit eine Nettozuwanderung von jeweils

110 000 bis 180 000 Personen aus Rumänien und Bulgarien zu erwarten ist.

Sicher, die von mir angesprochenen Urteile sind noch nicht rechtskräftig. So hat beispielsweise das Bundessozialgericht in Kassel einen ähnlichen Fall an den Europäischen Gerichtshof verwiesen. Aber auch dieser Fall, der gerade in der letzten Woche für Schlagzeilen sorgte, zeigt einmal mehr, wie stark von deutschen Parlamenten beschlossene Gesetze mittlerweile einer möglichen Revision in Luxemburg unterliegen.

Die Sachlage hat sich seit Januar 2013 also nochmals dramatisch verschärft. Daher ist es umso unverständlicher, dass der Präsident des Deutschen Städtetages, der SPD-Oberbürgermeister von Nürnberg, Ulrich Maly, auf einmal zurückrudert und nun erklärt, man dürfe keine apokalyptischen Visionen an die Wand malen und – so Maly – irgendwelche Grenzen hochziehen.

Doch nicht nur das, meine Damen und Herren. Der Präsident jenes kommunalen Spitzenverbandes, der vor Kurzem noch vor dem drohenden Sozialtourismus aus Rumänien und Bulgarien warnte, behauptet nun allen Ernstes, dass es einen solchen gar nicht gebe, sondern dass sich die Menschen zu uns auf den Weg machen würden, weil sie – Zitat – „glauben, dass sie bei uns ein besseres Leben finden“. Als ob das nicht ein und dasselbe wäre!

Noch absurder ist allerdings Malys Begründung für seinen Sinneswandel. Laut „FAZ“ lautet dieser seiner eigenen Worten nach nämlich – ich zitiere –: „Ich denke, dass gerade Deutschland noch eine historische Schuld abzutragen hat an den Roma und dass wir deshalb umso mehr diese Menschen nicht verteufeln dürfen.“

Das muss man sich einmal vorstellen! Der drohende Kollaps der Kommunen und die akute Gefährdung des sozialen Friedens werden einfach so vom Tisch gewischt mit der politischen Allzweckwaffe: der NS-Vergangenheit.

Meine Damen und Herren, niemand bestreitet die verabscheuungswürdige Verfolgung von Sinti und Roma im Dritten Reich. Aber daraus abzuleiten, dass das heutige Deutschland den heute in Rumänien und Bulgarien lebenden Roma den freien Zugang zu seinen Sozialkassen gewähren müsse, ist nicht nur grotesk; aus Sicht der NPDFraktion ist das geradezu peinlich.

(Beifall bei der NPD)

Ganz anders geht man hingegen in Großbritannien an das Thema heran. Dort haben Premierminister David Cameron und seine Innenministerin Theresa May weitreichende Maßnahmen angekündigt, um der drohenden Zuwanderungswelle vom Balkan einen Riegel vorzuschieben.

Nach den Plänen der britischen Regierung sollen die Übergangsfristen für Rumänien und Bulgarien verlängert werden. Außerdem sollen EU-Ausländer in den ersten drei Monaten keine Sozialleistungen in Anspruch nehmen können. Zudem soll nur noch maximal sechs Monate lang Arbeitslosenunterstützung gezahlt werden, wenn für die betreffenden EU-Ausländer nicht zumindest die Aussicht auf einen Arbeitsplatz besteht. „Wenn die Leute nicht hier sind, um zu arbeiten, müssen sie ausreisen“ – so Cameron in einem Gastbeitrag für die „Financial Times“.

Camerons Pläne haben zwar den Unmut von EU-Justizkommissarin Viviane Reding und EU Sozialkommissar László Andor geweckt, doch im Inland sind sie auf große Zustimmung gestoßen. Stattdessen hat die ohnehin schon wenig geliebte EU weiter an Ansehen eingebüßt.

So kritisierte beispielsweise der bekannte politische Chefkommentator des britischen „Telegraph“, Peter Oborne, vor wenigen Wochen in einem Beitrag zu einer Zeitung nicht nur die seit einigen Jahren zu beobachtende Tendenz zur Herausbildung einer abgehobenen politischen Klasse in Brüssel, sondern auch und vor allem die katastrophale Regelung der Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU zulasten der wohlhabenderen Länder. Oborne meint, so nachvollziehbar die Armutseinwanderung aus Südosteuropa aus Sicht der Betroffenen sei, so

problematisch sei diese für die einheimische Bevölkerung. „Niemand in Großbritannien oder in irgendeinem anderen europäischen Land hat für diese neue Immigrationswelle gestimmt. Niemand hat darum gebeten, und fast niemand will sie.“ – So der renommierte britische Journalist, der daher folgert: „Das ist der Ärger mit der EU. Es werden Entscheidungen getroffen, niemand weiß wo, die enorme Konsequenzen für das Leben ganz gewöhnlicher Menschen haben, und die Entscheidungsträger vor Ort sind ihnen hilflos ausgeliefert.“

Oborne warnt davor, dass die Kosten solcher Entscheidungen vor allem von den sogenannten kleinen Leuten getragen werden müssen, die ihre schlecht, aber gerade noch auskömmlich bezahlten Jobs an noch schlechter bezahlte Arbeiter verlieren werden, denen es mit Hungerlöhnen in Großbritannien allemal besser geht als in ihren Herkunftsländern, vor allem vom Balkan. Deshalb müsse der britische Arbeitsmarkt und der Sozialstaat vor dem Ansturm von Armutsflüchtlingen aus Südosteuropa geschützt werden.

Meine Damen und Herren, nichts anderes fordert doch die NPD-Fraktion in ihrem heutigen Antrag für unseren Arbeitsmarkt und für unsere sozialen Sicherungssysteme. Wir fordern daher die Sächsische Staatsregierung auf, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass alle notwendigen Maßnahmen ergriffen werden, um die volle EUArbeitnehmerfreizügigkeit für Bulgarien und Rumänien, die am 1. Januar 2014 in Kraft treten soll, zu stoppen, indem als erster Schritt eine Verlängerung der Übergangsfristen bewirkt und die Möglichkeit geschaffen wird, den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt durch nationale Maßnahmen und Zugangsbeschränkungen zu regeln.

Die NPD-Fraktion fordert die Staatsregierung nun schon zum wiederholten Male auf, sich auf Bundes- und europäischer Ebene für eine Novelle des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern und eine Änderung der EU-Freizügigkeitsrichtlinie einzusetzen, und zwar mit dem Ziel, den Vorschlag von Prof. HansWerner Sinn vom Münchner Ifo-Institut umzusetzen, der das Heimatlandprinzip beim Bezug von Sozialleistungen vorsieht. Das bedeutet, dass nicht erwerbstätige EUAusländer in Deutschland zwar keine Steuern und Beiträge zahlen müssen, jedoch – und das ist besonders wichtig – auch keine finanziellen Ansprüche gegenüber dem Gastland stellen können.

Wer hilfsbedürftig ist, muss demnach seine Ansprüche unabhängig vom Aufenthaltsort an sein Heimatland richten. Keine Sorge, mit einem solchen Maßnahmenkatalog würde der Landtag in erster Linie nicht den Wünschen der NPD nachkommen, sondern vor allem dem früheren Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich den Rücken stärken, der sich auf EU-Ebene für eine Reform des Freizügigkeitsrechts einsetzt.

Es ist aus Sicht der NPD-Fraktion nicht nur bedauerlich, sondern für die Menschen in diesem Land überhaupt nicht nachvollziehbar, dass die schwarz-gelbe Regierung Tillich und ihr Innenminister Markus Ulbig von sich aus noch

keinerlei Initiativen ergriffen haben, um den Bemühungen der Bundesregierung hier deutlich Nachdruck zu verleihen. Aus staatspolitischer Verantwortung springt daher heute wieder einmal mehr die NPD in die Bresche und versucht, gewissermaßen in letzter Minute – bevor alle Schleusen geöffnet werden – eine Lösung zum Wohle unseres ganzen Landes herbeizuführen. Ich fordere Sie alle, insbesondere die Vertreter der Regierungskoalition, heute besonders eindringlich auf, unserem Antrag zuzustimmen, und danke vorerst für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Herr Schimmer sprach für die NPD-Fraktion. – Wir fahren jetzt fort, und für die CDU-Fraktion ergreift Kollege Heidan das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon etwas eigenartig, Herr Schimmer, wie Sie die Dinge auslegen, die in der Welt, in der Bundesrepublik Deutschland und hier in Sachsen geschehen. Mit Ihrem Antrag haben Sie wieder einmal Ihre fremdenfeindliche Einstellung zu Ausländern und hier besonders zu Sinti und Roma deutlich gemacht. Damit bekennen Sie sich deutlich zur Ideologie des Nationalsozialismus.

(Zuruf von der NPD: Es war doch der Innenminister Hans-Peter Friedrich, der das fordert!)

Ich komme noch auf Hans-Peter Friedrich zu sprechen. Dann werde ich Ihnen erläutern, was der damalige Innenminister und jetzige Bundesumweltminister gesagt hat. Das sind gerade die Dinge, die Sie falsch verstanden haben.

Sie haben mit Ihren fremdenfeindlichen Äußerungen wieder einmal gezeigt, dass Sie nicht zu bremsen sind. Sie wollen mit handstrichartigen Anträgen die Freizügigkeitsregelung innerhalb der EU für Bulgarien und Rumänien gleich generell zu Fall bringen. Das ist doch die wahre Absicht Ihres Antrages! Das ist typisch für eine Gruppierung wie die Ihre und zeigt, dass Sie sich in keiner Weise überhaupt für ein gemeinsames Europa einsetzen können und wollen.