Protokoll der Sitzung vom 30.01.2014

Zu guter Letzt: Das Anliegen der Kommission zur Eigenvorsorge freut uns. Auch hier könnte Sachsen weiter sein, wenn Sie unseren Haushaltsvorschlägen für einen Fonds zur Eigenvorsorge für Hochwasserschutzmaßnahmen zugestimmt hätten. Wir haben einen bescheidenen Betrag von 2 Millionen Euro jährlich gefordert.

Wenn man zwischen den Zeilen des Berichts liest – ich kann das als ehemalige DDR-Bürgerin noch ganz gut –, dann stellt man fest: Es ist sehr viel notwendig im Hochwasserschutz. Ein Bericht reicht nicht, die Regierung muss ihre Prämissen ändern. Das werden wir als GRÜNE weiter einfordern.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die NPD Herr Löffler, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema „Flutkatastrophe und die richtigen Schlussfolgerungen zur Minimierung der Schäden bei künftigen Hochwassern“ ist eminent wichtig und darf aus Sicht der NPD-Fraktion auf keinen Fall als Propagandablase im Vorfeld der Landtagswahl missbraucht werden. Zu gut ist uns allen noch in Erinnerung, wie das Hochwasser des Jahres 2002 Kanzler Schröder die Wiederwahl brachte. Dessen ungeachtet ist das Thema auch zu bedeutend, um es wegen eines möglichen Missbrauchs hintanzustellen. Es wäre auch unredlich, die tatsächlichen Fortschritte auf dem Gebiet des Hochwasserschutzes zu leugnen.

Die effektivere Nutzung der Talsperren oder den Ausbau der Weißeritz möchte ich in diesem Zusammenhang ebenso erwähnen wie die Defizite in Grimma oder Nordsachsen, wo es noch einiges zu tun gibt. Ansprechen möchte ich beispielsweise die mangelnde Berücksichtigung der Gewässer II. Ordnung bzw. der Gewässer, die in ihrem Verlauf zum Gewässer I. Ordnung werden, aber bereits vorher noch als Gewässer II. Ordnung ein hohes Verwüstungspotenzial entwickeln. Hier seien beispielsweise die Würschnitz und die Zwönitz genannt, die sich im weiteren Verlauf zur Chemnitz vereinigen.

In meiner Kleinen Anfrage Drucksache 5/12184 ging ich auf die Problematik an der Würschnitz ein und wollte wissen, welche Hochwasserschutzmaßnahmen entlang der Würschnitz, die 2002, 2010 und 2013 enorme Schäden in den vor Chemnitz liegenden Orten und dann in der Stadt selbst verursachte, geplant sind und wie der Umsetzungsstand ist. Ich zitiere aus der Antwort der Staatsregierung: „Bei der in Rede stehenden Hochwasserschutzanlage an der Würschnitz handelt es sich um ein Hochwasserrückhaltebecken. Seit Mitte 2012 liegt der Landestalsperren

verwaltung dazu eine Machbarkeitsstudie vor. Eine Fortführung der Planungen zum Hochwasserrückhaltebecken Jahnsdorf wird von der Landestalsperrenverwaltung angestrebt. Diese sind aber aktuell nicht finanziell abgesichert. Insofern können zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussagen zu Finanzmitteln und zum Umsetzungsbeginn getroffen werden.“ In diesem Bereich sehe ich nach wie vor dringenden Handlungsbedarf, besonders auch im Interesse der Stadt Chemnitz selbst.

Das Thema Binnenhochwasser bereitet seit vielen Jahren den betroffenen Bürgern große Sorgen, die oft die Grenze zur Existenzangst überschreiten, da nicht nur Hab und Gut, sondern oft auch die Gesundheit in Gefahr geraten. Noch viel zu oft verursachen Hochwasserlagen in den kleinen Fließgewässern, die innerhalb kürzester Zeit zu reißenden Flüssen werden, enorme Schäden. Hier ist noch sehr viel zu tun.

Ich weiß ebenso wenig wie alle anderen Abgeordneten in diesem Saal, wann das nächste Hochwasser kommen wird. Ich weiß aber, dass der beste technische Hochwasserschutz und die großzügigsten Überflutungsflächen und Polder das Wasser nur im Zaum halten können, wenn Mensch und Technik, die zum Einsatz an den Dämmen bereitstehen, wie Zahnräder ineinandergreifen. Die Notfallpläne, entsprechende Übungen und das Nutzen aller modernen Kommunikations- und Informationstechnik – Stichwort Soziale Netzwerke – sind geeignet, den entscheidenden zeitlichen Vorlauf zu erzielen, der notwendig ist, um Schäden bei Menschen und Sachen so minimal wie möglich zu halten. Wichtig ist, dass staatlicherseits alle Erfahrungen und Erkenntnisse genutzt werden, die Menschen einbezogen werden, aus Fehlern gelernt wird, Versprechen eingehalten werden, wie zum Beispiel, dass allen ein Versicherungsschutz gewährt werde – ich erinnere in diesem Zusammenhang an unseren Antrag zur Einführung einer Pflichtversicherung für Elementarschäden, Drucksache 5/12130 – und dass bereitstehende Mittel endlich schnellstmöglich und unbürokratisch ausgezahlt werden.

Dass bisher gerade einmal ein Viertel der Hilfsanträge bearbeitet und ausgezahlt wurden, ist ein völlig inakzeptabler Zustand.

(Beifall bei der NPD)

Solange wir es billigend in Kauf nehmen, Pleitebanken und Pleitestaaten Milliarden hinterherzuwerfen – und es sage mir bitte keiner, dass jeder Euro dort genau seinen sowieso fragwürdigen Bestimmungszweck erreiche –, so lange halte ich es auch für vertretbar, den sächsischen Hochwasseropfern endlich schnell und unbürokratisch zu helfen – auch auf die Gefahr hin, dass sich einmal ein schwarzes Schaf unter ihnen befindet.

In Anerkennung des ernsthaften und nützlichen Kerns des Antrags wird die NPD-Fraktion dem Antrag zustimmen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Für die CDUFraktion Herr Löffler, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir zur Antragsdiskussion erst noch ein allgemeines Fazit zur Kirchbach-Kommission wiederzugeben; denn die eine oder andere Aussage meiner Vorredner hat bei mir doch nur ein Kopfschütteln hervorgerufen.

Nach Auffassung der Kommission hat die Katastrophenbekämpfung im Freistaat Sachsen im Jahr 2013 eine wichtige Bewährungsprobe bestanden. Die vielfältigen und zum Teil sehr grundsätzlichen Änderungen aus dem Hochwasserereignis im Jahr 2002 – insbesondere die Schaffung von rechtsklaren Regelungen im Katastrophenschutz, die Schaffung einheitlicher Führungsstrukturen auf den Ebenen der Verwaltungsstäbe und der technischen Einsatzleitung, die bessere Verzahnung von Katastrophenschutz mit dem Rettungsdient und den Feuerwehren, die verstärkte Durchführung von Übungen und Schulungen in diesem Bereich und die verstärkte Zusammenarbeit mit dem Bund, insbesondere mit Bundeswehr, Bundespolizei und dem gemeinsamen Melde- und Lagezentrum beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe – haben sich im Jahr 2013 voll und ganz bewährt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

So heißt es zum Beispiel im Vorwort: „Das JuniHochwasser 2013 traf den Freistaat Sachsen überraschend, jedoch nicht unvorbereitet. Angesichts der sich zuspitzenden Wetterlage handelte der Freistaat schnell, bevor die tatsächlichen Verhältnisse dazu zwangen.“

Weiter heißt es: „Die Kommission unterstreicht nachdrücklich, dass während der Flut von vielen Menschen Großartiges geleistet wurde. Dies betrifft die mit der Führung beauftragten Katastrophenschutzbehörden

genauso wie die technische Einsatzleitung, die Einsatzkräfte, die Landestalsperrenverwaltung, das Landeshochwasserzentrum und viele organisierte, aber auch nicht organisierte Helfer.“

Die Kommission verhehlt aber auch nicht, dass es noch Optimierungspotenzial gibt: sicher bei den Überflutungsgebieten, aber auch – das will ich hier noch einmal deutlich sagen – beim technischen Hochwasserschutz, der an einigen Orten auf Wirken weniger leider noch nicht sein volles Maß an Schutzfunktionen bieten konnte.

Dabei stellt jedoch die Kommission auch fest – meine Vorredner haben es bereits erwähnt –, dass es künftig auch nicht möglich sein wird, alles in Sachsen zu schützen. So schmerzhaft es sein mag, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, es ist eine Wahrheit, mit der wir lernen müssen umzugehen.

Sicher, wir werden aus den Geschehnissen der Vergangenheit lernen. Aber wie bereits erwähnt: Einen hundertprozentigen Schutz oder Garantien, dass solche Tragödien – wie erlebt – nicht noch einmal passieren, können wir sowohl von hier als auch von woanders her nicht geben,

gerade, wenn sich die Schadensereignisse jenseits eines HQ100 – also eines hundertjährigen Hochwassers – befinden.

Wenn man sich den Kommissionsbericht zur Hand nimmt, erkennt man aber schnell, dass nach Auffassung der Kommission der Freistaat Sachsen in der Lage ist, in einer Katastrophe schnell und sachgerecht zu handeln. Es gelang, die Schäden geringer zu halten als im Jahr 2002 bei weitaus größerer flächenmäßiger Betroffenheit. Auch das haben wir schon gehört. Hier muss man noch einmal klar herausstreichen: Das ist eindeutig in großem Maß den gut ausgebildeten Helfern zu verdanken, die in vielen Stunden selbstlos Einsatz für die Allgemeinheit geleistet haben.

(Beifall der Staatsministerin Christine Clauß)

Danke schön. Ich glaube, das ist Applaus wert; danke, Frau Staatsministerin.

Doch es gibt nichts, das man nicht auch besser machen kann. So sollen die Empfehlungen der Kommission ein gutes und etabliertes System noch flexibler und wirkungsvoller machen. Die Umsetzungsmöglichkeiten der Empfehlung gilt es nun auf der Fachebene zu prüfen, an deren Umsetzung zu arbeiten und das Ganze parlamentarisch zu begleiten. Deshalb unser Antrag.

Lassen Sie mich noch auf einige Einzelheiten eingehen. Wir sehen die zusammengeführten Empfehlungen auf den Berichtsseiten 58 bis 60. Dort ist die Rede von weiteren Strukturanpassungen im Bereich der Katastrophenstäbe, um dort die Arbeitsfähigkeit zu garantieren; die konsequente Weiterentwicklung von DISMA, dem Disaster Management, wurde angesprochen. Es geht aber auch um die Schonung und effiziente Einsetzung von Helferinnen und Helfern. Dabei gilt es, Ablöseroutinen zu definieren und sich mit einem Maximum an Einsatzkraft zu rüsten.

Zur Ausbildung von Einsatzkräften: Es sind die noch nicht optimalen, in Teilen nicht vorhandenen Ausbildungsplätze an der Landesfeuerwehrschule angesprochen worden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, genau deswegen haben wir dort gerade den dritten Bauabschnitt begonnen. Deshalb bauen wir gerade die Landesfeuerwehrschule zusätzlich zur Katastrophenschutzschule aus, um zusätzliche Ausbildungen und Weiterqualifizierungen von Einsatzpersonal sicherstellen zu können.

Mit Verlaub: Ich bin nicht überzeugt, dass alle Einsatzkräfte im Freistaat Sachsen nicht optimal ausgestattet und im Zweifelsfall auch nicht optimal ausgebildet sind. Dem möchte ich ganz klar widersprechen. Es sind sicherlich ab gewissen Größenordnungen von Einsatzgeschehen spezielle Ausbildungen – um die Führungsstrukturen zu garantieren – notwendig. Aber auch das obliegt im Endeffekt als Erstes dem Träger. Träger der Katastrophe ist in dem Moment der Landkreis –

(Kristin Schütz, FDP: Nicht der Katastrophe, des Katastrophenschutzes!)

Entschuldigung, des Katastrophenschutzes, vielen Dank.

und die Feuerwehren bleiben im kommunalen Bereich.

Hierbei – das will ich auch noch einmal deutlich machen – stiehlt sich der Freistaat keineswegs aus seiner Verantwortung. Nein; denn zum einen erfolgt die Weiterentwicklung der Schule, zum anderen sind Mittel in die Feuerwehren geflossen. Meine Damen und Herren, wir haben das hier schon oft diskutiert: Wir sprechen über 21 Millionen Euro im investiven Zuschussbereich für die Feuerwehren in Sachsen und über die unbürokratische Beseitigung von Schäden an Feuerwehren, sowohl bei der Technik als auch bei den Gebäuden. Wir haben auch für den Bereich Wasserwehr weitere Fördermittel definiert, die den Kommunen und den Landkreisen zur Verfügung stehen.

Weiterhin empfiehlt der Bericht, an einer Weiterentwicklung des Übungsgeschehens zu arbeiten und gerade im Bereich der Bürgermeister durch verstärkte Ausbildung und Schulung tätig zu werden. Es wird empfohlen, weiter zu eruieren, wie man Bürger und Betriebe zu mehr Eigenverantwortung anhalten kann. Das finde ich im Übrigen in diesem Bereich sehr wichtig.

Es gibt die Empfehlung, die Zusammenarbeit mit den benachbarten Bundesländern durch einen erleichterten Austausch von Verbindungsbeamten und den jeweiligen Stäben zu ermöglichen. Es wird empfohlen, die Datennetze bzw. den Zugriff auf die Daten im Freistaat technisch weiter zu harmonisieren und sicherzustellen, dass diese auch im Katastropheneinsatzfall weiterhin zugänglich und verfügbar bleiben. Nicht zu vergessen – auch das wurde schon angesprochen – ist die verstärkte Einbeziehung der sozialen Netzwerke, wobei das natürlich in einem Rahmen passieren sollte, wo man noch Herr der Lage ist und sich ein Ereignis in den sozialen Netzwerken nicht verselbständigt und dann eventuell kontraproduktiv wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kurzum: Ich verstehe nicht die Aufregung der Opposition. Ich danke an dieser Stelle Herrn von Kirchbach und seinen Kommissionsmitarbeitern nachdrücklich für die Anregungen, die sie gegeben haben. Ich freue mich auf eine weiterführende Diskussion zu den Schlussfolgerungen aus dem Bericht und deren parlamentarische Umsetzung, die uns sicherlich noch ein Stück weit beschäftigen wird, aber auch dazu dient, den Freistaat in Zukunft noch ein Stück sicherer zu machen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Sie deshalb nachdrücklich bitten: Stimmen Sie unserem Antrag zu. Vielen, lieben Dank.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Gibt es vonseiten der Fraktionen noch den Wunsch auf Aussprache? – Das sieht nicht so aus. Dann frage ich jetzt die Staatsregierung, ob das Wort gewünscht wird. – Bitte, Herr Minister Kupfer.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist heute in der Tat nicht die Stunde der Opposition.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Die Opposition hätte sich natürlich einen Bericht gewünscht, in dem die Regierung kritisiert und Fehler nachgewiesen worden wären. Das ist nicht der Fall gewesen.

(Lachen der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE)

Der Kirchbach-Bericht hat uns im Vergleich zu 2002 ein hervorragendes Zeugnis ausgestellt.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der CDU: Jawohl!)