Protokoll der Sitzung vom 12.03.2014

(Beifall bei den LINKEN)

Sehr geehrte Frau Staatsminiserin! Ob Sie zu denjenigen gehören, die eine Fachregierungserklärung abgeben, um ihre Ambitionen auf ein neuerliches Amt zu unterstreichen, oder zu denjenigen, die frühzeitig für ihren Nachruhm sorgen möchten, darüber möchte ich jetzt nicht spekulieren. Dass Sie mehr getan haben, als Ihnen der Verfassungsauftrag gebietet, wie Sie im Titel Ihrer Fachregierungserklärung behaupten, davon kann jedenfalls keine Rede sein. In einem möchte ich Ihnen aber durchaus zum Schluss Respekt und Anerkennung zollen: Sie haben Eigenständigkeit und Courage bewiesen, als Sie im Unterschied zu anderen nicht in die Arme der CDU gerannt sind, möglicherweise, um sich etwas Restunabhängigkeit zu bewahren. Sie haben im Amt das geleistet, was ohne parteipolitische Hausmacht möglich war. Das möchte ich explizit würdigen und nachträglich alles Gute zu Ihrem gestrigen Geburtstag wünschen.

Ich danke dem Auditorium für seine Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die Fraktion DIE LINKE sprach der Abg. Dr. Külow. Jetzt erteile ich der CDU-Fraktion das Wort. Das Wort ergreift Frau Kollegin Fiedler.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der sächsische Kulturkalender für kommenden Samstag zeigt unter anderem folgende Veranstaltungen an:

Kulturhaus Aue: „Philharmonisches Konzert“; Bautzen, Deutsch-Sorbisches Volkstheater: „Wie im Himmel“; Stadtkulturhaus Borna: „Orchesterball“; Döbelner Theater: „Nachmittag mit Gerhard Schöne“; Freiberger Theater: Premiere „Der Rosenkavalier“; Städtisches Museum Großenhain: „Sonderausstellung zu stadtgeschichtlichen und regionalhistorischen Themen“; Hoyerswerda: „Ausstellung der freien Malwerkstatt“; Thomaskirche Leipzig: „Bachkantate“; Albrechtsburg Meißen: „Abendliche

Führung“; Museum Niesky: „Sonderausstellung Malerei und Keramik“; Plauen, Vogtlandtheater: Premiere „Frühlingserwachen“; Glasmuseum Weißwasser: „Sonderausstellung Urangläser“; Zittau, Gerhart-Hauptmann-Theater: „Meisterklasse“; Bad Lausick, Kur- und Stadtmuseum: „Ausstellung zur Geschichte der Stadt“; Kulturschloss Großenhain: Zu Gast ist die „Herkuleskeule“; in Radeberg Schloss Klippstein: „Kurkonzert“; Löbau, Kulturzentrum, Johanniskirche: „Erstes Löbauer Theaterbällchen“; Schloss Reinhardtsgrimma: „Konzert“; Sebnitz, Städtische Sammlungen: „Sonderausstellung afrikanische

Wahrheiten“; Pirna: „Bücherfest zum 15. Geburtstag der Stadtbibliothek“; Altenberger Dom: „Domkonzert“;

Schwarzenberg: „Tangokonzert“. In der Semperoper wird abends „Der Barbier von Sevilla“ und in der Leipziger Oper „Die Zauberflöte“ gezeigt.

Das zeigt, dass wir ein lebendiges Kulturland sind, und zum Leben der Sachsen gehört Kultur.

(Beifall bei der CDU)

Der Freistaat steht laut Theaterstatistik bei den Besucherzahlen für das Schauspiel in absoluten Zahlen bundesweit auf Platz 4 und beim Kinder- und Jugendtheater auf Platz 3. Diese Statistik bringt noch mehr erfreuliche Zahlen hervor. Wir haben deutschlandweit mit über 600 Musikern die meisten beschäftigten Orchestermitglieder, die meisten Tänzer und die meisten Schauspieler im Bereich Kinder- und Jugendtheater. Das sind Beweise für die große Verbundenheit der Sachsen mit ihrer Kultur, und das ist Ausdruck, was Kultur ausmacht, in einer immer globaleren und manchmal auch noch schneller werdenden Welt eine Heimat, einen Anker zu haben.

Diese Gaben der Kultur sind zugegebenermaßen nichts Neues. Das wussten schon unsere Vorfahren. Deshalb haben sie uns ein wunderbares und von anderen oft beneidetes Fundament hinterlassen. Dass wir mit diesem

Schatz besonders behutsam umgehen müssen, dazu verpflichtet uns unsere Verfassung.

(Beifall bei der CDU)

132 Abgeordnete bei 15 Gegenstimmen und vier Enthaltungen haben 1992 fraktionsübergreifend der Verfassung und damit dem Staatsziel Kultur zugestimmt. Damit haben uns die damaligen Parlamentarier eine große Verantwortung übertragen und eine starke und deutliche Botschaft ins Land geschickt.

Wenn der Verfassungsbeschluss historisch betrachtet erst reichlich 20 Jahre zurückliegt, so haben sich heute doch die Anforderungen an seine Erfüllung verändert. Gleich geblieben ist, dass das Staatsziel nicht nur mit Worten, sondern auch mit den entsprechenden finanziellen Mitteln erfüllt werden muss. Das macht Sachsen auch; denn wir sind das Bundesland, das die höchsten Pro-KopfAusgaben für Kultur aufbringt. Durch das deutschlandweit einmalig anerkannte Kulturraumgesetz werden jährlich 86 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Das bedeutet, seit 1995 haben die Kulturräume auf diesem Weg über 1,5 Milliarden Euro erhalten.

Frau Staatsministerin hat sehr anschaulich die Bereiche ihres Hauses für Kultur aufgezählt. Aber die gesamtgesellschaftliche Aufgabe Kultur betrifft auch den Kompetenzbereich anderer Häuser. Das Kultusministerium ist mit zuständig für die kulturelle Bildung, die Staatskanzlei für den Bereich Film und Medien, das Innenministerium für den Denkmalschutz, das Finanzministerium für den Bereich Schlösser, Burgen und Gärten und das Wirtschaftsministerium für den Bereich Kreativwirtschaft. Diesen Gesamtbereich betrachtet, haben wir in dieser Legislaturperiode, Herr Kollege Külow, vieles für die Kultur erreicht: die Erhöhung der Mittel für die Musikschulen auf 5 Millionen Euro,

(Zurufe von der SPD)

die Bereitstellung für Investitionsmittel für Kulturräume von zwei mal 2,5 Millionen Euro; für die Kinodigitalisierung stehen in dieser Legislaturperiode allein

900 000 Euro zur Verfügung. Der Zuschuss für die Mitteldeutsche Medienförderung, die die Film- und Medienproduktion in Sachsen unterstützt, wurde auf 2,7 Millionen Euro angehoben.

Auch die Mittel für die Kulturstiftung des Landes wurden erhöht. Für die Förderung der sächsischen Literatur stehen für den Ankauf von Büchern sächsischer Autoren und für Lesungen in Bibliotheken 2013 und 2014 jeweils 50 000 Euro zur Verfügung. Seit 2010 können Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre kostenlos die staatlichen Museen besuchen, was zu einer deutlichen Erhöhung der Besucherzahl in diesem Altersbereich geführt hat. Für den Zweckverband Industriekultur haben wir die Mittel deutlich aufgestockt. Das Industriemuseum Chemnitz plant aus diesen Mitteln beispielsweise eine komplette Überarbeitung seiner Dauerausstellung.

Der Freistaat hat auch kräftig in die kulturelle Infrastruktur investiert, beispielsweise 1 Million Euro für die bauliche Herrichtung der Räume in Wermsdorf für die Sonderausstellung „250 Jahre Hubertusburger Frieden“ oder über 12 Millionen Euro für die Sanierung der Festung Königstein. In den vergangenen fünf Jahren sind etwa 13 Millionen Euro in die Sanierung des Schlosses in Bad Muskau geflossen. Für die Sanierung der Albrechtsburg Meißen sind seit 1993 circa 26 Millionen Euro zur Verfügung gestellt worden; und nicht zu vergessen das Dresdner Schloss – ohne Zweifel eines der Herzstücke der sächsischen Geschichte. Zu DDR-Zeiten dem Verfall preisgegeben, lockt es heute viele Besucher aus allen Teilen Sachsens und der Welt, die dieses Prunkstück und natürlich auch die großartigen Ausstellungen und bedeutenden Sammlungen besichtigen wollen. Über

280 Millionen Euro stellte der Freistaat bislang für den Wiederaufbau zur Verfügung. 5 Millionen Euro werden allein noch dieses Jahr verbaut werden.

Sachsens Merkmal ist, dass es sowohl die Leuchttürme mit internationaler Ausstrahlung gibt als auch die Vielfalt in der Fläche. Es ist unser Anliegen als CDU, beides – die Leuchttürme wie die vielen Kultureinrichtungen in der Fläche – entsprechend ihren Bedürfnissen zu fördern. Nicht Konkurrenz, sondern ein gutes Miteinander ist der Anspruch. Die Wahrnehmung Sachsens außerhalb unserer Landesgrenzen ist vor allem durch das Gewandhausorchester, die Staatlichen Kunstsammlungen und die Semperoper geprägt. „Staatliche Kunstsammlungen auf Weltniveau“ betitelte erst vor wenigen Wochen der Wissenschaftsrat seine Stellungnahme zur Evaluierung der Kunstsammlungen. Dieses Weltniveau wird jedes Jahr von 2,5 Millionen Besuchern gutgeheißen.

Die Staatskapelle mit ihrem Chefdirigenten Thielemann löst sowohl beim Publikum in Salzburg, New York und Tokio als auch hier in Dresden Begeisterung aus. Sie ist ein unschätzbarer Botschafter für die Kultur und unser Land. Es ist ein Glück, dieses Juwel in Sachsen, in unserer Semperoper zu haben.

Diese Spielstätten von Weltrang, das vielfältige Kulturangebot in allen Sparten und allen Regionen des Landes locken jedes Jahr rund sieben Millionen Menschen aus aller Welt nach Sachsen und machen den Freistaat zu Deutschlands Kulturreiseziel Nummer eins.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie viele der Bereiche unterliegt auch die Kultur einem stetigen Wandel. Die Herausforderungen, die vor uns liegen, sind auch in diesem Bereich nicht einfach zu lösen. Nicht nur der veränderte Finanzrahmen, sondern auch der Rückgang und der steigende Altersdurchschnitt der Bevölkerung erfordern von allen Beteiligten Kraft, Kreativität und den Willen zur Veränderung.

Diese Gedanken im Kopf, hat sich die CDU für die Zukunft insbesondere sieben Themenschwerpunkte

vorgenommen:

Erstens: Erhalt der Kulturlandschaft und Platz und Mittel für Neues. Wir wollen Spitzenleistungen in der Kultur

ermöglichen genauso wie die Breite fördern. Wir brauchen weiterhin beides: eine Strukturförderung als Basis und eine für Innovation offene Projektförderung.

Zweitens: Kulturraumgesetz. Nach 20 Jahren erfolgreicher Praxis sprechen wir mittlerweile nicht mehr über das Ob, sondern darüber, wie das Gesetz an die gestiegenen Anforderungen angepasst werden kann. Hierzu finden derzeit intensive Diskussionen mit den Kulturschaffenden statt. Die Ergebnisse wollen wir abwarten. Für mich kann ich heute schon sagen, dass ich mich für eine Erhöhung der Mittel einsetzen werde.

Drittens: Kultur kommt zu den Menschen, aber auch die Menschen müssen zur Kultur kommen. Deshalb wird uns das Thema Mobilität – nicht nur der Kultureinrichtungen selbst, sondern auch für die Menschen, die die Kultureinrichtungen erreichen können – auch in der Kulturpolitik beschäftigen.

Viertens: Eine stetig aktuelle Frage bleibt: Wie bekommen Menschen einen Zugang zur Kultur, gerade in einer Zeit, in der es eine Vielzahl von Angeboten, Beschäftigungsmöglichkeiten und Informationen gibt? Deshalb wird uns das Thema kulturelle Bildung als wichtiges Handlungsfeld weiter beschäftigen. Unabdingbar für den Erfolg sind die enge Abstimmung und der Dialog zwischen Schulen, Kindertageseinrichtungen und Kultureinrichtungen. Ich bin sehr froh, dass das Kunst- und das Kulturministerium in dieser Frage eng zusammenarbeiten und sich mit Beteiligung des Sozialministeriums die interministerielle Arbeitsgruppe intensiv unter Einbeziehung der Träger und Einrichtungen dieser Thematik widmet. Kulturelle Bildung umfasst sowohl den Zugang zur und die Teilhabe an Kunst und Kultur mit besonderem Augenmerk auf Kinder und Jugendliche als auch die spezielle Förderung ihrer Talente.

Ein schönes Beispiel für das große Potenzial der sächsischen Nachwuchskünstler allein im Bereich der Musik sind die 26 ersten und 22 zweiten Preise beim letztjährigen Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ – eine Leistung, die selbst bei viel Talent ohne Fleiß und Disziplin der einzelnen Teilnehmer nicht möglich wäre.

Fünftens: Unsere Gesellschaft ist vielfältiger geworden. Menschen aus 180 Nationen leben mittlerweile in Sachsen. An ihrer kulturellen Erfahrung teilzuhaben, andere Kulturen kennenzulernen, zusammen neue Projekte und den interkulturellen Dialog zu entwickeln ist ein wichtiger Bereich. Sachsen hat in seiner Geschichte stark vom Einfluss der Künstler anderer Nationen profitiert. Diese Traditionen müssen, diese Traditionen wollen wir weiter fortführen und auch heute Anziehungspunkt für internationale Künstler und Kreative sein.

Sechstens: Untrennbar mit der Kulturtradition des Freistaates und seiner Öffnung nach außen sind die Kunsthochschulen verbunden. Sie brauchen weiterhin unsere Unterstützung und Förderung, damit sie ihre Wirkung auf die Kulturszene weit über den Freistaat hinaus entfachen können.

Siebentens: Sachsen ist nicht nur ein Kulturland, sondern auch ein Land der Erfinder und Tüftler. In keinem anderen Bereich verbinden sich diese beiden Eigenschaften so gut wie in der Industriekultur. Die dazu geplante Landesausstellung 2018 wird ein weiterer und sehr wichtiger Impuls sein, das Thema auch überregional bekannt zu machen. In Zusammenarbeit mit dem Bund wollen wir die Provenienzforschung – wobei wir mit dem Projekt „Daphne“, das Frau Staatsministerin dargestellt hat, eine deutschlandweit beachtete, sehr gute Grundlage haben – weiter fortführen, die Anpassung des Urheberrechts an die digitalen Herausforderungen meistern und die Digitalisierung von Kulturgut stärker in den Blick nehmen.

Die Weichen für gute Bedingungen für unsere Kulturlandschaft kann aber die Politik nicht allein stellen. Dafür brauchen wir auch weiterhin die Mitarbeit der Vereine und Verbände, die viele Unterstützung der ehrenamtlichen Helfer und die wichtige Beratung durch den Kultursenat und die Sächsische Akademie der Künste. Für die bisherige Unterstützung möchte ich Ihnen im Namen der Fraktion hier herzlich Danke sagen.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit etwa 35 Millionen Besuchern gehen laut Theaterstatistik rund dreimal mehr Zuschauer bundesweit ins Theater oder zum Konzert als zur Bundesliga. Das spricht nicht gegen die Bundesliga, aber für die Kultur. Ich habe immer wieder hohen Respekt davor, wie gut und mit welcher Klugheit es den Kultureinrichtungen gelingt, Fragen der Vergangenheit in den heutigen Kontext zu bringen. Das soll Ihnen auch weiterhin so gut gelingen.

Wir werden die Freiheit der Kunst schützen und gute Rahmenbedingungen für ihr Wirken anbieten. Das ist unser Auftrag laut Verfassung; das ist unser politischer Auftrag, und das ist uns Sachsen eine Herzensangelegenheit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Frau Kollegin Fiedler hatte gerade das Wort für die CDU-Fraktion. Jetzt spricht zu uns Herr Kollege Dulig für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sachsen ist ein Kulturland, und das, was wir an Kultur in Sachsen haben, hat Weltruf. Das ist etwas, worauf man auch gemeinsam stolz sein kann. Ich glaube auch, dass wir, wenn wir hier im Sächsischen Landtag über Kultur reden, unabhängig von Koalition oder Opposition mehr Gemeinsamkeiten als Trennendes finden können. Trotz aller persönlichen Wertschätzung und Sympathiebekundungen für Sie, Frau Ministerin, können wir es Ihnen nicht ersparen, auch eine kritische Auseinandersetzung über die Kunst- und Kulturpolitik der vergangenen viereinhalb Jahre vorzunehmen. Kultur in Sachsen und Kulturpolitik in Sachsen – das sind zwei verschiedene Dinge.

Frau von Schorlemer, vielleicht hätten Sie vor Ihrer Zusage, Ministerin zu werden, einen Blick in den Koalitionsvertrag werfen sollen, um zu erkennen, was darin steht. Ich zitiere nur einen Satz: „Wir werden die großen Kultureinrichtungen dabei unterstützen, verstärkt eigene Erträge und einen höheren Kostendeckungsgrad zu erwirtschaften, damit sie ihre überregionale und internationale Bedeutung erhalten und ausbauen können.“

Dieser Satz kommt als selbstverständlich daher und wäre vielleicht gar nicht infrage zu stellen, wenn er lediglich den Grundsatz zum Ausdruck bringen würde, dass natürlich auch Kultureinrichtungen betriebswirtschaftlichen Grundsätzen folgen müssen. Das Problem an diesem Satz ist, dass er die Philosophie der Kulturpolitik beschreibt, die der schwarz-gelben Regierung obliegt. Die Philosophie lautet: Ökonomisierung von Kultur. Diese zeigt sich in einer Privatisierungs- und Umstrukturierungswelle und daran, dass sich der Staat immer mehr aus der Verantwortung herauszieht, die ihm durch die Verfassung eigentlich zugeschrieben worden ist. Das ist das Problem.

(Nico Tippelt, FDP: So ein Käse!)