(Beifall bei der CDU und der FDP – Elke Herrmann, GRÜNE, und Mario Pecher, SPD, stehen am Mikrofon.)
Es wurde hier mehrfach aus dem Wahlprogramm oder aus dem Koalitionsvertrag zitiert. Was da drinsteht, ist richtig. Es behält auch seine Gültigkeit. Wir werden die Kommunen weiterhin mit der Jugendpauschale unterstützen. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel.
Ich sage Ihnen eins: Wenn die Diskussion, die wir derzeit führen, dazu beigetragen hat, dass wir die Jugendpauschale von 10,40 Euro auch im nächsten Doppelhaushalt festmeißeln können, dann haben wir unter der Maßgabe, dass 1,7 Milliarden Euro fehlen, unheimlich viel geleistet. So ehrlich müssen Sie dann auch einmal sein.
Die Weiterentwicklung der Jugendpauschale wird vonseiten der Opposition immer nur mit mehr Geld in Verbindung gebracht. Weiterentwicklung heißt bei Ihnen mehr Geld. Ich sage Ihnen: Weiterentwicklung ist nicht nur mehr Geld, sondern wir müssen uns – und das vor allem fachlich – darüber Gedanken machen, wie wir zum Beispiel die demografische Ungerechtigkeit zwischen Stadt und flachem Land ausgleichen wollen.
Herr Dulig, das ist überhaupt nicht das falsche Signal. Dafür brauchen wir aber Zeit, und dafür müssen wir das Jahr 2010 nutzen, um die Jugendpauschale entsprechend den demografischen Gegebenheiten auch fachlich anzupassen.
Zum Thema Neuverschuldung. Es ist nun durch die Zeitungen gegeistert. Wir reden über 1,7 Milliarden Euro im nächsten Jahr, im übernächsten Jahr und wer weiß, was da noch so kommt. Jetzt muss ich einmal ganz deutlich sagen: Die Damen und Herren hier im Haus, übrigens auch auf der Straße draußen, die sich darüber aufregen – in meinen Augen zu Recht –, dass gewisse Regierungsparteien auf Bundesebene – übrigens auch Ihre, Herr Brangs, in der alten Bundesregierung – eine Neuverschuldung zuungunsten der nachfolgenden Gene
ration in Größenordnungen aufnehmen, sind die gleichen Parteien, die sich heute, wenn es um die eigene Hose geht, hier hinstellen und nach Neuverschuldung brüllen. Ich sage Ihnen auch, warum ich Ihnen das unterstelle, dass Sie nach Neuverschuldung brüllen – das geht in Richtung SPD und Linke –: weil Ihr Antrag lautet, dass sämtliche – –
Einsparungen bzw. die momentane Haushaltssperre des SMS zurückgedreht werden, diese 23,4 Millionen Euro, dass diese Bereiche nicht sparen müssen, dass die Haushaltssperre zurückgenommen wird.
Ihr Antrag sagt aber an keiner Stelle, nicht einmal in der Begründung, wo Sie das Geld denn dann, bitte, hernehmen wollen.
Das ist im Prinzip auch der entscheidende Grund, warum man diesen Antrag so nicht annehmen kann: weil es nämlich auf gut Deutsch heißt, wenn Sie nicht sagen wollen, wo Sie das Geld hernehmen wollen,
Da sage ich Ihnen ganz einfach: So kann man Politik nicht verantwortungsvoll machen, indem wir es uns heute gut gehen lassen – gut in Anführungsstrichen –
und überhaupt nicht die Verantwortung für die Generationen übernehmen, die das dann zurückzahlen müssen.
Dazu bringe ich Ihnen ein Beispiel. Wir haben uns alle gefreut – zumindest die, die Kinder haben –, dass das Kindergeld um 20 Euro monatlich erhöht worden ist.
Jetzt sage ich Ihnen einmal, welche Auswirkungen das für Sachsen im Hinblick auf die momentane Haushaltssperre hat. Das sind einfach einmal sage und schreibe 3 Millionen Euro Mehrkosten für den Freistaat Sachsen. Aber es ist trotzdem ein richtiger Schritt.
Man kann doch nicht immer nur mit der Lupe auf ein Politikfeld schauen und überhaupt nicht begreifen, was rechts und links auch noch passiert. Das nur einmal als Beispiel.
Wir wollen – und da bin ich jetzt beim nächsten Doppelhaushalt – natürlich gemeinsam mit Trägern, mit Verbän
den, mit Engagierten in der Kinder- und Jugendhilfe darüber reden, wie wir die Einsparungen sinnvoll umsetzen können. Das haben wir im Übrigen auch immer gesagt. Das haben wir in vielen Einzelgesprächen gesagt. Im Landesjugendhilfeausschuss haben wir dargestellt, dass es überhaupt nicht darum geht, zukünftig etwas mit dem Rasenmäher zu machen. Wir müssen es gemeinsam machen.
Aber es muss klar sein, dass, wenn man miteinander spricht und diese Notwendigkeit einsieht – Gott sei Dank sehen die meisten Träger auch ein, dass gespart werden muss –, man dann am Ende die Strukturdiskussion führt. Das ist ganz logisch. Denn wenn wir das Niveau von heute beibehalten wollen, bedeutet das schlicht und einfach: Wir müssen das gleiche Geld aufwenden. Das heißt, wie ich vorhin ausgeführt habe: Wenn das Geld nicht da ist, müssen wir uns neu verschulden.
Ich habe jetzt schon den Hauptpunkt gesagt, warum wir dem Antrag der Linken und der SPD so nicht zustimmen können. Aber, Herr Dulig, jetzt lassen Sie mich noch einen Ton zu Ihnen sagen. Sie fordern auf der einen Seite einen Runden Tisch Finanzen. Das ist ja gut. Runde Tische haben – zumindest nach meinem Kenntnisstand – immer super Ergebnisse gebracht, die dann auch von der Mehrheit getragen worden sind. Aber wenn Sie fordern, nachdem Sie diesen runden Tisch vorgeschlagen haben, dass die, die an diesem runden Tisch Platz nehmen sollen, vorher einfach einmal zurücktreten, dann frage ich mich, wer außer der Opposition an diesem Tisch Platz nehmen soll. Ich glaube, diese Rücktrittsforderung an Frau Clauß, die sich ihrer Verantwortung sehr wohl bewusst ist, hätten Sie sich wirklich sparen können.
Da wir noch einen zweiten Antrag, einen Antrag von der Fraktion GRÜNE, auf der Tagesordnung haben, möchte ich nur so viel sagen: Wir haben lange darüber diskutiert, wie das funktionieren soll, wenn Sie die Einsparungen bis 31.05. aussetzen wollen. Nun kann man gutgläubig sein, sich hinstellen und sagen: Die Steuerschätzung im Mai wird eine ganz tolle, da prasseln die Millionen wieder auf uns ein, wir waren jetzt mal kurz in einem Tief. – Ich meine, dass jeder, der ein bisschen wirtschaftlich denken kann, wahrscheinlich zu dem Schluss kommen wird, dass das eine Illusion ist.
Aber selbst wenn wir zu dem Schluss kommen, dass wir die Einsparungen dann dennoch vornehmen müssen, um uns nicht neu zu verschulden, sage ich Ihnen, was das Ergebnis ist: Dann zahlen die Kommunen die Jugendpauschale bzw. die Förderung in den Kommunen an die Träger der Angebote auf der Grundlage der momentanen Beschlussfassung aus. Die momentane Beschlussfassung, wenn man das zurücknimmt, heißt 14,30 Euro Jugendpauschale. Was bedeutet das? Wenn man dann im Mai oder im Juni zu dem Schluss kommt, doch sparen, doch kürzen zu müssen, bedeutet das, dass bei den freien Trägern im Oktober, im November oder spätestens im Dezember kein einziger Cent mehr ankommt – kein
einziger Cent! –, weil nämlich alles, was durch die Einsparungen kompensiert werden soll, vorher schon auf dem Niveau von 2009 aufgebraucht worden ist.
Also ist dieser Antrag gut gemeint. Aber wir wissen alle, wie es ist: Gut gemeint ist eben an dieser Stelle – da unterstelle ich Ihnen nicht das Gegenteil – nicht praktikabel. Es funktioniert nicht und es ist unfair gegenüber den Menschen, die draußen ihre Arbeit machen.
Abschließend möchte ich beim Thema Jugendpauschale noch eine andere Komponente ins Spiel bringen. Die Jugendpauschale – für alle, die das nicht wissen – ist eine Pauschale, die das Land Sachsen pro Kind und Jugendlichen von null bis 27 Jahre an die Kommunen zahlt, an die Landkreise, an die kreisfreien Städte. Die Kommunen müssen mindestens den gleichen Betrag pro Kind und Jugendlichen in die Jugendhilfe stecken. Das sind theoretisch 14,30 Euro. Wenn Sie sich aber einmal anschauen, wie unterschiedlich die Kommunen die eigene politische Prioritätensetzung gestalten, dann ist es schon spannend. Zum Beispiel geht Chemnitz mit einem super Beispiel voran. Sie stecken sage und schreibe noch einmal 102 Euro zusätzlich pro Kind und Jugendlichen in die Förderung.
Super! Da kann man am Ende vielleicht auch erklären, wie sie das angesichts des Haushaltslochs, das in Chemnitz bekannt geworden ist, halten wollen.